Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Berliner Senats werden aufgefordert, in der Asylpolitik des Landes Berlin, und besonders vor dem Hintergrund der Umsetzung des Gesamtkonzepts der Bundesregierung zur Asylpolitik vom 7. September 2015 die Auszahlung von Bargeldleistungen in Erstaufnahmeeinrichtungen beizubehalten und nicht durch die Bereitstellung von Sachmitteln zu ersetzen.
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Antrag 62/II/2015 Beschäftigung von Flüchtlingen durch Selbstbewirtschaftung der Wohnheime
16.10.2015Die SPD Fraktion im Abgeordnetenhaus und der Bundesvorstand der SPD sollen sich dafür einsetzen, dass für Flüchtlingsunterkünfte demokratische Selbstorganisationsformen entwickelt, angeboten und eingeführt werden als Kommunikations- und Mitbestimmungsgremien der Flüchtlinge für Betreiber und staatliche Stellen.
Diese Gremien sollen sich außerdem dafür einsetzen, dass für die Flüchtlinge Tätigkeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen und angeboten werden, die das gesetzliche Arbeitsverbot nicht verletzen. Für diese freiwillige Tätigkeit soll ein Anerkennungsbetrag ausgelobt werden.
Antrag 61/II/2015 Jungen Geflüchteten helfen – statt Menschenbeschau!
16.10.2015Wir fordern die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, die zuständigen Stadträt*innen in den Bezirken und die Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf, dafür zu sorgen, dass keine demütigenden, die Menschenwürde verletzenden Altersfeststellungen bei jungen (unbegleiteten) Geflüchteten mehr stattfinden. Es sind insbesondere die Ganzkörperbeschauung – einschließlich des Genitalbereiches – und medizinisch nicht notwendigen Röntgenaufnahmen sofort einzustellen. Stattdessen muss die Altersangabe der*des Geflüchteten maßbeglich sein.
Eine demütigende Praxis in Berlin und Hamburg
In Berlin – wie auch in Hamburg – finden Untersuchungen statt, die den Genitalbereich der Geflüchteten einschließt. Außerdem werden in beiden Städten Röntgenaufnahmen – z.B. der Handwurzelknochen und dem Schlüsselbein-Brustbein-Gelenk – angefertigt. Die Charité nimmt diese Prozeduren im Auftrag der Jugendämter vor. Die Jugendämter nehmen offensichtlich die hohen Kosten für die Untersuchungen in Kauf, um den Geflüchteten die Leistungen der Jugendhilfe verweigern zu können. Ihren eigenen Angaben wurde in diesen Fällen nicht geglaubt. In den letzten Jahren berichteten Medien wiederholt davon, wie so Ämter versuchten, für junge Geflüchteten von der Jugendhilfe fernzuhalten.
Medizinisch hochfragwürdige Untersuchungen
Diese Altersfeststellungen sind medizinisch mindestens fragwürdig, wenn nicht ganz und gar unhaltbar. Die Kritik von anerkannten Mediziner*innen wurde bisher in Berlin leider bisher gänzlich ignoriert. Schon wenn nur ein Zweifel an den Untersuchungen bestünde, dürften sie nicht über Schicksale entscheiden.
Eine scheinbare „Freiwilligkeit“
Die hin und wieder suggerierte „Freiwilligkeit“ ist ein Trugschluss. Sich den Untersuchungen zu verweigern, bedeutet schlicht nicht die Unterstützung als anerkannter Minderjähriger zu erhalten. Entsprechende Papiere, mit denen sie ihr Alter beweisen könnten, führen die Jugendlichen nach einer beschwerlichen, lebensgefährlichen Flucht häufig nicht mit sich – wenn sie diese Nachweise im Herkunftsland überhaupt bekommen konnten.
Fehlende Rücksicht gegenüber Jugendlichen
Viele von ihnen sind traumatisiert. Sie haben nicht selten Gewalt erfahren – darunter möglicherweise auch sexualisierte Gewalt. Es kann deshalb nicht verantwortet werden, sie derartigen Situationen auszusetzen. Zudem sind die betroffenen jungen Geflüchteten noch in einer Sexualentwicklung, sodass sie die Untersuchungen als besonders demütigend wahrnehmen könnten.
Ungerechtfertigte Röntgenaufnahmen
Unter Mediziner*innen ist es anerkannte Lehrmeinung, dass medizinisch unbegründete Röntgenstrahlungen zu vermeiden sind. Eine Altersfeststellung stellt nach unserer Auffassung keinen hinreichenden Grund da, Jugendliche dieser Gesundheitsgefährdung gezielt auszusetzen.
Zügige Hilfe ist möglich
Vielmehr müssen die Jugendhilfe-Angebote für Geflüchtete genutzt und ausgeweitet werden. Weil ohnehin individuelle Entwicklungsstände der Ansatz für alle diese Maßnahmen sein sollten, besteht gar keine Notwendigkeit das exakte Alter auf den Monat oder Jahr genau – was wie gesagt gar nicht möglich wäre – zu bestimmen.
Andere Bundesländer sehen keine Notwendigkeit solcher Altersfeststellungen
Alle anderen Bundesländer – außer Hamburg – verzichten gänzlich auf nicht medizinisch gesicherten Altersfeststellungen und stellen in der Regel jungen Geflüchtete nicht unter Generalverdacht, falsche Altersangaben zu machen. Die Vorgaben sind in den meisten Bundesländern, den Aussagen der Geflüchteten zu glauben. In massiven Zweifelsfällen werden Gespräche mit Sozialpädagog*innen oder anderen Expert*innen herangezogen. Fehlerhafte Beurteilungen können dabei zwar auftreten, aber die Demütigung fällt weg. Schlussendlich hilft nur, dass die Behörden die Geflüchteten nicht als Problem ansehen, sondern die Chancen einer sofortigen, individuellen Unterstützung sehen.
Antrag 60/II/2015 Ehrenamt darf staatlich notwendige Strukturen nicht ersetzen müssen
16.10.2015Der Staat muss seine Pflicht der Grundversorgung auch gegenüber geflüchteten Menschen wahrnehmen. Die Arbeit ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer in akuten Notlagen (z.B. Erstaufnahmeeinrichtungen) darf professionelle Versorgung nicht ersetzen müssen. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass öffentliche und administrative Leistungen auch in Krisensituationen arbeits- und leistungsfähig bleiben. Ehrenamtliches Engagement sollte nicht die Lücken der staatlichen Leistungen schließen, sondern diese unterstützen.
Wir fordern das Land Berlin auf, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, auch um viele seiner eigenen bisher bis weit über ihre eigentlichen Belastungsgrenzen arbeitenden Stellen zu unterstützen.
Antrag 59/II/2015 Unsere Verantwortung können wir nicht teilen!
16.10.2015Wir danken den vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helfer/innen, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten in unserem Bezirk und überall in Berlin und Deutschland für die Flüchtlinge engagiert haben. Die Politik sollte alles dafür tun, ihnen die Arbeit zu erleichtern.
Wir wissen, dass manche Menschen trotz ihrer Solidarität auch Ängste haben – diejenigen nämlich, die wie Flüchtlinge die Unterstützung eines sozialen Staates brauchen. Ihre Sorgen nehmen wir ernst und wir werden unsere Politik weiterhin daran ausrichten, dass Solidarität alle in Not erreichen muss – niemand muss Angst haben, zurück gelassen zu werden. Keine Gruppe darf gegen die andere ausgespielt werden.
Debatten über eine mögliche „Belastungsgrenze“, die durch die Anzahl der Flüchtlinge überschritten werden könnte, weisen wir zurück. Wir wollen keine Verunsicherung, keinen geschürten Hass und keine Irreführung durch Spitzenpolitiker/innen – weder unserer Partei, noch von anderen! Das Grundrecht auf Asyl kennt keine Obergrenze, wer das den Menschen einredet, will Hand anlegen an die Substanz unseres Grundgesetzes und das wollen wir nicht!
Stattdessen wollen wir Mut machen, unsere gesellschaftlichen Kräfte bündeln und auch mal unkonventionelle Lösungswege einschlagen. Dazu gehört für uns:
- Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Deshalb darf nie die ökonomische Verwertbarkeit eines Menschen einen Einfluss auf die Aufnahme eines Asylantragsverfahrens und den Erfolg eines Asylantrags haben.
- Über 50 Millionen Euro für Sprachförderung aus dem Kriseninterventionsfonds der Bundesagentur für Arbeit sind beachtlich – aber es müssen mehr werden! Gerade die BA muss verschiedene Maßnahmen zur direkten Integration in den Arbeitsmarkt und die Ausbildung entwickeln und fördern.
- Wir wollen eine erkennbare Kraftanstrengung aller Ressorts der Bundesregierung auch mit dem Ziel, Flüchtlinge so schnell wie möglich zu qualifizieren, auszubilden und einzustellen. Es steht für uns außer Frage, dass für die Flüchtlinge auch der Mindestlohn gelten muss – wir wollen kein Lohndumping!
- Für die menschenwürdige Unterbringung können auch Wege beschritten werden, die bisher kaum genutzt wurden. Für uns heißt das „Beschlagnahmung geht vor Turnhalle“. Wo Industrie- oder Büroimmobilien leer stehen, können Flüchtlinge untergebracht werden.
Wir fordern von der Bundesregierung noch stärkere Anstrengungen für eine europäische Zusammenarbeit bei der Aufnahme von Flüchtlingen und der Bekämpfung der Fluchtursachen. Unsere Verantwortung können wir nicht teilen, sie erwächst aus unserer wirtschaftlichen Stärke ebenso wie aus unserer Geschichte.