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Antrag 104/II/2022 Schaffung eines Aufenthaltsrechtes nach § 23 Abs. 1 AufenthG für Regimekritiker*innen aus Russland

10.10.2022

Die Berliner Landesregierung soll zur Ermöglichung eines Aufenthaltsrechts für russische Regimekritiker*innen eine Anordnung nach § 23 Abs. 1 AufenthG treffen, die es ermöglicht, sich in Deutschland aufzuhalten und aus Deutschland an einer pluralistischen, demokratischen russischen Öffentlichkeit mitwirken zu können. Dies umfasst ein Aufenthaltsrecht sowie ein in Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium wohlwollend zu prüfendes Arbeitsrecht.

Antrag 166/II/2022 Predictive Policing in Europa verbieten

10.10.2022

Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) finden nicht nur auf Plattformen wie Facebook oder TikTok Anwendung, sondern werden auch vermehrt von staatlichen Institutionen eingesetzt. Dabei werden sich oftmals mehr Effizienz und schnellere Verwaltungsabläufe erhofft. Die vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass der Einsatz von KI-Systemen mit großen Risiken verbunden ist. Damit KI-Systeme Vorhersagen treffen können, müssen sie mithilfe von Daten trainiert werden. Diese Daten entstammen aber einer bereits verzerrten und ungerechten Realität, in der Diskriminierung und Rassismus alltäglich sind. KI-Systeme, die dann auf Basis verzerrter und diskriminierender Datensätze trainiert werden, reproduzieren diese Verhaltensweisen dann auch in ihrer Anwendung. Auch gibt es kaum nachträgliche Überprüfungen solcher Systeme, noch werden Systeme derzeit in Hinblick auf mögliche Diskriminierungspotenziale entwickelt.

 

Zwei aktuelle Beispiele verdeutlichen diese Probleme. So wurde unter anderem in den Niederlanden ein KI-System von Behörden eingesetzt, um zu ermitteln, welche Empfänger*innen von Kindergeldzahlungen diese veruntreuten. Auf Basis dieser Einschätzungen wurden dann Rückzahlungsforderungen an die ermittelten Personen übermittelt, ohne dass diese Einschätzung noch einmal von einem Menschen überprüft wurde. Nach einigen Jahren stellte sich dabei aber heraus, dass viele Rückzahlungsforderungen ungerechtfertigt gestellt wurden, da das System nicht funktionierte. Auch traf das eingesetzte System vor allem diskriminierende Entscheidungen gegenüber Kindergeldempfänger*innen mit Migrationshintergrund und Empfänger*innen aus finanziell schwächeren Haushalten. Diese Gruppen wurden deutlich häufiger beschuldigt, Kindergeld veruntreut zu haben. Durch die falschen Rückzahlungsforderungen wurden diese Gruppen in starke finanzielle Not getrieben. Als weiteres Beispiel dient ein KI-System, welches durch die spanische Polizei seit 2007 eingesetzt wird. Dieses System erstellt eine Einschätzung darüber, wie gefährdet Frauen in ihrem eigenen privaten Umfeld sind, wenn sie eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt bei der Polizei aufgeben. Die Idee dahinter war, dass die Polizei bei sehr schlimmen Fällen schneller eingreifen kann. Jedoch war auch dieses System zutiefst diskriminierend und hat die Gefährdungslage von Frauen systematisch als zu niedrig eingeschätzt, um direkt aktiv zu werden. Dadurch konnte vielen Frauen nicht adäquat geholfen werden. In beiden Fällen führte der Einsatz von fehlerhaften KI-Systemen durch öffentliche Behörden zu massiven negativen Auswirkungen auf Bürger*innen, insbesondere benachteiligter Gruppen.

 

Wie das Beispiel der spanischen Polizei zeigt, ist der Einsatz von KI-Systemen durch Polizei- und Justizbehörden besonders riskant. In diesem Bereich werden derzeit vor allem Systeme entwickelt, die Vorhersagen über mögliche Straftaten oder besonders kriminalitätsbehaftete Orte erstellen. Solche Systeme werden auch als “Predictive Policing” Systeme bezeichnet. Neben dem spanischen KI-System werden solche Systeme bereits im Vereinigten Königreich, den Niederlanden, den USA und auch in Deutschland eingesetzt. So setzt die Polizei NRW ein KI-System ein, um zu beurteilen, an welchen Orten in naher Zukunft Straftaten begangen werden könnten. Die Polizeipräsenz wird dann an diesen Orten erhöht. Auch die Bundespolizei setzt ein KI-System ein, um das individuelle Gewaltrisiko von Gefährder*innen einzuschätzen und dadurch mögliche terroristische Anschläge vorherzusagen. Auswertungen zeigten dabei bereits, dass diese Systeme nahezu wirkungslos sind und es keinen nachweisbaren Effekt auf die Sicherheit oder die Vereitelung von Straftaten gibt. Dennoch werden diese Systeme weiterverwendet.

 

Neben der Wirkungslosigkeit solcher Systeme kommt es auch zu einem schweren Eingriff in die individuellen Freiheitsrechte. Wie bereits gezeigt, sind KI-Systeme häufig fehleranfällig und diskriminieren Personen aufgrund ihres Aussehens, ihres Migrationsstatus oder ihrer sozioökonomischen Herkunft. Wenn dann falsche polizeiliche oder juristische Entscheidungen aufgrund von falschen KI-gestützten Entscheidungen getroffen werden, könnte dies für die Betroffenen sehr schwerwiegende Folgen haben. Darüber hinaus besteht ein Unterschied zwischen einer statistischen Vorhersage darüber, ob oder wo eine Straftat stattfinden könnte, und dem Ausüben einer Straftat. Es wird lediglich eine Vermutung aufgestellt. Insbesondere bei Systemen, welche das Risiko von Individuen beurteilen, können solche Systeme zu einem Einschnitt der Unschuldsvermutung führen.

 

Da der Einsatz von KI-Systemen mit Risiken verbunden ist, wird auf europäischer Ebene derzeit die weltweit erste Regulierung von KI-Systemen verhandelt. Bis Ende des Jahres soll der Verordnungsentwurf in die allgemeine Ausrichtung gehen und nächstes Jahr finalisiert werden. Im Rahmen der KI-Verordnung werden bestimmte KI-Systeme aufgrund ihres unannehmbaren Risikos verboten und andere aufgrund eines hohen Risikos stark reguliert. Bisher sind “Predictive Policing”-Systeme lediglich als Hochrisikosysteme definiert. Somit wäre der Einsatz solcher Systeme auch weiterhin in der EU erlaubt. Dies steht im starken Kontrast mit den aufgezeigten Risiken sowie Fehleranfälligkeit solcher Systeme.

 

Daher fordern wir:

 

“Predictive Policing”-Systeme sollen im Rahmen der Verhandlungen zur KI-Verordnung europarechtlich verboten werden. Der Einsatz solcher Systeme durch deutsche Behörden oder im Auftrag dieser muss unverzüglich eingestellt werden. Auch der Verkauf oder die Verfügbarmachung von Predictive Policing Software muss verboten werden.

Antrag 163/II/2022 Mehr Polizei bedeutet nicht mehr Sicherheit – Keine Polizeiwache am Kotti!

10.10.2022

Das Kottbusser Tor ist Begegnungsort für viele Menschen der Berliner Stadtgesellschaft. Immer wieder ist das Kottbusser Tor ein polarisierendes Diskussionsthema. Sei in der mietenpolitischen Debatte über das Neue Kreuzberger Zentrum (NKZ), den Umgang mit Drogenkonsument*innen und Obdach- und Wohnungslosigkeit oder das Vorgehen der Berliner Polizei an einem durch sie selbst definierten „kriminalitätsbelasteten Ort“. Dass nun gerade am Kotti die Polizeipräsenz verstärkt werden soll, hat System: Als kriminalitätsbelastete Orte werden meistens solche Orte definiert, an denen viele Black, Indigenous, and People of Color (BIPoCs) leben und arbeiten. Dass hier bisher verdachtsunabhängige Polizeimaßnahmen erlaubt sind, führt dazu, dass überproportional viele BIPoCs von diesen Maßnahmen betroffen sind. Auch durch diesen Teufelskreis werden Narrative von kriminellen „Ausländern“ seit Jahrzehnten in der öffentlichen Debatte befeuert. In diese Diskussion kommt nun der Vorstoß der Senatsverwaltung für Inneres, im ersten Stock des Neuen Kreuzberger Zentrum eine Polizeiwache zu errichten. Als Vorbild dient die Polizeiwache am Alexanderplatz, die aktuell wegen Rassismusvorwürfen und Beschuldigung der Körperverletzung im Amt in der Kritik steht. Wir Jusos sehen uns daher in unserer Position bestärkt, dass mehr Polizeipräsenz nicht zu mehr Sicherheit führt. Eine höhere Polizeipräsenz verstärkt vorherrschende Machtstrukturen und führt zu stärkerer Ausgrenzung marginalisierter Gruppen. Gleichzeitig fühlen sich BIPoC durch vermehrte Polizeipräsenz oft alles andere als sicher, da für diese Communitys die Gefahr steigt, Racial Profiling ausgesetzt zu sein und Polizeigewalt zu erleben. Wenn überhaupt, steigt das subjektive Sicherheitsgefühl durch die Anwesenheit der Polizei somit nur für weiße Menschen. Wir Jusos stehen für einen inklusiven Sicherheitsbegriff, der die soziale Sicherheit in den Blick nimmt und sich auch an den Bedürfnissen marginalisierter Gruppen wie FINTA, BIPoC und Menschen mit Behinderungen orientiert. Während die Polizeiwache am Kottbusser Tor insgesamt von einigen Anwohner*innen und örtlichen Gastronom*innen gefordert wird und sich auch im Bezirk und im Land die Fraktionen der Grünen, Linken und SPD für eine Wache am Kottbusser Tor ausgesprochen haben, ist der nun festgelegte Standort mehr als problematisch. Die Polizeiwache soll im ersten Stock des NKZ durch eine Glasfassade Überblick über das gesamte Kottbusser Tor haben. Dabei ist die Wache weder barrierefrei zugänglich noch räumlich ausreichend dimensioniert für eine dauerhafte Besetzung. Dennoch wurde der Mietvertrag ohne eine vorherige gesamtgesellschaftliche oder innerparteiliche Debatte ein paar Tage vor dem Landesparteitag der SPD Berlin unterschrieben. Dieses Vorgehen trägt nicht zur allgemeinen Akzeptanz der Maßnahme bei.

 

Abgesehen von den grundsätzlichen Argumenten gegen die Wache haben sich sowohl einige der Anwohner*innen und Gastronomiebetreiber*innen, als auch die SPD-Fraktion der BVV Friedrichshain-Kreuzberg deutlich gegen den gewählten Standort positioniert. Aus Kreisen der Senatsverwaltung für Inneres heißt es, es wären mehrere mögliche Standorte geprüft worden und der nun gewählte Platz sei die bestmögliche Lösung. Eine transparente Liste der geprüften Standorte und der zugrundeliegenden Auswahlkriterien existiert jedoch nicht. Die Polizeiwache ist Teil eines Gesamtkonzepts für das Kottbusser Tor, das neben der Polizeipräsenz eine stärkere Unterstützung der sozialen Projekte vor Ort und ein Konzept für mehr Sauberkeit vorsieht. Diese sind in der Verantwortung der Senatsverwaltung für Soziales und dem Straßen- und Grünflächenamt. Nach der Vorstellung des Plans für die Polizeiwache halten sich die anderen Ressorts leider sehr zurück mit der Umsetzung ihrer Verantwortlichkeiten. Ursprünglich waren Finanzmittel von 250.000 Euro für den Neubau der Wache vorgesehen, inzwischen belaufen sich die Kosten auf 3,75 Millionen. Dieses Geld wäre aus unserer Sicht mit Investitionen in soziale Projekte, eine bessere Ausstattung der Drogenkonsumräume und mehr Sauberkeit der Straßen- und Grünflächen sinnvoller angelegt.

 

Wir fordern daher von der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus sowie den sozialdemokratischen Mitgliedern des Berliner Senats:

  • Den Stopp der Planungen und Baumaßnahmen der Polizeiwache am Kottbusser Tor
  • Eine stärkere Finanzierung und Bereitstellung von mehr Drogenkonsumräumen
  • Ausbau der Zusammenarbeit mit Streetworker*innen und Suchtberater*innen
  • Offenlegung der Liste der geprüften Standorte für die geplante Polizeiwache am Kottbusser Tor
  • Umsetzung des im Koalitionsvertrag verankerten Racial-Profiling-Verbotes
  • Einwirken auf die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz zur Umsetzung ihres Sauberkeits- und Grünflächenkonzepts, sowie auf das Straßen- und Grünflächenamt für das Kottbusser Tor
  • Einwirken auf die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zur Umsetzung des Sozialkonzepts für das Kottbusser Tor

 

Antrag 103/II/2022 Klimawandel als Fluchtursache anerkennen!

10.10.2022

Bereits 1990 wurde vom Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) festgestellt, dass sich die Auswirkungen des Klimawandels im besonderen Maß auf die Migration von Menschen auswirken könnte. 30 Jahre später findet sich das Wort ‘Migration’ fast 2000-mal und das Wort ‘Verdrängung’ über 400-mal im sechsten IPCC-Report wieder. In diesem Zeitraum gab es in Bezug auf Lösungsstrategien zu klimabedingter Migration kaum Fortschritte, und das, obwohl die Wissenschaft uns eine nahende Krise vorhersagt. Laut Studien kann es bereits im Jahre 2050 bis 200 Millionen Migrant*innen geben, deren Grund für die Flucht der Klimawandel ist. Auch wenn große Teile dieser Migrant*Innen sich vorerst innerhalb ihres Herkunftslandes bewegen, können wir nicht unsere Augen vor der Tatsache verschließen, dass in den in den kommenden Jahrzehnten viele Menschen gezwungen sein werden, vor den Folgen des Klimawandels zu fliehen, auch nach Deutschland.

 

Wichtig ist es daher, bereits jetzt schon ein rechtliches Konstrukt zu schaffen, das diese durch den Klimawandel bedingte Migration so regelt, dass die Interessen der Migrant*innen und des Ziellandes angemessen berücksichtigt und ausgleicht. Nur so können Konflikte frühzeitig vermieden und eine gute Lösung für alle gefunden und durchgesetzt werden.

 

Denn auch wenn sich einige Folgen des Klimawandels, wie steigender Meeresspiegel, erodierende Landmassen, steigende Trockenperioden und ähnliches, zumindest vage abschätzen lassen, so sind beispielsweise extreme Wetterereignisse wie Stürme und Überflutungen unberechenbar und können in kürzester Zeit viele Menschen ihr Zuhause kosten.

 

Aus diesem Grund erachten wir es als unerlässlich, bereits jetzt an Lösungsstrategien zu arbeiten und nicht zu warten, bis wir mit diesen Problemen konfrontiert sind.

 

Wir fordern daher:

 

  • Die Erarbeitung eines Migrationskonzepts, das konkrete rechtliche Regelungen enthält für Menschen, die aufgrund des Klimawandels ihr Heimatland verlassen, insbesondere mit Blick auf einen möglichen Anspruch auf Aufnahme und die damit verbundenen Rechte.
  • Eine sichere und langfristige Bleibeperspektive für die betroffenen Personen.
  • Die Auswirkungen der Klimakatastrophe sind rechtlich generell als Fluchtgrund anzuerkennen.
  • Etablierung von sicheren Fluchtkorridoren, wenn es zu Fluchtbewegungen aufgrund des Klimawandels kommt.

Antrag 73/II/2022 Berliner Ausbildungsplatzumlage endlich umsetzen!

10.10.2022

Die Rot-Grün-Rote Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine regionale Ausbildungsumlage einzuführen. Wir begrüßen die geplante Umsetzung dieser langjährigen Juso- und SPD-Forderungen ausdrücklich. Verschiedenste Beispiele von branchenspezifischen Einführungen in anderen Bundesländern belegen die Wirksamkeit des Instruments. Die Ausbildungsumlage ist geeignet Ausbildungsquoten und -qualität zu erhöhen und somit für bessere Ausbildungsvoraussetzungen für junge Menschen zu sorgen. Weitere positive Erfahrungen in den Branchen mit allgemeinverbindlichen tariflichen Regelungen zur Ausbildungsumlage zeigen: Tarifliche Regelungen bieten die beste Basis für eine Ausbildungsumlage.

 

Daher fordern wir gemeinsam mit der DGB-Jugend Berlin Brandenburg die schnellstmögliche Einführung einer umfassenden gesetzlichen Ausbildungsumlage mit branchenspezifischen Öffnungsklauseln für allgemeinverbindlicher Tarifverträge.