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Antrag 155/I/2022 Hass auf Telegram und anderen Messengern unterbinden – Geltendes Recht auch online durchsetzen

17.05.2022

Im Netz finden massenweise Gesetzesverstöße statt: Beleidigungen, Bedrohungen, Aufrufe zu Gewalt bis hin zu Volksverhetzung. Zuletzt steht besonders der Messenger-Dienst Telegram unter Kritik. Er ist derzeit eine der wichtigsten Plattformen von Pandemie-Leugner*innen und der verschwörungsideologischen Szene. In den Gruppen und Kanälen der App vermischen sich unter anderem Querdenker*innen und Rechtsextreme. Dabei werden sowohl irreführende und falsche Informationen über die Pandemie verbreitet, Proteste organisiert und Hass und Hetze verbreitet.

 

Durch eine Suchfunktion und das problemlose Hinzufügen von Kontakten in Gruppen, kann das dazu beitragen, dass sich unterschiedlichste Menschen radikalisieren. Unter anderem solche, die sich auf Telegram einfach nur umschauen möchten oder den Messenger nur nutzen, um im Kontakt mit ihrer Familie oder Freund*innen zu bleiben.

 

Im Dezember 2021 berichtete das ZDF-Magazin „Frontal“ über Mordpläne gegen den sächsischen Ministerpräsidenten auf Telegram. Während andere Plattform-Betreiber wie Facebook oder Twitter mittlerweile verstärkt gegen solche rechtswidrigen Inhalte in ihren Netzwerken vorgehen, löscht oder sperrt der Messenger-Dienst Telegram nur selten. Telegram ist dafür bekannt, Meinungsfreiheit äußerst weit auszulegen und Behörden abblitzen zu lassen. Das hat die Plattform in autoritären Ländern wie Belarus, wo Demonstrant*innen seit Monaten für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in ihrem Land kämpfen zu einem wichtigen Werkzeug für demokratische Protestbewegungen gemacht, führt aber hierzulande auch zur Situation, dass Mordaufrufe einfach stehen bleiben und nicht gelöscht werden.

 

Telegram ermöglicht es, private Nachrichten auszutauschen. Daneben können Nutzer*innen über den Dienst aber auch öffentlich kommunizieren, in Gruppen mit bis zu 200.000 Mitgliedern oder über sogenannte Kanäle. Wegen dieser Funktionen stufen deutsche Justizbehörden Telegram mittlerweile nicht mehr als bloßen Messenger, sondern als soziales Netzwerk ein. Damit fällt der Dienst unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Das verpflichtet Anbieter*innen sozialer Netzwerke dazu, rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen zu löschen, wenn sie ihnen gemeldet werden. Ab Februar 2022 gilt zudem die Pflicht, bestimmte strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden, inklusive der IP-Adresse, über die die Nutzer*innen identifizierbar sind. Wir bleiben bei unserer Ablehnung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Dass private Unternehmen nach eigenem Ermessen Daten an Strafverfolgungsbehörden ohne richterlichen Beschluss schicken, entspricht nicht unserer Auflassung des Rechtsstaats.

 

Telegram hält diese Verpflichtungen jedoch nur sporadisch ein. Das Unternehmen mit Sitz in Dubai ist für deutsche Behörden in der Vergangenheit nur schwer erreichbar gewesen und Schreiben von Staatsanwaltschaften und des Bundesamtes für Justiz, die den Messenger nach den Regeln des NetzDG behandeln wollte, blieben zunächst unbeantwortet. Um Druck aus Telegram auszuüben, haben sich daher in den letzten Monaten Forderungen zur Regulierung des Messengers – vom Ausschluss aus den App-Stores bis hin zur Blockade mittels Netzsperren, die das Bundesministerium des Innern und für Heimat als letzte Konsequenz ins Spiel gebracht hat, überschlagen.

 

Laut Recherchen von Netzpolitik.org ist Telegram nun seit Beginn diesen Jahres sehr punktuell gegen einige Verschwörungsinhalte in deutschen Gruppen vorgegangen – möglicherweise ein erstes Signal des Einlenkens. Manche Gruppen ließen sich nicht öffnen und Kommentare in Kanälen seien nicht sichtbar. Dabei handele es sich jedoch offenbar nur um wenige Einzelfälle.

 

Zudem soll es Anfang Februar ein erstes Gespräch des Innenstaatssekretärs Markus Richter mit Verantwortlichen bei Telegram gegeben haben, nachdem Google der Bundesregierung eine E-Mailadresse zur Kontaktaufnahme von Telegram verraten hatte.

 

Trotz aller Probleme mit Telegram ist ein Großteil der Kommunikation über den Messenger völlig legal. Eine Sperrung des Messenger-Diensts ist daher weder zielführend noch verhältnismäßig. Für uns ist die Bekämpfung und vor allem Verfolgung von Straftaten online wie offline eine Kernaufgabe unseres Rechtsstaates. Die Verfolgung von Straftaten, wie Beleidigungen, Drohungen, Aufrufen zu Gewalt und Volksverhetzung auf Telegram darf nicht von der Kooperationswilligkeit der Betreiber des Messenger-Dienstes abhängig sein, sondern muss konsequent durch den deutschen Staat erfolgen.

 

Eine General-Sperre für soziale Netzwerke beinhaltet daneben das Risiko, dass problematische Kommunikation schlicht auf andere Plattformen abwandert. So wird das Problem nur verlagert, nicht aber effektiv bekämpft. Wenn also ein Messenger-Dienst vielfach genutzt wird, um Straftaten zu verüben, ist nicht die Blockierung des Dienstes zielführend, sondern vor allem ein gezielter Einsatz von Polizei und Bundeskriminalamt, die auch im digitalen Raum in die Lage versetzt werden müssen, geltendes Recht durchzusetzen und so sichere kommunikative Teilhabe zu ermöglichen.

 

Die fehlende Handlungsfähigkeit des deutschen Staates im Bezug auf Telegram zeigt, dass es an digitalen Kompetenzen und dem Willen, Recht im Digitalen durchzusetzen fehlt.

 

Es ist für uns nicht hinnehmbar, dass es offenbar einen Bericht von ZDF-Journalist*innen braucht, bis Polizei und Staatsanwaltschaft auf Mordpläne gegen Ministerpräsident*innen in öffentlich zugänglichen und mitlesbaren Chatgruppen aufmerksam werden und handeln. Immer wieder gibt es desweitern Fälle, bei denen Menschen unter Klarnamen zu schweren Straftaten bis zu Morden aufrufen. Passiert ist lange Zeit nichts und gehandelt wurde erst, als eine große Öffentlichkeit entstanden ist.

 

Deswegen fordern wir:

  • Wir fordern, dass das Bundeskriminalamt entsprechend ausgestattet und für den Umgang mit Straftaten im Netz geschult wird, damit verübte Straftaten konsequent verfolgt und vor Gericht gebracht werden können.
  • Wir fordern eine bessere personelle Ausstattung und Schulung deutscher Polizei- und Justizbehörden, um geltendes Recht in digitalen Strukturen effektiv durchzusetzen.
  • Wir fordern niedrigschwellige Meldestellen für Online-Delikte bei den Landeskriminalämtern, um Straftaten auf Messenger-Plattformen wie Telegram unkompliziert und direkt melden zu können.
  • Beleidigungen, Drohungen, Volksverhetzung und Aufrufe zu Gewalt in öffentlichen Kanälen sind für alle einsehbar und verstoßen klar gegen das Gesetz. Chatgruppen können infiltriert werden, es besteht lediglich ein Vollzugsdefizit. Wir halten deshalb fest an unserer Forderung nach auf Plattformen wie Telegram zugeschnittene Schwerpunktstaatsanwaltschaften, um Ermittlungsverfahren tatsächlich durchzuführen.

 

Antrag 156/I/2022 Sicherung der Kulturfinanzierung in Berlin

17.05.2022

Die SPD Berlin und seine im Abgeordnetenhaus sowie Senat vertretenen Mitglieder setzen sich für eine Evaluation der bisherigen Instrumente der Berliner Kulturförderung ein.

 

Ziel ist eine kritische Bestandaufnahme der bisherigen Förderinstrumente hinsichtlich von Geeignetheit, Zielgruppen und Zugänglichkeit. In diesem Kontext sollen auch die Möglichkeiten zur stärkeren Verstetigung der finanziellen Mittel für landeseigene, bezirkliche und freie Kultureinrichtungen bis zu freiberuflich tätigen Kulturschaffenden in den Blick genommen werden (z.B. im Rahmen eines Kulturförderungsgesetzes).

 

Mitgedacht werden soll auch die Einführung einer zweckgerichteten Kulturabgabe oder analog die zusätzliche Verstärkung der Haushaltsmittel für Kulturförderung, ab dem Doppelhaushalt 24/25, in Orientierung an der durchschnittlichen Höhe der Einnahmen der City Tax.

 

Die SPD Berlin steht für ein lebendiges Berlin, dass besonders durch seine vielfältige und starke Kulturszene geprägt wird. Deshalb wollen wir gut funktionierende Förderinstrumente fortsetzen, diese sinnvoll anpassen und ergänzen sowie insgesamt eine bessere Zugänglichkeit erreichen.

Antrag 162/I/2022 Treppenlifte für Rollstühle, Kinderwagen und mobilitätseingeschränkte Personen am S-Bahnhof Marienfelde

17.05.2022

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Berliner Senats möchten sich dafür einsetzen, dass die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verkehr und Klimaschutz bei der DB Station & Service AG zeitnah zwei Treppenlifte für Nutzende von Rollstühlen, Personen mit Kinderwagen und mobilitätseingeschränkte Personen an den beiden Treppen am S-Bahnhof Marienfelde bestellt.

Antrag 164/I/2022 Linienverlauf des Flughafenexpress (FEX) nach Fertigstellung der Dresdener Bahn

17.05.2022

Die SPD-Abgeordnetenhausfraktion wird aufgefordert, sich nach Fertigstellung der Dresdener Bahn für ein neues Betriebskonzept des Flughafenexpress (FEX) in Ringform mit den Stationen Hauptbahnhof, Gesundbrunnen, Ostkreuz, Flughafen BER Terminal 1-2 und Südkreuz einzusetzen.

Antrag 165/I/2022 Autonomes Fahren im Berliner ÖPNV

17.05.2022

Autonomes Fahren ist ein relevanter Baustein zukünftiger Mobilität, dessen Potenzial für die Verbesserung des Angebots und der Servicequalität im ÖPNV zu nutzen ist. Es ermöglicht den Ausbau eines Mobilitätsangebotes rund um die Uhr in den Innen- und Außenbezirken sowie der Hauptstadtregion. Die Verbindung von autonomem Fahren und ÖPNV beugt einer Konkurrenz der Angebote vor.

Die SPD-Abgeordnetenhausfraktion, die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und die Berliner Landesgruppe im Bundestag werden aufgefordert, autonomes Fahren im ÖPNV mit folgenden Maßnahmen voranzutreiben:

 

1. Forschung und Evaluation

  • Die Senatsverkehrsverwaltung fördert Forschungs- und Pilotprojekte zum autonomen Fahren im innerstädtischen ÖPNV – unter Einbeziehung der Berliner Hochschullandschaft und Berliner Unternehmen – sowie unter Nutzung der Förderprogramme des Bundes und der EU.
  • Der Nutzen des autonomen Fahrens in Berlin ist mittels überprüfbarer und standardisierter Kriterien regelmäßig zu evaluieren.
  • Um das autonome Fahren in der Hauptstadtregion voranzubringen, wird die Senatsverkehrsverwaltung für Mobilität beauftragt, mit dem zuständigen brandenburgischen Ministerium Gespräche über entsprechende Kooperationen zu führen.
  • Die Neugründung einer Bundesstelle für Unfalluntersuchung automatisierter Verkehrssysteme bzw. eines Bundesamtes für Sicherheit im automatisierten und vernetzten Verkehr – analog zu den bestehenden Strukturen der Unfalluntersuchung der übrigen Verkehrsarten – ist voranzutreiben.
  • Die Rolle der Verkehrslenkung Berlin in der Senatsverkehrsverwaltung ist an die Anforderungen autonomen Fahrens anzupassen.
  • Der Einsatz von Steuermitteln für die Entwicklung des autonomen und vernetzten Fahrens muss in allen zukünftigen Förderrichtlinien und Subventionen für die Ertüchtigung des ÖPNV hin zum autonomen Fahren als obligatorischen Bestandteil umfassen.

 

2. Infrastruktur und Realisierung

  • Kostenintensive infrastrukturelle Maßnahmen, die autonomes Fahren auf der Straße ermöglichen, dürfen nur bewilligt werden, wenn sie eine bedarfsgerechte Förderung des ÖPNV einschließen.
  • Die bereits heute technologisch mögliche Automatisierung des Schienenverkehrs (Straßenbahn, S+U-Bahn) muss zeitnah auf ersten Strecken und perspektivisch flächendeckend umgesetzt werden. Für die Schieneninfrastruktur der S- und Regionalbahnen im Eigentum des Bundes sind entsprechende Kooperationen zwischen dem Senat und der DB AG zu vereinbaren.
  • Kommerziell genutzte autonome Fahrzeuge können in Ergänzung zum vorhandenen ÖPNV-Netz nur mit entsprechender Genehmigung als Zubringer fungieren. Die Angebote für diese Zubringerfahrten sollen vernetzt nutzbar und in den VBB-Tarif integriert werden.

3. Regulative Maßnahmen

  • Zur Vermeidung steigenden motorisierten Individualverkehrs (MIV) durch Leerfahrten sind entsprechende Lenkungsmaßnahmen für autonome und Carsharing-Fahrzeuge vorzunehmen. Tür-zu-Tür-Fahrten ist regulatorisch vorzubeugen.
  • Die wirtschaftliche Chancengleichheit zwischen Mobilitätsformen wie dem ÖPNV als Daseinsvorsorge und dem Car-Sharing ist sicherzustellen.
  • Das Straßenverkehrsrecht ist entsprechend anzupassen und darf den ÖPNV nicht benachteiligen.

 

4. Datenschutz und Arbeit

  • Der Schutz persönlicher Daten ist bereits bei der Konzipierung und Entwicklung von Software und Hardware zur Datenverarbeitung vorzusehen (Privacy-by-Design).
  • Durch die Berliner Verwaltung und die Verkehrsbetriebe sind hohe Schutzstandards für die gesammelten Informationen und deren anonymisierte Verfügbarmachung für Öffentlichkeit und Wissenschaft zu gewährleisten.
  • Berufsfelder, deren Tätigkeiten durch autonomes Fahren ersetzt werden könnten, sind frühzeitig zu identifizieren. Es sind vorausschauend geeignete Umschulungs- und Weiterbildungskonzepte im Rahmen der Personalentwicklung vorzusehen.