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Antrag 135/I/2022 Keine Barrieren mehr für niemanden

17.05.2022

Menschen mit Beeinträchtigungen wollen auch mit Assistenz oder Unterstützung berlinweit selbstbestimmt leben können. Barrierefreiheit ist die Grundvoraussetzung für Selbstbestimmung und Selbstversorgung, für soziale und diskriminierungsfreie Teilhabe für alle.

 

Schon seit Jahren wird seitens des bzw. der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen auf die in allen Bezirken bestehende Unterversorgung von barrierefreiem/barrierearmem Wohnraum hingewiesen – so im 11. Verstößebericht (2013/2016), im 12. Verstößebericht (2017/2019) und auch im 13. Verstößebericht (2019/2021). Diese dramatische Unterversorgung steigt laut „Wohnraumbedarfsbericht 2019“ bereits bis 2025 auf mindestens 116.000 barrierefreie Wohnungen an.

 

Angesichts dieser schon jetzt bestehenden Unterversorgung werden die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat, im Berliner Abgeordnetenhaus und in den Bezirksämtern aufgefordert, die Umsetzung der vollumfänglichen Barrierefreiheit zu einem zentralen und zügigst umzusetzenden Qualitätsstandard bei der anstehenden Novellierung der Berliner Bauordnung zu machen.

 

Planen und Bauen für eine inklusive Stadtgesellschaft

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat, im Berliner Abgeordnetenhaus und in den Bezirksämtern sowie den Bezirksverordnetenversammlungen werden aufgefordert auf Landes- und Bezirksebene zwingend und zügigst unter anderem nachfolgende Instrumente für eine vollumfängliche Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen zu implementieren:

  • Sachverständige für Barrierefreiheit sind auf Landes- und Bezirksebene unverzüglich in den Ressorts Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen einzustellen. Sie sind bei der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben zwingend und frühzeitig zu beteiligen. Nur Sachverständige für Barrierefreiheit können die fachgerechte Einhaltung von Vorschriften für barrierefreies Bauen sicherstellen. Mit ihnen kann auch auf bezirklicher Ebene dem Informationsdefizit in vielen Planungsbüros u.a. im Hinblick auf Schutz- und Gewährleistungspflichten in Bezug auf vollumfängliche Barrierefreiheit entgegengewirkt werden. Mit ihnen wird dem Wegfall verpflichtender bauaufsichtlicher Kontrollen aktiv entgegengesteuert. Die bezirklichen Beauftragten für Menschen mit Behinderung sind von entsprechenden Anfragen zu entlasten.
  • Der Mieter*innenschutz in Bezug auf den Rückbau barrierearmer/freier Wohnungen ist zu verbessern. Dies gilt sowohl für den Umbau als auch für einen möglicherweise von Vermietenden geforderten Rückbau. Sowohl für öffentlichen, gemeinnützigen oder privaten Wohnraum muss gelten: Insbesondere die durch geförderte Maßnahmen im Wohnraumbestand erzielte Barrierefreiheit muss dem Berliner Wohnungsmarkt erhalten bleiben.
  • Sowohl auf Landes- als auch auf Bezirksebene sind rechtliche Klärungen in Bezug auf Aufzüge in Milieuschutzgebieten vorzunehmen. Ein regelhaftes Versagen des Einbaus von Aufzügen in einem Milieuschutzgebiet ist auch angesichts einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung nicht länger vertretbar.

 

Derzeitige Beurteilungskriterien sind zu überarbeiten, damit das mit dem Milieuschutz erklärte Ziel des Erhalts von preiswertem Mietwohnraum und die Bedarfe von Berliner*innen mit Beeinträchtigungen und chronischen Erkrankungen hinsichtlich des Einbaus von Aufzügen in Einklang gebracht werden. Ggf. sind hierzu Änderungen auch hinsichtlich der Modernisierungsumlage (§ 559 BGB) und bei den wohnwerterhöhenden Merkmalen (§ 558 BGB) erforderlich.

  • Das Koalitionsvorhaben für ein rechtssicheres, effektives und digital umgesetztes Mietkataster für Wohnen und Gewerbe muss vollumfängliche Barrierefreiheit als Qualitätsstandard miterfassen.

 

Insbesondere für einen Rollstuhl nutzende Menschen braucht es eine Vermittlungsstelle für barrierefreie und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen nach der DIN-Norm 18040-2. Wohnraumsuchende als auch die Vermittlungsstelle selbst würden durch zügig zu erstellende – bezirkliche – Kataster für barrierefreie Wohnungen unterstützt.

 

Für alle beschriebenen Maßnahmen, die im Zuständigkeitsbereich des Bundes liegen, werden die sozialdemokratischen Mitglieder von Bundestag und Bundesregierung aufgefordert, die notwendigen Gesetzesänderungen einzuleiten und im Sinne der Barrierefreiheit für die Menschen mit Behinderungen tätig zu werden.

Antrag 137/I/2022 Digitale Sitzungen der BVV im Bezirksverwaltungsgesetz ermöglichen

17.05.2022

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder im Abgeordnetenhaus auf, zeitnah – noch im Jahr 2022 – eine Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes vorzunehmen, um den Bezirksverordnetenversammlungen und ihren Gremien sowie den BVV-Fraktionen, eine Tagung in digitalen Sitzungen zu ermöglichen.

 

Ziel sollte es sein, gemeinsame Standards festzulegen. Gleichzeitig sollten Einzelheiten über die Geschäftsordnungen der Bezirksverordnetenversammlungen geregelt werden können.

 

Antrag 140/I/2022 Pressefreiheit auf Demonstrationen schützen!

17.05.2022

Um zukünftig eine sicherere Presse- und Dokumentationsarbeit vor allem auf rechten, verschwörungsideologischen, anti-israelischen und antisemitischen Demonstrationen zu ermöglichen, fordern wir, dass sich die sozialdemokratischen Mitglieder der Landesregierung und des Berliner Abgeordnetenhauses dafür einsetzen, dass

 

  • umfassende und regelmäßige Schulungen der Polizei im Umgang mit Presse auf Demonstrationen durchgeführt werden. Bisherige Schulungen werden nur mit Führungskräften durchgeführt, welche auf Demonstrationen oft schlecht erreichbar sind. Aufgrund der dynamischen Entwicklungen auf Demonstrationen ist dafür jedoch häufig keine Zeit. Deshalb sollte jede*r Beamt*in im Einsatz souverän mit der Presse umgehen können.
  • ein regelmäßiges Austauschformat zwischen Presse, Polizei und Politik etabliert wird. In diesem Format soll das Geschehen auf Demonstrationen reflektiert und die Arbeit der Polizei kritisch hinterfragt werden. Grundlage für diesen Austausch sollen die „Verhaltensgrundsätze Presse und Polizei“ vom Deutschen Presserat sein, die aktuell zum ersten Mal seit etwa dreißig Jahren novelliert werden. Eine regelmäßige Evaluation dieser Grundsätze ist notwendig und soll im geforderten Austauschformat angestoßen werden.

 

Das im letzten Jahr neugefasste Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin (VersFG BE) muss evaluiert und überarbeitet werden, dies ist auch im Koalitionsvertrag vereinbart und muss schnellstmöglich angegangen werden.

Antrag 148/I/2022 Sicherheit auf den Berliner Gewässern zurückgewinnen

17.05.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass die Berliner Wasserschutzpolizei sowohl personell als auch mit Ausrüstung und Booten so ausgestattet wird, dass sie ihre Aufgaben (unter anderem Überwachung und Durchsetzung bestehender Regelungen zum Bootsverkehr und des Gewässerschutzes) auf den Berliner Gewässern wieder im vollen Umfang wahrnehmen kann.

Antrag 150/I/2022 Hände weg von den Daten - Kein Big Data für die Polizei!

17.05.2022

Durch die fortschreitende Digitalisierung lassen sich immer mehr Daten über Menschen und ihr Leben erheben. Diese Daten entstehen maßgeblich im digitalen Raum. So zeigen immer wieder Untersuchungen, dass Unmengen an Daten im Internet über die Nutzer*innen gesammelt werden – oftmals ohne ihr Wissen. Weiterhin gibt es Berichte, dass selbst digitale Profile von Menschen von Diensten angelegt werden, die diese Dienste (z.B. Facebook) gar nicht selbst nutzen. Klar ist: Es werden immer mehr Daten über Menschen erhoben, ob sie es wissen oder nicht.

Im Zuge der Pandemiebekämpfung wurden auch Apps zur Kontaktnachverfolgung eingesetzt. So arbeitete die Corona-Warn-App mit Open Source (also einem öffentlich einsehbaren und bearbeitbaren Code) und möglichst datensparsam, um die notwendigen Daten zur Kontaktnachverfolgung zu erheben. Neben der von der öffentlichen Hand finanzierten Corona-Warn-App gab es auch kommerzielle Alternativen, wie die Luca-App. Diese wurde vor allem zur Kontaktnachverfolgung in Restaurants eingesetzt. Dazu musste allerdings immer ein Name eingegeben werden, sodass die Nutzung – anders als bei der Corona-Warn-App – nicht anonym war. Diese fehlende Anonymität versuchte sich die Polizei in mehreren Ländern zunutze zu machen. So wurde beispielweise in Mainz ohne Rechtsgrundlage seitens der Polizei auf Daten aus der Luca-App zurückgegriffen, um Zeug*innen in einem mutmaßlichen Tötungsdelikt ausfindig zu machen. Das heißt, in diesem Fall wurden ohne richterlichen Beschluss, die persönlichen Daten von Unbeteiligten abgefragt. In Baden-Württemberg gab es ähnliche Fälle und auch in Brandenburg kündigte die Polizei an, dass Daten aus der Luca-App genutzt werden sollten.

 

Dies sind allerdings nicht die einzigen Fälle, in denen Strafverfolgungsbehörden Daten von Unbeteiligten massenhaft abgreifen. So beschloss vor kurzem das bayerische Landeskriminalamt, die umstrittene Software Palantir einzusetzen. Diese Software wird bereits von Hessen genutzt und setzt das sogenannte Datenmining ein. Dabei werden Daten aus verschiedenen Datenbanken miteinander verknüpft. Palantir ist für den Bereich der Big Data, also sehr große Datenmengen, konzeptioniert. Zwar soll die Software nach Angaben des bayerischen LKAs nicht mit dem Internet verbunden werden und keine neuen Daten erhoben werden, aber dennoch werden Daten nicht für den Zweck verwendet, für den sie ursprünglich gespeichert worden sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Daten so zweckentfremdet werden, ist dadurch sehr groß. Die Software soll für Terrorismusbekämpfung eingesetzt werden. Allerdings werden durch die Verknüpfung von Datenbanken auch massiv persönliche Daten von Menschen abgefragt, die nicht im Kontext von Terrorismusbekämpfung erhoben worden sind. Der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte hält dies für einen deutlichen Eingriff in die Grundrechte vieler Menschen. Wie genau welche Daten abgefragt und verknüpft werden, ist zudem nicht öffentlich bekannt. Der Vertrag, den die bayerische Polizei mit Palantir abgeschlossen hat, ist so ausgelegt, dass andere Länder und auch der Bund diesem leicht beitreten und die Software auch nutzen können. Viele Expert*innen hegen allerdings Zweifel an der Datenschutz- und Verfassungskonformität der Software. Nach Berichten hat das Unternehmen seine Produkte auch der Berliner Polizei vorgestellt. Für uns ist ein Einsatz einer Software, die nachweislich im Widerspruch zum Grundgesetz steht, nicht hinnehmbar. Wir lehnen eine solche Kooperation strikt ab.

 

Die Daten, die von Strafverfolgungsbehörden in Deutschland erhoben werden, sind hochsensibel. Immer wieder gab es in den letzten Jahren Berichte darüber, dass Adressen von Aktivist*innen, Politiker*innen oder Prominenten ohne Rechtsgrundlage abgefragt worden sind. Fast wöchentlich gibt es neue Berichte über rechtsextreme Polizist*innen. Der Einsatz undurchsichtiger, umstrittener und datenschutzrechtlich hoch zweifelhafter Software wird diese angespannte Lage nicht verbessern. Stattdessen müssen Menschen nun Sorge habe, dass ihre Daten ohne Grund auf einmal in Terrorismuskontexten auftauchen, nur weil eine Software dies entschieden hat. Die neuen Möglichkeiten, die sich auch für Strafverfolgungsbehörden durch die Digitalisierung ergeben, dürfen kein Freifahrtschein für Grundrechtseinschränkungen sein.

 

Wir fordern daher:

  • Die Berliner Polizei wird weder die Luca-App, noch vergleichbare Apps ohne richterlichen Beschluss für die Strafverfolgung oder andere Ermittlungen nutzen.
  • Die Berliner Polizei wird Auswertung- und Analysesoftware wie z.B. Palantir nicht für die Auswertung eingriffsintensitätsarmer Daten nutzen.
  • Berlin wird sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass strenge Datenschutzmaßgaben insbesondere an den polizeilichen Umgang mit Daten beschlossen und umgesetzt werden. Das Ziel dieser Maßgaben muss sein, Grundrechte zu schützen und den Einsatz sowie den Kauf von Software wie Palantir zu unterbinden.