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Antrag 144/II/2024 Versorgung nach sexualisierter und körperlicher Gewalt absichern! Kostenübernahme gewährleisten!

24.10.2024

Wir fordern die SPD-Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses, des Senats und der Bundestagsfraktion auf, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die Leistungen im Rahmen der “Vertraulichen Spurensicherung” nach SGB V §27 (1) und der damit zusammenhängende Rechtsanspruch so erweitert werden, dass sie die Kostenübernahme der medizinischen Untersuchungen durch die Krankenkassen gewährleisten. Die Kassenleistungen müssen dabei u.a. auch die Übernahme von Notfallkontrazeptiva, STI-Untersuchungen, HIV-Tests und Untersuchungen auf die Verabreichung von sog. “K.O.-Tropfen” umfassen. Eine angemessene Abrechnungsmöglichkeit für Kassenleistungen durch die Krankenhäuser muss dabei gewährleistet sein, auch in der Notfallversorgung.

Zudem müssen Lösungen gefunden werden, damit auch Betroffene ohne Aufenthaltstitel, Wohnort oder Krankenversicherung niedrigschwellig und kostenlos versorgt werden können. Außerdem muss es Möglichkeiten zur kostenlosen Wahrnehmung von Sprachmittlung oder Angeboten in Leichter Sprache geben.

Antrag 143/II/2024 Doppelt unsichtbare Diskriminierungen sichtbar machen und bekämpfen! - Kurd*innen & religiöse Minderheiten schützen

24.10.2024

Menschen, die als muslimisch gelesen werden, erleben einen immer größer werdenden antimuslimischen Rassismus. So belegt eine aktuelle Erhebung des Vereins CLAIM, der sich gegen antimuslimischen Rassismus stark macht, dass sich die Anzahl der Vorfälle in Deutschland im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat. Viele Menschen, die hierzulande als Muslim*innen gelesen werden, erleben jedoch nicht nur diese Diskriminierungsform. Oftmals führt die simplifizierende Einteilung in die als einheitlich verstandene Kategorie “Muslim*innen” dazu, dass weitere Diskriminierungsmerkmale unsichtbar bleiben. So erleben bspw. Kurd*innen, Alevit*innen oder Êzîd*innen eigene Formen von Rassismus und Unterdrückung. Man spricht hierbei auch von einer sogenannten doppelten Diskriminierung: Zum einen durch die äußerliche Wahrnehmung als Muslim*innen, zum anderen durch ihre teils davon abweichende individuelle Zugehörigkeit. Diese doppelte Diskriminierung ist allerdings in Deutschland weitestgehend unsichtbar und sorgt für erhebliche Benachteiligungen, Verurteilungen und Ausgrenzungen der betroffenen Gruppen. Insbesondere wenn auch weitere intersektionale Diskriminierungsmerkmale, etwa bezüglich der geschlechtlichen Identität, hinzutreten, kann sich der erlebte Rassismus nochmals verstärken. Als antirassistischer Verband müssen wir all jene Diskriminierungen sichtbar machen und bekämpfen.

 

Gegen antikurdischen Rassismus! – Mehr Sichtbarkeit für kurdisches Leben

Besonders betroffen von doppelt unsichtbarer Diskriminierung sind Kurd*innen. Kurd*innen leben hauptsächlich in der Region Kurdistan, die sich über Teile der Türkei, des Iran, des Irak und Syriens erstreckt. Sie sind die größte ethnische Gruppe ohne eigenen Staat, mit einer geschätzten Bevölkerung von 30 bis 35 Millionen Menschen. Kurd*innen sind seit Jahrhunderten mit Rassismuserfahrungen konfrontiert. Im Rahmen der Studie „Diversität und Rassismus in der Migrationsgesellschaft mit dem Fokus (Anti-)kurdischer Rassismus“ sprachen die befragten Kurd*innen von abwertenden Blicken, Beleidigungen, Hassäußerungen, körperlicher Gewalt, Benachteiligungen in Asylunterkünften und am Arbeitsplatz, bis hin zu Morddrohungen. Dieser Rassismus basiert auf Stereotypisierungen von Kurd*innen, die ungebildet, unwissend, gewaltaffin, staatenlos oder “Wilde” seien. Diese Erfahrungen waren in offiziellen Statistiken jedoch unsichtbar geblieben, weil diese oftmals nur die Staatsangehörigkeit erfassen.

Jüngst erreichte folgender antikurdischer Vorfall besondere Aufmerksamkeit: Am 24. März 2024 kam es in der belgischen Gemeinde Heusden-Zolder zu einem Angriff türkischer Nationalisten auf eine kurdische Familie, die von den Newroz-Feierlichkeiten zurückkehrte. Die Angreifer, die den Wolfsgruß der rechtsextremen Grauen Wölfe zeigten, zerstörten das Auto der Familie und versuchten, ihr Haus in Brand zu setzen, was im letzten Moment verhindert werden konnte. Mindestens sechs Menschen wurden verletzt, einige davon schwer, und die Polizei musste mit einem großen Aufgebot eingreifen, um die Situation unter Kontrolle zu bringen.

Obwohl Kurd*innen einer besonderen Bedrohung ausgesetzt sind, scheint diese Gefahr in der Praxis deutscher Behörden vernachlässigt zu werden. So sollten Anfang Juni zwei kurdische Frauen vom Flughafen BER in die Türkei abgeschoben werden, wo ihnen die Kettenabschiebung in den Iran drohte. Dank des Engagements von Pro Asyl, Daniela Sepehri und vieler weiterer Engagierter konnte die Abschiebung noch kurz vor Abflug verhindert werden. Es ist für uns vollkommen unverständlich, weshalb den zwei Frauen die Möglichkeit verwehrt wurde, überhaupt ein reguläres Asylverfahren in Deutschland zu durchlaufen und wieso in Kauf genommen wurde, dass sie Repressionen durch das extremistische Mullah-Regime erfahren könnten.

Es besteht ungeachtet dieses Vorfalls durchaus der Verdacht, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, kurdischstämmige Asylbewerber*innen benachteiligt: Eine parlamentarische Anfrage der Gruppe “Die Linke” von April 2024 ergab, dass türkische Volkszugehörige im Jahr 2023 eine bereinigte Gesamtschutzquote von 64,6% hatten, während kurdische Volkszugehörige aus der Türkei lediglich eine Quote von 6,3% aufwiesen. Die „bereinigte Schutzquote“ ist ein statistisches Maß, das die tatsächliche Anerkennungsrate von Asylanträgen in Deutschland genauer widerspiegelt, indem es formelle Entscheidungen aus der Berechnung ausschließt. Diese formellen Entscheidungen umfassen Fälle, die nicht inhaltlich geprüft werden. Auch wenn im Beispiel mögliche unterschiedliche Schutzgründe zu berücksichtigen sind, ist diese geringe Annahmequote beunruhigend, da im Jahr 2023 52.642 kurdischstämmige Türk*innen einen Asylantrag stellten und dieser Trend weiter steigend ist.

Neben Gewalterfahrungen erleben Kurd*innen auch eine Unsichtbarmachung ihrer Lebensrealitäten bis hin zu einer Kriminalisierung eigener politischer Aktivitäten. Kurdische Symbole, Vereine und Feste werden in Deutschland regelmäßig verboten. Im Februar 2018 wurde eine Demonstration des damaligen kurdischen Demokratischen Gesellschaftszentrum der KurdInnen, NAV-DEM e.V., verboten, da sie als Veranstalterin angeblich Teil der PKK (Partiya Karkerên Kurdistanê, die “Arbeiterpartei Kurdistans”, seit 1993 in Deutschland wegen terroristischer Aktivitäten verboten) sei. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf erklärte in der Folge das Versammlungsverbot für rechtswidrig. In Belgien gab es im April kurz nach dem Besuch des türkischen Außenministers Razzien bei kurdischen TV-Sendern, bei der Computer und viele technische Anlagen mitgenommen und sabotiert wurden. Ein weiteres Beispiel: Seit 1994 werden Daten zu kurdischen Vereinen auf Veranlassung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat automatisch an den Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt übermittelt, obwohl der diese Praxis begründende Erlass „derzeit nicht auffindbar“ sein soll.

Die Kriminalisierung ist eine Fortsetzung der Unterdrückungspolitik in Deutschland, die Kurd*innen in der Türkei erleben. Der Verdacht liegt nahe, dass die Kriminalisierung kurdischen Lebens in Deutschland aufrechterhalten wird, um die diplomatischen Beziehungen zur Türkei nicht zu gefährden. Unverständlich ist in dem Kontext, dass die Bundesregierung keinerlei Daten über antikurdischen Rassismus erhebt. Das muss sich dringend ändern! Um antikurdischen Rassismus effektiv bekämpfen zu können, bedarf es belastbarer und aussagekräftiger Daten!

 

Êzîd*innen schützen, keine Abschiebungen in den Irak!

Ebenso sind Êzîd*innen maßgeblich von doppelt unsichtbarer Diskriminierung betroffen. Die Êzîd*innen sind eine ethnisch-religiöse Gruppe, die hauptsächlich im nördlichen Irak, in Nordsyrien und in der südöstlichen Türkei lebt. Ihre Religion ist monotheistisch und vereint Elemente aus verschiedenen nahöstlichen Religionen. Sie haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt, den Baba Sheikh. Antiezidischer Rassismus zeigt sich oft durch negative Zuschreibungen wie „Teufelsanbeter*innen“ oder “Ungläubige”.

Ein besonders grausames Beispiel für antiezidischen Rassismus war der Genozid durch die Terrormiliz IS im Jahr 2014, der von der internationalen Gemeinschaft und dem deutschen Bundestag als Völkermord anerkannt wurde. Tausende Êzîd*innen wurden getötet oder verschleppt, und viele leben noch heute in Geflüchtetenlagern. Auch Êzîd*innen, die nach Deutschland vor dem IS geflüchtet sind, erleben in Deutschland Diskriminierungen. Beispielsweise machte erst eine Petition im Jahr 2023 darauf aufmerksam, dass im Schulunterricht regelmäßig ein Buch gelesen wird, in dem Êzîd*innen rassistisch als “Teufelsanbeter*innen” bezeichnet werden. Betroffene berichten darüber hinaus, dass sie auch in ihrem Alltag in Deutschland mit vielen rassistischen Zuschreibungen konfrontiert sind.

Tausende Êzîd*innen sind in Deutschland akut von einer Abschiebung in den Irak bedroht, wo ihre Lebensgrundlagen bereits zerstört sind und sie der Gefahr des IS ausgesetzt sind. Deshalb unterstützen wir den offenen Brief von WADI e.V. und Pro Asyl an den Bundestag “Abschiebung von Jesidinnen und Jesiden sofort stoppen und eine Fortsetzung des Völkermords verhindern”. Wie für alle Menschen gilt: Deutschland darf sich nicht wegducken und muss seinen humanitären Verpflichtungen nachkommen. Das bedeutet auch, dass Deutschland sich daran beteiligen soll die über 2000 noch immer vermissten Kinder und Frauen, die vom IS verschleppt wurden, zu finden und zu befreien.

 

Antialevitischen Rassismus bekämpfen!

Alevit*innen sind eine religiös-kulturelle Minderheit, die in Anatolien seit dem 13. Jahrhundert entstanden ist. Sufismus und mystische Lehren, die vor allem Haci Bektasch Veli zugeordnet werden, spielen in dieser Entwicklung eine zentrale Rolle. Aleviten beziehen sich selbst auf den Imam Ali, den Cousin und Schwiegersohn des Propheten Mohammed, und die Kette der zwölf Imame. Ungefähr 800.000 Alevit*innen leben in Deutschland.

Antialevitischer Rassismus äußert sich durch eine pauschale Abwertung bzw. Abneigung gegenüber Alevit*innen. Sie werden dabei als Ungläubige betrachtet und das Alevitentum wird nicht anerkannt. Auch Begriffe wie „liberale Muslime“ oder „Teufelsanbeter“ werden genutzt, um alevitische Personen zu diskreditieren. Mit dem Begriff „Kızılbaş“ (dt. Rotkopf) finden bis heute vielerlei negative Fremdzuschreibungen seitens der Mehrheitsgesellschaft in der Türkei statt, indem er mit sittenwidrigem Verhalten sowie einer Neigung zur politischen Subversion assoziiert wird und damit ein gesellschaftlich gemeinsames Feindbild geschaffen wird.

Vor allem in der Türkei erfahren Alevit*innen in den verschiedensten Lebensbereichen Ausgrenzung und Benachteiligung. In der Geschichte gab es immer wieder grausame Ereignisse, in denen sich dieser antialevitischer Rassismus äußerte. Wie 1937/1938 Massaker in der Stadt Dersim bei dem 60.000 Alevit*innnen umgebracht wurden, als Antwort auf Proteste für alevitische Selbstbestimmung und Autonomie, oder Pogrome in Malatya (1978), Kahramanmaraş (1978) und Çorum (1980), bei denen Häuser alevitischer Menschen mit roten Kreuzen markiert wurden um sie leichter verfolgen, diskriminieren und töten zu können. Oder das Sivas-Massaker 1993, ein Brandanschlag auf eine alevitische Kulturtagung in einem örtlichen Hotel, bei dem 35 Menschen ums Leben kamen. Bezeichnend ist hier, dass das Massaker über acht Stunden im Live-TV ausgestrahlt wurde, es aber zu keiner öffentlichen Einschreitung oder Opferhilfe kam. Außerdem ließen staatliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr oder Kommunalpolitiker*innen den angreifenden Mob stundenlang gewähren.

Auch in Deutschland kommt es regelmäßig zu Vorfällen antialevitischen Rassismus: So wurden im Jahr 2012 alevitische Gemeinden und Häuser sowohl in der Türkei als auch in Deutschland als Einschüchterung systematisch mit Kreuzen gebrandmarkt und durch Vandalismus beschädigt. Ebenso gab es in jüngster Zeit rassistische Schmierereien an Wohnhäusern alevitischer Familien, etwa 2023 in Bad Kreuznach oder Anfang 2024 in Völklingen.

 

Gegen faschistische Ideologien! – Minderheiten schützen

All diese Gruppierungen sind Minderheiten in der Minderheit und mit eigenen Formen des Rassismus konfrontiert. Ihre Bedrohungslage ist akut und gegenwärtig:

Zuletzt offenbarte sich dies bei der Europameisterschaft im Fußball. Der türkische Nationalspieler Merih Demiral zeigte beim Spiel gegen Österreich den rechtsextremen Wolfsgruß – ausgerechnet am Jahrestag des Brandanschlags von Sivas. Wenn man die Hintergründe dieses Grußes nicht kennt, mag er zunächst harmlos erscheinen. Doch der Wolfsgruß stammt tief aus der Vergangenheit und ist ein Symbol des Rechtsextremismus, von dem sich Kurd*innen, Alevit*innen, Êzîd*innen und Jüdinnen*Juden bedroht fühlen und bedroht sind. Die Handgeste dient als Erkennungszeichen der rechtsextremen türkischen Bewegung der „Grauen Wölfe“ (Türkisch: „Bozkurtlar“). Diese Bewegung vertritt eine faschistische, rassistische und antisemitische Ideologie und ist bekannt für ihren extremen Nationalismus. Ihre Hauptfeindbilder sind Kurd*innen, aber auch Alevit*innen, Jüdinnen*Juden, Armenier*innen und Êzîd*innen gehören dazu. Die Handgeste imitiert den Kopf eines Wolfes, wobei der Zeigefinger und der kleine Finger, die Ohren und der Daumen sowie der Mittel- und der Ringfinger die Schnauze formen. Der Wolfsgruß wird oft als Ausdruck der Zugehörigkeit oder Sympathie mit dieser Bewegung verwendet. In Deutschland ist die Geste nicht verboten.

Wir fordern das Verbot der Ülkücü-Bewegung (Deutsch: Nationalisten, weitere Selbstbezeichnung der Grauen-Wölfe-Bewegung) in Deutschland, die eine ständige und akute Bedrohung für Minderheiten verursacht. Ebenso fordern wir das Verbot des Wolfsgrußes, welcher als Erkennungszeichen dieser Bewegung gilt.

Wir werden uns unermüdlich dafür einsetzen, jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung gegenüber Kurd*innen, Êzîd*innen, Alevit*innen und weiteren von doppelten Diskriminierungen betroffenen Gruppen zu bekämpfen, stellen uns solidarisch an die Seite der Betroffenen und positionieren uns gegen jene Personen und Regime, die Formen der doppelten Diskriminierung verursachen und weiter aufrechterhalten. Als antirassistischer und internationalistischer Verband ist für uns jegliche Form von Ausgrenzung und Diskriminierung verwerflich.

Deswegen fordern wir:

  • das Verbot der Graue-Wölfe-Bewegung und des Wolfsgrußes
  • einen Stopp der Kriminalisierung kurdischen Lebens und Aktivismus in Deutschland
  • ein generelles Abschiebeverbot und einen besonderen Schutz für Êzîd*innen, insbesondere für geplante Abschiebungen in den Irak
  • eine ständige Datenerhebung durch das BMI über rassistische Vorfälle, welche doppelt unsichtbare Diskriminierungsmerkmale erfassen
  • die Förderung und Finanzierung von Beratungsstellen, die doppelt unsichtbare Diskriminierungsmerkmale bekämpfen, wie die „Informationsstelle antikurdischer Rassismus“
  • die Abschaffung von Flughafenverfahren
  • Das grundsätzliche Verbot von Abschiebungen in den Iran, insbesondere von Personen, die an den regimekritischen Protesten teilgenommen haben.

 

Antrag 133/II/2024 Erhebung einer zweckgebundenen Sondernutzungsgebühren zur Förderung der Obdachlosenhilfe bei Großveranstaltungen

24.10.2024

Der Senat wird aufgefordert, sicherzustellen, dass bei profitorientierten Großveranstaltungen, die eine Räumung von öffentlichen Plätzen zur Folge haben, ein Anteil von 5 % der Sondernutzungsgebühren, die die Veranstalter an die Bezirke entrichten müssen, für soziale Projekte verwendet wird. Diese Mittel sollen in den Haushalt des Bezirks für Projekte der Sozialen Wohnhilfe, Straßensozialarbeit sowie Präventionsarbeit eingestellt werden. Zur Sicherstellung der Transparenz und Nachverfolgbarkeit wird ein eigener Haushaltstitel geschaffen.

 

Die so eingestellten Mittel sind zweckgebunden für folgende Bereiche zu verwenden:

  1. Bereitstellung langfristiger Wohnlösungen für obdachlose und wohnungslose Menschen.
  2. Bau und Erhaltung von Notunterkünften, um die Versorgungskapazitäten zu stärken.
  3. Unterstützung von Programmen zur sozialen Reintegration und Prävention von Obdachlosigkeit.

 

Antrag 124/II/2024 Aufbau einer dritten Säule für eine altersgerechte Verwaltung

24.10.2024

In Berlin leben derzeit ca. 1 Mio. ältere Menschen. Die Tendenz ist deutlich ansteigend. Angesichts der älter werdenden Gesellschaft werden zukünftig verstärkt notwendige Differenzierungen bei Verwaltungsdienstleistungen vorgenommen werden müssen.

 

Senatsverwaltungen und Bezirke werden aufgefordert, im Zuge der Verwaltungsreform bei ihren Verwaltungsdienstleistungen für eine altersgerechte Verwaltung stärker in drei idealtypische Zielgruppen zu differenzieren und den Zugang und ihr Verwaltungshandeln entsprechend auszurichten. Diese sind: Die jungen Alten, Betagte und Hochbetagte.

 

Die jungen Alten umfassen überwiegend die Altersgruppe von 60 bis 70. Jahre. Sie sind charakterisiert durch eine höhere Affinität zur Nutzung digitaler Angebote, wohnen meistens zuhause und sind in der Regel nicht oder wenig mobilitätseingeschränkt.

 

Für diese Zielgruppe wird der Zugang in der ersten (Bürgerämter) und in der zweiten Säule (Online Services) optimiert. Diese müssen zusätzlich barrierefrei ausgestaltet werden.

 

Die Konzentration auf diese beiden Säulen des Zugangs und des Angebots an Verwaltungsdienstleistungen entspricht oftmals nicht der Lebenswirklichkeit älterer Menschen. Deshalb lautet der Leitsatz für eine altersgerechte Verwaltung: Wenn die Gesellschaft aufgrund 16 des demographischen Wandels immobiler wird, muss die öffentliche Verwaltung als Dienstleister mobiler werden.

 

Für Betagte und Hochbetagte wird in Berlin eine dritte Säule des Zugangs und des Angebots für eine altersgerechte Verwaltung aufgebaut. Sie zeichnet sich durch Dezentralität und Differenzierung aus.

 

Betagte ältere Menschen finden sich idealtypisch in der Altersgruppe 70 bis 80. Sie wohnen mehrheitlich noch zuhause. Ein wachsender Teil von ihnen kämpft aufgrund seines Gesundheitszustandes mit mittleren Mobilitätseinschränkungen oder nimmt häufig ambulante Pflegedienste in Anspruch. Ein erheblicher Teil von ihnen ist nicht in der Lage oder nicht willens/fähig, digitale Dienstleistungen zu nutzen.

 

Für die betagten älteren Menschen werden Beratung und Antragstellung für Verwaltungsdienstleistungen in der neuen dritten Säule an leicht erreichbaren Orten zeitweise bereitgestellt,

Dies sind beispielsweise Seniorenbegegnungsstätten, Nachbarschaftszentren, Stadtteilbibliotheken vor Ort.

In Frage kommen könnte auch der Einsatz mobiler Verwaltungsbusse, die insbesondere die Stadtrand-Ortsteile regelmäßig bedienen.

Weil die öffentliche Verwaltung ihre Dienstleistungen an diesen Standorten mobil anbietet, sollten vermehrt „Digitale Bürgerkoffer“ angeschafft werden.

Damit es nicht zu einer vollständigen Substitution der Bürgeramtstermine kommt, sollten vorrangig Betagte und Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis diese wohnortnahen Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nehmen können.

Perspektivisch sollte analysiert werden, inwieweit die Unterstützung bei Beratung und Antragstellung durch ehrenamtliche Verwaltungslotsen (ehemalige Verwaltungsbeschäftigte) wohnortnah erfolgen kann. Das Konzept der Versicherungsältesten könnte hier Pate stehen.

 

Hochbetagte ältere Menschen finden sich in der Altersgruppe 80 Plus. Ihre wesentlichen Merkmale sind: sie sind eher im Pflegeheim als die Betagten, sind hochgradig mobilitätseingeschränkt und weisen eine sehr geringe Affinität zu digitalen Angeboten auf. Hauptsächlich für die Zielgruppe der Hochbetagten werden in der dritten Säule Hausbesuche beispielsweise in Pflegeheimen etc. angeboten. Zum Einsatz kommen könnte hier ein Kleinbus, der mit dem digitalen Bürgerkoffer ausgestattet ist.

Der Aufbau der dritten Säule für eine altersgerechte Verwaltung erfolgt durch Pilotprojekte in ausgewählten Bezirken bis zum Jahre 2026. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats erstatten dem Landesparteitag Bericht über die Umsetzung.

Antrag 116/II/2024 Den Ausbau der Antidiskriminierungsberatung fortführen – den Koalitionsvertrag umsetzen

24.10.2024

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie des Berliner Senats auf, sich gegenüber der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass zur Fortführung des Förderprogramms respekt*land die erforderlichen Gelder bereitgestellt werden. Dabei soll eine Aufstockung der Mittel im Vergleich zum aktuellen Förderjahr das Ziel sein, da die Überführung in eine Verstetigung erfahrungsgemäß mit höheren Aufwänden einhergeht.

 

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie „mit den Ländern […] das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen gegen Diskriminierung flächendeckend ausbauen und nachhaltig finanzieren [will]“. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat zu diesem Zweck das Förderprogramm respekt*land aufgelegt, über das seit zwei Jahren 36 Projekte finanziert werden, durch die dieser Ausbau realisiert wird. Im Haushaltsentwurf für 2025 sind bisher keine Gelder vorgesehen, um das zur Verstetigung der Projekte vorgesehene dritte Jahr zu finanzieren.