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Antrag 116/I/2022 Produktions-und Humanitärkrisen präventiv verhindern II

17.05.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu aufgefordert, umgehend Maßnahmen zu erlassen, die eine deutlich striktere Regulierung mit Nahrungsmitteln und Nahrungsmittelrohstoffen an den Finanzmärkten zum Ziel haben zur Eindämmung möglicher Spekulationsblasen von Lebensmitteln.

Antrag 84/II/2021 Für eine echte Förderung weiblicher und diverser Literatur: Berliner Literaturpreis für Frauen und nicht-binäre Personen!

9.11.2021

Der literarische Kanon ist sehr männlich geprägt. Viele Schüler*innen beenden ihre Schulzeit, ohne als Schullektüre auch nur ein einziges Buch einer Autorin gelesen zu haben. Die Initiative #frauenlesen hat es sich zur Aufgabe gemacht zu untersuchen, wie es um die Repräsentation der Geschlechter in den Medien und der Literaturbranche steht. Die Ergebnisse decken sich mit vielen anderen Bereichen unserer Gesellschaft: Frauen und nicht-binäre Personen werden strukturell benachteiligt. Bei den 13 höchstdotierten Literaturpreisen in Deutschland gewinnen Männer fünfmal häufiger als Frauen*.

 

Die Förderung vielfältiger Literatur muss ein zentrales Anliegen einer modernen und bunten Stadt wie Berlin sein. Was wir lesen prägt unseren Blick auf die Welt. Es ist also an der Zeit, dass im öffentlichen Diskurs nicht mehr überwiegend die Literatur weißer cis-männlicher Personen besprochen wird. Frauen* und nicht-binäre Personen schreiben schließlich von jeher auch; ihren Werken wird nur weniger Beachtung geschenkt. Es ist eben kein Zufall, dass z.B. die Werke Lew Tolstois zur großen Weltliteratur zählen, kaum Leser*innen aber die Bücher seiner Frau Sofja Tolstaja, die selbst eine hervorragende Schriftstellerin war, kennen. Was als literarisch wertvoll gilt, bestimmen Männer seit Jahrhunderten.

 

Die geschlechterspezifischen Unterschiede in der Literaturbranche beginnen schon vor den Preisverleihungen. So werden Bücher von Männern eher im Hardcover veröffentlicht, während jene von Frauen eher im deutlich weniger prestigeträchtigen Format Taschenbuch verlegt werden. Für Literaturpreise werden meist jedoch Bücher nominiert, die als hochliterarisch gelten und im Hardcover erschienen sind. Zudem werden im Feuilleton mehr Bücher von Männern besprochen: Knapp zwei Drittel der Besprechungen drehen sich um Bücher von Männern. Auch die Personen, die die Kritiken verfassen, sind überwiegend männlich. Schließlich sind auch Rezensionen, welche von Männern verfasst werden im Schnitt länger als die von Frauen* und ihnen wird damit mehr medialer Raum gegeben. Schaffen es Bücher von Frauen* allerdings dennoch nominiert zu werden, so zeigt sich das „Genderauge“. Das Phänomen des „Genderauge“ beschreibt, dass am meisten Literaturpreise an Bücher gehen, die sowohl von einem Mann verfasst wurden als auch aus der Perspektive eines Mannes geschrieben sind. Darauf folgen Bücher, die zwar von Frauen* geschrieben wurden, jedoch aus der Perspektive eines Mannes erzählen. Am wenigsten Preise gewinnen solche Bücher, die von Frauen* und über Frauen* sind. Die Welt aus einer männlichen Perspektive wird öfter ausgezeichnet als die aus anderen Perspektiven. So gibt es viel weniger Identifikationsmöglichkeiten für nicht cis-Männer in preisgekrönter Literatur.

 

Auch die Jurys für Literaturpreise sind nicht gerade feministische Vorzeigegremien: Bei den acht höchst dotierten deutschen Literaturpreisen sind zusammen gerechnet gerade einmal 23 % der Mitglieder der Jury weiblich. Darüber hinaus sind nicht-binäre Juror*innen und Rät*innen in den Jurys überhaupt nicht vertreten.

 

Die staatlich geförderten Akademien glänzen auch nicht durch mehr Diversität: Bei der Berliner Akademie der Künste sind etwa nur 22 % der Mitglieder weiblich.

 

Es ist eine staatliche Aufgabe, Chancengleichheit zu fördern. In diesem Fall ist es also notwendig, der Literatur von Frauen* und nicht-binären Personen zu mehr Öffentlichkeit zu verhelfen.

 

Bei Literaturpreisen werden Frauen* und nicht-binäre Personen konsequent zu wenig nominiert und auch ausgezeichnet. Es geht nicht nur um unmittelbare Vorteile wie Ruhm und Geldpreise für Nominierte und Gewinner*innen, sondern auch darum den literarischen Blick auf die Welt diverser zu gestalten und Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken.

 

Es ist höchste Zeit, die männliche Dominanz im Literaturkanon aufzubrechen!

 

Daher fordern wir u. a.

 

  • von der Senatsverwaltung für Kultur eine Schaffung eines Buchpreises ausschließlich für deutschsprachige Werke weiblicher und nicht-binärer Autor*innen, der mit 37.500 € genauso hoch wie der deutsche Buchpreis dotiert ist. Zudem soll eine paritätisch besetzte Jury den Preis verleihen.
  • Außerdem muss für solch einen Preis der Anspruch gelten, auch nicht-weiße Autor*innen und ihre Werke verstärkt zu berücksichtigen.

 

So wird Literatur, die von Frauen* oder nicht-binären Autor*innen verfasst wurde, mehr Raum in der Öffentlichkeit sowie Anerkennung entgegengebracht. Gute Literaturförderung ist auch feministische Literaturförderung.

 

Antrag 104/II/2021 Entwicklungszusammenarbeit in der multipolaren Welt: die Bedeutung von Religion berücksichtigen

9.11.2021
  • an die Mitglieder der SPD Fraktion der SPD Fraktion des Abgeordnetenhauses Berlin
  • an die Mitglieder der SPD Fraktion des Bundestages
  • an den Parteivorstand der SPD

 

Vier von fünf Menschen weltweit fühlen sich einer religiösen Tradition zugehörig. Besonders im globalen Süden ist Religion ein wichtiger Teil der Identität und des Alltags vieler Menschen und prägt gesellschaftliche Wertvorstellungen. In vielen Kontexten nehmen Religionsgemeinschaften eine wichtige Rolle in der sozialen Daseinsvorsorge und der Erreichung der nachhaltigen Entwicklungsziele ein.  Gleichzeitig können religiöse Akteure auch zu Ausgrenzung und Konflikten beitragen und entwicklungspolitischen Zielsetzungen entgegenstehen. Außen- und entwicklungspolitisches Handeln muss der Faktor Religion daher verstärkt in den Blick nehmen. Es muss die Religionskompetenz in der internationalen Zusammenarbeit gestärkt werden, um in einer multipolaren Welt handlungsfähig zu sein, dem eigenen Anspruch von Partnerschaften auf Augenhöhe gerecht zu werden und nachhaltigere Wirkungen zu erzielen. Dies ist nicht nur ein professioneller Anspruch, es ist auch die Abkehr von eurozentrischen Denkmustern, die den säkularisierten Kontext hierzulande auf die Partnerländer der Entwicklungszusammenarbeit übertragen.

 

Aus diesem Grund fordern wir:

 

Bundesebene:

  • Wirksame Entwicklungszusammenarbeit braucht wissenschaftliche Forschung. Daher sollten gezielt wissenschaftliche Analysen im Bereich Religion und Entwicklung gefördert werden und die Ressortforschung in diesem Bereich substanziell ausgebaut werden.
  • Religionsgemeinschaften sind in vielen Kontexten wichtige Entwicklungsakteure. Die deutsche Entwicklungspolitik sollte dieses Potenzial nutzen und gezielt auf ​lokaler Ebene entwicklungsförderliche Aktivitäten von Religionsgemeinschaften verstärkt entlang projektbezogener Vorhaben im Einklang mit der deutschen Entwicklungspolitik unterstützen.
  • Entwicklungspolitische Programme und Projekte der Durchführungsorganisationen der deutschen EZ sollten verstärkt Religionsgemeinschaften als wichtige zivilgesellschaftliche Akteure einbeziehen.
  • Die Zusammenarbeit sollte sich nicht auf die etablierten christlichen Kirchen beschränken, sondern grundsätzlich allen Religionsgemeinschaften offenstehen, die sich konstruktiv und im Einklang mit Zielen der deutschen Entwicklungspolitik und ihren Werten, insbesondere der Agenda 2030, für nachhaltige Entwicklung einsetzen. Welche Akteure dies sind, hängt vom jeweiligen Kontext ab und muss anhand von wissenschaftlich fundierten Kontextanalysen eruiert werden.
  • Die Entwicklungszusammenarbeit sollte gezielt interreligiös angelegte gesellschaftspolitische Wertedialoge fördern, um auch in Bereichen, in denen Religionsgemeinschaften den Zielen der Agenda 2030 entgegenstehen, zu langfristigen Bewusstseinswandeln beizutragen.
  • Die Internationale Partnerschaft für Religion und nachhaltige Entwicklung (PaRD) sollte ausgebaut und weiterentwickelt werden. Dies schließt insbesondere die Repräsentation religiöser, zivilgesellschaftlicher und staatlicher Akteure aus dem globalen Süden ein.

 

Landesebene:

  • Die wissenschaftliche Forschung und Lehre im Themenfeld Religion und nachhaltige Entwicklung an den Berliner Hochschulen sollte gezielt ausgebaut werden. Um qualifiziertes und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen fundiertes politisches Handeln zu ermöglichen, ist ein Ausbau der Forschung in diesem Bereich unerlässlich. Um Religionsexpertise in der Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen, sollten verstärkt Studienangebote mit einem Schwerpunkt auf Religion und nachhaltige Entwicklung geschaffen werden.

 

Parteivorstand:

  • Das Verständnis für Religion muss wachsen. Aufgrund der zunehmenden globalen Bedeutung von Religion ist auch innerhalb der Sozialdemokratie eine größere Religionssensibilität und Religionskompetenz erforderlich. Es sollten daher zum einen die religionsspezifischen Arbeitskreise innerhalb der SPD gestärkt werden (Arbeitskreis jüdischer SozialdemokratInnen, Arbeitskreis Christinnen und Christen in der SPD, Arbeitskreis muslimischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten). Zum anderen sollte ein multireligiös arbeitender Arbeitskreis oder thematischer Fachausschuss Religion eingerichtet werden, der gezielt Religionsexpertise für die Strukturen der Partei bereitstellt.