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Antrag 92/I/2021 Zentrales Mahnmal mit Dokumentationszentrum in Berlin zur Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen

18.03.2021

Die deutschen Kolonialverbrechen haben unzählige Opfer gefordert. Allein bei den Völkermorden an den Herero und Nama, Damara und San verloren schätzungsweise 80.000 Menschen ihr Leben. An sie erinnert bisher einzig eine Gedenktafel auf dem Neuen Garnisonsfriedhof in Berlin-Neukölln, neben einem großen Stein aus dem Jahr 1907, welcher den Soldaten der deutschen „Schutztruppen“ gedenkt, die „am Feldzuge in Südwestafrika freiwillig teilnahmen und den Heldentod starben“.

 

Diese Verbrechen wurden bisher nicht ausreichend aufgearbeitet, wie das Beispiel der Gedenktafel deutlich zeigt. In Berlin tragen Straßennamen zudem weiterhin die Namen deutscher Kolonialherren und in Museen befinden sich historische Objekte, deren genaue Herkunft ungeklärt ist und die vermutlich widerrechtlich in den deutschen Kolonien entwendet wurden. In deutschen Schulen kommt die deutsche Kolonialvergangenheit höchstens als Nebensatz vor. Veränderungen geschehen hingegen nur schleppend, was die vor kurzem beschlossene Umbenennung der M*- Straße zeigt. Bevor solche Veränderungen in Bewegung kommen, bedarf es meist erst eine Zivilgesellschaft die dies hart erkämpft. Doch wie gelingt es, ein stärkeres Bewusstsein für unsere Vergangenheit zu schaffen, wie schaffen wir es gegen das Vergessen anzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen?

 

Kurz gesagt: Durch Aufklärung und aktiver Erinnerungsarbeit. Wichtige Bausteine für Aufklärungsarbeit stellen neben Schulen und Universitäten auch Lern- und Gedenkstätten dar. Gedenkstätten, die zum einen durch Forschung eine stärkere thematische Sichtweise in die Lehre bringen und zum anderen innerhalb der Gesellschaft Aufklärungsarbeit leisten und einen Erinnerungsort für alle Nachfahren von Ermordeten oder Ausgebeuteten schaffen, die nun in Deutschland leben oder zu Besuch kommen. Natürlich reichen Gedenkstätten und Mahnmäler alleine nicht aus, es bedarf einer ganzen Reihe von Maßnahmen, damit sich unsere Gesellschaft der vergangenen Taten und der daraus resultierenden Verantwortung bewusst wird. Doch sind Gedenkstätten wie auch Mahnmäler dabei ein wichtiger Motor und Begleiter.

 

Dabei ist es unbegreiflich, dass es innerhalb Europas noch keine große Gedenkstätte zu den Kolonialverbrechen gibt. Gerade in Berlin, der ehemaligen Kolonialmetropole, prägen koloniale Orte das Stadtbild. Schon im 17. Jahrhundert spielte Berlin als Haupt- und Residenzstadt Brandenburgs, von seinem Stützpunkt Groß Friedrichsburg im heutigen Ghana aus, eine entscheidende Rolle im transatlantischen Versklavungshandel.
 

 

Als Hauptstadt des Deutschen Reiches und Veranstaltungsort der sogenannten „Kongo- Konferenz“ von 1884/85 stand die Stadt zudem im Zentrum europäischer Großmachtsträume, bei der die Aufteilung des afrikanischen Kontinents zwischen den Weltmächten ausgehandelt wurde und deren Auswirkungen noch heute den Alltag prägen. Weshalb es nicht nur richtig und wichtig wäre, sondern es zudem notwendig macht, eine Gedenkstätte sowie ein Mahnmal für die Kolonialverbrechen Deutschlands in Berlin zu errichten.

 

Wir erhoffen uns von eines solchen Mahnmals mit Dokumentationszentrum, dass es als Anstoß für eine (bisher verpasste) Aufarbeitung deutscher Kolonialverbrechen dient und das Thema in die Gesellschaft trägt. Das koloniale Erbe Deutschlands muss ebenso Teil deutscher Erinnerungskultur werden, wie es beispielsweise die NS-Vergangenheit ist.

 

Die Art und Weise, wie wir mit der Vergangenheit umgehen, hat eine starke Auswirkung auf die Gegenwart und Zukunft. Das deutsche Afrika-Bild ist nach wie vor von kolonialistischen Klischees geprägt. Wie wenig Beachtung Afrika als zweitgrößter Kontinent mit über eine Milliarde Menschen in den deutschen Medien, Schulen und Öffentlichkeit spielt, ist auch darauf zurückzuführen.

 

Der gegenwärtige Rassismus in unserer Gesellschaft ermahnt uns, bisherige Ansätze zum Umgang mit unserer Geschichte, insbesondere der deutschen Kolonialzeit, zu überdenken.

 

Deshalb fordern wir, dass sich unsere Mitglieder des Abgeordnetenhauses, wie die Senatsverwaltung für Kultur und Europa sowie unsere Mitglieder des Deutschen Bundestages umgehend für die Errichtung einer zentralen Gedenkstätte bzw. eines zentralen Mahnmals, inkl. eines Lernortes und Dokumentationszentrums, der über die koloniale Verstrickungen Deutschlands informiert und an die Opfer deutscher Kolonialverbrechen erinnert, in Berlin einsetzen. Weiterhin fordern wir diese auf, Gelder sowie Aufträge dafür bereitstellen. Dabei soll mit Berliner 
Initiativen und Verbände wie bspw. Decolonize Berlin zusammengearbeitet werden und in die Prozesse miteingebunden werden.

Antrag 49/I/2021 Corona verlangt mehr von uns: Kindeswohlgefährdungen effektiv begegnen!

18.03.2021

Die Zahl der Missbrauchsfälle Kinder und Jugendlicher in Deutschland ist besorgniserregend hoch, das Kindeswohl Vieler ist gefährdet. Aktuell aufgedeckte Missbrauchsfälle wie aus Münster verdeutlichen, dass die Strukturen der Jugendämter so löchrig sind, dass fehlende Kommunikation und fehlende bundesländerübergreifende Kooperationen dazu geführt haben, dass auf Missbrauchsfälle bzw. Kindeswohlgefährdungen viel zu spät reagiert wurde, obschon diese bekannt waren. Hier zeigt sich einmal wieder, dass der Sparkurs der Landesregierungen und Kommunen bundesweit dafür gesorgt hat, dass auch in 2021 eine Vielzahl von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, deren Dunkelziffer dramatisch höher vermutet wird als in den Kriminalstatistiken erfasst, nicht behutsam aufwachsen.

 

Ob eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, ist nicht immer offensichtlich erkennbar. Gewalt gegen Kinder umfasst vor allem auch die psychische Gewalt und Verwahrlosung, die nur bei genauem Hinschauen und Auseinandersetzen mit dem Kind erkannt werden kann. Viele Pädagog*innen, Erzieher*innen und Lehrer*innen, die stets um das Kindeswohl besorgt sind, berichten an die Jugendämter und stellen Anträge auf individuelle Unterstützung. Diese werden jedoch in einer Vielzahl abgelehnt oder ungenügend bearbeitet. Die Berichte und Anträge erfolgen auf Engagement des jeweiligen Mitarbeitenden und der Einrichtung. Dies sollte jedoch Teil des Aufgabenspektrums und eine verpflichtende, grundlegende Aufgabe sein, um eine engmaschige Betreuung und Sicherstellung des Kindeswohls wahren zu können.

 

Es ist untragbar, wenn diese Betreuung und Umsorge nur aufgrund persönlichen Engagements erfolgt. Auch wenn die Mitarbeiter*innen ohnehin genug Aufgaben haben, sollte dies keine Ursache dafür sein, Kindeswohlgefährdungen nicht nachzugehen. Daher ist auch die Aufstockung des Personals und der beauftragten Personen unerlässlich, um zu gewährleisten, dass ein*e Mitarbeiter*in sich angemessen um den einzelnen Sachverhalt kümmern und sich so Kindeswohlgefährdungen widmen kann, um einzelnen Kindern und Familien aus der Krise zu helfen.

 

In der Realität kommt dies leider zu kurz. Hierfür sind häufig Kapazitätsmangel und Finanzierungsschwierigkeiten die Begründung. Mitarbeiter*innen der Jugendämter sind mit der Masse der ihnen zugewiesenen Fälle überfordert und können so dem Einzelfall nicht gerecht werden. Die Corona-Situation hat diese Lage nochmals verschärft, sodass ein akuter Handlungsbedarf besteht. Die Strukturen der Jugendämter und beauftragten Organisationen bedürfen sowohl finanzielle als auch strukturelle Veränderungen, um ein sicheres Aufwachsen für jedes Kind und jeden Jugendlichen zu sichern, nicht nur in Coronazeiten.

 

Wir fordern daher:

  • die Jugendämter sowie städtischen und nicht städtischen Einrichtungen, die mit der Aufgabe der Überprüfung des Kindeswohl beauftragt sind, mit Personal soweit aufzustocken, dass die Anzahl der Kinder pro Sachbearbeiter*in nicht höher als 50 ist;
  • die Erhöhung des Budgets für die Finanzierung eines großen Teils der eingehenden Anträge für Hilfsmittel und Fördermaßnahmen;
  • Bildungseinrichtungen wie Kitas und Schulen für Kinder von bis zu 14 Jahren zu einer vierteljährlichen Beobachtungsprotokoll/ Feststellungsprotokoll anzuhalten, wenn ein Anfangsverdacht auf eine Kindeswohlgefährdung vorliegt: Die Erzieherinnen und Lehrerinnen sollen ihren Vorgesetzten gegenüber die Gründe für die Annahme der Kindeswohlgefährdung schriftlich darlegen. Für die schriftliche Beobachtung sollen inhaltliche Vorgaben vom Jugendamt zur Verfügung gestellt werden.
  • eine gezielte Sensibilisierung für alle öffentlichen Stellen, wie psychische und physische Gewalt gegenüber einem Kind erkannt und überprüft wird.
  • Bereitstellung von Dolmetschdiensten zur uneingeschränkten Kommunikation mir Kindern, die der deutschen Sprache nicht bzw. nicht ausreichend mächtig sind
  • den finanziellen und räumlichen Ausbau von bestehenden Kinderschutzambulanzen.

Antrag 09/I/2021 Überwachung hat am Arbeitsplatz nichts verloren!

17.03.2021

Die Corona-Krise verlangt uns allen sehr viel ab. Die Auswirkungen der Krise sind in allen Lebensbereichen zu spüren. Wir befinden uns in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit der Finanzkrise 2007/2008, die Gräben zwischen den europäischen Staaten werden immer größer und die sozialen Auswirkungen der Krise spüren wir alle am eigenen Leib. Wir müssen auch weiterhin Kontakte massiv einschränken, Museen, Bars und Clubs haben geschlossen, sodass wir meistens in den eigenen vier Wänden verharren. Dies wird bei vielen noch weiter dadurch verstärkt, dass sie schon seit Monaten komplett von zu Hause aus arbeiten. Die Inanspruchnahme des mobilen Arbeitens hat seit dem Beginn der Krise stark zugenommen. Zurzeit arbeiten 24 Prozent der Beschäftigten mobil. Der Höhepunkt war letztes Jahr im April erreicht, als 27 Prozent der Beschäftigten mobil arbeiteten.

 

Mobiles Arbeiten bringt aber nicht nur Vorteile wie eine flexiblere Freizeitgestaltung und bessere Work-Life-Balance mit sich, sondern birgt auch eine Vielzahl von Risiken und Herausforderungen. So verschwimmt zum Beispiel die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit und der fehlende Kontakt zu Kolleg*innen bringt soziale und psychische Probleme mit sich. Viele Beschäftigte leiden aber auch unter ihren Vorgesetzten und Arbeitgebenden. Es ist bedauerlicherweise noch viel zu oft der Fall, dass sich Vorgesetzte nur über ihre Kontrollfunktion definieren und ihre Beschäftigten unter Druck setzen, anstatt eine kooperative und gestaltende Funktion einzunehmen. Mobiles Arbeiten führt dann zu einem gefühlten Kontrollverlust, da eine direkte Überwachung der Mitarbeitenden nicht mehr möglich ist. Beschäftigte, die von
 zu Hause aus arbeiten, werden viel zu häufig aufgrund von völlig veralteten Denkmustern und Führungsrollen von ihren Vorgesetzten misstrauisch beäugt. Aber anstatt, dass sich Arbeitgebende und Vorgesetzte auf die voranschreitende Digitalisierung einlassen, offen für neue Erfahrungen sind und ihre eigene Sichtweise anpassen, versuchen sie die alten Muster auch im digitalen Raum aufrecht zu erhalten – mit schwerwiegenden Nebenwirkungen. Die Digitalisierung macht es leichter denn je, Prozesse zu automatisieren und Entscheidungen von Algorithmen treffen zu lassen. Das Personalwesen ist hier keine Ausnahme: mit der Folge, dass eine massive digitale Überwachung von Arbeitnehmenden durch algorithmische Systeme droht.

 

So haben zum Beispiel derzeit digitale Überwachungstools durch die Pandemie Hochkonjunktur und immer mehr Arbeitgebende setzen auf solche Software, um die Leistung ihrer Beschäftigten zu überwachen. Die Funktionen solcher Programme variieren dabei sehr stark. Einige Programme überwachen die Anzahl der Tastaturanschläge oder Mausklicks, andere machen alle zehn Minuten einen Screenshot des Desktops, wieder andere machen regelmäßig Bilder über die Webcam, damit beurteilt werden kann, ob die Beschäftigten am Platz waren. Auch die Ortung der Mitarbeitenden per GPS gehört zur Ausstattung solcher Überwachungssoftware. Vertrauen in die Arbeit der Mitarbeitenden wird durch eine harte Kontrolle ersetzt. Die gewonnenen Daten dienen aber nicht nur dazu, um zu überprüfen, ob Beschäftigte auch wirklich arbeiten, sie werden ferner von Algorithmen ausgewertet, um dezidierte Produktivitätsdaten über einzelne Beschäftigte zu erhalten. Auf Basis der individuellen Produktivitätsdaten können Unternehmen dann sogenannte „Beschäftigten-Scores“ erstellen, welche von den Arbeitgebenden und Vorgesetzten genutzt werden, um über Beförderungen und höhere Löhne der Beschäftigten zu entscheiden. Aber wie genau ein solcher Algorithmus eine Entscheidung trifft und welche Daten dafür von den Beschäftigten generiert werden, ist häufig unklar.

 

Solche Überwachungsprogramme nutzen häufig aber nicht technische Daten, um über die Produktivität von Beschäftigten zu entscheiden, sondern setzen auch immer öfter auf die gegenseitige Leistungsbewertung der Mitarbeitenden. Ein Beispiel für ein solches Überwachungsprogramm ist „Zonar”. Nach einer von der Hans Böckler Stiftung geförderten Studie, fungiert „Zonar“ dabei als ein großes Bewertungssystem, in dem alle Mitarbeitenden die Leistung von anderen Mitarbeitenden bewerten können. Dabei wird für die bewerteten Beschäftigten aber nicht ersichtlich, aus welchem Grund und von wem sie bewertet wurden. Dadurch kann das System sehr einfach missbraucht werden, um ungeliebte Kolleg*innen zu bestrafen. Die Software wertet die einzelnen Bewertungen regelmäßig aus und teilt auf Basis dieser Beurteilung die Beschäftigten in Leistungsklassen ein. Die Einteilung erfolgt dabei aufgrund intransparenter Kriterien und wird als ungerecht erfunden. Führungskräfte nutzen diese Einteilung dann, um über höhere Löhne oder Beförderungen zu entscheiden und entgehen so ihrer eigenen Verantwortung gegenüber ihren Beschäftigten. Den meisten Beschäftigten wird eine durchschnittliche Leistung attestiert, was bedeutet, dass die Beschäftigten nur einen Inflationsausgleich für ihr Gehalt bekommen, was einer Lohnstagnation gleichkommt. Nur einige wenige Beschäftigte, die von dem Bewertungssystem als leistungsstark angesehen werden, dürfen aufsteigen. Es wird aber versucht, diese Anzahl so gering wie möglich zu halten. Der Druck auf die Beschäftigten wird dadurch extrem gesteigert. Es werden weder individuelle Arbeitszeiten noch unterschiedliche
Lebensrealitäten bedacht. Nur die Leistung der Beschäftigten zählt. Die Software und die damit einhergehenden Prozessen wurden nach öffentlicher Kritik angepasst. Auch der Name „Zonar“ wird nicht mehr verwendet. Dennoch zeigt die Studie, dass die Anwendung eines solchen Systems in Unternehmen jederzeit denkbar ist. Schlussendlich kommt es durch solche Systeme zu einer Entmenschlichung der Arbeitsbeziehung zwischen Beschäftigten und Führungskräften. Es entstehen Anreizsysteme, in denen Führungskräfte lieber Druck und Angst durch massive Überwachung auf ihre Beschäftigten ausüben, anstatt sie zu fördern und zu befähigen. Als Sozialist*innen dürfen wir dieser maßlosen Ausbeutung von Arbeiter*innen nicht länger zusehen.

 

 Deshalb fordern wir:

  •  Ein Verbot jeglicher Auswertung dienstlicher digitaler Software die die Produktivität der Mitarbeitenden überwacht.
  •  Eine öffentlichkeitswirksame Kampagne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, welche die Beschäftigten über ihre Rechte im Home Office informiert.“
  •  Die bessere finanzielle und personelle Ausstattung der zuständigen Beauftragten für  Datenschutz, um Rechtsverstöße gegen geltende Datenschutzgesetze schneller zu prüfen“
  •  ein Verbot für die Anwendung von Algorithmen zur individuellen  Leistungsbestimmung von Arbeitnehmenden.

 

Antrag 312/I/2020 Für eine soziale Wohnungspolitik

2.12.2020

Mietendeckel bleibt sinnvoll und notwendig

Wir bekräftigen als SPD Berlin erneut die Schutzmaßnahme des Berliner Mietendeckels. Nach dem Ablauf der 5-Jahres-Frist müssen selbstverständlich das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen geprüft werden aber dies ändert nichts daran, dass wir das Instrument politisch für notwendig und sinnvoll erachten.

 

Die Berliner SPD muss unter Umständen mit jedem uns zur Verfügung stehenden Instrument Armut und Wohnungslosigkeit durch überteuerte Mieten oder ein Unterangebot an Wohnraum bekämpfen: Das kommt uns Frauen*, Senior*innen, Alleinerziehenden, AlGII Empfänger*innen, Student*innen u.v.m. zu Gute. Das sind Personengruppen für die wir immer schon Politik gemacht haben und für die wir auch künftig Politik machen müssen. Sich auf die Seite der Benachteiligten unserer Gesellschaft zu stellen muss weiterhin Berliner SPD Politik bleiben.

Welche Strategien verfolgen wir künftig beim Neubau von Wohnungen?

Neubau, bzw. Verdichtung, muss kooperierend zum Mietendeckel in breiter Fläche passieren. Ausgeglichene soziale Milieus benötigen eine breitflächige Umsetzungen des Wohnungsneubaus, statt einer punktuellen Zentrierung auf Gebiete, die dem Land Berlin gehören (wie z.B. Flughafen Tegel oder Tempelhofer Feld). Die Berliner Mietenpolitik durch Wohnungsneubau muss über alle Bezirke verteilt, mit Städtischen Wohnungsbau und Genossenschaftlichen Wohnungsbau durchwachsen sein.

Unser Ziel muss es sein, ein großflächiges Programm zu entwickeln, das ausreichend Stabilität und Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen in den einzelnen Kiezen, also im Mikrokosmos des Berliner Mietspiegels schafft. Sollten keine Flächen gefunden werden, die dies ermöglichen, muss das Vorkaufsrecht, ggf. durch neue politische Instrumente, in den Bezirken und durch das Land Berlin eine vermehrte Umsetzung finden.

Wohnungsbauvorhaben durch Investoren der Immobilienbranche, deren Bauvorhaben groß genug sind, um für das Berliner Modell verpflichtet zu werden, müssen aufgrund der geringen Ausschöpfung und Nachhaltigkeit für das Land Berlin eine sekundäre Maßnahme für die Wohnraumschaffung und die Stabilisierung des Berliner Mietspiegels sein. Um den Verlust durch die zu schaffenden 30% Sozialwohnungen beim Berliner Modell zu kompensieren – welche nur eine Sozialbindung von 20 Jahren haben – , sind i.d.R. 70% der Baumasse dieser Investoren höher bis hochpreisig – das steht dem politischen Streben nach Stabilität des Mietspiegels und der Schaffung von Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen entgegen. Deshalb muss es eine neue Übereinkunft geben, dass diese Umsetzung des Bauens das nicht zu präferierende Mittel der Wahl ist. Künftig soll es deshalb eine transparente Aufstellung

geben, die offenlegt und nachweist, dass Bezirke in Absprache mit dem Land Berlin Städtischen und Genossenschaftlichen Wohnungsbau präferiert stützen und umsetzen.

Bedarfsorientiertes Bauen

Die SPD Berlin und die SPD Fraktionen von Land und Bezirken müssen explizit zum Ziel haben für Menschen mit sehr kleinem und kleinem Einkommen das Wohnraumangebot stark zu erhöhen. So bieten beispielsweise etliche Bezirke keinen Wohnraum mehr für AlGII Empfänger*innen, während höher bis hochpreisiger Wohnraum durchaus keine Engpässe erlebt. Um diese Unausgewogenheiten auszugleichen sind der Wohnraumbedarf und die Verdrängung diverser Einkommensschichten deshalb jährlich zu ermitteln (unabhängig oder im Kontext des Monitorings Soziale Stadtentwicklung) und Strategien müssen entsprechend aufgestellt werden. Alle zwei Jahre ein rückwärtsgewandter Bericht, reicht für ein Berlin im schnellen und stetigen Wandel nicht aus.

Antrag 311/I/2020 Leerstand von Wohnraum effektiver bekämpfen

2.12.2020

Das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz muss wirksamer werden

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin, des Berliner Senats und der Bezirksämter werden in Ergänzung zum Beschluss 39/II/2019 aufgefordert, sich bei der Reform des Zweckentfremdungsrechts für eine Stärkung des gesetzlichen Rahmens und eine effektivere Umsetzung der einschlägigen Vorschriften einzusetzen. Folgende Elemente sollen Mindestbestandteil sein:

 

  • Ziel und Zweck des Gesetzes. Der Gesetzeszweck der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung ist zu ergänzen um die Sicherung und den Erhalt bezahlbaren Wohnraums im Land Berlin.
  • Legaldefinition der Rechtsbegriffe. Im Gesetz muss klar festgelegt sein, was “Zweckentfremdung”, “schützenswerter Wohnraum”, “bezahlbarer Wohnraum” und “Wohnen” ist bzw. was es nicht ist. Dabei sollen rechtliche Grauzonen und Regelungslücken wie möbliertes Wohnen, Wohnen auf Zeit, Vermietung der Zweitwohnung als Ferienwohnung geschlossen werden.
  • Umkehrung der Darlegungslast. Es ist eine gesetzliche Vermutung zum Schutz des Wohnraums zu regeln. Eigentümer*innen sollte nachweisen müssen, dass ein begründetes Interesse besteht, den Wohnraum anderweitig zu nutzen, anstatt dass der Bezirk nachweisen muss, dass es sich um schützenswerten Wohnraum handelt.
  • Verfahrensvorgaben zur Durchführung des Gesetzes. In entsprechenden Leitlinien sind die Vorgaben zur Durchführung der Verfahren bei den Bezirksämtern zu vereinheitlichen. Hierzu zählt insbesondere auch die Zusammenarbeit der einzubeziehenden Fachämter und die Treuhänderregelung.
  • Rechtsnachfolge bei Eigentumsübergang. Laufende Fristen nach dem Gesetz sind wie die Wirkungen von Verwaltungsakten auf den Rechtsnachfolger erstrecken. So soll die dreimonatige Frist sollte nicht von neuem beginnen, wenn es zu einem Wechsel der Eigentümer*in kommt.
  • Wirksamere Bußgeldregelung. In der Ermächtigung zum Erlass eines Bußgeldbescheides ist klarzustellen, dass ein solcher unabhängig vom Verfahren zur Erlaubnis einer Zweckentfremdung erteilt werden kann.
  • Registrierungsnummern bei Inseraten. Plattformen müssen gesetzlich verpflichtet werden, bei Verstößen gegen die Pflicht zur Angabe der Registrierungsnummer die Daten des/der Urheber*in des Inserates den zuständigen Behörden zu übermitteln. Dabei ist insbesondere gesetzlich zu regeln, dass die Pflicht zur Herausgabe der Daten im Falle von international tätigen Unternehmen auch gegenüber selbstständigen und unselbstständigen Niederlassungen vollstreckt werden kann. Für den Verstoß gegen die Herausgabepflicht ist ein Bußgeldtatbestand einzuführen.