Eine funktionierende demokratische Gesellschaft ist abhängig von der aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft durch die Bürger:innen. Grundvoraussetzung für die Teilhabe ist die Öffentlichkeit des staatlichen Handelns. Nur wer weiß, was Verwaltung und Politik tun, kann mitreden und aktiv werden. Eine bürger*innennahe Verwaltung handelt offen und nachvollziehbar – sie handelt transparent.
Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erlaubt den Berliner*innen seit 1999 auf Zugriff auf behördliche Informationen und Dokumente – allerdings nur auf Anfrage, verbunden mit Gebühren, langen Wartezeiten und weitgefassten Ausnahmen.
Die Initiative Volksentscheid Transparenz Berlin hat daher 2019 einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt, um das IFG zu einem Transparenzgesetz fortzuentwickeln. Das Transparenzgesetz soll öffentliche Stellen verpflichten, alle wichtigen Informationen aktiv, zeitnah und gebührenfrei auf einem zentralen Transparenzportal des Landes zu veröffentlichen. Berlin würde damit dem Beispiel Hamburgs folgen, das 2012 ein solchen Transparenzportal eingeführt hat.
Nach einer erfolgreichen Unterschriftensammlung in der 1. Phase des Volksbegehrens nimmt der Senat nun seit 14 Monaten die „rechtliche Prüfung des Entwurfs“ vor. Am 02. März 2021 hat der Senat einen eigenen Gesetzesentwurf für ein Berliner Transparenzgesetz beschlossen. Dieser bleibt deutlich hinter den Forderungen der Initiative zurück. Insbesondere folgende Punkte betrachten wir als kritikwürdig:
- Weitgehende Ausnahmen:
Die Grundidee eines Transparenzgesetzes ist, dass alle Information und Dokumente, die nicht eines besonderen Schutzes bedürfen, öffentlich zugänglich sein sollen. Der Entwurf des Senats sieht dagegen weitgehende Ausnahmen von der Transparenzpflicht vor. So sind Hochschulen und Bildungseinrichtungen komplett ausgenommen, ebenso der Verfassungsschutz und fast der komplette Arbeitsbereich der Berliner Polizei. Schutzbedürftige Dokumente dürften auch mit dem Gesetzesentwurf der Initiative unter Verschluss bleiben. Sicherheitsbehörden von vornherein von den Transparenzpflichten auszunehmen ist nicht notwendig und schwächt das Vertrauen der Zivilgesellschaft in diese.
- Hohe Gebühren und lange Fristen:
Ein Kritikpunkt am aktuellen IFG ist, dass häufig Gebühren fällig werden. Dies ist auch dem Alter des Gesetzes geschuldet, 1999 war die Zustellung von digitalen Dokumenten per E-Mail noch nicht verbreitet. Auf politische Information muss jedoch die Allgemeinheit Zugriff haben könne – unabhängig von der Größe des eigenen Geldbeutels. Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit muss auf die Erhebung von Gebühren verzichtet werden.
Zudem haben Behörden mit dem Senatsentwurf ein Vierteljahr Zeit, um Anfragen zu beantworten. Gerade für tagespolitische Themen ist diese Frist viel zu lang, um eine schnelle Meinungsbildung und zivilgesellschaftliche Kontrolle durch die Öffentlichkeit sicherzustellen.
- Zwang zur Identifikation:
Antragsteller*innen die Zugang zu Informationen begehren, können künftig gezwungen werden, eine Kopie eines Ausweisdokuments beizufügen. Wir sehen dies kritisch. Anfragen werden häufig Journalist:innen oder Bürgerrechtler:innen, gestellt, die oftmals eines besonderen Schutzes bedürfen. Es darf keine Möglichkeiten geben, zu überwachen, wer wie oft Informationen anfragt. Zudem stellt der Zwang zur Identifizierung eine unnötige Hürde dar. Wenn ein Antrag auf Einsicht in Dokumente positiv beschieden wird, so sollten sie ohnehin für die Allgemeinheit zu Verfügung gestellt werden, unabhängig davon, wer den Antrag ursprünglich gestellt hat.
- Missbrauchsklausel:
Der Entwurf des Senats enthält eine sog. Missbrauchsklausel, nach der Informationen nicht herausgegeben werden müssen, wenn ein Antrag missbräuchlich gestellt werden würde. Das Argument der „missbräuchlichen Anfrage“ wurde in der Vergangenheit von einigen Behörden gebraucht, um berechtigte Informationsbegehren anzulehnen. Langwierige Gerichtsverfahren waren die Folge, in der in aller Regel die Antragssteller:innen am Ende recht bekamen.
Behörden dürfen die Beantwortung berechtigter Anfragen nicht durch Beruf auf „missbräuchliche Verwendung“ verzögern oder ablehnen. Sind Bürger:innen besonders häufig an Auskünften zu bestimmten Themen interessiert, so sollte dies für die Behörde ein Indikator sein, dass man der eigenen Pflicht zur aktiven Schaffung von Transparenz nicht zu Genüge nachgekommen ist.
- Keine Stärkung der Informationsfreiheit
Der Entwurf der Initiative sieht weitgehende Maßnahmen zur Stärkung der Informationsfreiheit vor. So soll z. B. die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes umfangreiche Kontrollfunktionen erhalten. Solche Maßnahmen fehlen im Entwurf des Senats komplett.
Wir fordern daher:
- Der Gesetzentwurf muss, gemeinsam im Dialog mit der Initiative Volksentscheid Transparenz, im parlamentarischen Verfahren so abgeändert wird, dass tatsächliche Transparenz geschaffen wird, insbesondere indem folgende Änderungen vorgenommen werden:
- Im Gesetz dürfen keine pauschalen Auschlüsse vom Auskunftsanspruch enthalten sein.
- Für Anfragen sollen generell keine Gebühren erhoben werden dürfen.
- Die Pflicht von Antragssteller*innen zur Identifikation darf nur im Zusammenhang mit der Herausgabe von personenbezogenen Daten bestehen.
- Die Frist in der Behörden einen Antrag entscheiden müssen soll auf maximal wenige Wochen begrenzt werden. Entsprechendes Stellen müssen geschaffen werden.
- Streichung von Klauseln die auf die Sanktion „missbräuchlicher Verwendung“ abzielen.
- Das Amt der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit muss gestärkt werden und als Aufsichtsbehörde für die Transparenzpflicht etabliert werden.
- Der Senat die rechtliche Prüfung des Volksbegehrens umgehend abschließt.
Eine funktionierende demokratische Gesellschaft ist abhängig von der aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft durch die Bürger:innen. Grundvoraussetzung für die Teilhabe ist die Öffentlichkeit des staatlichen Handelns. Nur wer weiß, was Verwaltung und Politik tun, kann mitreden und aktiv werden. Eine bürger*innennahe Verwaltung handelt offen und nachvollziehbar – sie handelt transparent.
Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erlaubt den Berliner*innen seit 1999 auf Zugriff auf behördliche Informationen und Dokumente – allerdings nur auf Anfrage, verbunden mit Gebühren, langen Wartezeiten und weitgefassten Ausnahmen.
Die Initiative Volksentscheid Transparenz Berlin hat daher 2019 einen eigenen Gesetzesentwurf vorgelegt, um das IFG zu einem Transparenzgesetz fortzuentwickeln. Das Transparenzgesetz soll öffentliche Stellen verpflichten, alle wichtigen Informationen aktiv, zeitnah und gebührenfrei auf einem zentralen Transparenzportal des Landes zu veröffentlichen. Berlin würde damit dem Beispiel Hamburgs folgen, das 2012 ein solchen Transparenzportal eingeführt hat.
Nach einer erfolgreichen Unterschriftensammlung in der 1. Phase des Volksbegehrens nimmt der Senat nun seit 14 Monaten die „rechtliche Prüfung des Entwurfs“ vor. Am 02. März 2021 hat der Senat einen eigenen Gesetzesentwurf für ein Berliner Transparenzgesetz beschlossen. Dieser bleibt deutlich hinter den Forderungen der Initiative zurück. Insbesondere folgende Punkte betrachten wir als kritikwürdig:
- Weitgehende Ausnahmen:
Die Grundidee eines Transparenzgesetzes ist, dass alle Information und Dokumente, die nicht eines besonderen Schutzes bedürfen, öffentlich zugänglich sein sollen. Der Entwurf des Senats sieht dagegen weitgehende Ausnahmen von der Transparenzpflicht vor. So sind Hochschulen und Bildungseinrichtungen komplett ausgenommen, ebenso der Verfassungsschutz und fast der komplette Arbeitsbereich der Berliner Polizei. Schutzbedürftige Dokumente dürften auch mit dem Gesetzesentwurf der Initiative unter Verschluss bleiben. Sicherheitsbehörden von vornherein von den Transparenzpflichten auszunehmen ist nicht notwendig und schwächt das Vertrauen der Zivilgesellschaft in diese.
- Hohe Gebühren und lange Fristen:
Ein Kritikpunkt am aktuellen IFG ist, dass häufig Gebühren fällig werden. Dies ist auch dem Alter des Gesetzes geschuldet, 1999 war die Zustellung von digitalen Dokumenten per E-Mail noch nicht verbreitet. Auf politische Information muss jedoch die Allgemeinheit Zugriff haben könne – unabhängig von der Größe des eigenen Geldbeutels. Im Sinne der sozialen Gerechtigkeit muss auf die Erhebung von Gebühren verzichtet werden.
Zudem haben Behörden mit dem Senatsentwurf ein Vierteljahr Zeit, um Anfragen zu beantworten. Gerade für tagespolitische Themen ist diese Frist viel zu lang, um eine schnelle Meinungsbildung und zivilgesellschaftliche Kontrolle durch die Öffentlichkeit sicherzustellen.
- Zwang zur Identifikation:
Antragsteller*innen die Zugang zu Informationen begehren, können künftig gezwungen werden, eine Kopie eines Ausweisdokuments beizufügen. Wir sehen dies kritisch. Anfragen werden häufig Journalist:innen oder Bürgerrechtler:innen, gestellt, die oftmals eines besonderen Schutzes bedürfen. Es darf keine Möglichkeiten geben, zu überwachen, wer wie oft Informationen anfragt. Zudem stellt der Zwang zur Identifizierung eine unnötige Hürde dar. Wenn ein Antrag auf Einsicht in Dokumente positiv beschieden wird, so sollten sie ohnehin für die Allgemeinheit zu Verfügung gestellt werden, unabhängig davon, wer den Antrag ursprünglich gestellt hat.
- Missbrauchsklausel:
Der Entwurf des Senats enthält eine sog. Missbrauchsklausel, nach der Informationen nicht herausgegeben werden müssen, wenn ein Antrag missbräuchlich gestellt werden würde. Das Argument der „missbräuchlichen Anfrage“ wurde in der Vergangenheit von einigen Behörden gebraucht, um berechtigte Informationsbegehren anzulehnen. Langwierige Gerichtsverfahren waren die Folge, in der in aller Regel die Antragssteller:innen am Ende recht bekamen.
Behörden dürfen die Beantwortung berechtigter Anfragen nicht durch Beruf auf „missbräuchliche Verwendung“ verzögern oder ablehnen. Sind Bürger:innen besonders häufig an Auskünften zu bestimmten Themen interessiert, so sollte dies für die Behörde ein Indikator sein, dass man der eigenen Pflicht zur aktiven Schaffung von Transparenz nicht zu Genüge nachgekommen ist.
- Keine Stärkung der Informationsfreiheit
Der Entwurf der Initiative sieht weitgehende Maßnahmen zur Stärkung der Informationsfreiheit vor. So soll z. B. die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes umfangreiche Kontrollfunktionen erhalten. Solche Maßnahmen fehlen im Entwurf des Senats komplett.
Wir fordern daher:
- Der Gesetzentwurf muss, gemeinsam im Dialog mit der Initiative Volksentscheid Transparenz, im parlamentarischen Verfahren so abgeändert wird, dass tatsächliche Transparenz geschaffen wird, insbesondere indem folgende Änderungen vorgenommen werden:
- Im Gesetz dürfen keine pauschalen Auschlüsse vom Auskunftsanspruch enthalten sein.
- Für Anfragen sollen generell keine Gebühren erhoben werden dürfen.
- Die Pflicht von Antragssteller*innen zur Identifikation darf nur im Zusammenhang mit der Herausgabe von personenbezogenen Daten bestehen.
- Die Frist in der Behörden einen Antrag entscheiden müssen soll auf maximal wenige Wochen begrenzt werden. Entsprechendes Stellen müssen geschaffen werden.
- Streichung von Klauseln die auf die Sanktion „missbräuchlicher Verwendung“ abzielen.
- Das Amt der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit muss gestärkt werden und als Aufsichtsbehörde für die Transparenzpflicht etabliert werden.
- Der Senat die rechtliche Prüfung des Volksbegehrens umgehend abschließt.