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Antrag 52/II/2017 §7 InsO wieder in Kraft setzen.

14.10.2017

Die Mitglieder der Bundestagsfraktion der SPD werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass §7 der Insolvenzordnung wieder in Kraft gesetzt wird.

 

 

Antrag 54/II/2017 Berliner Pflegeoffensive: 12 Punkte für einen Neustart in der Pflege

14.10.2017

12 Punkte für einen Neustart in der Pflege

 

Politik, Kranken- und Pflegekassen, Arbeitgeber und Gewerkschaften sowie Betroffenen-Verbände können gemeinsam mehr in der Pflege bewegen. Wir fordern einen Neustart in der Pflege und laden zu einer Debatte über diesen 12-Punkte-Plan ein:

 

1. Anpassung der Ausbildungskapazitäten an den Bedarf

Es wird ein bundeseinheitliches Verfahren zur Ermittlung des Fachkräftebedarfs auf Grundlage der Bevölkerungsprognosen, Fluktuationszahlen sowie Verweildauer entwickelt. Abgeleitet von der Bedarfsprognose werden die erforderlichen Ausbildungskapazitäten der einzelnen Bundesländer ermittelt. Die Länder richten ihre Ausbildungskapazitäten im Rahmen der neuen Fondsfinanzierung nach dieser Personalbedarfsplanung aus. Um den Bedarf der erforderlichen Lehrkräfte in Schulen und Praxisanleiter/innen in den Betrieben zu decken, werden die Weiterbildungskapazitäten für bedarfsgerecht erhöht. Pensionierte Lehrkräfte und Praxisanleiter/innen können für Bewältigung von Engpässen kurzfristig mobilisiert werden.

 

2. Durchlässiges Ausbildungssystem

Die neue dreijährige Ausbildung zur „Pflegefachkraft“ soll der Kern eines durchlässigen, transparenten Ausbildungssystems werden. Sackgassen werden vermieden, Perspektiven im Aufstieg und Verantwortungsübernahme eröffnet. Die Helfer/in-Ausbildungen werden ebenfalls generalistisch ausgerichtet, ermöglichen Schulabschlüsse und sind anschlussfähig hin zur Fachkraft-Ausbildung. Akademische Weiterbildungen werden praxisgerecht ausgebaut. Ausbildungen in Teilzeit oder berufsbegleitend sind besonders attraktiv und müssen gestärkt werden.

 

3. Orientierung zum Pflegeberuf in Schulen und bei den Arbeitsagenturen

Zukünftig werden bei der Agentur für Arbeit auch Ausbildungsplätze in der Pflege gemeldet und statistisch erfasst. Dies ermöglicht – wie in der dualen Ausbildung – eine bessere Vermittlungsquote der Bewerberinnen und Bewerber. Im Rahmen der Berufsorientierung in den Schulen und der Jugendberufsagenturen wird das Berufsbild Pflege mit einer Offensive integriert. Die Offensive umfasst auch eine bundesweite Werbekampagne. Mit einem Modellprojekt werden junge Auszubildende in der Pflege als „Role Models“ ausgebildet und werben in die Schulen.

 

4. Bessere Bezahlung

Im zukünftigen Gesundheitsfachberuf „Pflegekraft“ muss auch die einheitliche Vergütung sichergestellt werden.  Der Lohnunterschied zwischen Altenpfleger/innen und Krankenpfleger/innen beträgt im Durchschnitt 30 Prozent. Mit der generalistischen Ausbildung werden die Ausbildungsvergütungen angeglichen. Diese Angleichung muss zukünftig auch bei den Fachkräften erreicht werden, mit dem Ziel, höhere Gehälter insbesondere in der Altenpflege zu erreichen. Ziel ist es, in der Pflege zu allgemeinverbindlichen Flächentarifverträgen zu gelangen. Dafür wird mit den Sozialpartnern ein Pakt „Neustart in der Pflege“ initiiert. Dieser umfasst nicht nur Vergütungsfragen, sondern auch Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze. Der Mindestlohn für Altenpflege wird auf 15 Euro erhöht.

 

5. Gute Arbeitsbedingungen

Gute Arbeitsbedingungen umfassen u.a. Gesundheitsmanagement, Entbürokratisierung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sollte dies nicht zustande kommen, werden ambulanten Pflegediensten und stationären Altenpflegeeinrichtungen gesetzlich verbindliche Vorgaben gemacht und die Refinanzierung über die Pflegekassen gesichert. Leiharbeit in der Pflege wird verboten.

 

6. Verbindliche Personaluntergrenzen

Es werden sowohl in der Krankenpflege wie in der ambulanten und stationären Altenpflege auf Bundesebene Personaluntergrenzen gesetzlich festgelegt. Bis dies erreicht ist, sollen die Länder ermächtigt werden, über Landesgesetzgebung verbindliche Personaluntergrenzen nicht nur in der Krankenpflege, sondern auch in der stationären wie ambulanten Altenpflege sicherzustellen. Die Refinanzierung muss über die Kranken- und Pflegekassen garantiert werden.

 

7. Gleiche Augenhöhe mit anderen Berufsgruppen

Den Stellenwert der Krankenpflegekräfte im Gesundheitssystem wird gestärkt. Die Differenzierung nach „ärztlichem und nichtärztlichem Personal“ ist nicht zeitgemäß. Die Pflegekräfte werden als gleichwertige Berufsgruppe in der Statistik aufgeführt. Die Pflegeleistung in einem Krankenhaus wird zum Qualitätsmerkmal definiert. Die Klinikvorstände werden paritätisch mit Pflegedirektoren/innen und Chefärzten/innen besetzt.

 

8. Unterstützung von pflegenden Angehörigen

2008 wurden in der Pflegeversicherung (§ 92c SGB XI) Pflegestützpunkte eingeführt, um eine flächendeckende, neutrale und niedrigschwellige Beratung für alle Angehörigen und Pflegebedürftigen zu schaffen. Diese Aufgabe haben die Länder unterschiedlich umgesetzt: während in Rheinland-Pfalz und Berlin mindestens pro 90.000 Einwohner/innen ein PSP zur Verfügung steht, hat Bayern nur acht Pflegestützpunkte und Sachsen verfügt über keine einzige derartige Beratungsstelle. Deshalb müssen im SGB XI verbindlichere Standards festgelegt und in allen Ländern einheitlich umgesetzt werden. Aus den Erfahrungen kann auch eine qualitative Weiterentwicklung abgeleitet werden: Vernetzung im Sozialraum, aufsuchende Beratung, interkulturelle Öffnung und aktive Begleitung der Digitalisierung sollen gestärkt werden. Spezifische Beratungsangebote für pflegende Kinder und Jugendliche sowie für Familien, die ihre Kinder pflegen, müssen gestärkt werden.

 

9. Vereinbarkeit von Pflege & Beruf

Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) müssen zusammengeführt und weiterentwickelt werden:

  • Nutzerfreundliche Ausgestaltung des Rechtsanspruchs für pflegende Angehörige auf 10-tägige Freistellung mit Lohnfortzahlung mit dem Ziel, einen niederschwelligen Zugang analog zum Kinderkrankengeld zu ermöglichen;
  • Einführung von Freistellung sowie einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung über einen längeren Zeitraum, bspw. über sechs Monate, analog zum Elterngeld;
  • Überarbeitung des Konzepts der 24-monatigen Familienpflegezeit; berücksichtigt werden sollen auch Aspekte der Partnerschaftlichkeit und existenzsichernden Teilzeitarbeit, Übergänge in das Modell der Familienarbeitszeit werden geprüft.

 

Insgesamt muss ein Rechtsanspruch zum Erwerb von Rentenansprüchen der berufstätigen pflegenden Angehörigen eingeführt und aus Bundesmitteln finanziert werden.

Die Tages- und Nachtpflege wollen wir stärken und deshalb den Rechtsanspruch verstärken. Zukünftig soll es für häuslich versorgte Pflegebedürftige eine ausreichende, wohnortnahe, zielgruppengerechte und flexibel gestaltbare Tages- und Nachtpflege und Betreuung (Tageszeitenbetreuung) geben.

 

10. Qualitätssicherung

Gute Pflege benötigt gute Bedingungen, aber auch Qualitätsentwicklung und Aufsicht sowie Kontrolle. Im Pflegestärkungsgesetz II sind die Kontrollrechte des Medizinischen Dienstes der Kassen (MDK) gestärkt worden. Die Länder müssen nun auf die Anwendung und Evaluation drängen. Im SGB XI sollen zusätzlich die Kontrollmöglichkeiten der Sozialhilfeträger ausgeweitet werden. Die Beratungsbesuche bei pflegenden Angehörigen durch die Kassen sollen qualifiziert und nach einheitlichen Standards durchgeführt werden.

 

11. Digitalisierung

Wir wollen technische Innovationen nutzen, um die Qualität der Pflege zu erhöhen, und die Pflegekräfte zu entlasten. Gewonnene zeitliche Spielräume durch Digitalisierung, assistierte Lösungen oder Robotik sollen genutzt werden, um mehr Zeit für die Mensch-zu-Mensch-Beziehung in der Pflege zu gewinnen.

 

12. Pflege gehört in die Mitte unserer Gesellschaft!

Pflege-Preise, Pflege-Kampagnen und Dialog-Prozesse sind wichtige Instrumente zur Verbesserung unseres Bildes von Pflege. Die Kommunikation darüber muss in den Lebenswelten der Menschen ankommen: Kita, Familie, Schule, Universität, Kultur, Arbeitsplatz, Sportverein, u.v.m. Pflege gehört zur Lebensplanung dazu, Tabus müssen verschwinden. Denn Pflege geht uns alle an!

 

Antrag 55/II/2017 Berliner Pflegeoffensive - 12 Punkte für einen Neustart in der Pflege

14.10.2017

Die Daseinsvorsorge am Lebensanfang stand in den letzten Jahren im Mittelpunkt der Politik. Unterstützung rund um die Geburt, verlässliche Kinderbetreuung, partnerschaftliche Elternzeit – das hat die Sozialdemokratie zu Recht durchgesetzt. Die Daseinsvorsorge am Lebensende muss nun ebenfalls in den Fokus rücken. Noch ist Pflege mit eher negativen Assoziationen verbunden. Politikerinnen und Politiker lassen sich lieber in Kitas ablichten. Pflegeeinrichtungen werden eher vermieden. Das muss sich ändern!

 

Pflege kann jedes Alter betreffen. Die eigenen Eltern oder Großeltern können pflegebedürftig werden. Kinder können pflegebedürftig auf die Welt kommen und ihr Leben lang Intensivpflege benötigen. Wir selbst brauchen nach einem Unfall Pflege. Pflege geht uns alle an!

 

Gute Pflege brauchen wir auch in den Kliniken. Eine qualitätsvolle Krankenpflege ist von hoher Bedeutung für den medizinischen Erfolg und das Wohlempfinden der Patientinnen und Patienten. Die Pflegekräfte im Gesundheitswesen haben die gleiche Relevanz wie Ärztinnen und Ärzte und fordern zu Recht dieselbe Anerkennung.

 

Unser Anspruch ist es, die professionelle Pflege für jeden Betroffenen auf hohem Niveau zu sichern. Eine gute Pflege ist unabdingbar für eine solidarische Gesellschaft. Menschen im hohen Alter, im Falle einer schweren Krankheit oder Behinderung brauchen eine professionelle Pflege.

 

Zu einer professionellen Pflege gehören eine qualitativ hochwertige Ausbildung, bessere Bezahlung in der Pflege, gute Arbeitsbedingungen und Aufstiegsperspektiven. In unserem Land ist das Arbeiten mit Menschen weniger wert als das Arbeiten mit Maschinen. Dabei ist die Pflege ein wichtiger Beschäftigungs- und Wirtschaftsmotor. Während in der Automobilindustrie 750.000 Menschen arbeiten, weist der Pflegesektor 890.000 Beschäftigte auf. Es ist beschämend, dass ein/e Facharbeiter/in in der Metallindustrie (4.300 Euro, Monat/brutto) fast doppelt so viel verdient wie ein/e Altenpfleger/in (2.400 Euro, Monat/brutto)  Ein reiches Land wie Deutschland kann sich diese Ungerechtigkeiten zwischen Industrie- und Care-Arbeit, zwischen Männer- und Frauenjobs, zwischen hoher und niedriger Entlohnung nicht mehr leisten.

 

Zu einer solidarischen Gesellschaft gehört neben der professionellen Pflege auch, dass Menschen füreinander da sind.  Ca. 2 Millionen Menschen pflegen ihre Angehörigen. Dieser größte „Pflegedienst“ unseres Landes braucht mehr Aufmerksamkeit und konkrete Unterstützung. Es wird geschätzt, dass 230.000 Jugendliche ihre Geschwister, Eltern oder Großeltern mit pflegen. Diese Jugendliche brauchen besondere Unterstützungsangebote und unsere Solidarität.

 

In Zukunft wird der Bedarf in der ambulanten, stationären Altenpflege und in der Krankenpflege steigen. 2015 waren in Deutschland 2,9 Millionen Menschen pflegebedürftig, diese Zahl steigt bis 2030 auf 3,4 Millionen an, bis 2050 auf mindestens 5,3 Millionen. Entsprechend fehlen bis 2030 506.000 Pflegekräfte. Bei besseren Pflegeschlüsseln wird die Lücke größer.

Pflege betrifft viele Menschen in unserem Land: 2,9 Millionen Pflegebedürftige, 2 Millionen pflegende Angehörige, 890.000 Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege!

 

Der sogenannte Pflegenotstand ist hausgemacht: Die meisten Arbeitgeber haben bislang kategorisch allgemeinverbindliche Tarifverträge verhindert. Die Ausbildungskapazitäten wurden bis heute nicht systematisch an dem prognostizierten Fachkräftebedarf ausgerichtet.

 

Viele Jugendliche wählen den Pflegeberuf aus Überzeugung, weil sie die Sinnhaftigkeit und Menschlichkeit schätzen. Die Erhöhung der Attraktivität der Ausbildung sowie der Arbeitsplätze sind deshalb notwendige Voraussetzungen, um mehr Nachwuchs zu generieren.

 

Das kurz vor Ende der Legislaturperiode beschlossene neue Pflegeberufegesetz (Zusammenführung von Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege zur „Pflegefachkraft“) müssen wir nutzen, um

  • Ausbildungskapazitäten bedarfsgerecht auszubauen
  • Ausbildungssystem und die Refinanzierung einheitlich zu regeln
  • bessere Bezahlung, insbesondere in der Altenpflege, durchzusetzen
  • das Ausbildungssystem durchlässig zu gestalten, von der Helferausbildung bis hin zur Akademisierung.

 

Politik, Kranken- und Pflegekassen, Arbeitgeber und Gewerkschaften sowie Betroffenen-Verbände können gemeinsam mehr bewegen. Wir fordern daher einen Neustart in der Pflege und laden zu einer Debatte über diesen 12-Punkte-Plan ein:

 

1. Anpassung der Ausbildungskapazitäten an den Bedarf

Es wird ein bundeseinheitliches Verfahren zur Ermittlung des Fachkräftebedarfs auf Grundlage der Bevölkerungsprognosen, Fluktuationszahlen sowie Verweildauer entwickelt. Abgeleitet von der Bedarfsprognose werden die erforderlichen Ausbildungskapazitäten der einzelnen Bundesländer ermittelt. Die Länder richten ihre Ausbildungskapazitäten im Rahmen der neuen Fondsfinanzierung nach dieser Personalbedarfsplanung aus.

Um den Bedarf der erforderlichen Lehrkräfte in Schulen und Praxisanleiter/innen in den Betrieben zu decken, werden die Weiterbildungskapazitäten für bedarfsgerecht erhöht. Pensionierte Lehrkräfte und Praxisanleiter/innen können für Bewältigung von Engpässen kurzfristig mobilisiert werden.

 

2. Durchlässiges Ausbildungssystem

Die neue dreijährige Ausbildung zur „Pflegefachkraft“ soll der Kern eines durchlässigen, transparenten Ausbildungssystems werden. Sackgassen werden vermieden, Perspektiven im Aufstieg und Verantwortungsübernahme eröffnet. Die Helfer/in-Ausbildungen werden ebenfalls generalistisch ausgerichtet, ermöglichen Schulabschlüsse und sind anschlussfähig hin zur Fachkraft-Ausbildung. Akademische Weiterbildungen werden praxisgerecht ausgebaut. Ausbildungen in Teilzeit oder berufsbegleitend sind besonders attraktiv und müssen gestärkt werden.

 

3. Orientierung zum Pflegeberuf in Schulen und bei den Arbeitsagenturen

Zukünftig werden bei der Agentur für Arbeit auch Ausbildungsplätze in der Pflege gemeldet und statistisch erfasst. Dies ermöglicht – wie in der dualen Ausbildung – eine bessere Vermittlungsquote der Bewerberinnen und Bewerber. Im Rahmen der Berufsorientierung in den Schulen und der Jugendberufsagenturen wird das Berufsbild Pflege mit einer Offensive integriert. Die Offensive umfasst auch eine bundesweite Werbekampagne. Mit einem Modellprojekt werden junge Auszubildende in der Pflege als „Role Models“ ausgebildet und werben in die Schulen.

 

4. Bessere Bezahlung

Im zukünftigen Gesundheitsfachberuf „Pflegekraft“ muss auch die einheitliche Vergütung sichergestellt werden.  Der Lohnunterschied zwischen Altenpfleger/innen und Krankenpfleger/innen beträgt im Durchschnitt 30 Prozent. Mit der generalistischen Ausbildung werden die Ausbildungsvergütungen angeglichen. Diese Angleichung muss zukünftig auch bei den Fachkräften erreicht werden, mit dem Ziel, höhere Gehälter insbesondere in der Altenpflege zu erreichen.

Ziel ist es, in der Pflege zu allgemeinverbindlichen Flächentarifverträgen zu gelangen. Dafür wird mit den Sozialpartnern ein Pakt „Neustart in der Pflege“ initiiert. Dieser umfasst nicht nur Vergütungsfragen, sondern auch Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze.

Der Mindestlohn für Altenpflege wird auf 15 Euro erhöht.

 

5. Gute Arbeitsbedingungen

Gute Arbeitsbedingungen umfassen u.a. Gesundheitsmanagement, Entbürokratisierung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sollte dies nicht zustande kommen, werden ambulanten Pflegediensten und stationären Altenpflegeeinrichtungen gesetzlich verbindliche Vorgaben gemacht und die Refinanzierung über die Pflegekassen gesichert. Leiharbeit in der Pflege wird verboten.

 

6. Verbindliche Personaluntergrenzen

Es werden sowohl in der Krankenpflege wie in der ambulanten und stationären Altenpflege auf Bundesebene Personaluntergrenzen gesetzlich festgelegt. Bis dies erreicht ist, sollen die Länder ermächtigt werden, über Landesgesetzgebung verbindliche Personaluntergrenzen nicht nur in der Krankenpflege, sondern auch in der stationären wie ambulanten Altenpflege sicherzustellen. Die Refinanzierung muss über die Kranken- und Pflegekassen garantiert werden.

 

7. Gleiche Augenhöhe mit anderen Berufsgruppen

Den Stellenwert der Krankenpflegekräfte im Gesundheitssystem wird gestärkt. Die Differenzierung nach „ärztlichem und nichtärztlichem Personal“ ist nicht zeitgemäß. Die Pflegekräfte werden als gleichwertige Berufsgruppe in der Statistik aufgeführt. Die Pflegeleistung in einem Krankenhaus wird zum Qualitätsmerkmal definiert. Die Klinikvorstände werden paritätisch mit Pflegedirektoren/innen und Chefärzten/innen besetzt.

 

8. Unterstützung von pflegenden Angehörigen

2008 wurden in der Pflegeversicherung (§ 92c SGB XI) Pflegestützpunkte eingeführt, um eine flächendeckende, neutrale und niedrigschwellige Beratung für alle Angehörigen und Pflegebedürftigen zu schaffen. Diese Aufgabe haben die Länder unterschiedlich umgesetzt: während in Rheinland-Pfalz und Berlin mindestens pro 90.000 Einwohner/innen ein PSP zur Verfügung steht, hat Bayern nur acht Pflegestützpunkte und Sachsen verfügt über keine einzige derartige Beratungsstelle. Deshalb müssen im SGB XI verbindlichere Standards festgelegt und in allen Ländern einheitlich umgesetzt werden. Aus den Erfahrungen kann auch eine qualitative Weiterentwicklung abgeleitet werden: Vernetzung im Sozialraum, aufsuchende Beratung, interkulturelle Öffnung und aktive Begleitung der Digitalisierung sollen gestärkt werden. Spezifische Beratungsangebote für pflegende Kinder und Jugendliche sowie für Familien, die ihre Kinder pflegen, müssen gestärkt werden.

 

9. Vereinbarkeit von Pflege & Beruf

Das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) müssen zusammengeführt und weiterentwickelt werden:

Nutzerfreundliche Ausgestaltung des Rechtsanspruchs für pflegende Angehörige auf 10-tägige Freistellung mit Lohnfortzahlung mit dem Ziel, einen niederschwelligen Zugang analog zum Kinderkrankengeld zu ermöglichen;

Einführung von Freistellung sowie einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung über einen längeren Zeitraum, bspw. über sechs Monate, analog zum Elterngeld;

Überarbeitung des Konzepts der 24-monatigen Familienpflegezeit; berücksichtigt werden sollen auch Aspekte der Partnerschaftlichkeit und existenzsichernden Teilzeitarbeit, Übergänge in das Modell der Familienarbeitszeit werden geprüft.

Insgesamt muss ein Rechtsanspruch zum Erwerb von Rentenansprüchen der berufstätigen pflegenden Angehörigen eingeführt und aus Bundesmitteln finanziert werden.

Die Tages- und Nachtpflege wollen wir stärken und deshalb den Rechtsanspruch verstärken. Zukünftig soll es für häuslich versorgte Pflegebedürftige eine ausreichende, wohnortnahe, zielgruppengerechte und flexibel gestaltbare Tages- und Nachtpflege und Betreuung (Tageszeitenbetreuung) geben.

 

10. Qualitätssicherung

Gute Pflege benötigt gute Bedingungen, aber auch Qualitätsentwicklung und Aufsicht sowie Kontrolle. Im Pflegestärkungsgesetz II sind die Kontrollrechte des Medizinischen Dienstes der Kassen (MDK) gestärkt worden. Die Länder müssen nun auf die Anwendung und Evaluation drängen. Im SGB XI sollen zusätzlich die Kontrollmöglichkeiten der Sozialhilfeträger ausgeweitet werden. Die Beratungsbesuche bei pflegenden Angehörigen durch die Kassen sollen qualifiziert und nach einheitlichen Standards durchgeführt werden.

 

11. Digitalisierung

Wir wollen technische Innovationen nutzen, um die Qualität der Pflege zu erhöhen, und die Pflegekräfte zu entlasten. Gewonnene zeitliche Spielräume durch Digitalisierung, assistierte Lösungen oder Robotik sollen genutzt werden, um mehr Zeit für die Mensch-zu-Mensch-Beziehung in der Pflege zu gewinnen.

 

12. Pflege gehört in die Mitte unserer Gesellschaft!

Pflege-Preise, Pflege-Kampagnen und Dialog-Prozesse sind wichtige Instrumente zur Verbesserung unseres Bildes von Pflege. Die Kommunikation darüber muss in den Lebenswelten der Menschen ankommen: Kita, Familie, Schule, Universität, Kultur, Arbeitsplatz, Sportverein, u.v.m. Pflege gehört zur Lebensplanung dazu, Tabus müssen verschwinden. Denn Pflege geht uns alle an!

Antrag 56/II/2017 Ruf die Hebamme an! Wie denn? Wir ham keene mehr!

14.10.2017

In diesem Jahr hat der Berliner Senat einen runden Tisch einberufen, um der Situation rund um die Hebammen herr/frau zu werden. Das reicht uns nicht. Wir müssen bei diesem Thema endlich handeln.

 

Deshalb fordern wir:

  • einen Haftpflichtfond, wie vom Deutschen Hebammenverband gefordert, der für Schäden aufkommt, die über einer bestimmten Deckungssumme liegen
  • mehr Ausbildungsplätze und bessere Bedingungen für Hebammen/Entbindungspfleger
  • mehr gut bezahlte Arbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen/Entbindungspflegerinnen in den Krankenhäusern
  • den Ausbau von dualen Studiengängen für Hebammen
  • die Ermöglichung der 1:1-Betreuung bei jeder Geburt
  • die Einführung von Hebammen-Kreißsälen

 

Antrag 57/II/2017 Ruf die Hebamme an! Wie denn? Wir ham keene mehr!

14.10.2017

Warum brauchen wir Hebammen und Entbindungspfleger?

Entschließt sich eine Person dazu, ein Kind zu bekommen, ist es selbstverständlich, dass sie die Betreuung durch medizinisch geschultes Fachpersonal benötigt. Hebammen und Entbindungspfleger betreuen Menschen vor, während und nach einer Geburt, oft sogar eigenverantwortlich. Im Idealfall lernen sich die Hebamme/ der Entbindungspfleger und die schwangere Person schon während der Schwangerschaft kennen. Eine Betreuung durch eine Hebamme ermöglicht es den Personen, die Geburt selbstbestimmt zu planen, den Geburtsort frei zu wählen und Ängste und Sorgen anzusprechen, bevor sie zu einem Problem werden. Eine intensive 1:1 Betreuung während der Geburt, vor allem für Erstgebärende, ist enorm wichtig, damit die Geburt reibungslos verläuft und damit bei Komplikationen schnell eingegriffen werden kann. Hebammen und Entbindungspfleger vermitteln Sicherheit, beraten Gebärende kompetent und betreuen sie auf fachlich höchstem Niveau. Für uns ist es daher ein Schreckens-Szenario, dass diese Berufsgruppe derzeit vom Aussterben bedroht ist, es gibt immer weniger Hebammen und Entbindungspfleger.  Wie können wir die Versorgung gewährleisten, wenn niemand da ist?

 

Aktuelle Situation

Immer wieder lesen wir in den letzten Wochen, Monaten oder sogar Jahren Schlagzeilen in der Zeitung wie „Hebammen-Situation wird noch schwieriger“. Wir lesen Horrorgeschichten von Frauen*, die keine Hebamme finden, obwohl sie sich sofort gekümmert hätten, sobald der Schwangerschaftstest trocken war. Und diese Horrorgeschichten sind keine Einzelfälle. Es stimmt: Gerade für Frauen* im ländlichen Raum, aber auch für Frauen in großen Städten wie Berlin, ist es heutzutage geradezu unmöglich eine Hebamme zu finden. Aber woran liegt das? Diese Situation hat viele Gründe. Es beginnt mit der Ausbildung, in welcher angehende Hebammen/Entbindungspfleger schlecht bezahlt werden. Oder überhaupt keinen Ausbildungsplatz bekommen. Der Beruf der Hebamme ist bis heute sehr beliebt, es mangelt nicht an Bewerber*innen. Auf eine Stelle bewerben sich im Schnitt 7 Bewerber*innen. Ist eine Hebamme/ein Entbindungspfleger dann ausgebildet, steht sie/er* vor der Wahl: ein unterbezahlter Job im Krankenhaus, mit vielen Überstunden oder doch lieber freiberuflich mit mehr Zeit für sich, aber einem enorm hohen Armutsrisiko? Beide Optionen scheinen uns nicht sehr attraktiv. Und den Absolvent*innen auch nicht. Auch deswegen gehen viele nach Skandinavien, wo nicht nur der Ruf von Hebammen besser sind, sondern auch Arbeitsbedingungen, Bezahlung und die Regelung rund um die Haftpflichtversicherung. Die Haftpflicht ist auch eines der großen Themen, welches in den oben genannten Zeitungsartikeln oft als Auslöser des Problems geschildert wird. Und es stimmt: Die Haftpflichtbeiträge für freiberufliche Hebammen sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Zahlte eine Hebamme/ein Entbindungspfleger im Jahre 2002 noch 1.500 Euro pro Jahr, so sind es 2014 schon 5.000 gewesen. Das ist nicht leistbar, wenn mensch pro Geburt nur 300-700 Euro bekommt.

 

Haftpflichtproblematik

Alle Tätigkeiten, die Hebammen und Entbindungspfleger durchführen, müssen versichert sein.  Durch die Nachhaftung, die sogar noch 30 Jahre nach der stattgefundenen Geburt greift, benötigen sie außerdem einen Versicherungsschutz, der dies mit abdeckt. Durch die lange Verjährungsfrist kann es passieren, dass die Hebamme bzw. der Entbindungspfleger erst im Rentenalter davon betroffen ist. Dadurch entsteht eine unkalkulierbare Kostensituation.

 

Für die Versicherungen sind die Kosten, um geburtshilflichen Schäden zu regulieren, in den letzten Jahren drastisch angestiegen, entstandene Kosten werden auf Hebammen und Entbindungspfleger übertragen.

 

Besonders hoch sind die Prämien bei den freiberuflich tätigen Hebammen und Entbindungspflegern. Davon betroffen sind unter anderem Beleghebammen, die nicht an einem Krankenhaus angestellt sind, dort jedoch arbeiten und ihre Leistungen mit der Krankenkasse direkt abrechnen. Laut dem Deutschen Hebammenverband werden gut 20 Prozent aller Geburten in Krankenhäusern von Beleghebammen betreut.

 

Es gibt bislang keine verlässlichen Zahlen über geburtshilfliche Schadensfälle. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stellte im November 2015 jedoch fest, dass die Zahl der Geburtsschadensfälle stagniert, die Ausgaben für schwere Schäden aber drastisch gestiegen sind.

 

Wenn immer weniger freiberufliche Hebammen und Entbindungspfleger vorhanden sind, verlieren Gebärende das Recht auf freie Wahl des Geburtsortes. Schon jetzt gibt es große Engpässe in den Großstädten und in dünner besiedelten Gebieten Deswegen fordern wir einen Haftpflichtfonds nach skandinavischem Modell. Dort zahlen Hebammen und Entbindungspfleger nur einen Bruchteil der deutschen Versicherungsbeiträge, die Kosten für Fehler, die unter der Geburt passieren, werden aus einem steuerfinanzierten Fonds ausgezahlt. Der Deutsche Hebammenverband fordert deshalb einen Haftpflichtfonds, der für Schäden aufkommt, die über einer bestimmten Deckungssumme liegen. Damit könnte die Preisspirale bei den Prämien gestoppt werden. Diese Forderung unterstützen wir. Die Expert*innen in diesem Fall sind Fachverbände, die bei der Entwicklung ausführlich zu befragen sind. Die deutsche Politik hat zwar 2015 den sog. Sicherstellungszuschlag eingeführt, der diesem Problem Abhilfe schaffen soll, der deutsche Hebammenverband jedoch bezeichnete diese Regelung als zu kurzgreifend. Künftig soll für alle in der Geburtshilfe tätigen freiberuflichen Hebammen nur noch der Sicherstellungszuschlag gelten. Dieser gleicht jedoch nicht die vollständige Prämie von derzeit 6.274,32 Euro aus, sondern erstattet maximal 4.340,03 Euro. Für die in der Geburtshilfe tätigen Hebammen bedeutet die neue Form des Ausgleichs eine Verschlechterung.

 

Denn neben dem unvollständigen Ausgleich fallen die bisherigen Vergütungen für Haftpflichtkosten weg. Zudem muss eine Hebamme in dem Quartal, für das sie den Sicherstellungszuschlag beantragt, auch mindestens eine geburtshilfliche Leistung mit der Krankenkasse abrechnen können. Berechtigt sind nur Hebammen, die mindestens vier Geburten im Jahr betreut haben. Die Form der neu eingeführten Ausschlusskriterien macht es aber Hebammen in der Hausgeburtshilfe zukünftig unmöglich, Geburten verbindlich zu planen.

 

Gute Ausbildung auch für Hebammen

Wie oben geschildert sind die Ausbildungsbedingungen für Hebammen/Entbindungspfleger immer noch zu schlecht. Deswegen fordern wir auch hier eine Mindestausbildungsvergütung, die es ermöglicht, von der Ausbildungsvergütung zu leben. Auch fordern wir die Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen für Hebammen. Hierzu ist es möglich das Instrument einer Ausbildungsplatzumlage zu nutzen, aber auch die staatlichen Hochschulen zu fördern, welche aktuell Hebammenkunde als Bachelor anbieten. Die Akademisierung dieses Berufes ist notwendig, um die europäische Vergleichbarkeit der Abschlüsse gewährleisten zu können. Deutschland ist momentan das einzige europäische Land, in dem kein Bachelor für die Ausübung der Geburtshilfe benötigt wird. Damit würde der EU-Richtline 2013/55/EU Folge geleistet werden, die vorsieht, die Abschlüsse anzugleichen.

 

Gute Ausbildung reicht uns nicht, gebt uns gute Arbeit!

Im Kranken- und Geburtshäusern haben sich die Arbeitsbedingungen von Hebammen und Entbindungspflegern deutlich verschlechtert. Die empfohlene 1:1 Betreuung ist nicht mehr umsetzbar, oft betreut eine Hebamme/ ein Entbindungspfleger mehrere Gebärende, sodass die Reaktionszeit bei Notfällen auch manchmal durch die personelle Besetzung verlängert wird. Auch leiden Hebammen und Entbindungspfleger wie viele andere Gesundheits- und Sozialberufe unter der geringen Bezahlung, oft müssen zusätzliche Versicherungsbeiträge vom eigenen Gehalt bezahlt werden.

 

Wir fordern die Umsetzung von 1:1 Betreuung bei jeder Geburt und eine angemessene Bezahlung, die der Wichtigkeit dieses Berufsstandes angemessen ist.  Hierzu müssen nicht nur die Arbeitsbedingungen verbessert, sondern auch mehr gut bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden. Konkret wollen wir eine deutliche Erhöhung von Pauschalen für Geburten selbst sowie ausreichende Erstattung von Material, angemessene Zuschläge für Dienstleistungen wie 24h-Rufbereitschaft und einen besseren Stundenlohn für alle Vor- und Nachsorgeleistungen. Hebammen und Entbindungspfleger müssen entlastet werden!

 

In diesem Jahr hat beispielsweise der Berliner Senat einen runden Tisch einberufen, um der Situation rund um die Hebammen herr/frau zu werden. Doch diese Debatte muss bundesweit geführt werden und muss konkrete Verbesserungen für Hebammen und Entbindungspfleger zur Folge haben. Wir müssen bei diesem Thema endlich handeln.

 

Deshalb fordern wir:

  • einen Haftpflichtfonds, wie vom Deutschen Hebammenverband gefordert
  • mehr Ausbildungsplätze und bessere Bedingungen für Hebammen/Entbindungspfleger
  • mehr gutbezahlte Arbeitsplätze und bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen/Entbindungspflegerinnen in den Krankenhäusern
  • eine Mindestausbildungsvergütung
  • dass die Vergütung der Hebammen soll tariflich gesichert wird

 

dass es keinen Abbau der Arbeitsplätze durch sinkende Geburtsraten geben soll