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Antrag 144/II/2019 Handelsabkommen EU-Mercosur: Kein Abkommen zu Lasten von Menschenrechten, Umwelt- und Klimaschutz sowie bäuerlicher Landwirtschaft!

23.09.2019

Die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) wollen gemeinsam die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Nach jahrelangen Verhandlungen verkündete EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker Ende Juni 2019, dass die Vertragspartner*innen eine politische Einigung erzielt haben.

 

Das Abkommen soll über den Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen den Warenaustausch stärken und Unternehmen Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe bringen. Der Staatenbund Mercosur ist mit einer Bevölkerung von mehr als 260 Millionen Menschen einer der großen Wirtschaftsräume der Welt. Die EU kommt sogar auf mehr als 512 Millionen Einwohner. Die Exporte von EU-Unternehmen in die vier Mercosur-Staaten beliefen sich 2018 auf rund 45 Milliarden Euro, in die andere Richtung waren es Ausfuhren im Wert von 42,6 Milliarden Euro. Die Mercosur-Staaten exportieren vor allem Nahrungsmittel, Getränke und Tabak in die EU. Von dort gehen wiederum vor allem Maschinen, Transportausrüstungen sowie Chemikalien und pharmazeutische Produkte nach Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.

 

Laut EU-Kommission werden die Vertragspartner*innen den Entwurf nun juristisch prüfen und das endgültige Abkommen ausformulieren. Dann soll der Vertrag dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden.

 

Umwelt- und Verbraucherschützer*innen mahnen vor den sozialen und ökologischen Risiken bei Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens bei derzeitigem Stand des Verhandlungstextes. Sie befürchten, dass damit größere Hindernisse bei Durchsetzung von Standards zum Schutz der Umwelt, der Gesundheit und der Menschenrechte aufgebaut werden.

 

Schon heute führen der Soja-Anbau sowie das Wachstum der Rinderherden beispielsweise in Brasilien zu massiver Abholzung, Landkonflikten und einer Verschärfung der Klimakrise. Soja aus dem Mercosur landet massenhaft in den Futtertrögen der europäischen Megaställe und Mastanlagen. 94 Prozent des Sojaschrots und 52 Prozent der Sojabohnen, die die EU auf dem Weltmarkt einkauft, stammen aus dem Mercosur. Die europäische Überschussproduktion von Fleisch und Milch wäre ohne die riesige Einfuhr von Soja und anderen Futtermitteln überhaupt nicht aufrecht zu erhalten.

 

Weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde rechtliche Verankerung des in der EU geltenden Vorsorgeprinzips. Im Entwurf des Vertragstextes findet das Vorsorgeprinzip einmalig Erwähnung im nicht-sanktionsbewährten Nachhaltigkeitskapitel. Diese ist weitgehend zahnlos, denn Verstöße gegen dessen Bestimmungen können nicht unter dem Staat-Staat-Streitschlichtungsmechanismus des Abkommens behandelt werden.

 

Das Assoziationsabkommen sieht außerdem die Einrichtung eines Unterausschusses für Lebensmittelsicherheit vor (sogenanntes SPS Subcommittee), unter dem wiederum mehrere Dialoggruppen eingerichtet werden sollen. Diese befassen sich unter anderem mit Biotechnologie, Pestizidrückständen, Tierwohl und Antibiotika-Resistenzen. Teilnehmen sollen „Repräsentant*innen der Vertragsparteien mit technischer Expertise“, was mithin auch Industrievertreter*innen oder Expert*innen mit Verbindungen zur Lebensmittelindustrie umfassen kann. Bislang sieht der Vertragsentwurf keinerlei Regelungen zur parlamentarischen Kontrolle des Unterschusses vor.

 

Die zahlreichen Landkonflikte, die der Vormarsch des Agrobusiness in den Mercosur-Staaten anheizt, machen handelspolitische Regeln zum Schutz der Menschenrechte notwendig. Im Abkommen muss ein effektiver Schutz vor Landnahme für Betroffene rechtlich verankert werden, etwa gemäß dem UN-Konzept zur freien, vorherigen und informierten Zustimmung.

 

Bislang sieht das Assoziationsabkommen keinerlei Stärkung der viel zu schwachen Menschenrechtsklausel vor, die die EU in ihre Handelsverträge integriert. Diese erlaubt zwar grundsätzlich die Aussetzung von Handelspräferenzen bei schwerwiegenden Verstößen, jedoch kam es aufgrund der hohen Hürden, die die EU für die Aktivierung der Menschenrechtsklausel errichtete, bisher nie zu Handelssanktionen. Die Wirksamkeit der Klausel wird auch durch das Fehlen effektiver Monitoring- und Beschwerdeinstanzen eingeschränkt.

 

Eine zukunftsweisende Handelspolitik entscheidet sich nicht in der Wahl zwischen radikalem Freihandel oder Protektionismus, sondern ist auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet, die die Zukunftsfragen der Menschheit wie den Klimaschutz, die Erhaltung der Biodiversität und den Schutz von Freiheits- und Grundrechten ins Zentrum rückt.

 

Die SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Mitglieder in der Bundesregierung sowie die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament werden aufgefordert, sich für folgendes Ziel einzusetzen:

 

Im Handelsabkommen der Europäischen Union (EU) mit den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) sind Menschenrechte, geltende EU-Standards im Klima-, Umwelt-, und Verbraucherschutz rechtlich zu verankern. Deren Einhaltung und Durchsetzung hat der parlamentarischen Kontrolle des Europäischen Parlaments zu unterliegen. Zudem hat der Umgang mit den diesjährigen Bränden im südamerikanischen Regenwald, die teils durch menschengelegte Feuer entstanden, gezeigt, dass insbesondere die brasilianische Regierung nicht an dem Schutz dieses enorm wichtigen Ökosystems interessiert ist. Die Nutznießer der Brandrohdungen dürfen von einem Freihandelsabkommen nicht profitieren. Im Sinne der notwendigen Anstrengungen im Kampf gegen die Klimakrise darf dem Handelsabkommen EU-Mercosur nur bei Verankerung folgender Punkte zugestimmt werden.

 

Konkret bedeutet das im Einzelnen:

  • Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens (u.a. keine Ausweitung von Weide- und Anbauflächen durch Abholzung des Regenwaldes)
  • die Einhaltung der ILO-Normen
  • Stärkung und effektive Durchsetzung der Menschenrechtsklausel, u.a.  Einführung von  Monitoring- und Beschwerdeinstanzen für alle Stakeholder*innen sowie Sanktionsmaßnahmen
  • rechtliche Verankerung auf Schutz von Betroffenen vor Landnahme und Vertreibungen
  • Wahrung des EU-Vorsorgeprinzips
  • Festlegung von Standards für Tierhaltung und Umweltschutz für den transatlantischen Lebensmittelhandel (u.a. keine Absenkung von oder Verzicht auf Importkontrollen)
  • der Unterausschuss für Lebensmittelsicherheit (SPS Subcommittee) sowie die Dialoggruppen sind der Kontrolle des Europäischen Parlaments und der demokratischen Parlamente der Mercosur-Staaten zu unterstellen

 

Des Weiteren ist der Vertragstext des Assoziierungsabkommens mind. 1 Jahr vor Ratifizierung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, damit eine kritische Auseinandersetzung und Begleitung der Beratungen in den nationalen Parlamenten sowie dem Europäischem Parlament gewährleistet ist. Auf die Schaffung von parallelen Rechtsstrukturen und Rechtssprechungsinstitutionen, die Unternehmen und Investorinnen gegenüber Verbraucherinnen, Bürgerinnen und staatlichen Institutionen bevorteilen, ist gänzlich zu verzichten. Darunter fallen insbesondere private Schiedsgerichte, multilaterale Investorinnengerichthöfe und jegliche Instrumente des Invetorinnenschutzes und der Investorinnen-Staat-Streitbeilegung.

Antrag 220/II/2019 Solidarität mit Rojava

23.09.2019

Rojava bedeutet Westkurdistan und bezeichnet das Gebiet in Nordsyrien, das an die Türkei grenzt. Seit einigen Jahren steht der Begriff jedoch ebenso für das gesellschaftliche Projekt, dass sich in dieser Region, den autonomen kurdischen selbstverwalteten Gebieten, entwickelt hat.

 

Die autonomen kurdischen Gebiete erklärten am 17. März 2016 gemäß des Konzepts des demokratischen Konföderalismus ihre Autonomie innerhalb des syrischen Staates. Seitdem gilt auf dem Gebiet Rojavas, das eine Bevölkerung von 4,6 Millionen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen umfasst, der sogenannte Gesellschaftsvertrag, ein Projekt das möglich gemacht wurde durch den Rückzug syrischer Regierungstruppen aus dem Gebiet und der Aufgabe der Kontrolle über das Gebiet durch Syrien 2013.

 

Der Gesellschaftsvertrag für Rojava bildet die Grundlage eines Projektes, dass derzeit einzigartig ist, weil es auf Selbstverwaltung basiert. Das Gebiet Rojava wird in drei Kantone – Efrîn, Kobanê und Cizîrê – unterteilt. In jedem der drei Kantone werden Kantonalräte gebildet, denen jeweils eine quotierte Doppelspitze vorsteht – ein Prinzip das überall dort greift, wo ein Vorstand benötigt wird, gleich auf welcher Ebene. Unterhalb dieser Ebene hat jede Kommune – Dörfer und Stadtteile – das Recht einen eigenen Rat zu bilden. Das Initiativrecht für Gesetze liegt bei den Kommunalräten, das Beschlussrecht bei den Kantonsräten. Der Gesellschaftsvertrag von Rojava macht kaum Vorschriften darüber wie das Leben in den Kommunen oder Kantonen zu regeln ist – das bleibt jeder Gliederung überlassen. Er bestimmt nur einige allgemeine Prinzipien: alle gesprochenen Sprachen sind Amtssprachen, absolute Gleichberechtigung von Männern und Frauen, absolute Religionsfreiheit, Abschaffung der Todesstrafe, Achtung der Menschenrechte. Ein Exekutivrat für alle drei Kantone wacht über die Einhaltung dieser Prinzipien und bei ihm können alle Menschen Beschwerde einlegen, wenn sie der Auffassung sind, dass ein beschlossenes Gesetz diesen Prinzipien widerspricht.

 

Rojava ist ein einzigartiges Projekt. Umso bemerkenswerter ist es durch die Tatsache, dass alle natürlich vorkommenden Ressourcen vergesellschaftet sind und Privateigentum nur solange existiert, wie die Eigentümer*innen es der Gemeinschaft zur Verfügung stellen. Die Revolution, die zu diesem Gesellschaftsvertrag führte ist vielleicht auch die erste, die überwiegend von Frauen* getragen wurde, und bei der der Großteil der Kämpfe – vor allem gegen den sogenannten IS – fast vollständig von reinen Frauen*milizen getragen wurde. Abgesehen davon, dass es also ein radikal-demokratisches und feministisches Projekt ist, ist es auch ein sozialistisches.

 

– Als Sozialist*innen erklären wir daher unsere Solidarität mit diesem Projekt.

Schon seit längerem plant die türkische Regierung einen Einmarsch in das Gebiet Rojavas, um eine „Pufferzone“ zu errichten. Diese Pläne stellen eine massive Bedrohung der erkämpften Autonomie der Menschen in Nordostsyrien dar.
Bereits im Januar 2018 wurde die Stadt Afrin und die umliegende Region von türkischen Truppen erobert und besetzt. Dies bedeute das Ende des emanzipatorischen und demokratischen Projekts Rojava in Afrin. Während des Einmarschs der türkischen Armee kamen auch Panzer aus deutscher Produktion zum Einsatz. Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2019 genehmigte die Bundesregierung den Export von Kriegswaffen in die Türkei im Wert von 23.3 Millionen Euro.

 

–  Wir fordern daher Außenminister Heiko Maas dazu auf, darauf hinzuwirken, dass Erdogan von seinen Plänen eines Einmarschs türkischer Truppen in das Gebiet Rojavas absieht.

– Wir fordern Verhandlungen mit den beteiligten Kriegsparteien, insbesondere Russland und den USA aufzunehmen, um die kurdischen Gebiete vor Angriffen durch die Türkei zu schützen und die kurdische Autonomie weiterhin zu gewährleisten

– Wir fordern ein Ende der Genehmigungen und Ausfuhren von Waffen aus Deutschland in die Türkei. Der aggressiven und menschenverachtenden Außenpolitik der türkischen Regierung muss jegliche Unterstützung entzogen werden.

 

In den Selbstverwalteten kurdischen Gebiete in Nordost Syrien sitzen 7000 IS-Kämpfer in Gefangenschaft. Sie sind in den letzten Monaten des sogennanten IS festgenommen worden und gehören demnach zum harten Kern. Ebenso sind dort circa 70000 Frauen und Kinder, die einst zum IS-Kalifat gehörten, untergebracht. Ungefähr 400 der dort untergebrachten Personen kommen aus Deutschland. Die Gefangenen üben durch ihre bloße Anwesenheit einen enormen Druck auf die junge Selbstverwaltung aus. Beobachter des größten Lagers al-Hol gehen davon aus, dass der sogenannte IS sich dort weiter organisiert.

 

– Wir unterstützen daher die Forderung der Verwaltung Rojavas, die Personen in ihre Herkunftsländer zurückzuholen.

 

Die Bundesregierung braucht ein grundsätzliches Konzept im Umgang mit ehemaligen IS-Kämpfern und Unterstützer*innen aus Deutschland. Ehemalige IS-Anhänger*innen müssen in Deutschland angeklagt, verurteilt und gegebenenfalls zusammen mit ihren Kindern deradikalisiert werden. Deutsche Staatsangehörige müssen nach Deutschland zurückgeholt werden. Frankreich hat bereits in Einzelfällen schon so gehandelt.

Für die Möglichkeit der Rückführung ist es zwingend erforderlich, dass die Situation jeder einzelnen Person vor Ort geprüft werden kann. Dazu muss die Bundesregierung Gespräche mit den Akteur*innen vor Ort aufnehmen und ein ständige Vertretung einrichten. Die bereits bestehende Vertretung Rojavas in Berlin ist dazu erster Anlaufpunkt.

Zur Stabilisierung der Lage vor Ort und Unterstützung der Kurdischen Bewegung gehört auch ein Beitrag zur Aufarbeitung der Verbrechen des IS. Wir fordern daher die Einrichtung eines internationalen Tribunals. Eine rechtliche Aufarbeitung vor Ort soll dabei einer Rückführung nicht im Wege stehen oder gar ein Feigenblatt für eine vermeintlich gescheiterte Rückführung werden.

 

– Wir fordern daher die Aufnahme von quasi diplomatischen Beziehungen zur kurdischen Selbstverwaltung in Rojava.

– Wir fordern zudem die Rückführung der in Rojava inhaftierten deutschen Staatsbürger*innen und deren Kinder.

Als Antwort auf die Frage der IS Rückkehrer*innen beschloss der Bundestag im Juli eine Änderung des Staatsbürger*innengesetzes, die unter anderem enthält, dass Menschen, die zwei Staatsbürger*innenschaften besitzen, die deutsche aberkannt werden kann, wenn sie sich einer ausländischen Terrororganisation anschließen.
Dies ist ein fatales Signal. Es teilt Menschen in Bürger*innen erster und zweiter Klasse. Straftaten die Menschen begehen – wie etwa die Mitgliedschaft in einer Terrororganisation- werden unterschiedlich gewertet. Menschen die nur die deutsche Staatsbürger*innenschaft besitzen müssen sich dafür vor einem deutschen Gericht verantworten. Menschen die zwei Staatsbürger*innenschaften besitzen werden des Landes verwiesen in dem sie zum Teil groß geworden sind und sind teils härteren und auch der Todesstrafe ausgesetzt, obgleich sie die gleiche Tat begangen haben. Das läuft unserem Verständnis von Rechtsstaat klar entgegen.

 

– Wir fordern darum die SPD Bundestagsfraktion und die Justizministerin Christine Lambrecht auf, diese Änderung rückgängig zu machen.

 

Während die Kämpfer*innen der Volks-und Frauenverteidigungseinheiten (YPG und YPJ) medial für ihren entschiedenen Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat bejubelt werden, wurde in Deutschland das Zeigen ihrer Fahnen 2017 teilweise verboten. Wir bekräftigen unsere Forderung nach einem Ende der Kriminalisierung der kurdischen Befreiungsbewegung in Deutschland und Europa. Hierzu müssen alle geltenden Verbote kurdischer Organisationen in der Bundesrepublik aufgehoben werden. Die Verfolgung von antifaschistischem und emanzipatorischem Engagement muss beendet werden.

 

– Wir bekräftigen unsere Forderungen aus dem vom Bundeskongress 2018 beschlossenen Antrag „Keine Zusammenarbeit mit dem Erdogan-Regime“ und dem von der ersten LDK der Jusos Berlin 2018 beschlossenen Initiativantrag „Bijî azadî! Es lebe die Freiheit!“.

 

–  Als Ausdruck der Solidarität und Anerkennung der Demokratisierung nach jahrzehntelanger autoritärer Herrschaft und Unterdrückung durch die syrischen Baath-Partei strebt die Stadt Berlin, die für sich mit dem Slogan „Hauptstadt der Freiheit“ wirbt, eine Städtepartner*innenschaft mit einer Stadt aus Rojava an.

 

Städtepartner*innenschaften bieten eine gute Möglichkeit zur Verstetigung internationalen Austauschs auf Gebieten wie Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft. Als Vorbild hierfür kann die Partner*innenschaft zwischen der italienischen Hauptstadt Rom und der in Rojava gelegenen Stadt Kobane dienen

Antrag 136/II/2019 Wissenschaft und Forschung in und für die (Stadt)gesellschaft

23.09.2019

Grundsätze in Wissenschaft und Forschung für die Zukunft

Wissenschaft und Forschung sind essenziell zur Lösung sowohl der großen internationalen Zukunftsfragen sowie der zentralen Fragen der wachsenden Stadt Berlin. Berlin hat durch die Dichte und Vielfalt an Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen ein unglaubliches Potenzial, das wir in den kommenden zehn Jahren gezielt weiter auszubauen werden.

Es gilt dieses Potenzial im Sinne der Stadt, ihrer Wissenschaftler*innen, Forscher*innen, Erfinder*innen und Bewohner*innen zu nutzen. Eine sozialdemokratische Wissenschafts- und Forschungspolitik orientiert sich dabei an den Grundsätzen der vertikalen wie horizontalen Durchlässigkeit, maximaler Chancengleichheit, Vielfalt bei Gleichwertigkeit und eine breite Beteiligung der Betroffenen an Prozessen. Wir wollen Wissenschaft und Forschung im Sinne aller an ihnen Mitwirkenden und Partizipierenden, aber auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger!

Es ist die Aufgabe des Staates, die Autonomie von Wissenschaft und Forschung zu schützen, dabei aber zugleich die politischen Rahmenbedingungen für eine positive und progressive Entwicklung zu setzen.  Aprospos

Durch die neoliberalen Reformen der vergangenen Jahrzehnte, die sich in der Wissenschaft in Form des New Public Management niederschlugen und der Theorie eines effektiv administrierbaren, outputorientierten nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten Wissenschaftssystems gründeten, wurde Wissenschaft jedoch vielfach nicht nur prekarisiert sondern im Wettlauf um Drittmittel auch in ihrer Freiheit beschränkt. Alle Versuche, die Lehre zu verbessern, mussten in einem derartigen System wenig Erfolge zeitigen. Nur eine solide Grundfinanzierung, ergänzt durch Exzellenz, Drittmittel und kooperative Forschungsvorhaben, kann auch den Querdenker*innen und denen, die an langfristigen und weniger kurzfristig outputorientierten Vorhaben arbeiten, die notwendige Grundlage bieten.

Das Land Berlin hat hier bereits politische Instrumente, wie beispielweise die Hochschulverträge entwickelt, die sich bewährt haben und weiterhin eine zentrale Rolle in der wissenschaftspolitischen Gestaltung spielen sollten.

So sind Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen öffentliche Institutionen, die in einem Spannungsverhältnis zwischen Autonomie von Wissenschaft und Forschung einerseits und den gesellschaftlichen Bedarfen und gesellschaftlicher Verantwortung andererseits stehen. Sozialdemokratische Wissenschafts- und Forschungspolitik greift entsprechend gestaltend ein, ohne die Autonomie von Wissenschaft und Forschung einzuschränken.

Sozialdemokratische Wissenschafts- und Forschungspolitik bedeutet unabhängige, kritische Wissenschaft. Sie rechtfertigt sich aus sich selbst heraus und untersteht allein den wissenschaftlichen Prinzipien. Diese Aussage klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Tatsächlich ist Forschung mehr und mehr zahlreichen Abhängigkeiten ausgesetzt. Manche von ihnen sind nicht vollständig vermeidbar, etwa bei der Finanzierung. Aber eine Wissenschaft, die nur solche Ergebnisse „produzieren“ soll, die von Auftraggebern gewünscht sind, ist Pseudo-Wissenschaft. Das Bild einer unabhängigen Wissenschaft gerät stärker unter Druck. Selbst Grundsätze, die vor kurzem noch als selbstverständlich galten, sind es heute nicht mehr. So hat die CDU-Wissenschaftsministerin Anja Karliczek ein Verständnis von Wissenschaft und Forschung, nach dem es vornehmlich darum geht konkrete Ergebnisse zu produzieren, die so sofort verwendbar sind – am besten für die Wirtschaft. Doch so funktioniert Wissenschaft nicht: Wissenschaft braucht Grundlagenforschung und die Freiheit Erkenntnisse zu produzieren, selbst wenn diese für niemanden wirtschaftlich verwertbar sind. Wissenschaft ist kein Zulieferbetrieb für die Wirtschaft. Wissenschaft ist Erkenntnisgewinn.

Wissenschaft und Forschung dienen nicht nur wenigen. Es ist verlässlich nachgewiesen, dass Wissenschaft und Forschung nachhaltig auf die Arbeitsplatzentwicklung in den Regionen wirken und große Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum haben. Dabei entstehen Arbeitsplätze auf allen Qualifikationsniveaus und Löhne steigen. Darüber hinaus hat Wissenschaft und Forschung in der Region einen großen Anteil am Bildungsaufstieg bislang ausgegrenzter gesellschaftlicher Gruppen. Die Ergebnisse von Forschung können ALLE Arbeitsplätze gesünder und nachhaltiger gestalten. Dabei gehen Sozialforschung und technische Innovation idealerweise Hand in Hand. Ohne Wissenschaft und Forschung werden wir weder die regionalen Probleme z.B. des Verkehrs und der Energieversorgung oder der Partizipation und des sozialen Zusammenhalts noch die globalen Probleme der Friedenssicherung oder des Klimawandels lösen können. Digitalisierung und Automatisierung, Künstliche Intelligenz und Welthandel, Inklusion und Gleichstellung brauchen Wissenschaft.

Die deutsche Wissenschaft, und Berlin mit an der Spitze, sind hocherfolgreich im internationalen Vergleich. Mit dem Zukunftsvertrag ist der Bund dauerhaft und verlässlich in die Finanzierung der Hochschulen eingestiegen. Das ist auch ein Erfolg sozialdemokratischer Verhandlungserfolge. Trotzdem ist ein „Mitspielen“ in der Weltspitze auf diesem Niveau nicht nachhaltig zu erreichen. Während andere große Industrienationen bis zu 2,5 % ihres Bruttosozialproduktes in Wissenschaft und Forschung investieren, ist Deutschland mit 1,2 % weit hinter her. Dabei gibt es unter den Spitzenreitern Staaten, in denen der Anteil der privaten Finanzierung über Stiftungen, Schenkungen aber auch Studiengebühren, die weitgehend die Mittelschicht aufbringt und sich dafür verschuldet hoch ist, aber auch solche Staaten, die Bildung sowie Wissenschaft und Forschung grundsätzlich als Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge betrachten und öffentliche finanzieren. Diese sollte sich Deutschland zum Vorbild nehmen, weil ein durchlässiges Bildungssystem grundlegend notwendig ist und eine Erosion der Mittelschicht durch Verschuldung katastrophale gesellschaftliche Folgen zeitigt.

 

Situation in der Berliner Wissenschafts- und Forschungspolitik

In der Berliner Wissenschafts- und Forschungspolitik finden die beschriebenen sozialdemokratischen Grundsätze bereits jetzt Anwendung. Im bundesweiten Vergleich pflegt Berlin eine starke Kultur des Austausches und der Kooperation zwischen Politik, Stadtgesellschaft und den Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen. Diese gilt es zu erhalten und weiter auszubauen. Insbesondere bei der Vernetzung zwischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen wollen wir in den kommenden Jahren einen Schwerpunkt setzen.

 

Doch auch das Verhältnis zwischen Land und Hochschulen wollen wir weiter intensivieren, indem wir im Vorfeld der Verhandlungen zu den Hochschulverträgen die gesellschaftlichen und politischen Präferenzen der Stadt durch partizipative Elemente stärker integrieren. Die Schwerpunkte eines Hochschulvertrages müssen im Vorfeld sowohl in den Gremien der Hochschulen als auch im Parlament beraten werden. Ziel ist, eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Themen der Hochschulen.

 

So stellen die Hochschulverträge nach wie vor für uns das zentrale politische Instrument dar, um die Bedarfe der Stadtgesellschaft in die Hochschulen zu transferieren. Durch die bessere finanzielle Situation war es uns in den letzten Jahren möglich, wesentliche gesellschaftspolitische Prozesse anzustoßen und Weichen für die Zukunft zustellen. Zu nennen sind hier insbesondere die Einrichtung eines Instituts für Islamische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, die Einrichtung einer Geschäftsstelle für die neu gegründete Landeskommission Duales Studium, eine Erhöhung der Studienplätze insbesondere in den Bereichen „Soziale Arbeit“, „Erziehung und Bildung im Kindesalter“, „Öffentliche Verwaltung“ und schließlich im Bereich des Lehramts.

 

Schließlich hat die SPD dafür gesorgt, dass in den jüngsten Hochschulverträgen 2018 bis 2022 das Land Berlin seine elf staatlichen Hochschulen und die Charité durch Erhöhung der Grundmittel stärkt: Die Verträge wurden erstmals über einen Zeitraum von fünf Jahre und mit einem Aufwuchs von 3,5 % p.a. abgeschlossen. Die Hochschulen erhalten insgesamt 767 Mio. Euro zusätzliche Mittel. Im Jahr 2022 beläuft sich das Gesamtvolumen damit auf 1,65 Mrd. Euro.

 

Die SPD hat die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen wesentlich verbessert. Erstmals vereinbart wurde mit den Hochschulen:

  • eine fest vereinbarte Mindestquote an Dauerbeschäftigten an jeder Hochschule;
  • Mindestvertragslaufzeiten, die sich an der jeweiligen Projektlaufzeit orientiert;
  • die familienpolitischen Möglichkeiten für Haushalts- und Drittmittelbeschäftigte vollumfassend auszuschöpfen;
  • die Karrierewege des wissenschaftlichen Nachwuchses durch das so genannte Tenure-Track-Gesetz zu stärken;
  • Mindest-Honorare für Lehrbeauftragte zu zahlen sowie den studentischen Tarifvertrag zu erhalten und auszubauen.
  • Fremdvergaben zu vermeiden und Ausgründungen wie die Betriebsgesellschaft am Botanischen Garten in die Hochschule und damit in den TVL zurückzuführen (erfolgt)
  • Zudem wurden die Mindeststundenlöhne bei der Charité Facility Management (CFM) erhöht und im Januar 2019 die CFM zu 100% in öffentliches Eigentum überführt.

 

Diesen Kurs wollen wir fortsetzen und auch in Zukunft an der Erreichung unseres Ziels „Gute Arbeit in Wissenschaft und Forschung“ arbeiten.

 

Berliner Wissenschafts- und Forschungspolitik weiterentwickeln

Gute Arbeit und eine vorausschauende Personalentwicklung bleiben zentrale Aufgaben einer sozialdemokratischen Wissenschafts- und Forschungspolitik. Wir wissen: Arbeit an Hochschulen ist oft prekär. Das ist nicht nur fatal für die betroffenen Personen, sondern führt auch zu einer schlechteren Qualität von Wissenschaft und Forschung. Als SPD wollen wir uns in den kommenden Jahren daher insbesondere für folgende Maßnahmen einsetzen, um Gute Arbeit und Personalentwicklung zu verwirklichen:

 

Wir wollen den wissenschaftlichen Mittelbau weiter stärken, indem wir attraktive Forschungsstellen neben der klassischen Professur anbieten. Diese sollen dauerhaft eingerichtet werden und sich durch wissenschaftlich eigenständiges Arbeiten auszeichnen. Damit schaffen wir eine neue Personalkategorie an den Hochschulen.

Wir wollen für alle dauerhaft zu erbringenden Arbeiten Dauerstellen und gleiche Arbeit auch gleich bezahlen. Die Quote an dauerhaft Beschäftigten an den Berliner Hochschulen soll in den kommenden Jahren weiter deutlich erhöht werden.

 

Ein Bereich, in dem es besonders viele befristet beschäftigte Mitarbeiter*innen gibt, sind Drittmittelprojekte. Der „Sachgrund“ ist hier, dass die Mittel nur befristet gewährt werden. Gemeinsam mit den Hochschulen wollen wir innovative Arbeitsmodelle etablieren, durch die gewährleistet werden kann, dass auch Drittmittelprojekte über unbefristet beschäftige Forscher*innen durchgeführt werden, z.B. durch so genannten „rolling contract“.

Wir fordern, dass sich Senat und die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des deutschen Bundestages dafür einsetzen, dass Drittmittel des Bundes nicht zwingend mit befristeter Beschäftigung des wissenschaftlichen Mittelbaus verbunden werden.

 

Insbesondere auch die Stellen für die Einwerbung und Koordination von Drittmitteln sollen als Dauerstellen geführt werden. So bilden sie einen zentralen Bereich des Wissenschaftsmanagements. Ein auf Dauer gestelltes, professionelles Wissenschaftsmanagement beinhaltet den Vorteil, dass unsere Wissenschaftler*innen und Forscher*innen sich nicht hauptsächlich mit der Akquise zukünftiger Gelder beschäftigt müssen.

Die bisher bereits eingeführten tenure track Stellen haben sich bewährt. Wir wollen diesen Weg weiter gehen, denn er bietet den Wissenschaftler*innen Sicherheit auf dem Weg zur Professur. In Berlin soll es in Zukunft keine Juniorprofessur mehr geben, ohne dass die über einen tenure track in einem geregelten Verfahren zu einer Professur führt. Dabei muss die Frauenquote für tenure track Stellen 50 Prozent betragen. Darüber hinaus wollen wir auch Wege finden, um Stellen aus dem wissenschaftlichen Mittelbau sinnvoll mit einem tenure track auszustatten.

 

Das Berliner Chancengleichheitsprogramm soll als wichtiges Instrument der Frauenförderung fortgeführt und weiter entwickelt werden.

Die Frauenbeauftragten der Hochschulen wollen wir in ihren Kompetenzen und Ausstattung stärken und geeignete Strukturen wie ein Netzwerk Diversity und Antidiskriminierung schaffen, um struktureller Diskriminierung umfassend und wirksam zu begegnen.

Wie werden uns dafür einsetzen, dass auch die studentischen Hilfskräfte an den Außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Zukunft nach dem TV Stud bezahlt werden.

 

Qualität und Selbstbestimmung in Studium und Lehre

Einen weiteren Schwerpunkt wollen wir in den kommenden Monaten und Jahren beim Thema Qualität und Selbstbestimmung in Studium und Lehre setzen. 20 Jahre nach der Bologna-Deklaration sind ein guter Zeitpunkt, um erfahrungsbasiert Bilanz zu ziehen und an den Stellen neu zu justieren, die sich in der Praxis nicht oder nur unzureichend bewährt haben. Aus sozialdemokratischer Sicht sind dahingehend folgende Maßnahmen anzugehen:

 

Ein Jahr „Studium Generale“ für Alle, die das wollen. Wir wollen eine Studieneingangsphase bzw. ein Orientierungsstudium einführen, in der Kurse aus allen Fachbereichen gewählt werden können und Prüfungsleistungen auf das später gewählte Studium angerechnet werden können.

Wir wollen den Anteil der Wahlmodule erhöhen, damit Studierende selbst entscheiden können, welche Schwerpunkte sie innerhalb des Studiums setzen.

Unabhängige Wissenschaft fängt im Studium an. Wir bekennen uns zu den Prinzipien: Keine Anwesenheitspflicht, keine Studiengebühren, volle Durchlässigkeit zwischen Bachelor und Master.

Wir wollen Wege finden, mit denen wir die Möglichkeiten eines Teilzeitstudiums weiter verbessern und dadurch auch die Studierenden erreichen, die faktisch Teilzeit studieren, ohne sich im Teilzeitstudium zu befinden.

Teilzeitstudium kann ein Weg sein, um Erwerbsarbeit, Familie und Studium besser zu vereinbaren. Wichtig ist aber vor allem die Möglichkeit, Studienverläufe individuell zu gestalten und den persönlichen Profilen und Zeitbudgetts anzupassen. Dafür brauchen die Studierenden Wahlfreiheit und Flexibilität bei der Wahl der Angebote. Hochschulen sollen durch individuelle freiwillige Beratung diese Studienverläufe unterstützen. Vom Messen der Leistung der Hochschulen fixiert auf Abschlüsse in Regelstudienzeit wollen wir in den Hochschulverträgen weiter Abstand nehmen.

Zur Förderung einer besseren Anerkennungskultur von Studienleistungen, implementieren wir die Beweisumkehr bei der Anerkennung von Leistungsnachweisen anderer Hochschulen, inklusive der im Ausland erbrachten Studienleistungen.

 

Wir wollen die Studienberatung weiter ausbauen, damit es zu noch weniger Studienabbrüchen kommt.

Wissenschaft bedeutet, dass Forschung und Lehre zusammenkommen. Die Lehre wird grundsätzlich von Professor*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ausgeübt. Reine Lehrstellen – zum Beispiel über Lehrbeauftragte – darf es deshalb nur ergänzend als Schnittstelle zur Praxis und in Ausnahmefällen zur Abdeckung kurzfristiger Sonderbedarfe geben.

Wir wollen eine verpflichtende Lehrevaluation, die in den Gremien der Hochschulen ausgewertet und mit systematischen Handlungsempfehlungen versehen werden.

 

Soziale Lage der Studierenden verbessern, Studienerfolg absichern

In den letzten Jahren sind die Studierendenzahlen in Berlin stark gestiegen, von 130.000 Anfang der Nuller Jahre auf über 190.000 zurzeit. Das hat die SPD in Bund und Land unterstützt, zumal wir auf die Fachkräfte insbesondere im Bereich Lehrkräfte, Soziale Arbeit, Erziehungsberufe, öffentliche Verwaltung inklusive Polizei und Rechtspflege dringend angewiesen sind.

In Folge der Einschnitte in der Hochschulfinanzierung vergangener Jahrzehnte – trotz momentaner Aufwüchse von 3,5% – und in Folge der Bolognareformen sind aber Studiendruck und Arbeitsverdichtung an den Hochschulen gestiegen. Hinzu kommen steigende Lebenshaltungskosten, insbesondere Mieten und daher auch zunehmende Belastung durch Erwerbsarbeit bei Studierenden.

 

Heute nehmen wieder über 40% eines Jahrganges ein Studium auf. Viele Berufe, die früher im Dualen System ausgebildet wurden, werden heute akademisch gelehrt weil die Komplexität und der Spezialisierungsgrad zu genommen haben. Akademisierung ist ein wichtiges Thema in der Pflege wie in den Erziehungsberufen aber auch in technischen und anderen Berufsfeldern. Dazu steht die SPD. Die Duale Ausbildung ist neben der akademischen Ausbildung die zweite Säule aber die akademische Ausbildung trägt der notwendigen Multiprofessionalität vieler Aufgabenfelder Rechnung.

 

Allerdings hat sich durch steigende Mieten und unzureichende Anpassung des BAFöG die soziale Lage der Studierenden besonders in Metropolen wie Berlin verschlechtert.

Darunter leiden insbesondere die jungen Menschen, die aus dem Elternhaus weder finanzielle Unterstützung noch den Erfahrungshintergrund einer Akademikerfamilie mitbringen, Studierende mit Kindern und in höherem Lebensalter durch längere Bildungswege. Gerade auch in Studiengängen wie der sozialen Arbeit oder der Gesundheitsberufen (ohne Medizin), die bei späterer Berufstätigkeit keine hohen Einkommen erwarten lassen, was auch Studienfinanzierung durch Kredite nicht zulässt.

 

Hinzu kommt die gestiegene Heterogenität der Studierendenschaft auch in Bezug auf Herkünfte und Fluchthintergründe. Für diese Studierendengruppen ist das Angebot vor allem des Studierendenwerks und andere niedrigschwellige und kostengünstige Beratungs- und Unterstützungsangebote besonders wichtig. Sozialberatung, Arbeitsberatung, psychologische Studienberatung müssen ausreichend vorgehalten werden. Wir brauchen darüber hinaus Wohnangebote, die auch für Studierende mit Kindern geeignet sind und den international üblichen Wohnformen entgegenkommen. Hier sind oft mehr günstige WG- oder Wohnheimzimmer mit Gemeinschaftsflächen zu finden als Einzelappartements. Wir brauchen Kinderbetreuung, die sich an Tageszeiten und Semesterzeiten anpasst und räumlich günstig zum Studienort liegt. Für alle Angehörigen der Hochschulen kann Wege- und Zeitsparende Organisation des Alltags Studien- bzw. wissenschaftlichen oder beruflichen Erfolg entscheidend beeinflussen. Zeitpolitik ist Frauen- und Familienpolitik.

 

Das Hochschulstudium, insbesondere auch an Fachhochschulen oder Hochschulen für angewandte Wissenschaft, ist ebenso ein Thema der inklusiven Gesellschaft und des Bildungsaufstieges für unsere diverse Gesellschaft wie die Förderung aller Kinder in der Schule und Kita. Es kann nicht mit dem Schulabschluss Schluss sein und das Studium exklusiv einigen vorbehalten sein, während Kinder aus Nichtakademikerfamilien oder mit Migrationsgeschichte vor verschlossener Tür stehen oder nach kurzer Zeit an der hohen Belastung und der unzureichenden Betreuung und Beratung scheitern.

 

Senat und sozialdemokratische Mitglieder des Abgeordnetenhauses sollen sich dafür einsetzen, dass die soziale Lage der Studierenden nachhaltig verbessert wird:

Berlin muss sich in Bundesrat und Bundestag weiter dafür einsetzen, dass das Bafög den Lebenshaltungskosten der Studierenden auch in Metropolen angepasst wird.

Wir wollen den beispielgebenden Berliner Studentischen Tarifvertrag weiter als Modell auch für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und andere Bundesländer bewerben.

Die Angebote des Studierendenwerks sollen bedarfsgerecht ausgebaut und finanziert werden. Der von 130.000 auf über 190.000 Studierende und die gestiegene Heterogenität und Bedarfe an Arbeits- und Sozialberatung im komplexen deutschen System sowie an psychologischer Beratung ist Rechnung zu tragen.

 

Die Forderungen der Studierenden nach ausgewogener, gesunder und klimaschonender Ernährung sollen weiter aufgenommen werden. Die dazu nötigen Strukturen in Einkauf und Ausstattung der Mensen und Caféterien ist zu berücksichtigen.

 

Hochschulnahe Wohnangebote für Studierende – auch mit Kindern – müssen in vielfältiger Weise ausgebaut werden. Auch Kinderbetreuung, die sich in den angebotenen Betreuungszeiten täglich und vor allem in den Vorlesungszeiten zeitlich und örtlich mit dem Studium gut vereinbaren lässt, muss weiter ausgebaut werden. Hier sind auch die Bedarfe des Wissenschaftlichen Personals und der Mitarbeitenden in Verwaltung, Technik und Service zu berücksichtigen.

Das ABC-Ticket im Rahmen der Rückmeldegebühren ist sozial-, verkehrs- und umweltpolitisch ein großer Erfolg. Bei weiteren Absenkungen der Nahverkehrstarife dürfen die Studierenden nicht vergessen werden.

 

Studentischen Wohnraum schaffen

Berlin hat in den letzten Jahren (auch dank der Förderung des Bundes) die Zahl der Studienplätze auf 195.000 erhöht, insbesondere im Bereich von Qualifikationen, die dringend in der Stadt benötigt werden, wie die Ausbildung für den öffentlichen Dienst (z.B. Polizei und Rechtspflege sowie Lehrkräfte, Soziale Arbeit, Erziehungsberufe, Pflege- und Gesundheitsberufe) aber auch für die erfolgreiche Start-up-Szene oder Ansiedlungen in Forschung- und Entwicklung von Unternehmen. Ob Lebenswissenschaften, Nachhaltigkeit, Verkehr und Mathematik oder Kulturwissenschaften, Berlin ist in vielen Bereichen hotspot. Internationalisierung ist eine der Strategien, mit der Berliner Universitäten erfolgreich sind.

 

Damit diese Entwicklung nicht durch Wohnraummangel abgewürgt wird sollen neben den bestehenden Bemühungen folgende einzelnen Maßnahmen ergriffen werden:

  1. Am Campus Schöneberg der HWR soll der Neubau für Kita, studentisches Wohnen und Lehrgebäude zügig finanziert und umgesetzt werden.
  2. Am Campus Lichtenberg der HWR soll zügig der Übergang von der BIM ins Fachvermögen der Wissenschaftsverwaltung umgesetzt werden. Der Campus soll saniert und weiterentwickelt werden inklusive der Sportstätten für die Polizeiausbildung und ausreichend Wohnraum für Studierende und Auszubildende, insbesondere der Polizei und anderer öffentlicher Belange.
  3. An den Standorten der Alice-Salomon-Hochschule in Hellersdorf und der HTW in Oberschöneweide sollen geeignete Grundstücke angekauft werden um campusnahe Wohnmöglichkeiten zu schaffen. An beiden Standorten ist die Wohnsituation für Studierende schwierig, wodurch lange Anfahrten nötig sind. Gleichzeitig würde campusnahes Wohnen auch der Verankerung der Hochschulen in ihren Stadtteilen dienen.
  4. Bei der Planung für die Beuthhochschule in Tegel soll maximal möglicher studentischer Wohnraum berücksichtigt werden.
  5. An den Standorten der drei Universitäten in Mitte, Dahlem und Charlottenburg sollen alle Universitätseigenen Grundstücke, wie zum Beispiel Parkplätze und Immobilien darauf hin überprüft werden, ob bei Sanierung oder Umbau – auch kleinteilig – studentischer Wohnraum geschaffen werden kann. Die Strategie nur big is beautifull muss hinterfragt werden. Geeignete Grundstücke in Privatbesitz oder Besitz des Bundes sollen unter Mitwirkung der Hochschulen identifiziert werden, um in Ankaufgespräche einzutreten.

 

Bei der Planung studentischen Wohnraums sollen insbesondere auch folgende Wohnformen Berücksichtigung finden:

  • Wohnraum für Studierende mit Kind oder Kindern
  • Wohnraum für Studierende mit Behinderung
  • Wohnraum in Form von Wohngemeinschaften mit gemeinsam genutzten Küchen und unter Umständen Bädern, wie international üblich
  • Gemeinschaftsflächen für Kommunikation und Begegnung und sozialräumliche Öffnung

 

Bei der Planung sollen folgende Bauweisen Berücksichtigung finden:

Schnellbau mit einfachem Standard für kürzere Nutzungszeiten, z.B. 30 Jahre auch unter Verwendung von Holzmodulbau

Für die schnelle Umsetzung müssen alle Kooperationspartner*innen in der Stadt ins Boot geholt werden. Zunächst das Studierendenwerk und die Genossenschaften, die Hochschulen und mögliche weitere Akteure.

 

Zukünftige nachhaltige Wissenschaftspolitik für Berlin

 

Unsere Berliner Hochschulen sind bundesweit und international in ihren Profilen und ihrer Forschung sehr gut aufgestellt. Die Attraktivität zeigt sich vor allem auch in dem Zuzug von Wissenschaftler*innen aus der gesamten Bundesrepublik und der Welt. Die Strahlkraft wird durch die Berliner Erfolge im Rahmen der Exzellenz-Strategie noch gesteigert. Wir als Berliner SPD unterstützen unsere Hochschulen auf ihrem erfolgreichen Kurs und stehen für exzellente Forschung und Wissenschaft – in der Spitze wie in der Breite! Um eine gute Mischung zwischen erfolgreicher, autonomer Forschung und der Realisierung gesellschaftlicher Bedarfe durch nachhaltige Wissenschaftspolitik zu realisieren, setzen wir uns in den kommenden Jahren für folgende Maßnahmen ein:

 

Wir fordern dass sich Senat und die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des deutschen Bundestages dafür einsetzen, dass die Anstrengungen des Bundes und der Länder zu einer dauerhaften deutlich erhöhten Grundfinanzierung der Wissenschaft in Deutschland intensiviert werden

 

Um Spitzenforschung in der Breite zu garantieren, setzen wir uns auch in Zukunft auf Landesebene für eine hohe und verlässliche Grundfinanzierung der Berliner Hochschulen ein. Die Laufzeit der Hochschulverträge soll auch in Zukunft mindestens vier Jahre betragen und mindestens eine 3% Steigerung der Mittel enthalten. Dadurch soll ein gesundes Verhältnis von Grund- zu Drittmittelfinanzierung und die finanzielle Ausstattung weniger drittmittelbegünstigten Bereiche gewährleistet sein. Darüber hinaus gehende Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst sollen durch eine Tarifanpassungsklausel ausgeglichen werden, damit eine gute Tarifentwicklung nicht zu Lasten der qualitativen Entwicklung der Hochschulen und der Qualität der Lehre geht.

 

Die Studienplatzkapazitäten wollen wir erhalten und insbesondere die Bereiche stärken, in denen ein gesellschaftlicher Bedarf besteht. Für Berlin bedeutet dies in den nächsten Jahren weiterhin den Bereich „Soziale Arbeit“ sowie insbesondere auch die Gesundheitsberufe zu stärken.

 

Der Bedarf an Lehrkräften wird auch in den kommenden Jahren hoch sein. Gut ausgebildete Lehrkräfte sind der entscheidende Faktor für die Leistungsfähigkeit unseres Schulsystems. Um den Lehrkräftebedarf an den Berliner Hochschulen in angemessener Quantität und Qualität gerecht zu werden, wollen wir neben dem Ausbau der Studienplatzkapazitäten die zentralen „Schools of Education“ an den Berliner Universitäten stärken und mit eigenen Professuren und eigenen Lehramtsstudiengängen ausstatten. Wir werden die Abstimmung zwischen den lehrkräfteausbildenden Universitäten weiter ausbauen, Übergänge erleichtern, Beratung und Betreuung der Studierenden ausbauen und das Lehrpersonal gezielt weiterbilden für die Erfordernisse des Berliner Schulsystems. Lehrkräfteausbildung hat für die SPD absolute Priorität.

Neu gegründet werden soll eine Akademie für das  Wissenschaftsmanagement, um den gestiegenen Anforderungen und Komplexität im Wissenschaftssystem auch personell besser Rechnung zu tragen.

Um Qualität statt Quantität in Wissenschaft und Forschung zu stärken, werden wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten dafür setzen, den in den letzten Jahren entstandenen „Publikationswahn“ Einhalt zu gebieten. Statt politisch Anreize für lange Publikationslisten zu setzen, wollen wir eine Kultur stärken, die die Quantität von Publikationen als Reputationsfaktor hin zu anderen Qualitätskriterien verschiebt.  Gesellschaftliche Relevanz von Forschungsergebnissen und Einbindung in die Stadtgesellschaft sollen stärker honoriert werden.

Ebenfalls im Rahmen der Grenzen der Hochschulautonomie wollen wir die Berufungskriterien und -verfahren transparenter gestalten. Zu überlegen ist auch, inwieweit die Hochschulen dazu ermutigt werden können, die Berufungsverfahren und die Zusammensetzung der Kommissionen neu zu strukturieren, indem diese sich beispielsweise per Los aus einem Pool von möglichen Mitgliedern rekrutieren.

Ziel ist eine geschlechterparitätische Besetzung der Gremien, die aber in Fächern, in denen Frauen stark unterrepräsentiert sind, nicht zu einer Überlastung der Frauen führen darf. Hier sind geeignete Wege der Unterstützung und Kompensation zu finden.

 

Die Senatsverwaltung soll zügig einen Ruf erteilen, wenn es keine Beanstandung der Liste gibt.

Im Fall von Berufungsverfahren, die beispielsweise durch Frauenbeauftragte oder Diversity oder Antidiskriminierungsstellen beanstandet werden, soll es einen zügigen Clearingprozess geben, bevor der Ruf erteilt wird.

Die ausgeprägte Kooperationskultur und Vernetzung in der Berliner Wissenschafts- und Forschungslandschaft wollen wir weiter stärken. Während wir in den letzten Jahren bei der Wissenschaftspolitik bereits Einiges erreicht und bewegt haben, gilt es in den kommenden Jahren den Fokus vor allem auf die Forschungspolitik zu richten. Die Berlin University Alliance bietet für den Wissenschaftsstandort Berlin eine einmalige Chance für die Zukunft um in Berlin eine im besten Sinne soziale, nachhaltige und demokratische Forschungspolitik, die sich insbesondere den Bereichen „Sozial-ökologische Transformation“, „Arbeit 4.0 / KI“ und „Gesundheit / Wohlbefinden“ widmet.

 

Dazu werden wir folgende Maßnahmen ergreifen:

Wir bekennen uns dazu, dass gesellschaftsrelevante Themen Kernbereiche der Forschung darstellen. Die Entwicklung der Arbeit der Zukunft, die Digitalisierung, das autonome Fahren, Stärkung der Nachhaltigkeit, Biodiversität, Friedens- und Konfliktforschung, vorausschauende Stadtentwicklung und die Erforschung des Umgangs mit dem Kolonialismus sind nur einige Beispiele dafür.

Mit der strategischen Neuausrichtung der Interdisziplinären Forschungsverbünde werden wir ab 2020 ein Förderinstrument des Landes haben, wodurch gezielt die Forschungsprojekte für eine sozial-ökologische Stadtentwicklung unterstützt und Anregungen für Forschungsbedarfe aus der Stadtgesellschaft aufgenommen und integriert werden können.

Wir fördern gezielt auch solche Fachbereiche, die nicht dem Mainstream entsprechen und eher weniger Drittmittel einwerben können, weil sie nicht unmittelbar der Wirtschaft nützen. Dies gilt in besonderer Weise für gesellschafts- und sozialwissenschaftliche Themen.

Die Öffnung hin zur Gesellschaft bedeutet auch die Rahmenbedingungen für Ausgründungen zu verbessern und Studierenden den Weg von Forschung und Wissenschaft hin zu Startups bzw. Unternehmensgründung zu erleichtern.

Wo es die beteiligten Akteur*innen wünschen, wollen wir die Vernetzung und den Wissenstransfer zwischen Forschungsinstituten, Hochschulen, Unternehmen und weiteren Institutionen fördern.

Wir stärken die Friedensforschung und bekennen uns zur Zivilklausel, d.h. wir bestärken unsere Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen dazu, ausschließlich für friedliche Zwecke zu forschen.

Berlin soll bundesweit führend in der Erforschung von Alternativen zu Tierversuchen werden und dahingehend neue Maßstäbe setzen.

 

Gesundheitsforschung

 

Wir werden Berlin zur europäischen Gesundheitssmetropole ausbauen. Berlin hat mit dem Umfeld von exzelltenten Wissenschaftseinrichtungen sowie den Landesunternehmen Charite und Vivantes beste Voraussetzungen. Wir werden die Charite und Vivantes baulich modernisieren, auf den neuesten Stand der Digitailisierung bringen und ihre jeweiligen Profile weiter stärken. Wir wollen beste Krankenversorgung in allen Regionen unserer Stadt. Krankenversorgung darf nicht davnb abhängig sein, in welcher Region man lebt. Deswegen werden wir alle Standorte unserer Kliniken stärken. Medizinische Weiterentwicklung lebt von exzellenter Forschung. Mit der Integration des Berliner Instituts für Gesundheitsforschung haben wir dazu beste Rahmenbedingungen.

 

Berlin – Wissenschaftsstadt 2035 durch Investitionen absichern

 

Auch in den Hochschulen ist durch die lang anhaltende Haushaltskonsolidierungsphase ein hoher Sanierungsrückstau entstanden. Analog zur Schulbauoffensive brauchen wir ein langfristig angelegtes Sanierungs- und Neubaukonzept für die Berliner Hochschulstandorte. Dazu fordern wir:

  • Der Wissenschaftssenat entwickelt gemeinsam mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie mit den Bezirken, der Innenverwaltung, Stadtentwicklung und Finanzen einen Hochschulentwicklungs- und Investitionsplan, der folgende Ziele hat.
  • Den Sanierungsrückstau in den Hochschulen in diesem Zeitraum zu beseitigen und analog zur Schulbauoffensive langfristige Planung und Finanzierung sicher zu stellen.
  • Die Campusentwicklung an allen Hochschulstandorten unter Gesichtspunkten der Rolle der Hochschulen im Sozialraum, des studentischen Wohnens, der Ausbildungsqualität und der Daseinsvorsorge durch Sportstätten zu planen und zu finanzieren.

 

Dazu muss geprüft werden,

  • inwiefern Grundstücke von Dritten erworben werden müssen, um die Campi zu entwickeln
  • Inwiefern Anmietungen durch Sanierung und Neubau überflüssig werden können
  • inwiefern landeseigene Grundstücke von z.B. der BIM ins Fachvermögen der Wissenschaftsverwaltung verlagert werden sollten
  • wie die erfolgreiche Bauherreneigenschaft der Hochschulen – auch in Kooperation z.B. mit Fachhochschulen – weiter gestärkt werden kann
  • welche Partner aus dem Bereich der öffentlichen Unternehmen bei der Campusentwicklung mit einbezogen werden können, um die Effektivität zu erhöhen, Synergien zu schaffen und die Prozesse zu beschleunigen.
  • wie die IT-Infrastruktur in Bezug auf Datendurchsatz und Speicherung an den Campi zukunftsfest ausgebaut werden muss und ob dazu ein öffentliches Netz notwendig ist.

 

Der erste Schritt muss die Finanzierung und konsequente Umsetzung des 6-Punkte-Plans der Hochschulen und der Wissenschaftsverwaltung sein.

 

Wissenschaft Kommunikation Lernorte

Wissenschaft braucht Kommunikation. Nicht nur intern, sondern vor allem mit allen Teilen der Gesellschaft. Wissenschaft muss Akzeptanz schaffen und wissenschaftliche Ergebnisse aller Disziplinen sollen Eingang finden sowohl in politisches, wirtschaftliches und Alltagshandeln. Wissenschaft muss begeistern, um Nachwuchs zu finden, nicht nur für akademische Berufe, sondern auch für Wissenschaftsuntertützende Berufe z.B Laborassistenz u.v.a. Für diese Prozesse werden sowohl Räume benötigt sowie Strukturen, die diese Kommunikation organisieren. Schüler*innenlabore, Schüler*innenuni sind Angebote, die junge Menschen für verschiedenste Disziplinen begeistern sollen. Dies ist besonders für die jungen Menschen wichtig, die diese Zugänge nicht über das Elternhaus vermittelt bekommen können. Außerschulische Lernorte sind z.B. Museen (Stadtmuseum, SPK, Naturkundemuseum und Botanischer Garten u.v.a.) Gedenk- und Kulturorte sowie Einrichtungen wie die Planetarien oder das Gläserne Labor.

 

Wir wollen Außerschulische Lernorte für Wissenstransfer aus Hochschulen noch besser nutzen:

  • Dazu werden wir eine koordinierende Stelle schaffen, die die außerschulischen Lernorte vernetzt und koordiniert, über die Angebote informiert und Schulen und Kitas unterstützt, diese Angebote wahr zu nehmen. Diese Stelle kann z.B. beim größten Außerschulischen Lernort,der Stadt, Stiftung Planetarium Berlin, angesiedelt sein.Wissenschaft und Forschung sollen offen sein für die ganze Gesellschaft. Dazu gehört auch, dass wir Wege finden, um Wissenschaft zugänglich und nahbar zu machen, etwa durch freie Eintritte für Museen und Dialogformate zum Austausch zwischen Wissenschaftsinstitutionen und Stadtgesellschaft.
  • Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen müssen Orte der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung bleiben. Dazu gehören die freie Meinungsäußerung sowie der freie Zugang zu Räumen für politische Veranstaltungen z.B. für politische Kongresse an den Berliner Hochschulen.
  • Für die Kommunikation mit der Stadtgesellschaft und die Debatte über gegenwärtige und zuküntige Fragestellungen braucht die Wissenschaft nicht nur Schaufenster, sondern Räume in allen Teilen der Stadt. Diese gilt es zu identifizieren, für das Land und die Wissenschaft zu sichern und tragfähige Konzepte mit den Partner*innen zu entwickeln,

 

Wissenschaft nachhaltig

 

Nicht erst seit FridaysforFuture sind Hochschulen und Einrichtungen wie das Studierendenwerk um nachhaltiges Handeln bemüht und gibt es Bestrebungen, nachhaltige Entwicklung als handlungsleitendes Prinzip in Hochschulen und Wissenschaftspolitik zu verankern. Wir begrüßen die FridayforFuture-Initiativen von Studierenden an den Hochschulen sowie das Engagement der Wissenschaftler*innen bei science for future und bekennen uns zu den Zielen der Nachhaltigkeit.

 

Dabei lehnen wir uns an die Definition an, die nachhaltiger Entwicklung beschreibt als Strategie, die globale und intergenerationelle Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Erhalt von Biodiversität und Ökosystemen, Klimaschutz, verantwortungsvollen Konsum, ressourcenschonendes und kreislauforientiertes Produktionsverhalten sowie faire Arbeits- und Handelsbedingungen umfasst und insofern eine umfassende Transformation anstrebt.

Wir werden:

  • Nachhaltigkeit als Aufgabe der Hochschulen im Hochschulgesetz verankern
  • Transparente Governancestrukturen schaffen, die nachhaltige Entwicklung an den Hochschulen ermöglichen
  • Die Hochschulen dabei unterstützen, alle Gruppen der Hochschulen in die Entscheidungen einzubeziehen
  • Regelungen in Landes- und Bundesgesetzgebung identifizieren und verändern, die nachhaltiges Handeln z.B. bei Reisen oder Vergaben behindern

 

Bei der Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie arbeiten wir als SPD mit den Akteur*innen an den Hochschulen und übergreifenden Initiativen wie der Initiative für Nachhaltigkeit und Ethik an den Hochschulen (netzwerk-n, Was bildet Ihr uns ein? u.a.) zusammen.

 

 

Antrag 285/II/2019 Den ökologischen Wandel sozial und nachhaltig gestalten - Für einen sozialdemokratischen „Green New Deal“

23.09.2019

Der SPD-Landesvorstand wird aufgefordert ein Zukunfts- und Investitionsprogramm zu entwickeln, das auf dem Parteitag 2020 der Bundes-SPD zur Beschlussfassung vorgelegt werden soll. Dieses wird unsere Antwort auf die Klimakrise und die Digitalisierung sein. Es formuliert eine klare nachfrageorientierte Alternative zur Politik der “Schwarzen Null”. Basierend auf den Grundsätzen der Sozialdemokratie werden wir den notwendigen gesellschaftlichen Wandel als Fortschritt gestalten.

 

Dieses Zukunfts- und Investitionsprogramm soll mit aktiver Beteiligung der Parteigliederungen entwickelt werden.

Grundlage dieses Zukunfts- und Investitionsprogramms soll die Weiterentwicklung des sozialdemokratisch geprägten Vorschlags des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) “Ein Marshallplan für Europa” sein.

Antrag 129/II/2019 Gute Bildung braucht eine gute Ausbildung. Quereinstieg jetzt reformieren

23.09.2019

In den letzten zehn Jahren wurden viele Maßnahmen unternommen, um die Bildungskrise in Berlin abzuwenden. Im Rahmen des Programms “Quereinstieg” konnten landesweit in den letzten fünf Jahren mehrere hundert Stellen an den Schulen pro Schuljahr besetzt werden. Mit der Öffnung des Schuldienstes für fachfremde Personen gelang es zudem, die Kollegien diverser zu gestalten, da nun mehr Menschen mit anderen beruflichen Hintergründen an den Berliner Schulen arbeiten. War der Quereinstieg anfangs als flankierende Maßnahme gedacht, um wenige offene Stellen zu besetzen, machen Quereinsteigende einen immer größeren Teil der neu eingestellten Lehrer*innen und Lehramtsanwärter*innen aus. Von den rund 3000 eingestellten Lehrkräften für das Schuljahr 2019/2020 wurden rund 400 Stellen mit Quereinsteigenden besetzt. Vor allem an Schulen in so definierten sozialen Brennpunkten ist der Anteil an Quereinsteiger*innen besonders groß. Das ist pädagogisch betrachtet erst einmal kein Grund zur Beunruhigung, denn wie angesprochen, bringen Quereinsteigende andere Sichtweisen und auch berufliche Erfahrungen mit, die den Schüler*innen genau so gut oder sogar mehr Vorbild sein können als das regulär ausgebildete Lehrkräfte sind. Für die Quereinsteigenden bedeutet das aber vielfach eine größere Belastung. Erst recht, wenn sie sich in der Ausbildung befinden. Denn die fehlende personelle Ausstattung wie auch die oftmals gesteigerten pädagogischen Anforderungen führen in solchen Fällen dazu, dass sich Berufseinsteiger*innen stark überfordert fühlen. Abhilfe können hier sowohl der Austausch mit als auch Unterstützung durch andere Kolleg*innen, bspw. durch Doppelsteckungen in den Klassen oder vertrauensvolles Mentoring, schaffen. Leider fehlen oftmals genaue Kenntnisse darüber, welche Quereinsteiger*innen wo unterrichten und wie sich die Kollegien in Anbetracht der Schüler*innenschaft zahlenmäßig verhält, um mit entsprechenden Maßnahmen zu entlasten.

 

Auch berechtigt nicht jeder Studienabschluss zur Aufnahme in den Quereinstieg in das Lehramt für allgemeinbildende Schulen. Ein Quereinstieg in den Lehrberuf ist nur dann möglich, wenn es für das Unterrichtsfach, das dem Studienabschluss des*der Bewerber*in entspricht, einen Bedarf an den Berliner Schulen gibt. Außerdem ist Voraussetzung für eine Einstellung, dass die potenziellen Quereinsteigenden von einer Schule für eine unbefristete Beschäftigung ausgewählt wurden. Die Hürden für den Quereinstieg sind also relativ hoch. Erst dann kann der Vorbereitungsdienst (das Referendariat) berufsbegleitend begonnen werden. Dieser hat, wie bei den regulären Lehramtsanwärter*innen, das Ziel, die Fähigkeit zu selbstständigem, berufsbezogenem Handeln in Schule, Unterricht und Erziehung zu fördern und zu befähigen, Entwicklungsprozesse der Schulen mit zu gestalten. Den 18-monatigen Vorbereitungsdienst für das Lehramt durchlaufen alle Referendar*innen in Vollzeit. Nur unterscheiden sich die in dem Rahmen zu unterrichtenden Stunden erheblich. Während reguläre Lehramtsanwärter*innen bis zu acht Stunden an den Schulen eingesetzt werden dürfen, beträgt die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung für Quereinsteigende ab dem Schuljahr 2019/2020 17 Stunden (Regelstundenmaß für Gymnasiallehrkräfte in Vollzeit beträgt 26 Stunden). Vielfach werden sie außerdem für fachfremden, d.h. Vertretungsunterricht eingesetzt. Das kann dazu führen, dass das eigentliche Ziel, nämlich das Erreichen der professionellen Handlungskompetenz im Kontext des Lehrberufs aufgrund einer Überforderung nicht bzw. nur bedingt erreicht wird. Quereinsteigende brauchen neben der gleichen Betreuung in der Ausbildung auch gleiche arbeitszeitliche Rahmenbedingungen, um den Anforderungen gerecht zu werden und sich trotzdem angemessen auf den so wichtigen Lehrberuf vorbereiten zu können. Für die Betreuung an den Schulen werden pro Referendariatsplatz nur wenige Minuten vom Land zur Verfügung gestellt. Dies ist mit der Durchführung einer ausgewogenen und individuell abgestimmten Betreuung kaum vereinbar. Daraus folgt, dass die schulpraktische Betreuung vom Engagement der dort tätigen Fachlehrkräfte abhängt. Damit aber zentrale Bausteine für eine gelungene Ausbildung wie detaillierte Beratungs- bzw. Auswertungsgespräche für alle auszubildenden Lehrkräfte möglich ist, bedarf es erheblicher Entlastungen. Eine große Hürde zur guten Betreuung von Quereinsteigenden ist auch die fehlende Vergleichbarkeit von Konzepten der Bezirke. Viele Bezirke haben eigene Mechanismen und Programme im Umgang mit Quereinsteigenden, ein Austausch findet kaum statt. Nur im Austausch können aber Best-Practise Beispiele ausgetauscht und umgesetzt werden

 

Wir fordern die zuständigen sozialdemokratischen Mitglieder der Abgeordnetenhausfraktion sowie die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie auf, die Rahmenbedingungen für die Ausbildung des Quereinstiegs allgemeinbildende Schulen und berufsbegleitenden Referendariats zu überarbeiten, um Überbelastung bei den Lehramtsanwärter*innen vorzubeugen und eine angemessene fachliche Betreuung sicherzustellen.

 

Konkret fordern wir,

  • dass das Stundendeputat, also die tatsächlich an den Schulen zu unterrichtenden Pflichtstunden spürbar reduziert werden, dabei aber die für den Lehrberuf so wichtige fachliche Ausbildung im Vorbereitungsdienst durch eine Verlängerung von höchstens drei Monaten sichergestellt wird.
  • ein bezirksübergreifendes Monitoring durchzuführen, das die Verteilung aller quereinsteigenden Lehrkräfte an den Schulen genau aufschlüsselt
  • ein für die in Ausbildung befindlichen Quereinsteiger*innen abgestimmtes Konzept zur Verteilung zu erarbeiten, sodass eine Durchmischung aller Referendar*innen sichergestellt ist
  • ein überarbeitetes Konzept für Ermäßigungsstunden derjenigen Schulen/Lehrkräfte, die Quereinsteigende betreuen, um den entstehenden Mehraufwand auszugleichen.