Archive

Antrag 90/I/2019 Bundesweite Vereinheitlichung der Gebührenordnung für MaklerInnen und Einführung des BestellerInnenprinzips bei Immobilienkäufen

22.02.2019

Die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass

  1. MaklerInnengebühren bundesweit in einer einheitlichen Gebührenordnung geregelt werden,
  2. MaklerInnengebühren 3 Prozent des Verkaufswertes einer Immobilie nicht übersteigen dürfen und
  3. bei Immobilienverkäufen unter Hinzuziehung von MaklerInnen zukünftig das BestellerInnenprinzip gilt.

 

Antrag 21/I/2019 Die Option divers in den Formularen und der Mitgliederkommunikation der SPD sichtbar machen

22.02.2019

Wir fordern die zuständigen Stellen innerhalb der SPD auf, sämtliche Dokumente aller Ebenen und Gliederungen, in denen Parteimitglieder, mit der Partei assoziierte Personen oder am Eintritt in die Partei interessierte Menschen, Angaben zur ihrer Person machen, hinsichtlich der Sichtbarkeit und Wählbarkeit der Option divers zu überprüfen, gegebenenfalls zu ändern und anzupassen. Ebenso soll in der Mitgliederkommunikation eine passende Anredeform für Personen der Option divers verwendet werden.

Antrag 172/I/2019 Abschaffung der ärztlichen Beweispflicht bei der Änderung des Geschlechts im Personenstandsrecht

22.02.2019

Die SPD-Fraktion im Bundestag und die Berliner SPD-Fraktion mithilfe des Bundesrates sollen sich für die Abschaffung des am 01. Januar 2019 in Kraft getretenen § 45b Abs. 3 im Kapitel 7 des Personenstandsgesetzes einsetzen. Dieser fordert einen ärztlichen Beweis für die Änderung des Geschlechts im Geburtenregister. Dieser Absatz soll gestrichen werden.

Antrag 197/I/2019 Menschenrechte sind kein nice to have!

22.02.2019

Im Januar 2019 sollte es ein Urteil im Prozess gegen den Textildiscounter KiK wegen des Brandes in der Textilfabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan vor dem Landgericht Dortmund geben. Jedoch wurde die Klage wegen Verjährung noch nicht einmal zugelassen. Bei dem Brand kamen im September 2012 259 Menschen ums Leben. Dass darauf nun tatsächlich ein Prozess im Herkunftsland des auftraggebenden Unternehmens, also in Deutschland, folgte, ist neu – der Vorfall selbst ist es nicht, sondern steht im Gegenteil nur stellvertretend für viel zu viele andere Vorfälle derselben Art. Diese sind keine „Unglücke“, keine „Naturkatastrophen“ – sie sind menschengemacht und deshalb vermeidbar! Wir brauchen dringend grundlegende Veränderungen im globalen Wirtschaftsgefüge!

 

Es gibt einige wenige Siegel und Zertifikate, die versuchen, nachhaltig Menschenrechte zu schützen und Umweltstandards durchzusetzen, doch oft sind die Methoden der Zertifizierung fragwürdig und kommen nur einer sehr kleinen Gruppe unter den Arbeitnehmer*innen zu Gute. Wir machen es uns aber zu einfach, wenn wir die Verantwortung für diese Verbesserungen bei den Verbraucher*innen abladen. Zum einen ist es für Verbraucher*innen unmöglich für ihren gesamten Konsum die Lieferketten auf Menschenrechtsverstöße zu überprüfen – die Unübersichtlichkeit der Lieferketten ist schließlich oft das Argument, was die Unternehmen selbst anführen, wenn sie ausführen, warum sie sich um die Einhaltung von Menschenrechten in ihrer Produktion nicht kümmern können. Wie soll die*der Verbraucher*in das dann leisten? Zum anderen ist diese Herangehensweise auch schlicht falsch: Die Einhaltung von Menschenrechten darf keine Entscheidung sein, die von den Konsument*innen beim Kauf eines Produkts in die eine oder andere Richtung getroffen werden kann. Eine analoge Regelung im Inland würde uns auch völlig absurd erscheinen: Ein Siegel auf Produkte, die in Deutschland unter Einhaltung des Mindestlohns hergestellt wurden und die restlichen Produkte dann ohne Siegel und ohne Mindestlohn. Die Verantwortung trügen die Konsument*innen und sie würden entscheiden, ob sie durch den Kauf und den höheren Preis den Mindestlohn unterstützen wollen oder nicht. Das gleiche Bild lässt sich auf die Vereinigungsfreiheit, die Einhaltung von Maßnahmen zur Arbeitssicherheit oder das Verbot von Kinderarbeit übertragen. Mindestlohn, Gewerkschaften, Sicherheit bei der Arbeit und der Schutz von Kindern dürfen aber keine Produktattribute sein, mit denen sich Unternehmen auf dem Markt einen Wettbewerbsvorteil bei den Kund*innen ausrechnen. Es sind Menschenrechte und die sind nicht optional! Es darf hier keine „Entscheidung“ für oder gegen die Einhaltung dieser Rechte offen bleiben. Deswegen sind Verstöße gegen diese Rechte Verstöße gegen Gesetze! Aber während diese Regelung in Deutschland überwiegend unstrittig ist, soll es auf internationaler Ebene ausreichen, wenn sich Unternehmen freiwillig verpflichten oder sich Konsument*innen aussuchen können, ob sie sich heute mal für oder gegen die Einhaltung von Menschenrechten entscheiden? Diese Situation ist für uns als Internationalist*innen nicht hinnehmbar! Eine Unterscheidung in „wir“, die Arbeitnehmer*innen in Deutschland oder der EU und in „die“, die Arbeitnehmer*innen im globalen Süden, deren Sicherheit und Gesundheit weniger schützenswert und daher für Unternehmen ein freiwilliges „Extra“ darstellt, verurteilen wir zutiefst. Sie offenbart rassistische und (neo-)koloniale Strukturen. Sie ist die Voraussetzung für moderne Sklaverei und weltweite Ausbeutung, die den globalen Kapitalismus überhaupt erst möglich macht. Wir wollen aber eine Welt, in der jede*r unter guten, sicheren und gesunden Bedingungen arbeiten kann, egal, wo sie*er arbeitet!

 

Wenn der Kapitalismus global ist, dürfen Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte nicht an nationalen Grenzen enden!

 

Die Schaffung menschenwürdiger Arbeit ist ein Wert in sich. Bessere Arbeitsbedingungen ermöglichen aber auch Verbesserungen in anderen Lebensbereichen:  Bessere Bezahlung und weniger Sorge um die eigene Sicherheit und Gesundheit, lässt Zeit, Energie und Kapazitäten, um sich selbst weiterzubilden, die eigenen Kinder in der Bildung zu unterstützen, sich politisch zu organisieren. Kurzum: Es wird Menschen empowern.

 

Der Status quo:

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung seit unserem letzten Beschluss zum Thema 2014 nun einen Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien in diesem Bereich für 2016-2020 erstellt hat. Hier werden einige Maßnahmen vorgeschlagen, die im aktuellen System Verbesserungen bringen könnten, jedoch beruhen diese Maßnahmen alle auf Freiwilligkeit und sollen gar nicht verbindlich festgeschrieben werden. So soll beispielsweise geprüft werden, ob und wie Unternehmen künftig dazu gebracht werden können, „Elemente der Sorgfaltspflicht [zur Achtung der UN-Menschenrechte] anzuwenden“. Wir dürfen nicht länger akzeptieren, dass Unternehmen keinerlei Sanktionen oder ähnliches drohen, wenn sie, ihre Subunternehmen, Zulieferer*innen oder Geschäftspartner*innen gegen Menschenrechte verstoßen! Wir wollen hier klare Kante zeigen und auf der richtigen Seite stehen – nämlich auf der der Arbeiter*innen weltweit! In anderen Teilen klingt der NAP wie blanker Hohn, beispielsweise beim Abschnitt zu Exportkrediten und Investitionsgarantien: „Mindestvoraussetzung für die Übernahme der [Investitions-]Garantie ist die Einhaltung der nationalen Standards im Zielland.“ Nationale Standards sind zu oft Teil des Problems, wenn sie zum Beispiel keinerlei Regelungen zum Schutz und den Rechten von Gewerkschaften und Betriebsräten treffen oder die Standards im Arbeitsschutz absurd niedrig sind! Es kann doch nicht sein, dass diese für die Bundesregierung als „Mindestvoraussetzungen“ durchgehen!

 

Im aktuellen Koalitionsvertrag heißt es: „Falls die wirksame und umfassende Überprüfung des NAP 2020 zu dem Ergebnis kommt, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht, werden wir national gesetzlich tätig und uns für eine EU-weite Regelung einsetzen.“ Aber selbst mit einer vollständigen Erfüllung der im NAP formulierten Ziele darf sich die Bundesregierung nicht zufriedengeben: Diese selbst gesteckten Ziele sind viel zu niedrig: Nur die Hälfte aller in Deutschland sitzenden Unternehmen ab einer Größe von 500 Beschäftigten soll bis 2020 „Elemente menschenrechtliche Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert“ haben. Das ist uns zu wenig und muss auch allen Sozialdemokrat*innen im Kabinett und der Bundestagsfraktion zu wenig sein!

 

Wir stellen uns entschieden gegen jede Maßnahme und Formulierung, die die Illusion einer Freiwilligkeit seitens der Unternehmen stützt: Entweder ein Unternehmen wirtschaftet und hält dabei Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte ein oder dieses Unternehmen hat keine Daseinsberechtigung und gehört aufgelöst! Diese Rechte stehen nicht zur Verhandlung!

 

Wir begrüßen ausdrücklich, dass auch auf UN-Ebene eine Konvention zur transnationalen unternehmerischen Verantwortung erarbeitet wird. Den aktuell diskutierten Entwurf beurteilen wir als durchaus vielversprechend. Aber natürlich ist entscheidend, dass sich diejenigen Länder, in denen die betroffenen Unternehmen sitzen, für die Umsetzung stark machen. Bisher beteiligen sich jedoch weder die USA noch die EU an dem Prozess.

 

Daher fordern wir:

Auf uns Sozialist*innen in Ländern des globalen Nordens kommt die Verantwortung zu, uns für internationale Solidarität und richtiges Handeln im falschen, kapitalistischen System stark zu machen. Wir fordern daher, dass die EU die Einfuhr von Produkten in allen Branchen, bei denen die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten über die gesamte Wertschöpfungskette und mit allen Vor- und Zwischenschritten nicht nachgewiesen werden kann, verbietet. Das stellt eine grundlegende Veränderung für den Außenhandel und das globale Wirtschaften europäischer Unternehmen dar, da nun die Nachweispflicht bei ihnen liegt. Wir sehen darin den einzigen, wirklich konsequenten Weg um einen europäischen Beitrag zur weltweiten Sicherung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte in der Wirtschaft zu leisten. Mit einer angemessenen Übergangsfrist haben Unternehmen genügend Zeit, um ihre Lieferketten zu überprüfen und gegebenenfalls übersichtlicher zu gestalten.

 

Deshalb fordern wir eine europäische Regelung, die Unternehmen verbindliche Sorgfaltspflichten in ihrer Lieferkette im Hinblick auf die Einhaltung von Menschenrechten auferlegt und bei unzureichender Kontrolle die Haftung für das Unternehmen auslöst. Solange es keine entsprechende europäische Regelung gibt, müssen wir die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass die Einhaltung von Sorgfaltspflichten für Unternehmen innerstaatlich verbindlich sind. Diese Pflichten sollten u.a. aus dem Erstellen, Veröffentlichen, Umsetzen und Kontrollieren eines jährlichen Sorgfaltsplan bestehen, mit dem menschenrechtliche Risiken identifiziert und beseitigt werden. Die Sorgfaltspflichten müssen für die eigene Firma, sowie für Sub- und Tochterunternehmen, aber auch für die entsprechenden Teilaktivitäten der Zulieferer gelten. Es muss möglich sein, Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen, anlassbezogen zu verklagen. Dabei muss die Beweispflicht beim Unternehmen liegen. Um einer Verurteilung zu entgehen, muss dieses nachweisen, dass der Schaden auch ohne das eigene Zutun entstanden wäre oder dass es alle gebotene Sorgfalt angewendet hat. Es gibt bereits Beispiele, denen Deutschland folgen kann: Frankreich hat ein Gesetz für eine verbindliche Sorgfaltspflicht („loi de vigilance“) verabschiedet, die Schweiz steht kurz vor einem Gesetz, Österreich ebenso und weitere Länder sind dabei ein Gesetz für das Thema Unternehmensverantwortung zu erarbeiten.

 

Wir fordern, dass weitere Staaten und Freihandelszonen diesem Beispiel folgen. Deutschland muss in diesem Bereich Vorreiterin in allen Organisationen werden, in denen es Mitglied ist (OECD, G7, UN, EU, etc.) sein und Verbündete in diesen Gremien zu ähnlichen Gesetzen bewegen. Wir bedauern, dass die OECD, deren Mitglieder fast ausschließlich westliche Demokratien sind, derzeit zumeist lediglich Empfehlungen und Vorschläge für die Mitgliedsstaaten ausarbeitet. Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommen und gegen Menschen- und Arbeitsrechte verstoßen, sind mit empfindlichen Strafen zu belegen und bei wiederholten Verstößen aufzulösen. Durch diese Regelung erwarten wir, dass Regierungen in Ländern des globalen Südens keinen Anreiz mehr haben, schlechte Arbeitsbedingungen in ihren Ländern aufrecht zu erhalten, um attraktiv, d.h. billig für ausländische Arbeitgeber*innen zu sein. Um jetzt erfolgreicher Wirtschaftsstandort und Handelspartnerin zu sein, müssen Regierungen ganz im Gegenteil durch Gesetze, deren Umsetzung und Kontrolle, gute Arbeitsbedingungen schaffen und Arbeitnehmer*innenrechte sichern und stärken.

 

Daraus folgt, dass die EU in jeder Verhandlung im Bereich Außenhandel die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte zur Grundbedingung macht. Die Maßnahmen im NAP gehen schon in die richtige Richtung, aber sie sind bei weitem nicht ausreichend! Wir fordern, dass die EU Handelsverträge erst abschließt, wenn die potentiellen Vertragspartner*innen, die UN-Menschenrechtscharta und die ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert und wirksam implementiert haben. Außerdem muss sich die EU dafür einsetzen, dass im Regelungsbereich des*der Vertragspartner*in ein entsprechend mit dem europäischen Menschenrechtsstandard und dessen Durchsetzungsmöglichkeiten vergleichbarer individueller Schutz gewährleistet wird. Die EU bietet ihre Unterstützung zur Schaffung der dafür benötigten Strukturen an.

 

Diese Regelung soll zu einer Verbesserung für die Arbeitnehmer*innen führen. Es darf nicht passieren, dass durch diese Regelung nur Handelsströme umgeleitet werden und Arbeiter*innen, gegen deren Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte bislang verstoßen wurde, ihre Arbeit ganz verlieren. Daher fordern wir, dass es sich die staatliche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) auf nationaler und EU-Ebene zur Aufgabe macht, betroffene Länder und Unternehmen zur schnellen Umsetzung und Überwachung der Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechten zu beraten und zu unterstützen. Diese Sorgfaltspflicht muss auch bedeuten, dass sie nicht in private Sozialauditor*innen ausgelagert werden kann. Obgleich die Beauftragung privater Auditunternehmen momentan häufig mangels vergleichbarer staatlicher Strukturen alternativlos ist, führt sie zu Interessenkonflikten der umeinander konkurrierenden Auditgeber*innen und ist von methodischen Mängeln geprägt.  Daher ist es wichtig, staatliche Strukturen in den Produktionsländern – welche in jedem Fall vorzugswürdig sind – zu schaffen, die die Einhaltung menschenrechtlicher und arbeitsrechtlicher Standards überwachen, bzw. auch staatliche Stellen einzurichten, die die Auditgeber*innen kontrollieren. Hierbei ist ein besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von Korruption zu legen. Wir stellen uns schlussendlich aber eine Regelung analog zum Zoll vor: Der Staat kontrolliert die Einhaltung der von ihm erlassenen Gesetze, die Verantwortung für die Umsetzung und Einhaltung dieser trägt aber das Unternehmen und daher muss auch die entsprechende Infrastruktur vom Unternehmen geschaffen und unterhalten werden. Zudem müssen unabhängige Beschwerdestellen eingerichtet und die Arbeiter*innen darüber informiert werden. Jede andere Unterstützung von Privatwirtschaft seitens staatlicher EZ-Stellen, die dieses Ziel nicht verfolgt, (wie beispielsweise im Rahmen des Programms developpp.de zur Förderung von Public-Private-Partnerships und deutscher Unternehmen im Ausland) ist einzustellen.

 

Als Internationalist*innen sehen wir es mit Sorge, dass sich der Prozess globaler wirtschaftlicher Integration von dem multilateralen Kontext der Welthandelsorganisation (WTO) in den bilateralen Rahmen verschoben hat. Bei aller Kritik, die wir an der WTO haben, bietet sie doch für Länder mit niedrigen und mittleren Pro-Kopf-Einkommen bessere Möglichkeiten, sich zusammenzuschließen und ihre Interessen gegenüber den Ländern mit hohem Einkommen besser zu vertreten. Daher fordern wir, dass sich die EU dafür einsetzt, Verhandlungen zum Außenhandel wieder von der bi- auf die multilateralen Ebene zu heben und sich dafür einzusetzen den multilateralen Prozess – sei es in der WTO oder in anderem Rahmen – wiederzubeleben.

 

International agierende Unternehmen können aufgrund von Investor*innenschutzklauseln in Freihandelsverträgen gegen Staaten klagen, wenn sie befürchten, dass ihnen durch Gesetzesänderungen Profite entgehen – selbst wenn diese Gesetzesänderung von den demokratisch gewählten Vertreter*innen der im Land lebenden Bevölkerung gemacht wurde. Demnach können Staaten, die ihre Gesetzeslage bezüglich Arbeits- und Sicherheitsstandards verbessern wollen, in Schwierigkeiten kommen. Anders herum können Unternehmen aber nicht von Staaten auf Verletzungen von Menschenrechten verklagt werden. Dieses Ungleichgewicht ist für uns nicht hinnehmbar! Das Beispiel der Textilwirtschaft macht es deutlich: Die Verstöße gegen Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte, gegen die grundlegendsten Standards hinsichtlich Gesundheit und Sicherheit in den Textilfabriken von Ländern mit niedrigem Einkommen sind bekannt. Den auftraggebenden Unternehmen mit Sitz in Ländern des globalen Nordens darf nicht länger erlaubt werden, Unwissenheit vorzutäuschen! Sie müssen Verantwortung für alle Arbeitnehmer*innen übernehmen, egal, in welchem Land, in welchem Teil der Lieferkette oder in welchem Sub-Subunternehmen sie arbeiten! Bisher gibt es keine klaren Regeln für internationale Haftungsfragen und bei Klagen beziehen sich die Jurist*innen auf die selbstgeschriebenen Code of Conducts der Unternehmen. Mit diesem Zustand können wir uns nicht zufriedengeben. Wir brauchen dringend neben nationalen Gesetzen auch Fortschritte bei internationalen Abkommen, die die Verantwortung von Unternehmen entlang deren gesamten, auch transnationalen Lieferkette benennen. Wir begrüßen, dass bei der UN nun der Treaty-Prozess zur Erarbeitung von Regelungen von transnationaler Unternehmensaktivität angelaufen ist – allerdings ohne Mitarbeit seitens der EU! Wir fordern daher die EU auf, sich im Rahmen des UN-Treaty-Prozesses dafür stark zu machen, dass Unternehmen die Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte entlang ihrer gesamten Lieferkette zu verantworten haben. Außerdem brauchen wir endlich einen internationalen Handelsgerichtshof. Für die bisherige Regelung, dass sich Unternehmen durch das Outsourcing an Sub- und Sub-Subunternehmen aus der Verantwortung stehlen können, haben schon zu viele Arbeiter*innen mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben gezahlt. Diesen Aspekt des globalen Kapitalismus nehmen wir nicht länger hin!

 

Auch innerhalb Deutschlands und der EU werden die Rechte von Arbeitnehmer*innen verletzt. Dies betrifft vor allem Migrant*innen und mobile Beschäftigte aus Mittel- und Osteuropa, die ihre Rechte nicht kennen oder sie nicht einklagen können, weil sie beispielsweise nur geringe Sprachkenntnisse haben oder sich wegen eines unklaren Aufenthaltsstatus nicht an staatliche Stellen wenden wollen. Auch in Deutschland und in der EU muss gelten, dass Unternehmen Verantwortung für alle Arbeitnehmer*innen entlang ihrer Lieferkette tragen. Wir fordern daher, dass entsprechende Regelungen schon jetzt auf nationaler und EU-Ebene getroffen werden, auch wenn der Prozess auf internationaler Ebene noch andauern mag. Hierzu braucht es sowohl nicht-staatliche Beratungs- und Anlaufstellen als auch staatliche Stellen, die aber bei unklarem Aufenthaltsstatus nur die Arbeitnehmer*innenrechte einfordern und keine Informationen hinsichtlich des Aufenthaltsstatus weitergeben oder gar selbst in diesem Kontext aktiv werden. Beide Arten von Anlaufpunkten müssen ausreichend aus öffentlicher Hand finanziert sein und ohne Hürden für die Betroffenen zu kontaktieren sein – beispielsweise durch Informationsmaterial, -kampagnen in verschiedenen Sprachen und Ansprechpersonen, die diese Sprachen sprechen.

 

Hierbei sollen insbesondere die Zusammenarbeit und der Erfahrungsaustausch mit gewerkschaftlichen Einrichtungen angestrebt werden, die bereits in diesem Bereich bestehen.

 

Antrag 174/I/2019 Gegen Gewalt und Rassismus – Mahnmale für die Opfer rechter Gewalt

21.02.2019

Vor fünf Jahren begann der NSU Prozess vor dem Oberlandgericht München. Das Ergebnis ist frustrierend:

 

Mit Ausnahme der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, wurden die Angeklagten von den meisten Vorwürfen freigesprochen. Die Strafen, die lächerlich niedrig ausfielen, sind ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen. Die Annahme, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten alleine gehandelt und der NSU hätte nur aus diesen drei Personen bestanden und eine weitere Untersuchung und Aufklärung sei nicht nötig, ist durch mehrere im Prozess aufgeführte Beweise und offenen Fragen stark zu bezweifeln. So ist die Beteiligung von V-Leuten des Verfassungsschutzes nach wie vor unklar und der Verschluss wichtiger Akten für eine Dauer von 120 Jahren stellt eine schwere Behinderung der öffentlichen Aufklärung der NSU Morde dar. Mit dem Ende des Prozesses in München sind die abscheulichen Verbrechen des NSU und weitere Verwicklungen nicht aufgeklärt und es wurden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.

 

Dieser Gerichtsprozess kann nur der Anfang der Aufklärungsarbeit sein und nicht das Ende!

Gerade jetzt, in Zeiten, in der aufkommender Nationalismus und offener Fremdenhass mehr und mehr in der Mitte der Gesellschaft toleriert und sogar akzeptiert werden. In diesen Zeiten müssen wir, als Jungsozialist*innen geschlossen dafür eintreten, dass rechte Gewalt immer und überall konsequent und ausdauernd verfolgt und bestraft wird. Nicht nur „große“ Gewaltdelikte, wie der NSU-Terror, sondern auch „kleine“ alltägliche Gewalt von rechts muss endlich konsequenter verfolgt werden.

 

Denn laut einer aktuellen Anfrage im Bundestag wurden für das Jahr 2017 zum Stichtag des 31. Januars 2018 insgesamt 20520 politisch rechtsmotivierte Straftaten gemeldet, davon 1130 Gewaltdelikte. Davon konnten 8938 (801 Gewaltdelikte) aufgeklärt werden: 2017 wurden von 1504 antisemitisch motivierten Straftaten 1412 Delikte der politisch motivierten Rechten zugeordnet. Davon wurden 576 Straftaten geklärt, 836 Straftaten blieben unaufgeklärt. Diese schlechte Aufklärungsrate ist eine Farce! Zu oft wird rechte Gewalt verharmlost, zu oft als verwirrte Einzeltaten abgetan, doch sie gehört, wie es auch die Zahlen belegen, für zu viele Menschen in Deutschland immer noch zum Alltag.

 

Jeder Fall von rechter Gewalt ist einer zu viel!

Wir, als Jungsozialist*innen dürfen diese Aufklärungsraten und die mehr als unzufrieden stellenden Ergebnisse des NSU Prozesses nicht hinnehmen und uns immer und überall für rigorose und intensive Verfolgung aller Straftaten von rechts einsetzen. Außerdem sind die Zusammenhänge des Nationalsozialistischen Untergrundes und des Verfassungsschutzes komplett offenzulegen und aufzuklären. Denn nur so kann die Gesellschaft wieder Vertrauen in Justiz und Rechtsstaat entwickeln. Denn genau das brauchen wir jetzt. Vertrauen in eine starke Demokratie, in der jeder Mensch frei, friedlich und ohne Angst leben kann.

 

Wichtig ist es, dass aufgezeigt wird, dass das Problem mit fremdenfeindlicher und menschenverachtender Gewalt kein Randphänomen in unserer Gesellschaft ist. Sondern ein großes Problem in der Mitte der Gesellschaft ist. Auch hier ist es unsere Aufgabe das Bewusstsein dafür, in die Gesellschaft zu tragen. Mit dem Ziel die rechte Gewalt aus unserer Gesellschaft zu verdrängen und irgendwann ganz verschwinden zu lassen.

 

Deshalb fordern wir eine Öffnung der Akten des NSU Terrors und lückenlose Aufklärung über sämtliche Vorgänge des NSU.

 

Um uns das Bewusstsein über die Gefahr der rechten Gewalt zu vergegenwärtigen, müssen der NSU-Terror und rechte Gewaltdelikte in der Schule aufgearbeitet und eingeordnet werden. Wir brauchen mehr Kampagnen, die Jugendliche direkt erreichen und für dieses Thema sensibilisieren. Jugendliche wie auchz Erwachsene müssen einen direkten physischen Bezugspunkt haben, der an rechte Gewalttaten erinnert, darum fordern wir ein Mahnmal für die Opfer rechter Gewalt in allen Kreis- und kreisfreien Städten der Bundesrepublik Deutschland und überall dort, wo Menschen Opfer rechter Gewalt wurden. Die Konzipierung, Gestaltung und Errichtung dieser Mahnmale  sollen zugleich Auftakt einer ernsthaften Auseinandersetzung mit rechter Gewalt sein. Für die Konzipierung und Errichtung der Mahnmale sollen sowohl Betroffenenverbände und migrantische Organisationen, als auch explizit Anwohner*innen und Schulenaus dem jeweiligen Landkreis miteinbezogen und zur aktiven Mitgestaltung miteinbezogen werden. Für die Konzipierung unter Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein angemessener Zeitraum einzuplanen. Somit sollen lokale Debatten in Gang gesetzt und ein Bewusstsein für alle Folgen von Rassismus geschaffen werden.

 

Wir fordern die Errichtung eines Denkmals für die Opfer der NSU-Verbrechen vor dem Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat. Die Ausgestaltung des Denkmals soll daran erinnern, dass rechte Gewalt kein Problem der Vergangenheit ist, sondern auch in unserer heutigen Gesellschaft vehement bekämpft werden muss. Die Namen der Opfer sollen hierbei genannt werden. Erst das Personalisieren der Opfer zeigt das zerstörerische Ausmaß rassistisch motivierter Taten. Das Errichten dieses Denkmals gerade vor dem Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat ist ein Zeichen gegen Rassismus und zeigt eine klare Positionierung entgegen der rechten Ideologie der Täter*innen, welche eben diese Heimat ihren Opfern abzusprechen sucht. Gleichzeitig soll es als Mahnmal an die Verantwortung der Behörden und des Staates dienen, die Bürger*innen und alle in der Bundesrepublik lebende Menschen vor rechtem Terror zu schützen. Rechte Gewalt ist ein schwerwiegendes Problem der Inneren Sicherheit, die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung muss somit auch zentral hervorgehoben werden.

 

Außerdem fordern wir die Schaffung von Mahnmalen an den Orten, an denen der NSU-Terror stattfand, die zum Widerstand gegen Faschismus, Rassismus und Menschenverachtung aufrufen.