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Antrag 23/I/2021 Zurück in Berliner Schulen – aber sicher!

17.03.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und der Bezirksämter werden aufgefordert, die Reduzierung der durch das Coronavirus existierenden Gesundheitsrisiken für alle Schüler*innen sowie Lehrer*innen und weiteres Personal, das an Berliner Schulen präsent sein muss, durch die Bereitstellung einer Corona-Ausstattung zu gewährleisten.

 

Im Hinblick auf die Öffnung von Berliner Schulen für den Präsenzunterricht, der ganz oder als Wechselunterricht teilweise für die Schüler*innen bei entsprechender Entwicklung der Pandemie-Situation und auf Basis der hierzu noch zu treffenden Entscheidungen seitens der Bundesregierung und des Landes Berlin erfolgen wird, muss daran gearbeitet werden, den Schulbesuch so sicher wie möglich für alle Beteiligten zu gestalten.

 

Laut zwar nicht einstimmiger, aber vorherrschender Einschätzung der Expert*innen stellt der Regelunterricht an Schulen eine erhöhte Gefahr für die Beschleunigung des Infektionsgeschehens in Deutschland dar. Folgerichtig gelten bis dato Maßnahmen in Form des Verzichts auf Präsenzunterricht an Berliner Schulen. Sobald das Infektionsgeschehen die Lockerung dieser Maßnahme zulassen wird, ist mit schon jetzt zu erfolgender Organisation sicherzustellen, dass die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts das Infektionsrisiko möglichst minimiert.

 

Der Schutz aller Beteiligten, die sich auf dem schulischen Gelände, insbesondere aber in den Klassenräumen aufhalten, wo es notwendigerweise zu einer Ansammlung von Menschen kommt, muss an oberster Stelle stehen.

 

Deshalb fordern wir unsere Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie Senatorin Scheeres und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, folgende Ausstattung an allen Berliner Schulen für die sichere Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts zu organisieren:

 

  •  Anschaffung medizinischer zertifizierter Masken für alle Beteiligten;
  •  Einrichtung mobiler Lüftungsanlagen in allen Klassenräumen und
  •  CO2-Messgeräte in allen Klassenräumen an allen Berliner Schulen.
  •  genügend Schnell- und Selbsttests an Schulen, dass jede Schüler*in und jede Lehrkraft mindestens zweimal die Woche getestet werden können. Die Art der Tests soll dabei möglichst auf die unterschiedlichen Altersgruppen angepasst sein.
  • Dies umfasst die Schulung des Personals bezüglich des Einsatzes solcher Laientests (in Einklang mit geltendem Medizinprodukterecht), die Durchführung dieser, die Auswertung sowie Meldung und Verfahrensweise von positiven Testergebnissen auch unter Beachtung des gültigen Datenschutzes von Gesundheitsdaten

Antrag 29/I/2021 Privatschulen dürfen keine elitären Clubs sein!

17.03.2021

Privatschulen nehmen in Deutschland an Popularität zu. In Berlin besucht jedes zehnte Schulkind eine Privatschule. So hat Berlin mittlerweile den zweitgrößten Anteil an Privatschulen im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Dabei sind die Beweggründe divers. Jedoch ist zu beobachten, dass vermehrt Eltern aus dem bürgerlich-progressiven Milieu überdurchschnittlich viel Zeit und Energie in die Auswahl der jeweiligen Bildungseinrichtungen investieren. Hierbei werden Kindertagesstätten und Schulen mit bestmöglicher Ausstattung, innovativen Bildungsmethoden und progressivem Ethos bevorzugt, wobei bewusst oder unbewusst der Umgang mit weniger privilegierten Schüler*innen und BIPoC (Black, Indigenous, People of Color) verringert wird.

 

Die Diversität unserer Gesellschaft, die sich an öffentlichen Schuleinrichtungen widerspiegelt, wird auch trotz gesetzlicher Vorschriften (insb. die des Sonderungsverbots) an Privatschulen nicht annähernd abgebildet. Hinzu kommt, dass an öffentlichen Schulen durchschnittlich deutlich weniger Geld pro Schüler*in ausgegeben wird als an privaten Schulen. Der Eindruck, dass Privatschüler*innen dadurch nicht nur bevorzugt, sondern auch noch belohnt werden, lässt sich dadurch erhärten.

 

Wir halten nach wie vor an Gemeinschaftsschulen als Regelschulen fest und haben das Ziel, Privatschulen langfristig abzuschaffen.

 

Dennoch wird der Prozess der Abschaffung von Privatschulen nicht von heute auf morgen vollzogen werden können. Viele Schüler*innen würden durch eine schnelle Abschaffung aus ihrem sozialen Gefüge gerissen werden. Privatschulen schaffen in einigen Fällen Sicherheit oder können auf Bedürfnisse eingehen, die im öffentlichen System bislang nicht berücksichtigt werden. So machen bspw. jene Privatschulen zur Zeit Sinn, wo religiös Verfolgte oder bedrohte Gruppen auch private Bildungseinrichtungen mit Security-Service errichten können. Gleichzeitig ist es traurig, dass es diesen Schutzraum überhaupt bedarf aber er ist in der jetzigen politischen Situation unabdingbar. Es muss aber unser langfristiges Ziel bleiben, diese Schutzräume überflüssig zu machen und Privatschulen abzuschaffen. Sie dürfen nicht als Rückfalloption für staatliches und gesellschaftliches Versagen an einigen Stellen bestehen, auch wenn dies zur Zeit nötig erscheint. Nichtsdestotrotz sind Privatschulen in der jetzigen Form für uns nicht tragbar.

 

Es kann nicht geleugnet werden, dass Privatschulen wesentlich weniger BIPoC und Kinder aus Sozialhilfeempfänger*innenhaushalten aufnehmen als öffentliche Regelschulen. Nämlich nur 8% statt wie an öffentlichen Schulen 36%. Privatschulen (meist konfessionell gebundene oder freie Einrichtungen, etwa Montessorischulen) sind hierbei nicht nur passiver Träger dieser Segregation, sondern treiben diese durch Zugangshürden für sozioökonomisch schwache Bewerber*innen (typischerweise monatliche Schulgelder im niedrigen dreistelligen Bereich) aktiv voran.

 

Diese Trennung zwischen den finanziell stärkeren und schwächeren Schüler*innen steht konträr zum sozialdemokratischen Grundanliegen der chancengleichen und inklusiven Bildung.

 

Wie also damit umgehen? Hierbei muss nochmal explizit zwischen Grundschulen und weiterführenden Schulen unterschieden werden – wie es auch im Gesetz geschieht.

 

1: Grundschulen

Bei der Genehmigung von privaten Grundschulen muss neben anderer Voraussetzungen, die bei weiterführenden Schulen gelten, zudem ein „besonderes pädagogisches Interesse“ vorliegen oder Eltern die Errichtung einer Gemeinschafts-Bekenntnis oder Weltanschauungsschule beantragen und dabei keine öffentliche Grundschule dieser Art in zumutbarer Nähe sein. Diese Formulierungen zeigen, dass private Grundschulen als die strikte Ausnahme vorgesehen sind. Dennoch gibt es in Berlin zurzeit ca. 75 private Grundschulen. Eine Zahl, die fast ein Fünftel aller Grundschulen in Berlin ausmacht. Dabei erfüllt kaum eine dieser Schulen das Sonderungsverbot. Bei 75 von 400 Grundschulen drängt sich zudem die Frage auf, ob Privatschulen nicht mehr und mehr zur Regel als zur strikten Ausnahme werden.

 

Grundschulen spiegeln die Gesellschaft von übermorgen wider, weshalb es umso schädlicher ist für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wenn eine Grundschule nicht die Vielfalt der jetzigen Gesellschaft in allen Facetten abbildet.

 

2: Weiterführende Schulen

Es bleibt nach wie vor oberstes Ziel, dass wir uns für den Ausbau und Umwandlung von inklusiven Gemeinschaftsschulen einsetzen. Langfristig soll in Berlin das Gemeinschaftsschulmodell das bestimmende in der Schullandschaft sein. Wir erkennen jedoch auch, dass sie in der jetzigen Situation für religiös verfolgte und bedrohte Gruppen sowie für Schüler*innen mit einer starken geistigen oder motorischen Beeinträchtigung Privatschulen eine notwendige Ergänzung darstellen. Mit Ausnahme dieser beiden Schwerpunkte einer Schule ist jedoch jede weitere Errichtung einer Privatschule restriktiv zu genehmigen und dabei muss zudem das Sonderungsverbot nicht nur eingehalten, sondern auch kontrolliert werden. Zudem ist eine Genehmigung bei Nichteinhaltung und einer damit verbundenen Verschärfung der Bildungsungleichhalten sofort zu widerrufen. Zudem bedarf es an jeder Schule in freier Trägerschaft eine einheitliche, transparente und nachvollziehbare Schulgeldtabelle.

 

Deshalb fordern wir unsere Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie des Berliner Senats und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf:

 

  •  Das grundgesetzliche Sonderungsverbot für Schulen mit freier Trägerschaft entschlossen durchzusetzen und entsprechende Kontrollinstanzen zu stärken.
  •  Dass alle privaten Schulen in Abhängigkeit zu den tatsächlichen Entwicklungen  den gleichen Anteil an BPoC und sozial benachteiligten Kindern aufweisen wie an öffentlichen Schulen. Sollte diese Quote nicht erfüllt werden, müssen die staatlichen Fördergelder stark reduziert und die Genehmigung überprüft werden.
     Ausgenommen von einer solchen Quote sind private Schulen mit einem sonderpädagogischen Schwerpunkt und für religiös stigmatisierte und bedrohte Gruppen.
  •  Dass eine verfassungsnotwendige Schulgeldgrenze endlich erarbeitet und eingeführt wird, welche transparent und nachvollziehbar ist.
  •  Dass ab sofort alle privaten Grundschulen, die sich nicht an das Sonderungsverbot halten und kein besonderes pädagogisches Interesse nachweisen können, die Genehmigung verlieren.
  •  Dass die öffentliche Datenlage zur sozialen Zusammensetzung der Schüler*innenschaft an Privatschulen verbessert wird und Schulen in freier Trägerschaft zur Datenerhebung verpflichtet werden.
  •  Dass grundsätzlich nicht mehr umfassendere staatliche Fördergelder pro Schüler*in an privaten Schulen zur Verfügung gestellt werden als an öffentlichen Schulen.
  •  Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und Abgeordnetenhaus sind daher aufgefordert, die verfassungsrechtliche Voraussetzung des Artikel 7 Absatz 5 Grundgesetz zu konkretisieren und verstärkt zu kontrollieren. Insbesondere muss bei der Genehmigung vermehrt das Schulprogramm in den Blick genommen und mit nahegelegenen Grundschulen abgeglichen werden. Dabei sollen die Einschulbezirke
     zur Maßgeblichen Bezugsgröße werden. Auch ist bei der Überprüfung der Genehmigung verstärkt die soziale Zusammensetzung der Schüler*innenschaft anzuschauen. Dabei sind insbesondere auf gemeinnütziger Grundlage arbeitende Träger sowie Konzepte zu bevorzugen, die sich der Integration und Inklusion verschreiben.
  •  Dass die scheinbare Notwendigkeit der bestehenden Privatschulen mit sonderpädagogischen Schwerpunkt und für religiös stigmatisierte und bedrohte Gruppen obsolet wird, indem öffentliche Schulen diesen existierenden Schwierigkeiten besser begegnen und hierfür die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen, um Privatschulen langfristig endgültig abzuschaffen.

 

Antrag 37/I/2021 Mut zur demokratischen Neugestaltung - Keine faulen Kompromisse im novellierten Berliner Hochschulgesetz!

17.03.2021

Das Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) ist für die Lebensrealität der rund 200.000 Studierenden, der Mitarbeiter*innen und Professor*innen an staatlichen Hochschulen in Berlin von zentraler Bedeutung. So reguliert es nicht nur alle Bereiche der Forschung und Lehre (bspw. Anzahl der Prüfungsversuche), sondern auch Organisationsstruktur, demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten und Beschäftigungsbedingungen.

 

Soziale, demokratische und nachhaltige Hochschulen kann es in Berlin gegen ein restriktives Hochschulgesetz nicht geben. Gleichzeitig unterstreicht die anhaltende Pandemiesituation die Relevanz von sozial gerechter Bildung, studierendenfreundlichen Studienbedingungen und funktionierenden Forschungsstandorten – aus diesem Grund ist die laufende Novelle des BerlHG außerordentlich wichtig.

 

Bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode besteht die Chance, mit einem progressiven BerlHG mannigfaltige Missstände an Berliner Hochschulen zu beseitigen, Demokratisierung zu fördern und Selbstbestimmung von Studierenden anzuerkennen. In dieser Absicht waren in den vergangenen Monaten zahlreiche Initiativen zu erkennen: Nicht nur die Landes-Asten-Konferenz, in der sich die Berliner Asten und RefRat auf Landesebene koordinieren, hat ein tragfähiges “Forderungspapier der Berliner Studierendenschaften” vorgelegt. Auch die Fachgremien der R2G-Koalitionsparteien selbst haben mit den “Hochschulpolitische(n) Leitlinien für die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes” als Ergebnis eines partizipativen Diskussionsprozess ein Papier vorgelegt, das umfassende Ideen für eine modifizierte soziale, nachhaltige und innovative Hochschullandschaft in Berlin aufzeigt. Als Juso-Hochschulgruppen Berlin und Jusos Berlin unterstützen wir den Vorstoß des Berliner Senats, das BerlHG zu novellieren und erwarten, dass die Forderungen der Studierendenschaften sowie der Fachgremien der Regierungsparteien dabei anerkannt werden. Die gesetzliche Verankerung einiger, bestimmter Maßnahmen ist dabei besonders notwendig und uns besonders wichtig:

 

Abschaffung der Erprobungsklausel – Echte Veränderung wagen!

Die Erprobungsklausel, die zeitweise abweichende Regelungen von der gesetzlichen Vorgabe ermöglicht, ist nach mehr als 20 Jahren andauernder Erprobungsphase im novellierten BerlHG abzuschaffen! Die Verlagerung von Zuständigkeiten der gewählten Hochschulgremien beispielsweise hin zu den Hochschulpräsidien, die die Erprobungsklausel gewährt, gehört endlich beendet. Die “Unternehmerische Hochschule” hat den nicht-professoralen Mitwirkungsrechten an Hochschulen in den letzten Jahren erheblichen Schaden zugefügt. Um den Eigenheiten der vielen Berliner Hochschulen Rechnung zu tragen, können flexible Gestaltungsmöglichkeiten in den entsprechenden Paragraphen selbst geregelt werden.

 

 Studentische Selbständigkeit anerkennen, Generalverdacht beseitigen!

Ein besonderes Augenmerk legen wir auf das selbstbestimmte Studium! Jede*r soll so studieren können, wie es in die jeweilige Lebenssituation passt. Das veraltete, verschulte System soll endlich der Vergangenheit angehören und unterschiedliche Studienformen, endlich umfassend möglich werden! Universität und Hochschule soll ein Ort der persönlichen, kreativen und intellektuellen Entfaltung und des Austausches sein und kein reines Siebverfahren. Deshalb fordern wir ein Teilzeitstudium für Alle, das Verbot von Anwesenheitspflicht, die Abschaffung der Begrenzung von Prüfungsversuchen und ein Ende jeder Zwangsexmatrikulation! Auch die geringe Anzahl angebotener Prüfungstermine verhindern ein selbstbestimmtes Studium. Wenn Studierende ein Semester oder ein Jahr warten müssen, um eine Prüfung zu wiederholen, verzögert sich ihr Abschluss immer weiter nach hinten. Im neuen BerlHG müssen daher mindestens zwei Termine pro Prüfung festgeschrieben werden, aus denen Studierende frei wählen können. Viele Studierende bringt eine Verlängerung der Studienzeit in eine finanzielle Notlage, sodass durch Nebenjobs ein universitäres Leben nicht existieren
 kann. Durch die Bologna-Reform ist es für viele Studierende quasi unmöglich, fachexterne Module anerkennen zu lassen sowie der zeitliche Aufwand freiwillig neben dem Studium häufig oft zu hoch. Ein wirklich freies Studium setzt auf Eigeninitiative, Selbstbestimmung und Motivation, nicht auf repressive Pflichten und Leistungsdruck!

 

Wichtig ist uns überdies die Einrichtung einer fachbereichsübergreifenden Beschwerdestelle, der Studierende die Verletzung ihrer bspw. Im BerlHG und in Prüfungsordnungen zugesicherten Rechte melden können. Die derzeitige Situation, statt einer Beschwerdestelle vielfach die eigenen Prüfer*innen ansprechen zu müssen, höhlt die Rechte der Studierenden massiv aus.

 

Hochschulen der Gleichheit, Hochschulen der Vielfalt!

Die Hochschulen müssen alle Geschlechter anerkennen und entsprechend ihrer Unterrepräsentation auf jeder Ebene fördern. Ergänzungsausweise die es Transmenschen ermöglichen, ihre Identität auch außerhalb der behördlichen Ausweise mitzuteilen, von Studierenden sind zu respektieren. Als wichtige und überfällige Maßnahme sehen wir insbesondere die Implementierung einer 50%igen Quote für nicht männliche Personen bei der Vergabe von studentischen Hilfskräfte-Stellen an. Zudem fordern wir, dass diese Quote auch bei allen weiteren Einstellungen, insbesondere bei der Vergabe von (tenure-track-)Professuren (die die Chance auf Lebenszeitprofessuren einräumt und Befristungen aushebelt) anzuwenden ist.  Diversitäts- und Frauenbeauftragte sind in ihren Rechten zu stärken.

 

Kein Maulkorb für Studierende!

Hochschulen sind für uns Orte lebendiger Meinungsvielfalt. Der Charakter Berliner Hochschulen entstammt insbesondere der Prägung durch studentische Protestbewegungen. Daher blicken wir kritisch bspw. nach NRW, wo die schwarz-gelbe Koalition jüngst die Sanktionsmöglichkeiten der Hochschulen gegenüber Studierenden per Ordnungsmaßnahme ausgedehnt hat.

 

Für uns ist klar, dass Ordnungsmaßnahmen niemals dahingehend missbraucht werden dürfen, studentische Meinungsäußerungen zu unterbinden. Die Wahrung einer freien, dem kritischen Diskurs zugewandten Universität, steht für uns nicht zur Disposition.

 

Deswegen wollen wir als erstes Bundesland für die Einführung des allgemeinpolitischen statt eines hochschulpolitischen Mandats bei der Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes kämpfen. Asten sollen keinen impliziten Druck fühlen ihre politischen Meinungsäußerungen im Vorfelde zu zensieren. Hochschulpolitik ist Gesellschaftspolitik und lässt sich nicht auf Hochschulen beschränken!

 

Hochschulen endlich demokratisieren – Für Mitwirkungsrechte von Studierenden!

Die Viertelparität bleibt unsere zentrale Forderung. Die bedeutet, dass alle Statusgruppen (Student*innen, Professor*innen, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen sowie nicht-wissenschaftliche Mitarbeiter*innen) in allen hochschulpolitischen Gremien jeweils über die gleiche Stimmenanzahl verfügen. Ohne angemessene Mitwirkungsrechte für alle Statusgruppen ist keine Hochschuldemokratie vorstellbar!

Darüber hinaus halten wir an der bereits im Leitlinienpapier festgeschriebenen Forderung fest, dass die Kommissionen für Lehre und Studium (im Folgenden: LSK) gesetzlich zu Regelkommissionen werden. Sie sind in das Verfahren der Studien(-gangs-)entwicklung frühzeitig zu integrieren, ihr Votum darf nicht übergangen und ohne ihre Zustimmung kein Studienprogramm in die Akademischen Senate eingebracht werden. Die Umsetzung dieser Forderung stärkt die LSK erheblich und schafft einen Ausgleich zu der weiterhin in aller Regel professoral besetzten Vizepräsidentschaft für Lehre und Studium. Der im Gesetzesentwurf festgelegte studentische Vorsitz der LSK ist dabei nur eine symbolische Verbesserung der Situation, da er bereits jetzt in aller Regel besteht. Um etwa auch studentische Vizepräsident*innen zu ermöglichen, fordern wir die Abschaffung der hohen formellen Anforderungen an Bewerber*innen für das Vizepräsident*innenamt.

 

Forschung ist kein 2-Klassen-Geschäft!

Der Gleichstellung von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW; früher: Fachhochschulen) und Universitäten auf dem Papier muss endlich eine tatsächliche Gleichstellung folgen. Wie deutschlandweit bereits in einigen Hochschulgesetzen etabliert, fordern wir daher das überfällige eigenständige Promotionsrecht für HAW. Über die traditionelle anwendungsbezogene Lehre gehört die Forschung in zahlreichen Fachrichtungen schon lange zum Profil der HAW. Die Promotionsmöglichkeit ist daher nicht nur folgerichtig, sondern auch als akademische Perspektive des wissenschaftlichen Mittelbaus der HAW unabdingbar.

 

Prekären Beschäftigungen ein Ende setzen!

Die Hochschulen müssen gute und faire Arbeitsbedingungen für Alle gewährleisten. Dabei gilt der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Alle bisherigen Studentischen Beschäftigten, die nach TV-Stud-III bezahlt werden und Aufgaben der TV-L übernehmen, müssen unverzüglich in den TV-L überführt werden. Die Einstellung Studentisch Beschäftigter als billige Arbeitskräfte für Sekretariatstätigkeiten o.ä. gehört ein Riegel vorgeschoben. Sofern längerfristige Tätigkeiten von Beschäftigten der Hochschulen übernommen werden, müssen zwingend unbefristete Arbeitsverträge geschlossen werden. Für alle Beschäftigten gilt, dass die Hochschule für die Ausstattung des Arbeitsplatzes zu sorgen hat. Dies ist besonders auch bei der Arbeit im Home Office oder für die mobile Arbeit zu gewährleisten.

 

Die Novellierung des BerlHG darf nicht zu einer Manifestation des hochschulpolitischen Stillstandes führen, sondern muss echte, progressive Fortschritte ermöglichen. Die Jusos Berlin und Juso-Hochschulgruppen Berlin fordern, dass in der laufenden Legislaturperiode ein BerlHG verabschiedet wird, welches Gleichberechtigung, Bildungsgerechtigkeit, Selbstbestimmung und Demokratie auf allen Ebenen der Berliner Hochschulen festschreibt.

 

Antrag 09/I/2021 Überwachung hat am Arbeitsplatz nichts verloren!

17.03.2021

Die Corona-Krise verlangt uns allen sehr viel ab. Die Auswirkungen der Krise sind in allen Lebensbereichen zu spüren. Wir befinden uns in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Finanzkrise 2007/2008, die Gräben zwischen den europäischen Staaten werden immer größer und die sozialen Auswirkungen der Krise spüren wir alle am eigenen Leib. Wir müssen auch weiterhin Kontakte massiv einschränken, Museen, Bars und Clubs haben geschlossen, sodass wir meistens in den eigenen vier Wänden verharren. Dies wird bei vielen noch weiter dadurch verstärkt, dass sie schon seit Monaten komplett von zu Hause aus arbeiten. Die Inanspruchnahme des mobilen Arbeitens hat seit dem Beginn der Krise stark zugenommen. Zurzeit arbeiten 24 Prozent der Beschäftigten mobil. Der Höhepunkt war letztes Jahr im April erreicht, als 27 Prozent der Beschäftigten mobil arbeiteten.

 

Mobiles Arbeiten bringt aber nicht nur Vorteile wie eine flexiblere Freizeitgestaltung und bessere Work-Life-Balance mit sich, sondern birgt auch eine Vielzahl von Risiken und Herausforderungen. So verschwimmt zum Beispiel die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit und der fehlende Kontakt zu Kolleg*innen bringt soziale und psychische Probleme mit sich. Viele Beschäftigte leiden aber auch unter ihren Vorgesetzten und Arbeitgebenden. Es ist bedauerlicherweise noch viel zu oft der Fall, dass sich Vorgesetzte nur über ihre Kontrollfunktion definieren und ihre Beschäftigten unter Druck setzen, anstatt eine kooperative und gestaltende Funktion einzunehmen. Mobiles Arbeiten führt dann zu einem gefühlten Kontrollverlust, da eine direkte Überwachung der Mitarbeitenden nicht mehr möglich ist. Beschäftigte, die von
 zu Hause aus arbeiten, werden viel zu häufig aufgrund von völlig veralteten Denkmustern und Führungsrollen von ihren Vorgesetzten misstrauisch beäugt. Aber anstatt, dass sich Arbeitgebende und Vorgesetzte auf die voranschreitende Digitalisierung einlassen, offen für neue Erfahrungen sind und ihre eigene Sichtweise anpassen, versuchen sie die alten Muster auch im digitalen Raum aufrecht zu erhalten – mit schwerwiegenden Nebenwirkungen. Die Digitalisierung macht es leichter denn je, Prozesse zu automatisieren und Entscheidungen von Algorithmen treffen zu lassen. Das Personalwesen ist hier keine Ausnahme: mit der Folge, dass eine massive digitale Überwachung von Arbeitnehmenden durch algorithmische Systeme droht.

 

So haben zum Beispiel derzeit digitale Überwachungstools durch die Pandemie Hochkonjunktur und immer mehr Arbeitgebende setzen auf solche Software, um die Leistung ihrer Beschäftigten zu überwachen. Die Funktionen solcher Programme variieren dabei sehr stark. Einige Programme überwachen die Anzahl der Tastaturanschläge oder Mausklicks, andere machen alle zehn Minuten einen Screenshot des Desktops, wieder andere machen regelmäßig Bilder über die Webcam, damit beurteilt werden kann, ob die Beschäftigten am Platz waren. Auch die Ortung der Mitarbeitenden per GPS gehört zur Ausstattung solcher Überwachungssoftware. Vertrauen in die Arbeit der Mitarbeitenden wird durch eine harte Kontrolle ersetzt. Die gewonnenen Daten dienen aber nicht nur dazu, um zu überprüfen, ob Beschäftigte auch wirklich arbeiten, sie werden ferner von Algorithmen ausgewertet, um dezidierte Produktivitätsdaten über einzelne Beschäftigte zu erhalten. Auf Basis der individuellen Produktivitätsdaten können Unternehmen dann sogenannte „Beschäftigten-Scores“ erstellen, welche von den Arbeitgebenden und Vorgesetzten genutzt werden, um über Beförderungen und höhere Löhne der Beschäftigten zu entscheiden. Aber wie genau ein solcher Algorithmus eine Entscheidung trifft und welche Daten dafür von den Beschäftigten generiert werden, ist häufig unklar.

 

Solche Überwachungsprogramme nutzen häufig aber nicht technische Daten, um über die Produktivität von Beschäftigten zu entscheiden, sondern setzen auch immer öfter auf die gegenseitige Leistungsbewertung der Mitarbeitenden. Ein Beispiel für ein solches Überwachungsprogramm ist „Zonar”. Nach einer von der Hans Böckler Stiftung geförderten Studie, fungiert „Zonar“ dabei als ein großes Bewertungssystem, in dem alle Mitarbeitenden die Leistung von anderen Mitarbeitenden bewerten können. Dabei wird für die bewerteten Beschäftigten aber nicht ersichtlich, aus welchem Grund und von wem sie bewertet wurden. Dadurch kann das System sehr einfach missbraucht werden, um ungeliebte Kolleg*innen zu bestrafen. Die Software wertet die einzelnen Bewertungen regelmäßig aus und teilt auf Basis dieser Beurteilung die Beschäftigten in Leistungsklassen ein. Die Einteilung erfolgt dabei aufgrund intransparenter Kriterien und wird als ungerecht erfunden. Führungskräfte nutzen diese Einteilung dann, um über höhere Löhne oder Beförderungen zu entscheiden und entgehen so ihrer eigenen Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten. Den meisten Beschäftigten wird eine durchschnittliche Leistung attestiert, was bedeutet, dass die Beschäftigten nur einen Inflationsausgleich für ihr Gehalt bekommen, was einer Lohnstagnation gleichkommt. Nur einige wenige Beschäftigte, die von dem Bewertungssystem als leistungsstark angesehen werden, dürfen aufsteigen. Es wird aber versucht, diese Anzahl so gering wie möglich zu halten. Der Druck auf die Beschäftigten wird dadurch extrem gesteigert. Es werden weder individuelle Arbeitszeiten noch unterschiedliche
Lebensrealitäten bedacht. Nur die Leistung der Beschäftigten zählt. Die Software und die damit einhergehenden Prozessen wurden nach öffentlicher Kritik angepasst. Auch der Name „Zonar“ wird nicht mehr verwendet. Dennoch zeigt die Studie, dass die Anwendung eines solchen Systems in Unternehmen jederzeit denkbar ist. Schlussendlich kommt es durch solche Systeme zu einer Entmenschlichung der Arbeitsbeziehung zwischen Beschäftigten und Führungskräften. Es entstehen Anreizsysteme, in denen Führungskräfte lieber Druck und Angst durch massive Überwachung auf ihre Beschäftigten ausüben, anstatt sie zu fördern und zu befähigen. Als Sozialist*innen dürfen wir dieser maßlosen Ausbeutung von Arbeiter*innen nicht länger zusehen.

 

 Deshalb fordern wir:

  •  Ein Verbot jeglicher Auswertung dienstlicher digitaler Software die die Produktivität der Mitarbeitenden überwacht.
  •  Eine öffentlichkeitswirksame Kampagne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, welche die Beschäftigten über ihre Rechte im Home Office informiert.“
  •  Die bessere finanzielle und personelle Ausstattung der zuständigen Beauftragten für  Datenschutz, um Rechtsverstöße gegen geltende Datenschutzgesetze schneller zu prüfen“
  •  ein Verbot für die Anwendung von Algorithmen zur individuellen  Leistungsbestimmung von Arbeitnehmenden.

 

Antrag 05/I/2021 Der Berliner Mindestlohn gilt ausnahmslos!

17.03.2021

Mit dem Beschluss B1 der LDK 1/20 der Jusos Berlin haben wir uns mit dem Streik der Beschäftigten der Charité Facility Management GmbH (CFM) solidarisiert. Die CFM ist eine Tochtergesellschaft der Charité und gehört mit 51 Prozent der Anteile mehrheitlich dem Land Berlin. Die Beschäftigten der CFM GmbH erbringen seit 2006 sämtliche sogenannte nichtpflegerische und nichtmedizinische Tätigkeiten an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Dazu gehören zum Beispiel die Abfallwirtschaft, die Mitarbeiter*innen- und Patient*innenverpflegung, Medizintechnik, Reinigung, Krankentransport und Zentralsterilisation.

Sowohl die Beschäftigten der CFM GmbH als auch ver.di verlangen einen Tarifvertrag, der sich am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) richtet. Obwohl eine erste Einigung vor allem für die unteren Einkommensklassen eine spürbare Lohnsteigerung zur Folge hatte, ist damit keine ausreichende Angleichung oder damit verbundene Sicherheit für die Beschäftigten erreicht. Die Löhne liegen teilweise immer noch bis zu 30 Prozent unter denen des TVöD und die Beschäftigten müssen weiterhin auf günstige Einigungen hoffen.

Dieser Zustand ist untragbar. Das Landesmindestlohngesetz verpflichtet das Land Berlin überall dort, wo es finanziell beteiligt ist oder Einwirkungsmöglichkeiten hat (etwa im Landesdienst und in Beteiligungsunternehmen), darauf hinzuwirken, dass ein Stundenlohn von mindestens 12,50 Euro eingehalten wird. Dieser Pflicht ist das Land nicht nachgekommen. Was für die Vergabe an private Unternehmen gilt, muss erst recht für öffentliche Unternehmen gelten: In allen Beteiligungsfirmen ist der Berliner Mindestlohn durchzusetzen!

Deshalb solidarisieren wir uns weiterhin mit den Beschäftigten von CFM und ver.di und unterstützen ihre Forderungen.

Wir fordern daher:

  •  die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses auf, den Forderungen von ver.di nach einem Tarifvertrag für die Beschäftigten von CFM und der Einhaltung des Berliner Mindestlohns wirksam nachzukommen und in allen weiteren Beteiligungsfirmen des Landes einen Mindestlohn von 12,50 Euro die Stunde durchzusetzen.