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Antrag 197/I/2019 Menschenrechte sind kein nice to have!

22.02.2019

Im Januar 2019 sollte es ein Urteil im Prozess gegen den Textildiscounter KiK wegen des Brandes in der Textilfabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan vor dem Landgericht Dortmund geben. Jedoch wurde die Klage wegen Verjährung noch nicht einmal zugelassen. Bei dem Brand kamen im September 2012 259 Menschen ums Leben. Dass darauf nun tatsächlich ein Prozess im Herkunftsland des auftraggebenden Unternehmens, also in Deutschland, folgte, ist neu – der Vorfall selbst ist es nicht, sondern steht im Gegenteil nur stellvertretend für viel zu viele andere Vorfälle derselben Art. Diese sind keine „Unglücke“, keine „Naturkatastrophen“ – sie sind menschengemacht und deshalb vermeidbar! Wir brauchen dringend grundlegende Veränderungen im globalen Wirtschaftsgefüge!

 

Es gibt einige wenige Siegel und Zertifikate, die versuchen, nachhaltig Menschenrechte zu schützen und Umweltstandards durchzusetzen, doch oft sind die Methoden der Zertifizierung fragwürdig und kommen nur einer sehr kleinen Gruppe unter den Arbeitnehmer*innen zu Gute. Wir machen es uns aber zu einfach, wenn wir die Verantwortung für diese Verbesserungen bei den Verbraucher*innen abladen. Zum einen ist es für Verbraucher*innen unmöglich für ihren gesamten Konsum die Lieferketten auf Menschenrechtsverstöße zu überprüfen – die Unübersichtlichkeit der Lieferketten ist schließlich oft das Argument, was die Unternehmen selbst anführen, wenn sie ausführen, warum sie sich um die Einhaltung von Menschenrechten in ihrer Produktion nicht kümmern können. Wie soll die*der Verbraucher*in das dann leisten? Zum anderen ist diese Herangehensweise auch schlicht falsch: Die Einhaltung von Menschenrechten darf keine Entscheidung sein, die von den Konsument*innen beim Kauf eines Produkts in die eine oder andere Richtung getroffen werden kann. Eine analoge Regelung im Inland würde uns auch völlig absurd erscheinen: Ein Siegel auf Produkte, die in Deutschland unter Einhaltung des Mindestlohns hergestellt wurden und die restlichen Produkte dann ohne Siegel und ohne Mindestlohn. Die Verantwortung trügen die Konsument*innen und sie würden entscheiden, ob sie durch den Kauf und den höheren Preis den Mindestlohn unterstützen wollen oder nicht. Das gleiche Bild lässt sich auf die Vereinigungsfreiheit, die Einhaltung von Maßnahmen zur Arbeitssicherheit oder das Verbot von Kinderarbeit übertragen. Mindestlohn, Gewerkschaften, Sicherheit bei der Arbeit und der Schutz von Kindern dürfen aber keine Produktattribute sein, mit denen sich Unternehmen auf dem Markt einen Wettbewerbsvorteil bei den Kund*innen ausrechnen. Es sind Menschenrechte und die sind nicht optional! Es darf hier keine „Entscheidung“ für oder gegen die Einhaltung dieser Rechte offen bleiben. Deswegen sind Verstöße gegen diese Rechte Verstöße gegen Gesetze! Aber während diese Regelung in Deutschland überwiegend unstrittig ist, soll es auf internationaler Ebene ausreichen, wenn sich Unternehmen freiwillig verpflichten oder sich Konsument*innen aussuchen können, ob sie sich heute mal für oder gegen die Einhaltung von Menschenrechten entscheiden? Diese Situation ist für uns als Internationalist*innen nicht hinnehmbar! Eine Unterscheidung in „wir“, die Arbeitnehmer*innen in Deutschland oder der EU und in „die“, die Arbeitnehmer*innen im globalen Süden, deren Sicherheit und Gesundheit weniger schützenswert und daher für Unternehmen ein freiwilliges „Extra“ darstellt, verurteilen wir zutiefst. Sie offenbart rassistische und (neo-)koloniale Strukturen. Sie ist die Voraussetzung für moderne Sklaverei und weltweite Ausbeutung, die den globalen Kapitalismus überhaupt erst möglich macht. Wir wollen aber eine Welt, in der jede*r unter guten, sicheren und gesunden Bedingungen arbeiten kann, egal, wo sie*er arbeitet!

 

Wenn der Kapitalismus global ist, dürfen Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte nicht an nationalen Grenzen enden!

 

Die Schaffung menschenwürdiger Arbeit ist ein Wert in sich. Bessere Arbeitsbedingungen ermöglichen aber auch Verbesserungen in anderen Lebensbereichen:  Bessere Bezahlung und weniger Sorge um die eigene Sicherheit und Gesundheit, lässt Zeit, Energie und Kapazitäten, um sich selbst weiterzubilden, die eigenen Kinder in der Bildung zu unterstützen, sich politisch zu organisieren. Kurzum: Es wird Menschen empowern.

 

Der Status quo:

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung seit unserem letzten Beschluss zum Thema 2014 nun einen Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien in diesem Bereich für 2016-2020 erstellt hat. Hier werden einige Maßnahmen vorgeschlagen, die im aktuellen System Verbesserungen bringen könnten, jedoch beruhen diese Maßnahmen alle auf Freiwilligkeit und sollen gar nicht verbindlich festgeschrieben werden. So soll beispielsweise geprüft werden, ob und wie Unternehmen künftig dazu gebracht werden können, „Elemente der Sorgfaltspflicht [zur Achtung der UN-Menschenrechte] anzuwenden“. Wir dürfen nicht länger akzeptieren, dass Unternehmen keinerlei Sanktionen oder ähnliches drohen, wenn sie, ihre Subunternehmen, Zulieferer*innen oder Geschäftspartner*innen gegen Menschenrechte verstoßen! Wir wollen hier klare Kante zeigen und auf der richtigen Seite stehen – nämlich auf der der Arbeiter*innen weltweit! In anderen Teilen klingt der NAP wie blanker Hohn, beispielsweise beim Abschnitt zu Exportkrediten und Investitionsgarantien: „Mindestvoraussetzung für die Übernahme der [Investitions-]Garantie ist die Einhaltung der nationalen Standards im Zielland.“ Nationale Standards sind zu oft Teil des Problems, wenn sie zum Beispiel keinerlei Regelungen zum Schutz und den Rechten von Gewerkschaften und Betriebsräten treffen oder die Standards im Arbeitsschutz absurd niedrig sind! Es kann doch nicht sein, dass diese für die Bundesregierung als „Mindestvoraussetzungen“ durchgehen!

 

Im aktuellen Koalitionsvertrag heißt es: „Falls die wirksame und umfassende Überprüfung des NAP 2020 zu dem Ergebnis kommt, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht, werden wir national gesetzlich tätig und uns für eine EU-weite Regelung einsetzen.“ Aber selbst mit einer vollständigen Erfüllung der im NAP formulierten Ziele darf sich die Bundesregierung nicht zufriedengeben: Diese selbst gesteckten Ziele sind viel zu niedrig: Nur die Hälfte aller in Deutschland sitzenden Unternehmen ab einer Größe von 500 Beschäftigten soll bis 2020 „Elemente menschenrechtliche Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert“ haben. Das ist uns zu wenig und muss auch allen Sozialdemokrat*innen im Kabinett und der Bundestagsfraktion zu wenig sein!

 

Wir stellen uns entschieden gegen jede Maßnahme und Formulierung, die die Illusion einer Freiwilligkeit seitens der Unternehmen stützt: Entweder ein Unternehmen wirtschaftet und hält dabei Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte ein oder dieses Unternehmen hat keine Daseinsberechtigung und gehört aufgelöst! Diese Rechte stehen nicht zur Verhandlung!

 

Wir begrüßen ausdrücklich, dass auch auf UN-Ebene eine Konvention zur transnationalen unternehmerischen Verantwortung erarbeitet wird. Den aktuell diskutierten Entwurf beurteilen wir als durchaus vielversprechend. Aber natürlich ist entscheidend, dass sich diejenigen Länder, in denen die betroffenen Unternehmen sitzen, für die Umsetzung stark machen. Bisher beteiligen sich jedoch weder die USA noch die EU an dem Prozess.

 

Daher fordern wir:

Auf uns Sozialist*innen in Ländern des globalen Nordens kommt die Verantwortung zu, uns für internationale Solidarität und richtiges Handeln im falschen, kapitalistischen System stark zu machen. Wir fordern daher, dass die EU die Einfuhr von Produkten in allen Branchen, bei denen die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten über die gesamte Wertschöpfungskette und mit allen Vor- und Zwischenschritten nicht nachgewiesen werden kann, verbietet. Das stellt eine grundlegende Veränderung für den Außenhandel und das globale Wirtschaften europäischer Unternehmen dar, da nun die Nachweispflicht bei ihnen liegt. Wir sehen darin den einzigen, wirklich konsequenten Weg um einen europäischen Beitrag zur weltweiten Sicherung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte in der Wirtschaft zu leisten. Mit einer angemessenen Übergangsfrist haben Unternehmen genügend Zeit, um ihre Lieferketten zu überprüfen und gegebenenfalls übersichtlicher zu gestalten.

 

Deshalb fordern wir eine europäische Regelung, die Unternehmen verbindliche Sorgfaltspflichten in ihrer Lieferkette im Hinblick auf die Einhaltung von Menschenrechten auferlegt und bei unzureichender Kontrolle die Haftung für das Unternehmen auslöst. Solange es keine entsprechende europäische Regelung gibt, müssen wir die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass die Einhaltung von Sorgfaltspflichten für Unternehmen innerstaatlich verbindlich sind. Diese Pflichten sollten u.a. aus dem Erstellen, Veröffentlichen, Umsetzen und Kontrollieren eines jährlichen Sorgfaltsplan bestehen, mit dem menschenrechtliche Risiken identifiziert und beseitigt werden. Die Sorgfaltspflichten müssen für die eigene Firma, sowie für Sub- und Tochterunternehmen, aber auch für die entsprechenden Teilaktivitäten der Zulieferer gelten. Es muss möglich sein, Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, anlassbezogen zu verklagen. Dabei muss die Beweispflicht beim Unternehmen liegen. Um einer Verurteilung zu entgehen, muss dieses nachweisen, dass der Schaden auch ohne das eigene Zutun entstanden wäre oder dass es alle gebotene Sorgfalt angewendet hat. Es gibt bereits Beispiele, denen Deutschland folgen kann: Frankreich hat ein Gesetz für eine verbindliche Sorgfaltspflicht („loi de vigilance“) verabschiedet, die Schweiz steht kurz vor einem Gesetz, Österreich ebenso und weitere Länder sind dabei ein Gesetz für das Thema Unternehmensverantwortung zu erarbeiten.

 

Wir fordern, dass weitere Staaten und Freihandelszonen diesem Beispiel folgen. Deutschland muss in diesem Bereich Vorreiterin in allen Organisationen werden, in denen es Mitglied ist (OECD, G7, UN, EU, etc.) sein und Verbündete in diesen Gremien zu ähnlichen Gesetzen bewegen. Wir bedauern, dass die OECD, deren Mitglieder fast ausschließlich westliche Demokratien sind, derzeit zumeist lediglich Empfehlungen und Vorschläge für die Mitgliedsstaaten ausarbeitet. Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen und gegen Menschen- und Arbeitsrechte verstoßen, sind mit empfindlichen Strafen zu belegen und bei wiederholten Verstößen aufzulösen. Durch diese Regelung erwarten wir, dass Regierungen in Ländern des globalen Südens keinen Anreiz mehr haben, schlechte Arbeitsbedingungen in ihren Ländern aufrecht zu erhalten, um attraktiv, d.h. billig für ausländische Arbeitgeber*innen zu sein. Um jetzt erfolgreicher Wirtschaftsstandort und Handelspartnerin zu sein, müssen Regierungen ganz im Gegenteil durch Gesetze, deren Umsetzung und Kontrolle, gute Arbeitsbedingungen schaffen und Arbeitnehmer*innenrechte sichern und stärken.

 

Daraus folgt, dass die EU in jeder Verhandlung im Bereich Außenhandel die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte zur Grundbedingung macht. Die Maßnahmen im NAP gehen schon in die richtige Richtung, aber sie sind bei weitem nicht ausreichend! Wir fordern, dass die EU Handelsverträge erst abschließt, wenn die potentiellen Vertragspartner*innen, die UN-Menschenrechtscharta und die ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert und wirksam implementiert haben. Außerdem muss sich die EU dafür einsetzen, dass im Regelungsbereich des*der Vertragspartner*in ein entsprechend mit dem europäischen Menschenrechtsstandard und dessen Durchsetzungsmöglichkeiten vergleichbarer individueller Schutz gewährleistet wird. Die EU bietet ihre Unterstützung zur Schaffung der dafür benötigten Strukturen an.

 

Diese Regelung soll zu einer Verbesserung für die Arbeitnehmer*innen führen. Es darf nicht passieren, dass durch diese Regelung nur Handelsströme umgeleitet werden und Arbeiter*innen, gegen deren Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte bislang verstoßen wurde, ihre Arbeit ganz verlieren. Daher fordern wir, dass es sich die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) auf nationaler und EU-Ebene zur Aufgabe macht, betroffene Länder und Unternehmen zur schnellen Umsetzung und Überwachung der Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechten zu beraten und zu unterstützen. Diese Sorgfaltspflicht muss auch bedeuten, dass sie nicht in private Sozialauditor*innen ausgelagert werden kann. Obgleich die Beauftragung privater Auditunternehmen momentan häufig mangels vergleichbarer staatlicher Strukturen alternativlos ist, führt sie zu Interessenkonflikten der umeinander konkurrierenden Auditgeber*innen und ist von methodischen Mängeln geprägt.  Daher ist es wichtig, staatliche Strukturen in den Produktionsländern – welche in jedem Fall vorzugswürdig sind – zu schaffen, die die Einhaltung menschenrechtlicher und arbeitsrechtlicher Standards überwachen, bzw. auch staatliche Stellen einzurichten, die die Auditgeber*innen kontrollieren. Hierbei ist ein besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von Korruption zu legen. Wir stellen uns schlussendlich aber eine Regelung analog zum Zoll vor: Der Staat kontrolliert die Einhaltung der von ihm erlassenen Gesetze, die Verantwortung für die Umsetzung und Einhaltung dieser trägt aber das Unternehmen und daher muss auch die entsprechende Infrastruktur vom Unternehmen geschaffen und unterhalten werden. Zudem müssen unabhängige Beschwerdestellen eingerichtet und die Arbeiter*innen darüber informiert werden. Jede andere Unterstützung von Privatwirtschaft seitens staatlicher EZ-Stellen, die dieses Ziel nicht verfolgt, (wie beispielsweise im Rahmen des Programms developpp.de zur Förderung von Public-Private-Partnerships und deutscher Unternehmen im Ausland) ist einzustellen.

 

Als Internationalist*innen sehen wir es mit Sorge, dass sich der Prozess globaler wirtschaftlicher Integration von dem multilateralen Kontext der Welthandelsorganisation (WTO) in den bilateralen Rahmen verschoben hat. Bei aller Kritik, die wir an der WTO haben, bietet sie doch für Länder mit niedrigen und mittleren Pro-Kopf-Einkommen bessere Möglichkeiten, sich zusammenzuschließen und ihre Interessen gegenüber den Ländern mit hohem Einkommen besser zu vertreten. Daher fordern wir, dass sich die EU dafür einsetzt, Verhandlungen zum Außenhandel wieder von der bi- auf die multilateralen Ebene zu heben und sich dafür einzusetzen den multilateralen Prozess – sei es in der WTO oder in anderem Rahmen – wiederzubeleben.

 

International agierende Unternehmen können aufgrund von Investor*innenschutzklauseln in Freihandelsverträgen gegen Staaten klagen, wenn sie befürchten, dass ihnen durch Gesetzesänderungen Profite entgehen – selbst wenn diese Gesetzesänderung von den demokratisch gewählten Vertreter*innen der im Land lebenden Bevölkerung gemacht wurde. Demnach können Staaten, die ihre Gesetzeslage bezüglich Arbeits- und Sicherheitsstandards verbessern wollen, in Schwierigkeiten kommen. Anders herum können Unternehmen aber nicht von Staaten auf Verletzungen von Menschenrechten verklagt werden. Dieses Ungleichgewicht ist für uns nicht hinnehmbar! Das Beispiel der Textilwirtschaft macht es deutlich: Die Verstöße gegen Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte, gegen die grundlegendsten Standards hinsichtlich Gesundheit und Sicherheit in den Textilfabriken von Ländern mit niedrigem Einkommen sind bekannt. Den auftraggebenden Unternehmen mit Sitz in Ländern des globalen Nordens darf nicht länger erlaubt werden, Unwissenheit vorzutäuschen! Sie müssen Verantwortung für alle Arbeitnehmer*innen übernehmen, egal, in welchem Land, in welchem Teil der Lieferkette oder in welchem Sub-Subunternehmen sie arbeiten! Bisher gibt es keine klaren Regeln für internationale Haftungsfragen und bei Klagen beziehen sich die Jurist*innen auf die selbstgeschriebenen Code of Conducts der Unternehmen. Mit diesem Zustand können wir uns nicht zufriedengeben. Wir brauchen dringend neben nationalen Gesetzen auch Fortschritte bei internationalen Abkommen, die die Verantwortung von Unternehmen entlang deren gesamten, auch transnationalen Lieferkette benennen. Wir begrüßen, dass bei der UN nun der Treaty-Prozess zur Erarbeitung von Regelungen von transnationaler Unternehmensaktivität angelaufen ist – allerdings ohne Mitarbeit seitens der EU! Wir fordern daher die EU auf, sich im Rahmen des UN-Treaty-Prozesses dafür stark zu machen, dass Unternehmen die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte entlang ihrer gesamten Lieferkette zu verantworten haben. Außerdem brauchen wir endlich einen internationalen Handelsgerichtshof. Für die bisherige Regelung, dass sich Unternehmen durch das Outsourcing an Sub- und Sub-Subunternehmen aus der Verantwortung stehlen können, haben schon zu viele Arbeiter*innen mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben gezahlt. Diesen Aspekt des globalen Kapitalismus nehmen wir nicht länger hin!

 

Auch innerhalb Deutschlands und der EU werden die Rechte von Arbeitnehmer*innen verletzt. Dies betrifft vor allem Migrant*innen und mobile Beschäftigte aus Mittel- und Osteuropa, die ihre Rechte nicht kennen oder sie nicht einklagen können, weil sie beispielsweise nur geringe Sprachkenntnisse haben oder sich wegen eines unklaren Aufenthaltsstatus nicht an staatliche Stellen wenden wollen. Auch in Deutschland und in der EU muss gelten, dass Unternehmen Verantwortung für alle Arbeitnehmer*innen entlang ihrer Lieferkette tragen. Wir fordern daher, dass entsprechende Regelungen schon jetzt auf nationaler und EU-Ebene getroffen werden, auch wenn der Prozess auf internationaler Ebene noch andauern mag. Hierzu braucht es sowohl nicht-staatliche Beratungs- und Anlaufstellen als auch staatliche Stellen, die aber bei unklarem Aufenthaltsstatus nur die Arbeitnehmer*innenrechte einfordern und keine Informationen hinsichtlich des Aufenthaltsstatus weitergeben oder gar selbst in diesem Kontext aktiv werden. Beide Arten von Anlaufpunkten müssen ausreichend aus öffentlicher Hand finanziert sein und ohne Hürden für die Betroffenen zu kontaktieren sein – beispielsweise durch Informationsmaterial, -kampagnen in verschiedenen Sprachen und Ansprechpersonen, die diese Sprachen sprechen.

 

Hierbei sollen insbesondere die Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch mit gewerkschaftlichen Einrichtungen angestrebt werden, die bereits in diesem Bereich bestehen.

 

Antrag 181/I/2019 Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerkskörpern an Laien prüfen

21.02.2019

(Prüfantrag)

Die Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus Berlin und die Sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, zu prüfen, welche gesetzlichen Regelungen auf Landesebene möglich sind, Menschen, Tiere und Gebäude vor Feuerwerksschäden zu schützen. Über den Antrag der der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 18/1526 vom 05.12.2018) hinaus ist neben möglichen lokalen bzw. bezirklichen Beschränkungen zu prüfen, ob und inwieweit ein generelles Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk an Laien  realisiert werden kann.

Antrag 183/I/2019 Politik und Verwaltung in Berlin: Steuerung in einer Millionenstadt mit zweistufiger Verwaltung

18.02.2019

Wir wollen, dass Berlin ein Vorbild für eine gute und effiziente Verwaltung wird.

Die Berliner Verwaltung ist Dienstleisterin für die Einwohner*innen. Diese erwarten von der Politik zu Recht, dass die Berliner Verwaltung funktioniert und sie die Dienstleistungen effektiv und effizient möglichst vor Ort in den Bezirken erhalten. Aus ihrer Sicht ist es egal, welche Verwaltung die Dienstleistung erbringt. Ihnen geht es darum, ihr Anliegen schnell und richtig klären zu können. Auch wenn es banal klingt: wenn es um gesamtstädtische Steuerung geht, steht an erster Stelle die Frage, ob die handelnden Akteur*innen in Politik und Verwaltung bereit sind, jeweils in ihren Bereichen Verantwortung zu übernehmen, die Dienstleistungen in den Bezirken zu erbringen und in den Senatsverwaltungen zu steuern. Das Verantwortungs-PingPong zwischen Bezirken und Hauptverwaltung muss ein Ende haben. Die Bürger*innen sind es zu Recht leid. Uns ist bewusst, dass ohne eine gute Verwaltung gute Politik nicht umgesetzt werden kann. Wir wollen in die Menschen, die für Berlin arbeiten, investieren.

2020 feiert die Einheitsgemeinde Berlin ihren 100. Jahrestag. Berlin ist Stadt und Land zugleich, staatliche und gemeindliche Tätigkeit werden in Berlin nicht getrennt. Nach Art. 67 der Verfassung von Berlin nimmt der Senat mit den Hauptverwaltungen nur die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung, die Bezirke alle anderen kommunalen Aufgaben wahr.

 

Einheit und Vielfalt bewahren

Die SPD Berlin bekennt sich zur Eigenständigkeit der bezirklichen Entscheidungsträger*innen und der Bezirksverwaltung. Sie bekennt sich jedoch genauso zu einer gesamtstädtischen Verantwortung des Senats. Diese beinhaltet eine Steuerung der bezirklichen Aufgabenerfüllung bei gleichzeitiger auskömmlicher Ressourcenzuweisung an die Bezirke durch das Abgeordnetenhaus von Berlin.

Wichtig ist dabei, nicht nur die Arbeit der Bezirke, sondern auch die Arbeit der Senatsverwaltungen kritisch zu begleiten. Eine der Kernaufgaben der Senatsverwaltungen ist die gesamtstädtische Steuerung. Hier besteht in etlichen Bereichen Nachholbedarf. Zwar setzt die Berliner Verfassung den Steuerungsmöglichkeiten des Senats gegenüber den Bezirken Grenzen. Allerdings werden die bestehenden fachlichen und politischen Steuerungsmöglichkeiten bislang nur wenig genutzt.

 

Die gesamtstädtische Steuerung ausbauen

Schon in dieser Legislaturperiode sollen Fortschritte bei der Verwaltungssteuerung erkennbar werden. Andererseits erfordern weitergehende Veränderungen eine Änderung der Berliner Verfassung. Die Verfassung zu ändern, setzt einen transparenten beteiligungsorientierten Diskussionsprozess voraus. Die SPD spricht sich deshalb für eine stufenweise Weiterentwicklung der gesamtstädtischen Steuerung von Politik und Verwaltung aus.

Die SPD Berlin fordert den Senat auf, in dieser Legislaturperiode für die Steuerung der Bezirksverwaltungen die bestehenden Steuerungsmöglichkeiten der Bezirke aktiv anzuwenden und die Wirksamkeit zu evaluieren. Hieraus sollen dann ganzheitliche Vorschläge für ggf. verfassungsändernde Veränderungen erfolgen.

Zu den bestehenden gesamtstädtischen Steuerungsmöglichkeiten gehören:

  • Steuerung durch Rechtssetzung (Erlass von Verordnungen; Einbringung von Gesetzen ins Parlament),
  • Verwaltungsinterne Instrumente (Erlass von Verwaltungsvorschriften und Rundschreiben) und – mit der Möglichkeit eines standardisierten Fach-Controllings,
  • Steuerung durch Kooperation (zum Beispiel Zielvereinbarungen und Projektarbeit),
  • Bezirksaufsicht (bei rechtswidrigem Handeln der Bezirke und bei Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften),
  • Eingriffsrecht nach § 13a Abs. 1 AZG (im Einzelfall bei „dringenden Gesamtinteressen“; zuständiges Senatsmitglied hat danach Informations- und Weisungsrecht bzw. kann die Aufgabe an sich ziehen (Eintrittsrecht),
  • Fachaufsicht (anstelle des Eingriffsrechts; kann einfachgesetzlich erreicht werden),
  • Zuweisung von Haushaltsmitteln.

 

Zielvereinbarungen gesetzlich verankern

Für die Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten in Bezug auf die politische Steuerung hält die Berliner SPD die Einführung von für beide Seiten verbindlichen Zielvereinbarungen zwischen Senat und Bezirken für sinnvoll.

Bereits in den vergangenen Jahren wurde bei verschiedenen fachlichen Fragen das Instrument der Zielvereinbarungen zwischen Senatsverwaltungen und Bezirken genutzt. In vielen Fällen hat es sich als eine Möglichkeit der Steuerung der Verwaltung bewährt.

Um dem Instrument Zielvereinbarungen die nötige Verbindlichkeit zu verleihen, schlägt die SPD Berlin eine gesetzliche Verankerung im Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) vor.

Damit die Einhaltung der Zielvereinbarungen überprüft werden kann, ist ein Controllingsystem mit geeigneten Anreiz- und Sanktionsinstrumenten zu etablieren. Sollte dies nicht fruchten – oder sich ein Bezirk bewusst weigern, die Zielvereinbarung umzusetzen – kann das bestehende Eingriffsrecht gem. § 13a AZG genutzt werden. Alternativ kann bei entsprechender gesetzlicher Verankerung fachaufsichtlich interveniert werden.

Ressortübergreifende Zielvereinbarungen sollen in Zukunft zu dem bestimmenden Steuerungsinstrument bei der Umsetzung der Schwerpunkte der Regierungspolitik entwickelt werden. Verhandlungsführer*in auf den Seiten des Bezirks ist der/die Bezirksbürgermeister*in, auf Seiten des Berliner Senats der/die Regierende Bürgermeister*in. Weil die zu realisierende Ziele und die Bereitstellung der dafür erforderlichen Ressourcen unmittelbar zusammenhängen, muss der Prozess der Erarbeitung der Zielvereinbarung mit der Erstellung des Landeshaushaltes synchronisiert werden.

Für die Umsetzung dieses Konzeptes muss die Position der Bezirksbürgermeister*in innerhalb des Bezirksamtes so verändert werden, dass er/sie diese Rolle erfolgreich wahrnehmen und zugleich eine anschließende Umsetzung der Zielvereinbarung kontrollieren und ggf. sanktionieren kann. Derzeit hätte der/die Bezirksbürgermeister*in nämlich nur sehr geringe Möglichkeiten, die Erfüllung der Zielvereinbarung im Bezirksamt durchzusetzen.

Zielvereinbarungen sind keine Einbahnstraße. Das bedeutet, dass auch der Senat seine Verpflichtungen erfüllen muss. Auch den Bezirken muss daher die Möglichkeit eröffnet werden, den Senat zur Einhaltung der Zielvereinbarung anzuhalten. Der/die Regierende Bürgermeister*in überwacht die Einhaltung der Richtlinien der Regierungspolitik und verfügt über eine Richtlinienkompetenz. Bei Nichteinhaltung der Zielvereinbarung aus Sicht eines oder mehrerer Bezirke ist der/die Regierende Bürgermeister*in daher die richtige Ansprechperson.

Bei Aufgabenbereichen, bei denen mehrere Behörden gleiche oder ähnliche Zuständigkeiten haben, werden wir prüfen, ob und wie eine Vereinheitlichung möglich und sinnvoll ist und diese durch die notwendigen gesetzlichen Änderungen umsetzen. Für einzelne, ausgewählte Aufgaben aus den Fachämtern „Stadtentwicklungsamt“, „Straßen- und Grünflächenamt“, „Jugendamt“, „Amt für Soziales“ und „Gesundheitsamt“ sollen Zielvereinbarungen zu Standardisierungen mit den zuständigen Senatsverwaltungen abgeschlossen werden. Diese sollen auf Grundlage des Produktkatalogs der Bezirke in einem ähnlichen Verfahren herausgearbeitet werden.

Darüber hinaus muss gutes Verwaltungshandeln auch belohnt werden. Denkbar ist die Einführung einer Auszeichnung für gutes Verwaltungshandeln.

 

Bestehende Aufsichtsrechte evaluieren und fortentwickeln

Es bedarf einer grundsätzlichen Diskussion über die Bezirksaufsicht und über das bestehende Eingriffsrecht. Die Wiedereinführung der Fachaufsicht zwingt die Senatsverwaltungen zur Steuerung, hat aber nach der Berliner Landesverfassung die Abschaffung des Eingriffsrechts zur Folge. Entscheidend ist die durchgreifende und umfassende Optimierung der gesamtstädtischen Steuerung. Gelingt dies mit dem bestehenden Instrumentarium, kann auf die Fachaufsicht weiter verzichtet werden.

 

Gesamtstädtische Aufgaben in einer Hand

Nach Art. 67 Abs. 1 der Verfassung von Berlin nimmt der Senat durch die Hauptverwaltung die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung wahr und kann daher auch einzelne Aufgabenbereiche, die zwingend einer Durchführung in unmittelbarer Regierungsverantwortung bedürfen, selbst wahrnehmen. Darüber hinaus können gemäß Art. 67 Abs. 3 der Verfassung von Berlin Aufgaben des Senats außerhalb von Leitungsaufgaben durch Gesetz bestimmt werden.

Für die gesamtstädtische Steuerung bedeutet dies, dass anstelle einer Steuerung auch eine Aufgabenwahrnehmung durch den Senat selbst erfolgen kann. Die bestehenden Möglichkeiten sollen verstärkt genutzt werden, soweit eine einheitliche Steuerung des Verwaltungshandelns und Erbringung der Dienstleistungen nicht gewährleistet wird.

 

Projektsteuerung und Taskforce ausbauen

Befristete, verwaltungsübergreifende Projekte werden auch in Zukunft in Abgrenzung von sogenannten Linienaufgaben durchgeführt. Für eine erfolgreiche Projektarbeit ist eine klare Aufteilung der Rollen und Verantwortlichkeiten unerlässlich. Deshalb soll das Projektmanagementhandbuch des Landes Berlin auf seine Aktualität hin überprüft und an ggf. veränderte Anforderungen angepasst werden.

Darüber hinaus soll die Taskforce als Instrument für außergewöhnliche Herausforderungen genutzt werden, wenn Situationen eintreten (wie z.B. 2015 bei der Unterbringung der Flüchtlinge), die normale Verwaltungsstrukturen überfordern, aber unterhalb des Katastrophenfalls liegen.

Die Möglichkeiten, befristete, verwaltungsübergreifende Projekte und kurzfristig eine Taskforce unter bestimmten Voraussetzungen einzurichten und damit bestimmte Verfahrensabläufe und Zuständigkeiten zeitlich befristet zu vereinfachen bzw. durch Beschluss des Senats anzupassen, sollen ebenfalls im AZG verankert werden.

 

Mehrfachzuständigkeiten systematisch abbauen

Wir wollen noch in dieser Wahlperiode die Verwaltungsprozesse vereinfachen und Doppelzuständigkeiten abschaffen.

Insgesamt wollen wir Verwaltungsprozesse auf Effizienzreserven prüfen, z.B. ob sie nicht in weniger Zwischenschritten und in kürzerer Zeit erbracht werden können. Doppel- bzw. Mehrfachzuständigkeiten müssen gezielt identifiziert und abgebaut werden. Dafür wollen wir den Aufgabenkatalog der Bezirke und des Landes entsprechend überarbeiten, damit wir zu einer klareren Aufgabenverteilung kommen.

 

Zuweisungen und Controlling von Haushaltsmitteln überprüfen

Die Steuerung der Dienstleistungen erfolgt auch durch gezielte Zuweisungen von Haushaltsmitteln. Das Budgetierungssystem der bezirklichen Haushaltszuweisung muss hinsichtlich finanzieller Fehlanreize überprüft und weiterentwickelt werden. Hierbei kann auch die Globalsummensystematik der Bezirke auf den Prüfstand gestellt werden. Die SPD erwartet noch in dieser Legislaturperiode Vorschläge des Senats und der Bezirke.

 

Rat der Bürgermeister stärken

Die Steuerungsrolle des Rats der Bürgermeister (RdB) soll mit einer größeren Verantwortung und Kompetenz gestärkt werden. Beschlüsse des RdB tragen zur Vereinheitlichung des Handelns der Bezirke bei. Daher ist zu prüfen, ob bzw. wie Beschlüsse des RdB auch alle Bezirke – im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit – im Sinne einer Gesamtverantwortung binden können. Dabei ist auf die Grundsätze der Selbstverwaltung zu achten. Damit kann die politische Rolle der Bezirksbürgermeister*innen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schranken gestärkt werden.

 

Die Berliner Verwaltungsstruktur weiterentwickeln

Weitergehende Veränderungen an der Verwaltungsstruktur machen eine Änderung der Berliner Verfassung notwendig. Wir fordern die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus auf, einen fraktionsübergreifenden Verfassungskonvent zu initiieren, um über die Grundstrukturen der Berliner Verwaltung und mögliche Verfassungsänderungen zu diskutieren.

 

Bessere Zusammenarbeit zwischen den Senats- und den Bezirksverwaltungen

Der von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedliche Zuschnitt der Abteilungen stellt ein wesentliches Hindernis für die Steuerung des Verwaltungshandelns dar. Insbesondere die Doppelstruktur der Fachausschüsse des Rats der Bürgermeister und der Fachstadträtesitzungen führt zu erheblichen Verzögerungen in den Beratungsprozessen.

Um hier zu einer Beschleunigung zu kommen, wollen wir einen einheitlichen Zuschnitt der Abteilungen der Bezirksämter gesetzlich festlegen. Im Zuge dieses Gesetzesvorhabens wollen wir außerdem die Zahl der Abteilungen auf sechs erhöhen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die erhöhten Anforderungen der wachsenden Stadt dies erforderlich machen.

Die Fachberatungen in den Ausschüssen des Rates der Bürgermeister wollen wir mit den monatlichen Fachstadträtesitzungen zusammenführen. Die Senatsverwaltungen bringen ihre Themen ebenfalls in diese Sitzungen ein.

Politische Mehrheiten begründen politische Verantwortung. Deshalb setzen wir uns im Rahmen des von uns vorgeschlagenen Verfassungskonvents dafür ein, das politische Bezirksamt einzuführen und damit auch in den Bezirksämtern das Mehrheitsprinzip anzuwenden.

 

Kontrollmöglichkeiten der Bezirksverordnetenversammlungen stärken

Die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV’en) und Bezirksämter spüren die wachsende Stadt in den unterschiedlichsten Bereichen und in den unterschiedlichsten Arten und Weisen. Die Aufgaben sind in den letzten Jahren vielfältiger und komplexer geworden. Die Arbeitsbelastung für die/den Einzelne*n – sei es haupt- oder ehrenamtlich – nimmt spürbar zu. Das berechtigte Interesse nach mehr Beteiligung der Bürger*innen, der Wunsch nach nah- und ansprechbaren Politiker*innen und die Digitalisierung von Politik und Verwaltung führen zu immer größeren Ansprüchen an die handelnden politisch Verantwortlichen.

Wer zurecht den Anspruch formuliert, dass es nicht nur verwaltende und reaktive Bezirksverordnetenversammlungen und Bezirksämter geben soll, sondern gestaltende und proaktive, der muss die Bedingungen hierfür verbessern.

Dazu müssen die BVV-Büros gestärkt und besser ausgestattet werden. Hierzu gehört eine bessere Personalausstattung, damit die Arbeit in den Ausschüssen und die der Vorsteher*in besser unterstützt werden kann. Wir werden die Aufwandsentschädigung der BVV-Mitglieder und des/der Vorsteher*in erhöhen, um die Arbeit in der BVV attraktiver zu machen und den Einsatz der ehrenamtlich tätigen BVV-Mitglieder zu honorieren.

Generell sollten alle BVV-Fraktionen auf den wissenschaftlichen Dienst des Abgeordnetenhauses zurückgreifen können, so dass es auch hier zu Entlastungen der einzelnen Verordneten kommen kann.

Die Bezirksverordnetenversammlungen sollen mit stärkeren Kontrollrechten ausgestattet werden. Das würde die Arbeit der Bezirksverordnetenversammlungen, aber auch der Bezirksämter, aufwerten und die Demokratisierung von verwaltungstechnischem Handeln befördern.

 

Digitalisierung – Chance für ein verändertes Rollenverständnis zwischen Verwaltung und Bürger*innen

Einstellungen zu und Erwartungen an die öffentliche Verwaltung und die Politik haben sich durch die Digitalisierung erheblich verändert. Servicequalität, Transparenz und Partizipation an Entscheidungen von Verwaltung und Politik werden heute selbstverständlich eingefordert. Verwaltung und Politik müssen deshalb ebenfalls ein neues Rollenverständnis entwickeln. Das verlangt von der Verwaltung, nicht nur zu erklären, sondern Kooperation zu ermöglichen, und von sich aus auf Bürger*innen aktiv zuzugehen. Eine Verwaltung, die sich als Partner*in auf Augenhöhe versteht, unterstützt die verschiedenen Akteur*innen im Bezirk bei der Vernetzung und Interessensvertretung, beim Aufbau geeigneter Plattformen oder Netzwerke für Kooperation und Innovationen. Sie versteht die aktive Beteiligung der Bürger*innen als Gewinn.

Dienstleistungen erbringt eine solche Verwaltung souverän, zuverlässig, schnell – und auf Wunsch -selbstverständlich digital und barrierefrei. Die Berliner Verwaltung muss hier nicht nur technologisch aufholen, die elektronische Akte einführen und Online-Angebote ausweiten, sondern Organisation und Prozesse so anzupassen, dass sie neuen und dem gewandelten Rollenverständnis gerecht werden. Insbesondere die Kommunikation zu Bürger*innen ist der Schlüssel für ein gutes Miteinander. Genau hier bieten sich aber auch durch den technologischen Fortschritt die meisten Chancen.

Die in Berlin vielfältig vorhandenen Innovationskompetenzen gilt es zu nutzen – wir setzen es uns zum Ziel, hier nicht nur aufzuholen, sondern in eine Vorreiterposition zu kommen. Das CityLab ist dabei ein Anfang, es gilt, Aufgaben und Arbeitsprozesse der Verwaltung auf Dauer systematisch zu modernisieren und gewonnene Erkenntnisse flächendeckend in der Verwaltung zu implementieren – und dabei Kund*innen der Verwaltung sowie Expertise der Wirtschaft und Wissenschaft einzubeziehen.

Ziel muss sein, dass die Berliner Verwaltung nicht nur den Anschluss an die Gegenwart erreicht, sondern auf Dauer in der Lage ist, sich auf künftige Änderungen einzustellen. Vorausschauende Politik muss aber auch frühzeitig Trends erkennen und unterstützen.

 

Lebenslagen in den Vordergrund rücken

Wir wollen die Lebenslagen der Bürger*innen in den Vordergrund rücken. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass das Krankenhaus die Geburt eines Kindes automatisch direkt an die Verwaltung meldet und dann in einem Schritt alle notwendigen Anträge ausgelöst werden – egal, welches Amt zuständig ist. Wir nutzen die Chance des im letzten Jahr beschlossenen Onlinezugangsgesetz des Bundes, gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern die häufigen Lebenslagen so in Verwaltungshandeln umzusetzen, dass der damit verbundene Aufwand für die Betroffenen auf ein Minimum reduziert wird und online verfügbar ist.

 

Transparenz

Durch die Digitalisierung bieten sich auch vielfältige Möglichkeiten zum Ausbau der Mitbestimmungsmöglichkeiten und transparenteren Kommunikation mit den Bürger*innen. Das Informationsgefälle zwischen Verwaltung und Bürger*innen ist dabei nicht mehr zu halten: Ziel muss sein, allen Akteur*innen möglichst den gleichen Zugang zu Informationen zu ermöglichen und sich diesem Ziel in der Praxis schrittweise zu nähern.

Wir brauchen daher einen Mentalitätswandel in der Verwaltung, was Informationen und Daten anbetrifft, der aus der „Holschuld“ der Bürger*innen eine Bringschuld der Verwaltung macht.

Informationen zu bestimmten kommunalen Vorhaben oder aus dem Kiez sollen künftig ebenfalls online abgerufen werden können. Beispielsweise kann man so vorab online erfahren, an welchem Punkt der Umsetzung sich ein öffentliches Bauvorhaben befindet. Getroffene Entscheidungen können so frühzeitig wie möglich kommuniziert werden, auch, um offen darüber zu informieren, wo z.B. die Grenzen von Beteiligung liegen. Die Plattform dafür existiert bereits: www.meinberlin.de.

In vielen Bezirken sind darüber hinaus umfangreiche Informationen bereits online verfügbar. Was fehlt, sind eine einheitliche Struktur und eine komfortable Suchfunktion – und eine Verwaltung, die wie oben beschrieben, aktive Information und frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit als ihre normale Aufgabe ansieht.

 

Ein anderer Umgang mit Daten ermöglicht andere Entscheidungen

Wenn es um digitale Daten geht, dann wird dies oft unter dem Gesichtspunkt diskutiert, wie man auch unter den geänderten Bedingungen Datenschutz gewährleisten kann. Das ist richtig und wichtig. Aber gleichzeitig sind wir gefordert, Strategien zu entwickeln, die Chancen der Datenerhebung für das Gemeinwohl zu nutzen. Digitale Daten ermöglichen auch neue Möglichkeiten, auf Basis von datengetriebenen Analysen, Entscheidungen besser vorzubereiten und sie genauer und vorausschauender zu treffen. Wir wollen deshalb den flächendeckenden Ausbau eines Netzes von Sensoren in der öffentlichen Infrastruktur fördern, um zielgerichtet und systematisch Informationen z.B. zum Thema Mobilität generieren zu können. Voraussetzungen für dieses Open-Data-Prinzip sind die Verfügbarkeit und Aufbereitung von entscheidungsrelevanten Daten für Verwaltung, Politik, Bürger*innen und Wirtschaft. Das E-Government-Gesetz hat hierfür die gesetzliche Grundlage geschaffen.

 

Ressortübergreifendes, vernetztes Arbeiten

Digitalisierte Prozesse ermöglichen auch digitale Kollaboration: Wenn alle Behörden über alle Ebenen durch Schnittstellen vernetzt sind und übergreifend Daten auswerten können, verbessert sich auch die Zusammenarbeit. Mehr als in der Vergangenheit besteht die Notwendigkeit, dass Projekte und Dienstleistungen auch ressortübergreifend erbracht werden, gerade, wenn man sich stärker an Lebenslagen und nicht an formalen Zuständigkeiten orientieren will.

 

Dezentralisierung

Die Digitalisierung der Verwaltung erlaubt die Dezentralisierung von Dienstleistungen für Bürger*innen. In einzelnen Behörden zeigt die Berliner Verwaltung bereits heute, dass eine Vielfalt an Dienstleistungen durch digitale Prozesse aus einer Hand erbracht werden können. Wir wollen die hierin liegenden Chancen nutzen und künftig mit dezentralen ServiceZentren, die sich an Kiezstrukturen orientieren, die Dienstleistungen und damit die Berliner Verwaltung wieder näher zu den Bürger*innen bringen.

 

Digitalisierungskompetenzen für alle stärken

Mitarbeiter*innen des öffentlichen Dienstes müssen zu Partner*innen im Digitalisierungsprozess der Verwaltung werden und ihn aus ihren Erfahrungen heraus mitgestalten können. Es darf nicht der Eindruck entstehen, sie würden von einer Entwicklung „überrollt“. Digitalisierungskompetenz der Mitarbeiter*innen auf allen Ebenen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass nicht nur technische Kompetenzen erworben werden, sondern dass die Beschäftigten auch in der Lage sind, sich auf die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen (gewandelte Rollen und Kommunikationsbedürfnisse der Bürger*innen) einzustellen. Die Inhalte und Formen der Aus- und Fortbildung des Landes Berlin sind konsequent darauf auszurichten.

Wir sehen es darüber hinaus als öffentliche Aufgabe, die Bürger*innen im digitalen Wandel zu begleiten. Gerade für viele ältere Menschen ist es oft nicht einfach, sich im Internet zurechtzufinden. Zum einen erwächst zwar aus der Digitalisierung eine große Chance, Anwendungen und Webauftritte so weiterzuentwickeln, dass sie auch für diejenigen einfacher nutzbar sind, für die das Internet nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln ist. Zum anderen wird es aber diejenigen geben, die auf Hilfsbereitschaft und auf einen direkten Austausch von Angesicht zu Angesicht angewiesen sind. Daher wollen wir den Ausbau einer öffentlichen Assistenzinfrastruktur fördern und dazu beitragen, dass allen der technische Fortschritt zugutekommt.

 

Bündelung der Kompetenzen

Alle beschriebenen Maßnahmen können nur funktionieren, wenn sie einer Strategie aus einem Guss folgen und technisch einheitlich umgesetzt werden. Mit dem E-Government-Gesetz haben wir die Voraussetzungen geschaffen, für die nötige Vereinheitlichung zu sorgen. Jetzt gilt es, dies konsequent und flächendeckend umzusetzen.

 

Ohne gutes Personal gibt es auch keine gute Verwaltung

Die Mitarbeiter*innen des öffentlichen Dienstes (ÖD) sind die wichtigste Ressource für die Erbringung von Dienstleistungen für die Bürger*innen. Die Bürger*innen erwarten als Steuerzahler*innen einen leistungsfähigen sowie einen effizient handelnden Staat mit einer Verwaltung, die für sie gute, rechtssichere und kundenorientierte Leistungen erbringt.

Die Berliner Verwaltung steht jedoch häufig wegen langer Wartezeiten in starker öffentlicher Kritik. Die Kritik betrifft nicht allein die Personalausstattung, sondern teilweise auch die räumliche und technische Ausstattung der Verwaltung. Zudem haben sich viele Organisationsstrukturen in der Berliner Verwaltung herausgebildet, die dazu beitragen, dass die Entscheidungsprozesse zu kompliziert sind und zu lange dauern.

Die notwendigen Sparmaßnahmen zur Sanierung des Berliner Landeshaushalts hatten erhebliche Auswirkungen auf die Berliner Verwaltung und ihre Beschäftigten, die sich in einer rasant wachsenden Stadt erheblichen Herausforderungen zu stellen haben.

In den Koalitionsverhandlungen haben wir einen unserer Schwerpunkte auf eine leistungsfähige und ausfinanzierte Verwaltung mit gut ausgebildetem und motiviertem Personal gelegt.

Der rot-rot-grüne Senat hat in den letzten zwei Jahren viele der in der Koalitionsvereinbarung verabredeten Maßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt. Um einige Beispiele zu nennen:

  • Das Stellenbesetzungsverfahren wurden verkürzt,
  • in vielen Senats- und Bezirksverwaltungen wurde das E-Recruitingverfahren implementiert,
  • die Arbeitgeberinnenmarke „Hauptstadt machen“ wurde deutlich und sichtbar weiterentwickelt.
  • Fast alle Jobangebote des Landes Berlin sind auf dem Karriereportal zu finden,
  • die Anzahl der Ausbildungsplätze hat sich deutlich erhöht,
  • die Einstellungshöchstaltersgrenze wurde nach oben gesetzt,
  • die Dienstvereinbarung Personalmanagement wurden mit dem Hauptpersonalrat abgeschlossen und
  • das System Wissenstransfer ist nunmehr ein fest geregeltes und überall durchgeführtes Verfahren.

Wir müssen weiterhin dafür sorgen,

  • dass das entsprechend qualifizierte Personal für die Verwaltung gewonnen,
  • die wachsende Stadt gestaltet sowie
  • die Digitalisierung als Großprojekt angenommen und die sich daraus ergebenden die Chancen der Digitalisierung für bürgerorientierte Dienstleistungen genutzt werden.

Die Berliner Verwaltung steht – schon aufgrund der noch immer bestehenden dramatischen haushaltspolitischen Auswirkungen der Jahre 2002 bis 2014 – nach wie vor mit einer deutlich geschrumpften und eingesparten Verwaltung vor großen Herausforderungen. Parallel dazu ist die Bevölkerung Berlins allein in den letzten sechs Jahren um rund 300.000 Einwohner*innen angewachsen und wächst noch weiter. Die Leistungseffizienz ist noch gering und der Krankenstand des Personals ist noch zu hoch. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, brauchen wir gutes und motiviertes Personal als Garant einer funktionierenden Verwaltung.

Der öffentliche Dienst hat sich in den vergangenen zwei Jahren als sehr großer Arbeitgeber auf dem Berliner Arbeitsmarkt zurückgemeldet. Mit (in 2017) über 7.500 Neueinstellungen ist das Land Berlin bereits mitten in zwei sich gegenseitig verstärkenden Phasen angekommen: der des Ausscheidens stärker Jahrgänge und der des zahlenmäßigen Verwaltungsaufbaus für die wachsende Stadt. Auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung setzt die SPD auf eine konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung bestehender Konzepte und Vorschläge zur Personalgewinnung und -entwicklung in der Berliner Verwaltung.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die nächsten zwei Jahren alle Maßnahmen zur Personalgewinnung mit hoher Priorität umgesetzt werden, damit die Leistungsfähigkeit der Berliner Verwaltung weiter gestärkt wird.

Die Berliner Verwaltung steht als Arbeitgeberin in einer enormen Konkurrenz zu vielen anderen Arbeitgeber*innen innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes und muss daher deutlich attraktiver werden, um gutes Personal zu gewinnen und zu halten.

Daher müssen zügig

  • die Weiterentwicklung der transparenten überregionalen Ausschreibungen, wobei Sammelausschreibungen eine besondere Bedeutung zu kommt, realisiert werden,
  • die Einstellungsprozesse bis 2021 auf drei Monate ab Ausschreibung verkürzt werden,
  • die familien- und lebensgestaltungsfreundlichen Arbeitsbedingungen verbessert werden, wobei zukünftig mobiles Arbeiten und Telearbeit regelmäßig ermöglicht werden soll, ebenso kommen alle Teilzeitmodelle in Frage,
  • die Bezahlung der Beschäftigten verbessert werden,
  • die Aufstiegsmöglichkeiten einschließlich des Verwendungsaufstieg und der Laufbahnwechsel deutlich vereinfacht werden,
  • einheitliche Stellenbewertungen und transparente Verfahren zur Rekrutierung geschaffen werden,
  • die Ausbildungskapazitäten deutlich erhöht,
  • ein Anreizsystem entwickelt werden, das die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen und guter Ausbildung durch zusätzliche Sach- und Personalmittel honoriert, der Zugang für motivierte und kompetente Quereinsteiger*innen in Beamten- oder Tarifbeschäftigtenverhältnisse geöffnet und attraktiv gestaltet werden. Dazu müssen die Möglichkeiten des Tarif- und Laufbahnrechts konsequent genutzt bzw. entsprechend weiterentwickelt und bestehende laufbahnrechtliche Hindernisse für den Einstieg und den Laufbahnwechsel konsequent abgebaut werden. Wo nötig, sollten berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden, um etwaige Laufbahnbefähigungen zu erwerben.
  • auch die Anstellung von EU-Bürger*innen im Beamtenverhältnis (§ 7 Beamtenstatusgesetz) genutzt werden,
  • eine wertschätzende Mitarbeiter*innenkultur („Gut ankommen in der Verwaltung“) beim Übergang von der Schule in die Verwaltungswelt etabliert werden,
  • ein Service „Personalgewinnung“ aufgebaut werden, der die Geschäftsprozesse des Personalmarketings, der qualitativen Personalbedarfsplanung sowie des Ausschreibungsverfahrens bündelt. Dazu sollen die zentralen Bewerbungsbüros der Verwaltungen erweitert werden.
  • ein Service-Paket „Willkommen in Berlin“ (mit Umzugskostenhilfe, Ummelde-Service, Unterstützung bei der Wohnungssuche und ein Jobticket für das erste Jahr) geschaffen werden.

 

Personalentwicklung vorantreiben

Unter Wahrung der Personalhoheit der einzelnen Dienstbehörden müssen standardisierte Prozesse der Personalentwicklung in der Berliner Verwaltung entwickelt und umgesetzt werden. Ein Anknüpfungspunkt ist die kürzlich abgeschlossene Rahmenvereinbarung mit dem Hauptpersonalrat. Ziel dieser Personalentwicklung ist die Stärkung der persönlichen Kompetenz der Beschäftigten, die zielgerichtet eng an der jeweiligen Aufgabenerfüllung orientiert und perspektivisch mit der Organisationsentwicklung verbunden wird. Dazu werden in den jeweiligen Dienststellen Personalentwicklungspläne erstellt und mit den Beschäftigten abgestimmt.

Weitere Maßnahmen der systematischen Personalentwicklung sind:

  • Projektarbeit als Personalentwicklung und Instrument des know-how-Transfers weiterzuentwickeln;
  • Teamentwicklung – aber auch Einzelcoaching – als Prozess zur Stärkung der Teamfähigkeit zu fördern;
  • Mentoring zur Förderung individueller Fähigkeiten und Interessen auszubauen,
  • Gleichstellung von Frauen vor allem in Führungspositionen zu fördern;
  • Rotation bzw. Hospitation in der Verwaltung stärker zu fördern;
  • Stärkung der interkulturellen Kompetenz durch Förderung internationaler
  • Hospitationen;
  • Stärkere Öffnung der Verwaltung für Menschen mit Migrationshintergrund;
  • Stärkere Öffnung der Verwaltung für Menschen mit Beeinträchtigungen;
  • Etablierung eines einheitlichen und modernen Beurteilungswesens für Beamte und Tarifbeschäftigte;
  • Ausbau bestehender Weiterbildungsmöglichkeiten durch Stärkung der Zusammenarbeit der einzelnen Fort- und Weiterbildungsträger im Land sowie die Förderung der Zusammenarbeit mit überregionalen Fort- und Weiterbildungsträgern.

 

Führungskräfteentwicklung weiterentwickeln

Für die Berliner Verwaltung ist die Führungskräftegewinnung und die Entwicklung von Führungs- und Führungsnachwuchskräften ein wesentlicher Garant eines erfolgreichen und nachhaltigen Personalmanagements, um nach innen und außen besser zu werden. Unabdingbar für die Personalentwicklung in der Berliner Verwaltung ist die Wertschätzung der Beschäftigten und derer Leistung in einer vertrauensfördernden Verwaltungskultur verbunden mit einer klaren Kund*innenorientierung, zu der auch gehört, eine Fehlertoleranz zuzulassen. Dabei geht es um Fragen des Selbstverständnisses von Führung, der kommunikativen und persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, der eigenen Flexibilität und des Umgangs mit den eigenen Grenzen. Dazu braucht es systematische, verbindliche und verpflichtende Führungskräfteentwicklungsmaßnahmen.

Das Laufbahnrecht muss entsprechend verbindliche Standards zur Gewinnung und Weiterentwicklung von Führungskräften vorgeben. Vergleichbare Standards sollen auch für Angestellte verbindlich gemacht werden.

Dazu gehört die konsequente Entwicklung einer teamorientierten Führungskultur als Vorbild und die leistungsorientierte Bewertung von Führungskräften.

 

Weiterentwicklung des Gesundheitsmanagements

Der öffentliche Dienst Berlins weist nach wie vor eine überdurchschnittlich hohe Krankheitsquote auf. Neben den bestehenden und weiterzuentwickelnden Maßnahmen des Gesundheitsmanagements muss verdeutlicht werden, dass das Gesundheitsmanagement in den einzelnen Dienststellen zu den wesentlichen Führungsaufgaben gehört.

Der hohen Krankheitsquote in der Berliner Verwaltung kann durch frühzeitige Maßnahmen der Personalentwicklung, des Gesundheitsschutzes, der Wiedereingliederung (insb. BEM) entgegengewirkt werden. Dazu gehören präventive Maßnahmen zur aktiven Gesundheitsförderung durch das Land Berlin und Anpassungen der Arbeitsbelastungen durch Bereitstellung entsprechender Arbeitsplätze und zeitlicher Entlastungen. Der Grundsatz Rehabilitation vor Versorgung muss konsequent umgesetzt werden. Dazu sollte verwaltungsübergreifend die Vermittlung geeigneter Arbeitsplätze unterstützt werden. Die Versorgungslasten sollten haushaltsrechtlich auf die jeweiligen Haushaltsstellen angerechnet werden, um der Tendenz zur Ruhesetzung zu Lasten des allgemeinen Haushalts bzw. des Landesverwaltungsamtes entgegenzuwirken. Soweit eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, müssen rechtssichere Verfahren zur Ruhesetzung beschleunigt werden, um die Stellen schnell wieder besetzen zu können. Die Reaktivierung von Ruhestandsbeamt*innen wird rechtlich mittlerweile in erheblichem Umfang unterstützt.

 

Personalmanagement verbindlich umsetzen

Zur erfolgreichen Umsetzung der Maßnahmen müssen klare Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen der Berliner Verwaltung definiert und durch handelnde Personen an der Spitze der jeweiligen Verwaltungen erlebbar werden. Hier sind insbesondere die Mitglieder des Senats, die Bezirksamts- und die Behördenleitungen in der Pflicht.

 

Eine moderne und effiziente Verwaltung für Berlin

Jede Zeit braucht ihre Antworten – die Berliner SPD unterstützt deshalb die Aktivitäten des rot-rot-grünen Senats, in den kommenden Monaten durch einen „Zukunftspakt Verwaltung“ die Verantwortung zu schärfen sowie Struktur und Steuerung auf Wirksamkeit und Effizienz zu überprüfen. Und wir unterstützen die Maßnahmen des Senats für eine leistungsfähige und ausfinanzierte Verwaltung mit gut ausgebildetem und motiviertem Personal.

 

Die SPD Berlin wird den weiteren Prozess mit einer ständigen Arbeitsgruppe gesamtstädtische Steuerung Senat – Bezirke beobachten und die SPD-Position weiterentwickeln.

Antrag 172/II/2018 Stoppt das Morden auf den Philippinen! Solidarität mit Akbayan Youth und Akbayan Citizens Action Party

14.10.2018

Wir unterstützen den friedlichen Widerstand der Sozialdemokrat*innen auf den Philippinen.

 

Am 18. September 2018 war Justine Balane, internationaler Sekretär von Akbayan Youth und IUSY Vice-President for Asia Pacific, zu Gast bei den Jusos Steglitz-Zehlendorf. Justine informierte über die aufkommende Diktatur auf den Philippinen und den mutigen Kampf unser Genoss*innen für Demokratie und Menschenrechte. Die Berichte sind schockierend und verlangen nach sofortiger und praktischer Solidarität mit unseren Genoss*innen.

 

Der Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, hat seit seiner Wahl 2016 das Land auf einen autokratischen Kurs geführt. Durch die Hand von Polizei und Mörderbanden haben bereits mehr als 20.000 Menschen, welche vermeintlich in Kontakt mit Drogen waren, ihr Leben verloren. Dass Duterte dort nicht haltmachen wird, hat er schnell klargestellt. Aktivist*innen werden mit dem Tode bedroht und Kritiker*innen durch staatliche Willkür mundtot gemacht. Ausländische Aktivist*innen werden ausgewiesen oder schon an der Grenze abgewiesen und die Presse wird systematisch unterdrückt. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union und zahlreiche Menschenrechtsorganisationen werden beschimpft und in Ihrer Arbeit behindert, sodass Duterte das Land immer weiter von außen isoliert.

 

Wenn Oppositionelle – wegen ihrer politischen Arbeit – ihrer Freiheit beraubt werden, dürfen wir nicht schweigen. Wenn die Schwächsten in einer Gesellschaft von der Polizei drangsaliert und getötet werden, dürfen wir nicht wegschauen. Wenn unsere Genoss*innen in ihrer politischen Arbeit und im Alltag massiv unterdrückt werden, dann müssen wir uns mit ihnen solidarisieren.

 

Wir stehen solidarisch an der Seite unser Genoss*innen und verurteilen die Morde und die Unterdrückung aller demokratischen Kräfte auf den Philippinen. Unter dem Stichwort „Stop the Killings!“ wollen wir auf einem Gruppenfoto und einer Resolution unsere Solidarität bekunden. Weiterhin wollen wir konkret Handeln und einen Austausch mit Akbayan Youth organisieren. Duterte reagiert empfindlich auf internationale Aufmerksamkeit, sodass wir dieses Instrument nutzen können um nachhaltig Licht auf die Verbrechen der aktuellen Regierung zu werfen.

 

Es ist unsere Pflicht unseren Genoss*innen solidarisch beizustehen, wenn die Existenz der Sozialdemokratie und damit auch die Demokratie auf den Philippinen gewaltsam bedroht wird. Das Morden und die gewaltsame Unterdrückung politischer Gegner*innen muss ein Ende haben.

Antrag 155/II/2018 Verfahrensabläufe in den Berliner Ordnungsämtern optimieren – Entfernung von Schrottautos beschleunigen

14.10.2018

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden aufgefordert, eine schnellere Entfernung von sog. „Schrottautos“  auf öffentlichem Straßenland und Grünflächen  zu ermöglichen. Dazu bedarf es einer personellen Aufstockung des Regionalisierten Ordnungsamtes Lichtenberg.