Antrag 95/I/2021 Dekolonisierung der staatlichen Museen, Sammlungen und Kunsthallen bundesweit voranbringen

Status:
Erledigt

Vom Humboldt Forum über das Münchener Museum 5 Kontinente bis hin zum Berliner Naturkundemuseum – bundesweit werden Kunst- und Naturobjekte sowie menschliche Gebeine aus den ehemaligen kolonisierten Gesellschaften präsentiert.

 

Wir fordern,

  • ein Gesetz zur Restitution von Kultur, Naturgütern und menschlichen Gebeinen zu verabschieden, das in seinem Bekenntnis zur allgemeinen Restitution allumfassend ist.
  • jegliche Forschung an menschlichen Körpern bzw. Körperteilen aus kolonisierten Gebieten in deutschen Museums-, Universitäts- und Privatsammlungen, die nicht ihrer schnellstmöglichen Rückführung dient, zu verbieten.

 

Museumssammlungen mit kolonialen Kontexten müssen verstärkt auf ihre Provenienz überprüft werden und Kulturgüter im Fall eines unrechtmäßigen Erwerbs an die Ursprungsgesellschaften restituiert werden. Daher fordern wir, dass

 

  • die Beweislast bei der Klärung von Provenienz zu Lasten der aktuellen Besitzer:innen umgekehrt werden muss.
  • die Mittel für Provenienzforschung erhöht werden.
  • die Beteiligung bei der Provenienzforschung durch Forscher:innen aus den Herkunftsländern unterstützt wird.
  • Kultur- und Naturobjekte, die im Zuge kolonialer Unrechtsherrschaft nach Deutschland gebracht wurden, eigentumsrechtlich an die Herkunftsgesellschaften zurückübertragen oder zur Rückgabe angeboten werden.

 

Angelehnt an die Verfahren für geraubte Kunstgegenstände während der Nationalsozialistischen Herrschaft (Washingtoner Erklärung) fordern wir:

  • Das Zugänglichmachen von Archiven, auch elektronisch, insbesondere für Menschen aus den Herkunftsgesellschaften der Exponate.
  • Die Inventarisierung der in Archiven von Museen, Sammlungen und Kunsthallen befindlichen Exponate aus ehemaligen Kolonien und Identifikation von geraubten Gegenständen.
  • Den Aufbau eines zentralen Registers zur Erfassung von Raub- und Beutekunst aus kolonialen Kontexten.
  • Die Einrichtung einer Vermittlungs- oder Schlichtungsstelle, die wenn keine einvernehmliche Regelung zwischen Herkunftsgesellschaft und Museen gefunden werden kann, eine Empfehlung ausspricht.

 

Des Weiteren fordern wir:

  • Auch ohne Vorliegen einer Rückgabeforderungen soll es Aufgabe der Museen sein, aktiv die Provenienz ihrer Sammlungsgüter zu erforschen, auf Vertreter:innen der Herkunftsgesellschaften zuzugehen und Möglichkeiten, der bezahlten Leihgabe oder der gemeinsamen Ausstellung anzubieten.
  • Die Herkunftsgesellschaften müssen als rechtmäßige Eigentümer:innen von Kultur und Naturgütern anerkannt werden, die während des Kolonialismus entwendet wurden. Die Herkunftsgesellschaften sollen selbst entscheiden können, ob sie diese Objekte zurückfordern oder sie als bezahlte Leihgabe an westliche Museen überlassen oder gemeinsame Ausstellungen anstreben.
  • Kultur- und Naturkundemuseen müssen ein Höchstmaß an Sammlungstransparenz bieten, indem sie die betroffenen Gesellschaften informieren und einbeziehen und mehrsprachige Online-Inventare für Expert:innen und die interessierte Öffentlichkeit auf der ganzen Welt bereitstellen.
  • Umwandeln der Museen hin zu Lern- und Erinnerungsorten über ihre eigene Entstehungsgeschichte und Verwicklungen in der Kolonialzeit und der Folgen der Kolonialzeit.
  • Diese Forderungen müssen insbesondere im Hinblick auf das Humboldt Forum mit sofortiger Wirkung umgesetzt werden. In Bezug auf das Humboldt Forum fordern wir die sofortige Rückgabe der durch Raub und Hehlerei erworbenen Benin-Bronzen nach Nigeria.
  • Einen zentralen sowie dezentrale Erinnerungsorte als Gedenkstätten für die Opfer des deutschen Kolonialismus und weiteren ehemaligen Kolonialmetropolen.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme 94/I/2021 (Konsens)