Antrag 105/II/2022 Geltendes Recht umsetzen - nächtliche Abschiebungen unterlassen

Status:
Erledigt

Regelmäßig finden in Berlin nächtliche Festnahmen zum Zwecke von Abschiebungen statt. Im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Januar 2022 wurden 645 von 1.126 Festnahmen zwischen 0:00 und 6:00 durchgeführt. Das ergab eine schriftliche Anfrage aus der Fraktion der Grünen an die Berliner Innenverwaltung im Februar 2022. Eine Abschiebung bei Nacht bedeutet, die Polizei betritt zwischen 21 und 6 Uhr morgens die Räumlichkeiten von Menschen, also Wohnungen oder Geflüchtetenunterkünfte um diese zu durchsuchen, die gesuchten Menschen zum Packen ihrer Habseligkeiten aufzufordern und sie dann zur Abschiebung mitzunehmen. Dieses Vorgehen kann nicht nur unmittelbar für die Betroffenen traumatisch sein, es stellt darüber hinaus ein großes Problem in Unterkünften für Geflüchtete dar.

 

Die monate- bis jahrelange Bleibezeit in Erstaufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften ist von fehlender Privatsphäre, Kontrolllosigkeit und Unsicherheiten geprägt. Regelmäßig mitzubekommen wie Polizist*innen mitten in der Nacht die Unterkunft betreten und Menschen zur Abschiebung mitnehmen verstärkt Ängste, psychische Belastungen und Schlaflosigkeit. Betroffen sind auch Kinder. Die Angst die nächste Familie zu sein, die abgeholt wird, ist groß. Mit dieser Praxis werden Schutzräume für geflüchtete Menschen aufs Gröbste missachtet. Begründet wird das Vorgehen mit Vorgaben zu Ankunftszeiten im jeweiligen Zielland. Sowohl zu dieser Begründung, als auch zu nächtlichen Abschiebungen insgesamt ist das Aufenthaltsgesetz eindeutig: Die Räumlichkeiten einer Person dürfen nachts nur betreten werden, wenn „Tatsachen vorliegen aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung“ des gesuchten Menschen andernfalls vereitelt werde. Die „Organisation der Abschiebung“ ist ausdrücklich keine solche Tatsache. Auch sind Spekulationen oder bloße Vermutungen keine Tatsachen. Damit ist das Vorgehen der nächtlichen Abschiebungen nicht nur unverhältnismäßig, sondern es widerspricht auch Bundesrecht. Migrant*innen die abgeschoben werden sollen, haben selten die Mittel sich juristisch gegen diesen Rechtsbruch zu wehren. Auch im aktuellen Berliner Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass auf nächtliche Abschiebungen „verzichtet werden“ solle.

 

Wir lehnen Abschiebungen grundsätzlich ab. Diese finden jedoch tatsächlich statt, deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder der Landesregierung dazu auf, dafür zu sorgen, dass geltendes Bundesrecht eingehalten wird und Abschiebungen grundsätzlich nicht mehr in den Nachtstunden zwischen 21:00 und 06:00 stattfinden. Dabei soll auch darauf geachtet werden, dass Abschiebungen mit der größtmöglichen Sensibilität gegenüber den Betroffenen und deren Familienangehörigen durchgeführt werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme 160/II/2022 (Konsens)