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Antrag 129/I/2017 Für eine Politik der Sozialen Gerechtigkeit

20.04.2017

Ursprungsüberschrift: Folgen abzumildern reicht nicht – die Agenda 2010 muss weg!

 

Agenda 2010 einer der größten Fehler der Sozialdemokratie

 

Wir müssen als SPD die Agenda 2010 endlich in ihrer Gesamtheit als Fehler einräumen. Eine vorsichtige Distanzierung reicht nicht. Die Ankündigung des Kanzlerkandidaten Martin Schulz vom Ende Februar und Anfang März 2017, den ALG I-Bezug nach längerer Erwerbstätigkeit zu verlängern reicht nicht. Die gesamte Agenda 2010 ist das Produkt einer um sich greifenden Ökonomisierung aller Lebensbereiche auf der Basis einer umfassenden kapitalistischen Verwertungslogik. Sie hat zwei Dinge gebracht: mehr soziale Ungleichheit für die Gesellschaft und das Gefängnis der Armut für viele.

 

Zu diesem Fehler zählt nicht nur die Agenda 2010-Reform selbst, sondern eben auch die durch die damalige rot-grüne Bundesregierung befeuerten Vorurteile. Der Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstellte (Langzeit-) Erwerbslose im großen Maßstab Faulheit. Mit dem Ausspruch „Es gibt kein Recht auf Faulheit“ signalisierte Schröder stellvertretend für die SPD, dass die Erwerbslosen selbst schuld seien. Diese Aufgabe sozialdemokratischer Grundüberzeugungen ist bis heute nicht eingestanden.

 

Bisher fehlt eine Kurskorrektur

Ihre Architekt*innen glaubten wahrscheinlich wirklich über harte arbeitnehmer*innenfeindliche Reformen würden Einnahmen generieren und den Sozialstaat stabilisieren, ohne dass Vermögende angetastet werden müssten. Diese Naivität ist ein Problem, dass die SPD bis heute nicht wirklich daraus gelernt hat das größere. In allen Koalitionen – einschließlich der beiden Grokos nach den Agenda-Reformen führten die Bundesregierungen mit und ohne SPD den Kurs weiter. Das Ergebnis: expandierende soziale Ungleichheit.

 

Paradigmenwechsel – mehr als der Mindestlohn

Immer wieder betonen Vertreter*innen der SPD, dass die Agenda richtig gewesen wäre, um die Stagnation zu überwinden – nur die Folgen seien unvorhersehbar und unschön. Dass die Folgen schwerwiegend waren, ist richtig – der Rest falsch. Genauso wenig ist der Mindestlohn das Mittel, um die Folgen insbesondere der Hartz-Reformen der Agenda 2010-Politik zu beseitigen. Er federt die Entwicklung ab, dass Menschen in prekäre Niedriglohnjobs werden und eine gewerkschaftliche Vertretung enorm erschwert ist. Ähnliches gilt für die vorsichtigen Schritte, die Leiharbeit einzudämmen.

 

Fortsetzung der Agenda-Politik in der Groko

Wie fällt die Bilanz der Groko unter sozialdemokratischen Mitwirken aus? Ernüchternd. Die gesamte Bundesregierung hat den Export der Agenda-Politik fortgesetzt: In Griechenland setzte sie mit ihrer Austeritätspolitik eine unerbittliche Deregulierung samt Sozialstaatsabbau durch. Damit gab die SPD wieder etwas mehr Raum für eine solidarische Politik auf. In Zeiten der Globalisierung wird es überall schwerer Sozialstandards (erneut) zu erkämpfen, wenn sie woanders aufgegeben werden. Leider hat die Bundesarbeitsministerin es noch nicht einmal probiert, Sozialstaat zurückzugewinnen – im Gegenteil.

 

Hartz IV sogar noch verschärft

Andrea Nahles hat im Sommer 2016 die Sanktionspraxis verschärft: Eine Folge war es nun, dass „sozialwidriges Verhalten“ nun auch rückwirkend sanktioniert werden könne. Die Möglichkeiten zur juristischen Gegenwehr werden zusätzlich noch eingeschränkt. Das Ergebnis ist, dass die Zahl der sanktionierten Menschen wieder steigt. Davon in einem Drittel aller Fälle auch Kinder betroffen. Die verschärfen Bedingungen für unter 25jährige bestehen immer noch. Zu diesen Maßnahmen fand weder eine größere öffentliche noch eine SPD-interne Debatte statt.

 

Eine verheerende Bilanz

Positive Ansätze existierten in der Agenda 2010 nur in homöopathischen Ansätzen. Sie sind in vielen Fällen auch nur halbherzig umgesetzt. Die Ganztagsschulen erhielten zwar Förderungen, aber haben bis heute nicht das angestrebte Niveau erreicht. Generell ist von den angekündigten Bildungsinvestitionen nicht viel übriggeblieben und der Betreuungsausbau kaum ebenfalls verzögert.

 

Dem richtigen Schritt, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen, stand eine massive Palette an verheerenden Maßnahmen gegenüber. Das harte Sanktionsregime ist per se nicht mit einem menschenwürdigen Umgang vereinbar. Zudem eröffnet es auch noch der Willkür Tor und Tür, wie die hohe Zahl erfolgreicher Klagen zeigen. Die niedrigen ALG II-Sätze selbst sichern keinesfalls eine sozio-kulturelle Teilhabe und ein Skandal für sich.

 

Dieser Druck auf die Arbeitnehmer*innen verstärkte die damalige Bundesregierung mit einer Maßnahmenpalette, um Arbeitsverhältnisse zu „flexibilisieren“. Darunter sind Fördermaßnahmen für Ausbeutung wie 1-Euro-Jobs, Ich-AG und Leiharbeit zu verstehen. Der dezimierte Kündigungsschutz rundete das Vorgehen ab.

 

Die ganze Reihe an Begleitmaßnahmen ist teilweise in Vergessenheit geraten: Arbeitgeber*innen sind einseitig entlastet worden – während Arbeitnehmer*innen belastet worden. Fast allen Bereichen des Sozialstaates sind in dieser Phase destabilisiert worden: von der Altersversorgung bis zu den Krankenkassen. Dass die Praxisgebühr wieder abgeschafft wurde, war nur der FDP zu verdanken. Der Sozialstaat wurde teilweise aktiv privatisiert.

 

Deshalb fordern wir den Kanzlerkandidaten und die gesamte Parteispitze zur endgültigen Abkehr von der Agenda-Politik auf. Dafür sind folgende Schritte schon für das kommende Wahlprogramm als Mindeststandards unverzichtbar:

 

  • Sofortiger Stopp der Sanktionen – einschließlich der verschärften Maßnahmen gegen junge Menschen
  • Anhebung des ALG II-Satzes auf das vom Paritätischen Wohlfahrtsverband geforderte Niveau, um sozio-kulturelle Teilhabe zu sichern
  • Bezugsdauer des ALG I und Vermögensfreibeträge für ALG II bei allen Altersgruppen anheben
  • Arbeitsverhältnisse absichern: Kündigungsschutz wieder stärken, Zeitarbeit und andere befristete Arbeitsverhältnisse weitereinschränken
  • Paritätische Finanzierung der Sozialabgaben wiederherstellen, also den Arbeitgeber*innen-Anteil anheben
  • Leistungskürzungen bei der gesetzlichen Krankenversorgung und den fixen Selbstkostenanteil abschaffen sowie eine umfassende Bürger*innenversicherung einführen
  • Über Vermögen, Erbschaften und höhere Einkommen viel stärker zur Finanzierung des Sozialstaates heranziehen

 

Das größte Armutsprogramm in der Geschichte der wiedervereinigten Bundesrepublik Deutschland muss mit der gleichen Energie, wie es eingeführt wurde, beseitigt werden.

Antrag 130/I/2017 Olympiastadion muss Bundesligaarena bleiben. Kein neues Stadion im Olympiapark.

20.04.2017

Die Pläne von Hertha BSC, ab 2025 in einem eigenen, auf dem Gelände des Olympiaparks Berlin errichteten Stadion zu spielen und das Olympiastadion allenfalls für wenige Spiele zu nutzen, aber weiterhin auf Teile seiner Infrastruktur zuzugreifen lehnen wir ab.

 

Wir wollen nicht, dass das erst zur Fußball-WM 2006 mit erheblichen Aufwand sanierte Olympiastadion Berlin zu einer lediglich selten genutzten musealen Tourismusattraktion herabgestuft wird. Zudem würde mit der neuen Veranstaltungsstätte ein ruinöser Wettbewerb zum Olympiastadion, der Waldbühne und anderen großen Veranstaltungsstätten in der Stadt eingeleitet.

 

Der Senat darf nicht durch Überlassen eines Grundstückes zulassen, dass Hertha BSC den Olympiapark Berlin und die in Umfang und Art wichtigen Sportanlagen durch den Bau eines Stadions mit über 55.000 Plätzen neu strukturiert und in seinem einmaligen historischen Charakter vollkommen verändert. Damit würden auch bestehende Sportanlagen und die Bildungsstätte der Landessportjugend überbaut und der wachsenden Stadt nicht mehr zur Verfügung stehen.

 

Allerdings erkennen wir das Bedürfnis von Hertha BSC und vielen Fußballfans nach einer atmosphärisch dichteren Fußballarena an.

 

Der Senat wird deshalb aufgefordert, unverzüglich mit Hertha BSC und der  Olympiastadion GmbH Gespräche aufzunehmen, um zu klären, ob und wie das Olympiastadion im Inneren so umgebaut werden kann, dass es den Ansprüchen an eine atmosphärisch dichte Fußballarena entspricht.

 

Ein möglicher Umbau im Innenbereich des Olympiastadions darf die Außenansicht des Olympiastadions in seiner einzigartigen historischen Art dabei nicht verändern.

 

Gleichzeitig wird der Senat aufgefordert, den Jahn-Sportpark so zu sanieren, dass dort große Leichtathletik-Veranstaltungen nach internationalen Standards durchgeführt werden können.

 

Wir appellieren zudem an Hertha BSC, mit dem Senat über eine gemeinsame Zukunft im Olympiastadion Berlin zu sprechen. Hertha BSC sollte als Zeichen des guten Willens sofort seine Pläne für einen Stadionumzug nach Brandenburg und damit die Verlagerung des seit 125 Jahren in Berlin beheimateten Traditionsvereins in ein anderes Bundesland aufgeben. Berlin und Hertha BSC gehören zusammen. Mit dieser Tradition sollte Hertha BSC gerade im 125. Jahr der Gründung des Vereins nicht leichtfertig umgehen.

Antrag 131/I/2017 Flugverkehr in das Klimaschutzprogramm einbeziehen

20.04.2017

(I)

Die SPD Abgeordneten in Berlin, im Bundestag und im Europarlament sowie die SPD Minister*innen in den Bund-Länder-Gremien werden aufgefordert, zur Erreichung der Klimaschutzziele der Bundesrepublik Maßnahmen gegen den rasant wachsenden Flugverkehr mit entsprechenden negativen Klimaschutzauswirkungen durchzusetzen:

 

  • Abschaffung der Umsatzsteuerbefreiung für grenzüberschreitende Flugtickets: Um die Luftverkehrsemissionen zu reduzieren und die Wettbewerbsbedingungen zu klimafreundlichen Verkehrsträgern zu verbessern, ist wie bei dem innerdeutschen Anteil von Bahnfahrkarten, auch der entsprechenden Anteil der Flugtickets mit dem vollen Umsatzsteuersatz zu besteuern.
  • Energiebesteuerung des Luftverkehrs bzw. Anhebung der Luftverkehrssteuer auf das Maß einer Energiebesteuerung: Um die Luftverkehrsemissionen zu reduzieren, sollen sich die SPD-Minister*innen in den Bund-Länder-Gremien und die SPD- Bundestagsabgeordneten dafür einsetzen, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für eine europaweit einheitliche Energiebesteuerung des Kerosins im Luftverkehr einsetzt. Bis zur Einigung auf EU-Ebene soll der Bund die bestehende Luftverkehrssteuer bis zu der Höhe anheben, die sich aus einer Besteuerung des in Deutschland verwendeten Kerosins ergeben würde.
  • Senkung der in Deutschland überhöhten Trassenpreise für den Eisenbahn-personenverkehr auf das auch von der EU geforderte Grenzkostenprinzip.
  • Erhöhung des Anteils an den Investitionen ins Schienennetz für den ICE- und IC-Verkehr zur Verkürzung von Fahrzeiten.
  • Schaffung umsteigefreier ICE/IC-Verbindungen in die für Berlin wichtigen Urlauberregionen.
  • Bestellung neuer Schienenfahrzeuge für den Eisenbahnpersonenverkehr, damit die Bahn Verlagerungen auf die klimafreundliche Schiene realisieren kann.
  • Vernetzung der Fluggesellschaften mit der DB AG, mit dem Ziel, Zubringerflüge auf die Schiene zu verlagern.

 

Flugverkehr in das Klimaschutzprogramm einbeziehen (II)

Die SPD Abgeordneten und SPD Senator*innen werden gemäß des Berliner Energiewendegesetzes aufgefordert, in Zusammenarbeit mit Brandenburg, alle Einflussmöglichkeiten zu nutzen und die CO2-Emissionen im Flugverkehr zu reduzieren:

  • Die Start- und Landegebühren sind emissionsabhängig, also neben lärm- auch treibhausgasabhängig zu gestalten.
  • Eine Ausweitung des Nachtflugverbots ist zu prüfen.
  • Die im Planfeststellungsbeschluss vom 13.08.2004 zum BER vorgesehene maximale Kapazität von bis zu 360.000 Flugbewegungen pro Jahr ist auch langfristig einzuhalten und nach Möglichkeit deutlich zu unterschreiten.
  • Dienstreisen des öffentlichen Dienstes, sowie vom Land geförderte Jugend- und Schüler*innenreisen sollen (soweit zeitlich vertretbar) mit der Bahn erfolgen.
  • Im Zusammenarbeit mit dem VCD, ADFC und dem BUND ist bei der Bevölkerung verstärkt für klimafreundlichen Urlaub (Radtourismus, „In den Urlaub mit der Bahn“) zu werben. Dabei sind Förderprogramme der EU und die ITB zu nutzen.

 

Antrag 44/I/2017 Unterstützung von Willkommensklassen durch soziale Kompetenz zur Förderung der Kinder und zur Stärkung der Integrationsleistungen

20.04.2017

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senates werden aufgefordert, sich für eine Stärkung in personellen wie auch qualitativen Bereichen von Willkommensklassen einzusetzen. Hierzu gehört eine bessere und rechtzeitige Schulung der Lehrkräfte, welche Willkommensklassen unterrichten. Hierzu sollten zum einen pädagogische, aber verstärkt auch psychologische Elemente gehören.

 

Auf sogenannte „Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger“ ohne pädagogische Ausbildung  sollte möglichst in Willkommensklassen verzichtet werden, damit gute ausgebildetes pädagogisches Personal sich den besonderen Herausforderungen stellen kann.  Hierbei muss nicht die pädagogische Ausbildung in Deutschland erworben worden sein.

 

Jede Willkommensklasse soll auch durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter betreut werden. Für eine Mindestbetreuung muss dabei jede Willkommensklasse mit mindestens 6 Sozialarbeitsstunden pro Woche betreut werden.

 

Die Lehrerinnen und Lehrer, welche eine Willkommensklasse betreuen, sollte hierfür eine Abminderungsstunde erhalten, damit sie für ihre Arbeit auch außerhalb des Unterrichts mindestens symbolisch entschädigt werden.

Antrag 45/I/2017 Förderung von Lokalen Bildungsverbünden und Unterstützung sozialräumlich orientierter Bildungsmanagementstrukturen

20.04.2017

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin werden ersucht, für den kommenden Doppelhaushalt weiterhin Mittel für den Aufbau und die Multiplikation Lokaler Bildungsverbünde und für die Entwicklung sozialräumlich orientierter Bildungsmanagementstrukturen einzuplanen.

 

Neben finanzieller Förderung von Vorhaben in den Bezirken soll die begleitende Unterstützung durch die Transferagentur für Großstädte der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung unter Anpassung an die bezirklichen Gegebenheiten einerseits sowie als überbezirklicher, landesweit ausgerichteter Prozess unter Federführung der Senatsverwaltung für Bildung fortgeführt und intensiviert werden.


 

Überweisung des folgenden Absatzes an die AH-Fraktion: 

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin werden ersucht, für den kommenden Doppelhaushalt weiterhin Mittel für den Aufbau und die Multiplikation Lokaler Bildungsverbünde und für die Entwicklung sozialräumlich orientierter Bildungsmanagementstrukturen einzuplanen