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Antrag 137/I/2024 Pflegeversicherung reformieren – Armutsrisiko in der Vollpflege verringern

21.04.2024

Die SPD-Mitglieder im Bundestag, der Bundesregierung und allen Landesvertretungen werden aufgefordert, sich für eine Reform der Pflegeversicherung einzusetzen. Ziel ist, die Eigenbeteiligung in der Voll-Pflege vom ersten Monat an auf Beträge unter 1500 Euro und maximal 80 Prozent der Nettoeinkünfte zu verringern.

So kann erreicht werden, dass viele pflegebedürftige Menschen zu- künftig nicht mehr schon nach wenigen Monaten ihre Rücklagen aufgebraucht haben und in die Sozialhilfe fallen.

Antrag 136/I/2024 Änderung des Beitragsrechts in der Pflegeversicherung

21.04.2024

Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, auf eine Änderung des Beitragsrechts in der Pflegeversicherung hinzuwirken, die die Beitragsabschläge für Mitglieder mit Kindern auch für das 2. bis 5. Kind lebenslang gewährt.

 

Antrag 140/I/2024 Lehren aus der Krankenhausbewegung - Neuanfang in der medizinischen Versorgung gemeinwohlorientiert gestalten

21.04.2024

Das Gesundheitswesen zeigt, was passiert, wenn Bereiche der Daseinsvorsorge kapitalistischer Ausbeutung unterworfen werden. Nicht erst seit der Coronapandemie stehen alle Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens und Patient*innen unter dem enormen Druck der finanziellen Grundsätze des Gesundheitswesens, welches Profitmaximierung über menschliches Wohlergehen stellt. Die geplante Pflegereform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach hält weiterhin an den kapitalistischen Grundsätzen des jetzigen Systems fest und kann uns deshalb nicht zufriedenstellen.

 

Hinzu kommt die Krankenhausbewegung, die gerade von uns als Arbeiter*innenpartei unterstützt werden muss. Hierbei geht es unter anderem um bessere Arbeitsbedingungen und faire Löhne sowohl für medizinisches Personal, als auch für andere Angestellte im Gesundheitswesen (Reinigungskräfte, Essensversorger*innen, Laborant*innen, etc) und zuletzt auch in Studium und Ausbildung. Die Folgen der Überlastung der im Gesundheitswesen Beschäftigten und des Gesundheitssystems sind spätestens seit dem „Schwarzbuch Krankenhaus“, ein kollektives Netzwerk, das Erfahrungsberichte aus dem Arbeitsalltag im Gesundheitssystem sammelt, die zumeist erschreckend negativ ausfallen, für jeden nachlesbar und unterstreichen die Dringlichkeit von Veränderung.

 

Da das Ziel eines nicht-profitorientierten Gesundheitssystems jedoch noch in der Ferne liegt, müssen wir Lösungen für die aktuell konkreten Probleme des medizinischen Personals erarbeiten und uns auch in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften für flächendeckende Tarifbindung und bessere Arbeitsbedingungen einsetzen.

 

Auch Ärzt*innen haben ein Recht auf eine Work-Life-Balance!

Unbezahlte Überstunden, unfaire, auf ein oder wenige Jahre befristete Verträge und die daraus resultierende nicht existente Work-Life-Balance sind längst der Normfall für Ärzt*innen außerhalb von Leitungspositionen. Dazu kommt: Wer nicht täglich länger bleibt hat weniger Chancen auf beruflichen Aufstieg.

 

Durch Regelungen wie das Opt-Out, mit dem es möglich ist, die wöchentliche Arbeitszeit von Ärzt*innen auf 60h/Woche zu erhöhen, wird der Beruf zur Belastung. Offiziell ist das Unterschreiben dieses Vertrages freiwillig, doch viele Arbeitgeber*innen drängen dazu. Dadurch wird sowohl die Gesundheit der Patient*innen durch verringerte Konzentrationsfähigkeit der Ärzt*innen, als auch die Gesundheit der Ärzt*innen selbst aufs Spiel gesetzt. Der Streik im letzten Jahr hat zu einer Tarifeinigung zwischen Marburger Bund (der größten Ärzt*innengewerkschaft) und der Charité geführt. Dabei gab es zumindest Teilerfolge bspw. wurden die sogenannten Kombidienste verboten – eine Kombination aus normalem Dienst, Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst.

 

Auch wenn es mittlerweile mehr Regelungen gibt, berichten Mediziner*innen, dass sich einige Kliniken noch nicht einmal an die jetzt schon eher dürftigen Regeln halten und selbst die ordentliche Dokumentation der Arbeitszeiten verhindern. Regeln müssen durchgesetzt werden! Dafür braucht es regelmäßige, qualitativ hochwertige Kontrollen, auch und gerade bzgl. einer richtigen Dokumentation der realen Arbeitszeiten.

 

Der Trend geht verstärkt zu mehr Leistung in immer weniger Zeit, die Patient*innendichte nimmt zu, die Anzahl der Ärzt*innen ab und die Dienste selbst werden immer arbeitsintensiver. Für die mentale und physische Gesundheit ist es jedoch unerlässlich, richtige Ruhezeiten zu haben. In vielen Gesundheitszentren ist es bei den aktuellen Zuständen und dem hohen Patien*innenaufkommen aber schlichtweg nicht möglich, einfach mal Pause zu machen oder die (wenn überhaupt geregelten) Pausenzeiten einzuhalten. Durch die profitorientierte Denkweise leiden viele Beschäftigte im Gesundheitssektor an Burn-Out und Überlastungssymptomen und müssen ihren Job aufgeben – Ein Verlust, den man sich angesichts des Fachkräftemangels und der Überlastung der Gesundheitssysteme nicht leisten kann. Ärzt*innen haben zudem ein 50% höheres Risiko, an Suizid zu versterben. Bei Ärztinnen ist dieses Risiko verglichen mit der weiblichen Allgemeinbevölkerung sogar vervierfacht. Auch andere psychische Erkrankungen, wie bspw. Suchterkrankungen, Burnout und Überlastungsreaktionen sind im medizinischen Sektor häufiger als anderswo. Hier muss präventiv mit Angeboten entgegengewirkt werden und auch hier würde eine regelmäßige Auszeit vom Beruf helfen.

 

Daher fordern wir:

  • Eine gesetzliche Regelung zur Abschaffung der Opt-Out-Regel bzw. Regelungen, die nicht gültige Mehrarbeit möglich machen
  • Eine Pflicht der Erbringung von Arbeitszeitnachweisen von Ärzt*innen durch die Kliniken und eine geregelte Kontrolle dieser
  • Ein Ausbau der Gesundheitsprogramme für alle Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen, die aktiv die körperliche und mentale Gesundheit fördern und so verhindern, dass Menschen an ihrem Arbeitsplatz kaputt gehen
  • Die Einführung einer Arbeitsgruppe beim Zoll, die ihren Fokus auf die Überprüfung der Einhaltung von Arbeitsrecht im Krankenhaus legt
  • Die Anpassung des § 118 BetrVG muss vorgenommen werden

 

Die Sonderstellung kirchlicher Träger*innen beenden!

Im Kampf für mehr Tarifbindung und bessere Konditionen für Arbeitnehmer*innen in den Tarifverträgen stellen sich kirchliche Träger*innen wie die Diakonie oder die Caritas oft quer. Das Staatskirchenrecht sichert kirchlichen Institutionen und Träger*innen eine Sonderrolle zu. Hierbei darf der Staat in bestimmte Bereiche kirchlicher Selbstbestimmung – wie z.B. das Arbeits- und Dienstrecht, die Regelung über Mitgliedschaften oder die Ordnung der Finanzen – nicht eingreifen. Das führt dazu, dass Menschen durch Dienstvorschriften diskriminiert oder durch schlechte Konditionen gegenüber Mitarbeitenden in anderen Bereichen der Pflege schlechter gestellt werden. In Zeiten des Fachkräftemangels und bei einem Flickenteppich aus Arbeitgeber*innen und Arbeitgeber*innenverbänden kann diese Sonderstellung der Kirchen nicht hingenommen werden.

 

Wir fordern:

  • die Anpassung von Art. 140 GG dahingehend, dass kirchliches Recht nicht vor staatlichem stehen darf
  • eine Überarbeitung und Neuformulierung des Staatskirchenrechts unter besonderer Berücksichtigung der Rechte von Arbeitnehmer*innen, die für kirchliche Träger*innen arbeiten.
  • die Veränderung der Tariftreueregelung in der ambulanten und vollstationären Pflege dahingehend, dass die regional üblichen Entgeltniveaus abgeschafft werden, die AVR Diakonie und Caritas nicht als relevanter Tarifvertrag geführt wird und der Tarifvertrag öffentlicher Dienst immer angeboten werden muss
  • Außerdem bekräftigen wir unsere Forderung, dass Gesundheit zur öffentlichen Daseinsvorsorge und in öffentliche Hand gehört.

 

Antrag 33/I/2014 Kostenlose Ausbildung zum Altenpfleger/ zur Altenpflegerin

28.04.2016

Die sozialdemokratischen Senatoren und Senatorinnen und die sozialdemokratischen Mitglieder der  Abgeordnetenhausfraktion werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Ausbildungskosten zum Altenpfleger / zur Altenpflegerin nicht von den Auszubildenden zu tragen sind.

 

Das Schulgeld in den privaten Altenpflegefachschulen muss sofort abgeschafft werden. Hierzu müssen im Landeshaushalt Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Antrag 71/II/2015 Fasst Euch ein Herz - Organspendepraxis verbessern

16.10.2015

Die Etablierung der Organtransplantation in den 1950er Jahren ist zweifellos ein Meilenstein in der Medizingeschichte und rettete bis heute ungezählten Menschen das Leben. Eine Reihe von Skandalen in der Zuweisung von Organen um das Jahr 2012 führte aber zu einem alarmierenden Einbruch der Spendenzahlen, der bis heute nicht überwunden ist. Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen und insgesamt einen höheren Erfolg bei Organtransplantationen zu erreichen, sollen daher folgenden Maßnahmen beschlossen werden:

 

1) Widerspruchslösung einführen

 

Forderung: Das Transplantationsgesetz soll dahingehend überarbeitet werden, dass alle in Deutschland verstor­benen Personen grundsätzlich als Organspender*innen gel­ten und diesen Status erst durch einen schriftlichen Widerspruch verlieren. Alle Staatsbürger*innen mit Wohnort in Deutschland müssen in regelmäßigen Abständen über die relevanten medizinischen und organisatorischen Aspekte der Organspende informiert sowie deutlich erkennbar auf die Mög­lichkeit zum Widerspruch hingewiesen werden.

 

Zu prüfen ist auch die Einführung einer separaten Information und Widerspruchsmöglichkeit für Personen, die sich nur kurzzeitig im Bundesgebiet. Vor jeder Organentnahme muss überprüft werden, ob zu Lebzeiten ein Widerspruch eingelegt wurde. Jede*r muss einen Widerspruch unkompliziert und kostenfrei erklären können. Die Widerspruchslösung wird gültig mit Eintritt in die Volljährigkeit. Bei potentiellen minderjährigen Organspender*innen sollen die nächsten Angehörigen dem mutmaßlichen Willen des oder der Minderjährigen entsprechend über eine Organspende entscheiden. Bei Personen, die wegen geistiger Behinderung, langfristiger Bewusstlosigkeit o. ä. zu keinem Zeitpunkt als Erwachsene Widerspruch einlegen konnten, entscheiden die Angehörigen über eine Organspende.

 

Analyse: Im Jahr 2013 standen in Deutschland 876 tatsächlichen Organspenden über 10.000 bedürftige Patienten*innen gegenüber. Dieses Missverhältnis ist hauptsächlich durch eine geringe Mobilisie­rung der Bevölkerung zu erklären: Obwohl 68 % der Menschen zu einer Organspende bereit sind, besitzen nur 28 % einen Spendenausweis und gaben damit eine eindeutige Entscheidung ab. Von 1.370 potentiellen Organspenden 2013 wurden 402 durch die Ablehnung der Angehörigen verhin­dert. Um diesen umfassenden Mangel zu beheben und für klare Entscheidungen zu sorgen, wird gemäß des Votums des 113. Ärztetag aus dem Jahr 2010 eine Widerspruchslösung nach Vorbild Österreichs, Belgiens und anderen Ländern eingeführt.

 

2) Werbung für Organspende intensivieren

 

Forderung: Angesichts der rückläufigen Spendebereitschaft müssen auf allen Ebenen die Aufklärung über und Werbung für eine größere Aufmerksamkeit in der breiten Bevölkerung umgesetzt werden. Dazu soll eine Verstärkung der physischen Präsenz durch Informationsstände und Vorträge an Schulen erwogen werden.

 

3) Qualitätsmanagement im medizinischen Bereich stärken

Forderung: Das Bundesgesundheitsministerium wird in Zusammenarbeit mit Fachverbänden der Pflege und Medizin bereits in medizinischen Ausbildungen ein stärkeres Bewusstsein für problematische Arbeitsabläufe sowie die Bereitschaft zu deren Kritik und Verbesserung schaffen. Ansatzpunkte kann eine vertiefende Einführung oder Weiterentwicklung von Fehlermeldesystemen sein.

 

4) Überstundenregelungen für Krankenhauspersonal durchsetzen

Forderung: Das Bundesgesundheitsministerium wird in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften eine effektive Er­fassung und Begrenzung von Überstunden für ärztliches und pflegerisches Personal durchsetzen. Dazu sollen die Einführung von elektronischen Arbeitszeiterfassungssystemen vorgeschrieben und die Gewerbeaufsichtsämter zu einer stärkeren Kontrolle motiviert werden. Ebenfalls muss die Krankenhausfinanzierung entsprechend geändert werden, um die durch die Reduzierung der Überstunden nötigen zusätzlichen Arbeitskräfte einstellen zu können.

Analyse: Im MB-Monitor 2013 gaben von den dort befragten Ärzt*innen etwa 75 % an, mehr als 48 Stunden pro Woche zu arbeiten; 3 % davon sogar 80 Stunden oder mehr. 71 % der Beschäftigten verspürten Krankheitserscheinungen wie Schlafstörungen oder Übermüdung als Folge von Überstunden.Im Pflege-Thermometer 2009 gaben von den dort befragten Pflegekräften 40 % der Befragten an, zwischen 46 und 70 Überstunden geleistet zu haben. „Hochgerechnet auf alle Gesundheits- und Krankenpflegenden in Krankenhäusern in Deutschland wurden damit in den letzten sechs Monaten vor der Befragung Überstunden für rund 15.000 zusätzliche Vollzeitkräfte in Deutschland geleistet.“ Die Folgen solcher Belastungen für die menschliche Leistungsfähigkeit können bei der Arbeit im Krankenhaus zu schwerwiegenden Fehlern führen: Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung MDK stellte in seiner Behandlungsfehler-Begutachtung für das Jahr 2014 insgesamt 155 Todesfälle und 1.294 Fälle von verschieden ausgeprägten Dauerschäden durch medizinische Behandlungsfehler fest. Der MDK-Leiter Patientensicherheit Max Skorning stellt unter den vielfältigen Ursachen für Behandlungsfehler auch Übermüdung fest. In Umfragen unter Ärzt*innen aus Japan 2005 und Neuseeland 2007 räumten 42 % bzw. 26 % ein, Fehler aus Schlafmangel begangen zu haben. Auch um erfolgreiche Organtransplantationen zu gewährleisten, muss die Ausbeutung durch Überstundenarbeit beseitigt werden. Ansatzpunkt bildet dabei die mangelhafte Verwaltung: Bei 53 % der im MB-Monitor 2013 Befragten werden Überstunden nicht einmal ausreichend dokumentiert, womit die Grundlage für eine berechtigte Abgeltung fehlt.

 

Zur Lösung trägt zunächst die Einsetzung von elektronischen Arbeitszeiterfassungssystemen bei, die im Vergleich zu handschriftlichen Alternativen meist weniger leicht manipulierbar sind. Selbst wenn nachweislich mehr Arbeit als erlaubt geleistet wird, sehen sich viele Beschäftigte nicht in der Lage, ihr Anrecht gegenüber den Vorgesetzten einzufordern, weil dies nur mit einer verringerten Betriebsfähigkeit der Klinik und damit auf Kosten der Patienten*innen einher gehen würde. Daraus ergeben sich zwei Anforderungen: Zum Einen müssen stärkere Kontrollen der Arbeitszeitvereinbarungen durch die zuständige Gewerbeaufsicht durchgeführt werden, wie sie der Marburger Bund seit Langem fordert. Zum Anderen wird eine angemessene Neuregelung der Krankenhausfinanzierung nötig, weil das deutsche System diagnosebezogener Fallgruppen („German Diagnosis Related Groups“, G-DRG), die Investitionskostenzuschüsse der Länder und andere Finanzierungsquellen der Krankenhäuser gegenwärtig unzureichend sind – es ist zu befürchten, dass bei einer angemessenen Begrenzung von Überstunden die derzeitige Personalstärke in den meisten Krankenhäusern nicht ausreichen würde, um einen ordnungsgemäßen Betrieb zu leisten.