Antrag 103/I/2022 Unbürokratischer Schutz für russische Dissident:innen

Status:
Annahme mit Änderungen

Ein dauerhafter und stabiler Frieden in der Ukraine braucht grundlegende Veränderungen in der russischen Politik und Gesellschaft. Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat auch die russische Gesellschaft zutiefst erschüttert. Selbst wenn die militärische Misere der russischen Streitkräfte und der Druck der Sanktionen einen Wechsel der Politik des Kremls oder gar eine Veränderung an der Staatsspitze herbeiführen sollten, sind dies noch keine Garantien dafür, dass die Nachbarn der Russischen Föderation zukünftig keiner erneuten existenziellen Gefahr von expansiven und revanchistischen Handlungen Moskaus ausgesetzt sein werden.

 

Die Wiederherstellung einer legitimen politischen Ordnung und die moralische Aufarbeitung der Aggression gegen die Ukraine liegt in den Händen von Russinnen und Russen. Diese schweren Aufgaben können und sollen ihnen nicht abgenommen werden. Auch wenn derzeit eine stille und apathische Mehrheit der russischen Bevölkerung sich für Anpassung und Passivität entscheidet, gibt es fortgesetzte und deutliche Anzeichen der zunehmenden inneren Spannungen und Auseinandersetzungen in Russland – zuletzt in den IT-Fachkreisen, bei Journalist:innen und auch während der 9.Mai-Feierlichkeiten in russischen Städten. Für die unmittelbare Zukunft schrumpfen allerdings die Wirkungsräume in Russland – und die Bedeutung des politischen Exils wächst.

 

Wir können in Berlin, in Riga, in Vilnius, in Tbilisi, in Istanbul und in anderen Orten Anzeichen eines neuen politischen Exodus beobachten. Vor allem Berlin entwickelt sich zunehmend zu einem Hotspot für russische Oppositionelle, die ganze Strukturen wie Redaktionen oder Studienprogramme nach Deutschland umziehen wollen. Eine mittlere sechsstellige Anzahl von russischen Bürger:innen hat nach dem Krieg ihrem Land den Rücken gekehrt und sucht nun nach neuen sicheren Häfen für ihr Leben und Arbeiten. In den allermeisten Fällen sind es politisch denkende, engagierte, europäischen Werten verbundene Menschen, denen auch das Schicksal ihres Heimatlandes alles andere als egal ist. Sie pflegen weiterhin Beziehungen in die russische Gesellschaft hinein und können als Brückenköpfe für eine neue transnationale europäische Politik agieren, die ihren Verbündeten – Individuen wie gesellschaftlichen Organisationen – helfen muss, weitere Teile der russischen Gesellschaft zu mobilisieren.

 

Diese Menschen sind oft spontan und ohne große Vorbereitungen ausgereist und befinden sich aufgrund der westlichen Sanktionen und auch unternehmerischen Entscheidung einiger Konzerne, russische Kund:innen von ihren Dienstleistungen auszuschließen.

 

(Werbeeinnahmenstop bei Youtube, Verbot der Nutzung von Mastercard und Visa, Sperrung von AirBnB-Accounts) in prekären und fragilen Konstellationen. Diesen muss schnell und zielgerichtet geholfen werden, um eine Chance für eine grenzüberschreitende gesellschaftliche Protestbewegung nicht zu verpassen.

 

Deswegen fordern wir:

  • die SPD-Bundestagsfraktion sowie die Mitglieder der Bundesregierung auf, sich für ein signifikantes und langfristig angelegtes Visum-Programm einzusetzen, das eine lebenspraktische Perspektive (inkl. Aufenthaltsrecht auf der Grundlage Realistischer Einkommensgrenzen und mit Zugang zum Arbeitsmarkt) für Dissident:innen (Journalist:innen, Aktivist:innen, Wissenschaftler:innen aus Russland schafft
  • Einen unbürokratischen Weg für die Umwidmung bestehender und auslaufender Schengen-Visa in langfristige Aufenthaltsgenehmigungen zu ermöglich
  • Darauf hinzuwirken, dass Inhaber:innen solcher Visa von finanzrechtlichen Sanktionen gegen russische Bürger:innen ausgenommen werden, um wieder an ihr Geld kommen zu können.
  • Das Bundesministerium des Innern zu beauftragen, die für die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen notwendige Sicherheitsüberprüfung so zu gestalten, dass diese auch noch nach Erteilung von provisorischen Visa erfolgen kann mit Option auf Entzug beim Auftreten relevanter Anhaltspunkte
  • Einrichtung einer zentralisieren Ombudsstelle im Auswärtigen Amt / im Büro des Koordinators für zivilgesellschaftlichen Beziehungen zu Ru / ÖP für Koordination der Ersuchen seitens gefährdeter / dissidentischen Russ:innen
  • In Kooperation mit anderen europäischen Ländern auch zukünftig flexible Aufnahmeprogramme vorbereiten, die im Falle ansteigender Repressionen in Russland aktiviert werden können

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Änderungsvorschläge FA I – Votum AK: Annahme (K)

 

  • Änderung Titel zu: Unbürokratischer Schutz für russische Dissident:innen
  • Streichung Begründung bis Zeile 31. Beginn Text bei „Berlin entwickelt sich zunehmend“
  • Streichung Z. 54-59
  • Z. 70 Ergänzung: „Das Programm sollte sich an vorhergehenden Programmen dieser Art für Dissident:innen aus Staaten wie China, Nordkorea und Afghanistan orientieren.
  • Z. 84 Ergänzung: dies beinhaltet auch den Aufwuchs von Fähigkeiten für die schnelle und gründliche Sicherheitsüberprüfung in den zuständigen Behörden.
Beschluss: Annahme in der Fassung der Antragskommission
Text des Beschlusses:

Berlin entwickelt sich zunehmend zu einem Hotspot für russische Oppositionelle, die ganze Strukturen wie Redaktionen oder Studienprogramme nach Deutschland umziehen wollen. Eine mittlere sechsstellige Anzahl von russischen Bürger:innen hat nach dem Krieg ihrem Land den Rücken gekehrt und sucht nun nach neuen sicheren Häfen für ihr Leben und Arbeiten. In den allermeisten Fällen sind es politisch denkende, engagierte, europäischen Werten verbundene Menschen, denen auch das Schicksal ihres Heimatlandes alles andere als egal ist. Sie pflegen weiterhin Beziehungen in die russische Gesellschaft hinein und können als Brückenköpfe für eine neue transnationale europäische Politik agieren, die ihren Verbündeten – Individuen wie gesellschaftlichen Organisationen – helfen muss, weitere Teile der russischen Gesellschaft zu mobilisieren.

Diese Menschen sind oft spontan und ohne große Vorbereitungen ausgereist und befinden sich aufgrund der westlichen Sanktionen und auch unternehmerischen Entscheidung einiger Konzerne, russische Kund:innen von ihren Dienstleistungen auszuschließen.

 

Deswegen fordern wir:

  • die SPD-Bundestagsfraktion sowie die Mitglieder der Bundesregierung auf, sich für ein signifikantes und langfristig angelegtes Visum-Programm einzusetzen, das eine lebenspraktische Perspektive (inkl. Aufenthaltsrecht auf der Grundlage Realistischer Einkommensgrenzen und mit Zugang zum Arbeitsmarkt) für Dissident:innen (Journalist:innen, Aktivist:innen, Wissenschaftler:innen aus Russland schafft
  • Das Programm sollte sich an vorhergehenden Programmen dieser Art für Dissident:innen aus Staaten wie China, Nordkorea und Afghanistan orientieren.

  • Einen unbürokratischen Weg für die Umwidmung bestehender und auslaufender Schengen-Visa in langfristige Aufenthaltsgenehmigungen zu ermöglich
  • Darauf hinzuwirken, dass Inhaber:innen solcher Visa von finanzrechtlichen Sanktionen gegen russische Bürger:innen ausgenommen werden, um wieder an ihr Geld kommen zu können.
  • Das Bundesministerium des Innern zu beauftragen, die für die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen notwendige Sicherheitsüberprüfung so zu gestalten, dass diese auch noch nach Erteilung von provisorischen Visa erfolgen kann mit Option auf Entzug beim Auftreten relevanter Anhaltspunkte
  • dies beinhaltet auch den Aufwuchs von Fähigkeiten für die schnelle und gründliche Sicherheitsüberprüfung in den zuständigen Behörden.

  • Einrichtung einer zentralisieren Ombudsstelle im Auswärtigen Amt / im Büro des Koordinators für zivilgesellschaftlichen Beziehungen zu Ru / ÖP für Koordination der Ersuchen seitens gefährdeter / dissidentischen Russ:innen
  • In Kooperation mit anderen europäischen Ländern auch zukünftig flexible Aufnahmeprogramme vorbereiten, die im Falle ansteigender Repressionen in Russland aktiviert werden können
Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: