Antrag 66/I/2017 Gerechtes Steuersystem

Status:
Annahme

In das Bundeswahlprogramm wird aufgenommen:

Die SPD setzt sich für ein gerechteres Steuersystem ein. Vermögende und Bezieherinnen und Bezieher sehr hoher Einkommen sollen einen stärkeren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten. Möglich ist dies durch die Anhebung des Spitzen‐ und Reichensteuersatzes bei Beibehaltung des Solidaritätszuschlags, die Besteuerung von Kapitalerträgen nach dem individuellen Steuersatz und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

 

Steuergerechtigkeit wird auch durch eine höhere Besteuerung von großen Erbschaften und eine Wiedererhebung der Vermögensteuer gestärkt, die progressiv ausgestaltet werden sollte. Steuerhinterziehung, -gestaltung und -verlagerung müssen entschiedener bekämpft und so der Steuervollzug gestärkt werden. So können insbesondere die Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen spürbar entlastet werden; dem Staat stehen aber weiterhin ausreichende und stabile Einnahmen für dringend benötigte Zukunftsinvestitionen in Bildung, Infrastruktur, Rente, Gesundheit und innere Sicherheit zur Verfügung.

 

Wir fordern eine Reform des Steuersystems. Starke Schultern sollen wieder mehr tragen als schwächere.

 

Eine solche Reform muss aus unserer Sicht insbesondere umfassen:

–        Eine Reform des Einkommensteuertarifs, mit der kleine und mittlere Einkommen spürbar entlastet werden, gleichzeitig sehr hohe Einkommen einem höheren Spitzensteuersatz als bisher unterliegen. Dabei soll der Spitzensteuersatz erst bei einem deutlich höheren Einkommen greifen, so dass es zukünftig bei der Einkommensteuer wieder gerechter zugeht.

–        Der Solidaritätszuschlag ist beizubehalten, denn er hat durch die Befreiung kleiner Einkommen, die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen und die Besteuerung der Gewinne und Kapitalerträge eine starke Umverteilungswirkung und ist deshalb besonders gerecht.

–        Wir wollen eine Erbschaftsteuer, die ihren Namen auch verdient: Große Vermögen resultieren in vielen Fällen aus Erbschaften und Schenkungen. Schätzungen des DIW zufolge werden jedes Jahr in Deutschland Vermögen in Höhe von 200 bis 300 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Dagegen beträgt das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer nur ca. 6 Milliarden Euro jährlich. Eine Reform der Erbschaftsteuer sollte zu einer spürbaren Belastung von Erben großer Vermögen führen, die bisher – unter anderem auf Grund der Privilegierung des Betriebsvermögens – effektiv kaum besteuert wurden. Begünstigungen für große Betriebsvermögen darf es nur noch im Ausnahmefall geben. Um die berechtigten Interessen von Unternehmenserben zu berücksichtigen, sollten großzügige Stundungsregelungen eingeführt werden. So werden keine Existenzen und Betriebe durch die Steuer gefährdet. Das Aufkommen kann so langfristig mehr als verdoppelt werden.

–        Wir fordern die verfassungsfeste Wiedererhebung der Vermögensteuer mit einem Freibetrag von 1 Mio. Euro pro Person. Bei Kapitalgesellschaften ist das Betriebsvermögen nach dem bewährten Halbvermögensprinzip einzubeziehen, um Doppelbesteuerungen zu vermeiden (bei der Kapitalgesellschaft und dem Eigentümer wird die zu entrichtende Vermögensteuer jeweils nur zur Hälfte angesetzt). Für Privatpersonen sollte die Steuer progressiv – beginnend mit einem Satz von 1% – ausgestaltet werden, so dass Multimillionäre und Milliardäre einen deutlich höheren Steuersatz zahlen.

–        Um die massive Begünstigung von Kapitaleinkünften gegenüber Arbeitseinkommen zu beenden, sollen Kapitalerträge zukünftig anstelle der Besteuerung über eine abgeltende Kapitalertragssteuer mit dem individuellen Steuersatz der/des Steuerpflichtigen besteuert werden. Durch den auf internationaler Ebene vereinbarten Informationsaustausch über Finanzkonten zwischen den Finanzbehörden einer Vielzahl von Staaten ist die ursprünglich zutreffende Begründung für die Abgeltungsteuer weggefallen und eine zutreffende Besteuerung der Kapitalerträge kann sichergestellt werden.

–        Zu einem gerechteren Steuersystem gehört ein deutlich höherer Beitrag des Finanzsektors zu den Steuereinnahmen. Wir fordern daher die Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Dadurch würden zusätzliche Einnahmen generiert und die Verursacher der Finanzkrise an den Kosten beteiligt. Eine Finanztransaktionsteuer könnte darüber hinaus eine positive Lenkungswirkung entfalten, weil schädliche Instrumente wie zum Beispiel der Hochfrequenzhandel verteuert und damit unattraktiver würden. Auf europäischer Ebene braucht es hier Fortschritte, die die Einführung der Steuer ermöglichen.

–        Die Steuerverwaltungen der Länder brauchen mehr Personal und eine bessere Zusammenarbeit untereinander. Der internationale Informationsaustausch muss weiter verbessert werden. Dadurch können die Steuergesetze wirksamer als bisher vollzogen werden. Steuersparmodelle müssen offengelegt und länderbezogene Berichterstattung zu Gewinnen und gezahlten Steuern eingeführt werden. Deutschland muss innerhalb der OECD, der EU und in der G7/G20 noch entschiedener für die Trockenlegung von Steueroasen in und außerhalb der EU eintreten.

–        Der zunehmende Wandel der Industrie und der Arbeitswelt mit einer Ausweitung der Automatisierung und einem exponentiellen Wachstum der technischen Möglichkeiten stellt viele Grundlagen des modernen Sozialstaats fundamental in Frage. Wir wollen, dass regelmäßig überprüft wird, ob das Steuersystem mit diesem Wandel Schritt hält und ob neue Anknüpfungspunkte für die Besteuerung erforderlich sind. Bereits vorliegende Ideen wie sogenannte Roboter‐Steuern sollten in diese Prüfung einbezogen werden.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)
Stellungnahme(n):
Bundesparteitag 25.06.2017: Erledigt