Antrag 57/II/2022 Bildung für dich, für uns, für alle!

Status:
Annahme mit Änderungen

In Berlin haben sich ca. 70.000 Geflüchtete alleine aus der Ukraine registriert, ca. 30.000 haben bisher eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, tausende sind noch in Bearbeitung, während immer noch 300 Menschen täglich in Berlin ankommen. Dabei wird geschätzt, dass ca. die Hälfte der Geflüchteten Kinder und Jugendliche sind. Kinder und Jugendliche, die beschult und betreut werden müssen, damit eine inklusives Miteinander schnell gelingen kann. Doch unser bereits zuvor stark überlastetes Bildungssystem ist hierfür nicht vorbereitet. Manche Bezirksstadträte erwägen bereits, den Katastrophenschutz zu alarmieren, damit die Kinder und Jugendliche nach den Ferien in Zelten betreut und beschult werden können. Für uns ist das nicht hinnehmbar, denn alle Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf gute Bildung. Denn nur so kann der Start in ein gutes, neues Leben gelingen! Hierfür sind eine Reihe von kurzfristigen Maßnahmen nötig.

 

1. Bauen, mieten, enteignen! 

Es fehlen zur Zeit konkret an tausenden Schulplätze. Selbst ohne die ankommenden Geflüchteten aus allen Ländern, können wir den Bedarf kaum bis gar nicht decken. Durch die jetzige Situation ist also der beschleunigte und langfristige Schulbau zu priorisieren. Doch selbst dann braucht es Zeit, bis der jetzige Schulbestand erweitert bzw. vergrößert werden kann. Alleine für die Bauplanung ist meist zwei Jahre einzuplanen. Eine kurzfristige Alternative besteht in sogenannten modularen Ergänzungsbauten. Das Problem hierbei ist, dass es zur Zeit keine gibt. Aber auch hier gilt, selbst wenn es welche käuflich zu erwerben gäbe, bräuchte es zwei Jahre, um diese fachgerecht zu montieren. Zeit die wir nicht haben. So bleibt nur eine kurzfristige Möglichkeit: Büro-, Vereins-, und religiöse Gebäudeflächen anmieten. Nur hierdurch können schnell neue Schulräume geschaffen werden.

 

Deshalb fordern wir die SPD Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, umgehend Gelder für die Bezirke freizugeben, um Büroflächen, Vereinsräume und – bei Sicherung säkularer Nutzung – Flächen anerkannter Glaubensgemeinschaften deutlich über dem eigenen Schulbedarf anzumieten. Die Zuordnung zu einer Regelschule sowie Verzahnung mit dem Unterricht der Regelklassen muss auch bei dieser Lösung erhalten bleiben.

 

Des weiteren fordern wir eben diese auf, dass auch das Instrument der Enteignung für eben diese Flächen geprüft wird. Da eine Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist, halten wir diesen Schritt in diesem Fall für notwendig und nötig.

 

Als drittes fordern wir eben diese auf, ein Grundbedarf an modularen Ergänzungsbauten anzukaufen. Die derzeitige Situation zeigt uns, dass es angeraten ist besser mehr als zu wenig modulare Ergänzungsbauten zu besitzen. Notfalls sollten diese durch (ggf. neu zu gründende) staatliche Unternehmen selbst produziert werden.

 

2. Unterricht nur mit geeigneten Materialien 

Die besten Räume helfen jedoch nur wenig, wenn es an geeigneten schulischen Materialien scheitert. Gerade hier gibt es noch Nachholbedarf. Denn mit Heften und Co. alleine ist es nicht getan. Schüler*innen müssen auch in ihren Herkunftssprachen  gefördert werden. Deshalb soll ausreichend Schulmaterial für alle Fächer in anderen Sprachen bedarfsgerecht angekauft werden. Zudem ist auch bei pädagogischen Spielen sowie Büchern darauf zu achten. Daneben sollten auch alle Informationen an die Eltern Übersetzungen in diesen Sprachen beinhalten.

 

Deshalb fordern wir die SPD Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, geeignete Materialien für den schulischen und pädagogischen Kontext bedarfsgerecht zu beschaffen.

 

3. Digitale Angebote aus der Ukraine sicherstellen 

In den vergangen Monaten hat sich gezeigt, dass gerade aus der Ukraine ein digitales schulisches Angebot aufrecht erhalten wurde. So fanden entweder einzelne Unterrichtsstunde digital von der Ukraine aus statt oder es wurden Lerninhalte durch das ukrainische Fernsehen weitergegeben. Beides sorgte dafür, dass viele Kinder und Jugendlichen zu Hause blieben, um den Anschluss zu ihrer Schule in der Heimat nicht zu verlieren. Allerdings bedeutete dies auch, dass viele Eltern die Betreuung ihre Kinder gewährleisten mussten. Hierdurch konnten weder die Kinder noch die Eltern am inklusiven Miteinander in unseren Schulen teilnehmen.

Dies ist ein Zustand, den wir nicht dauerhaft hinnehmen dürfen.

Somit fordern wir die SPD Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, dass digitale ukrainische (oder weitere) Angebote in den schulischen Unterricht integriert werden. Die Kinder und Jugendlichen, sollten sich nicht entscheiden müssen an welchem Unterricht sie teilnehmen wollen, sondern beides in einem bekommen dürfen. Die technischen Rahmenbedingungen sollten hierfür geschaffen werden und entsprechende Mittel sind freizugeben.

 

4. Anwerbung, Anerkennung und Vereinfachung

Was hilft es, wenn die Räumlichkeiten und die Materialien da sind, doch die Lehrkraft fehlt?

Zur Zeit fehlen gut 900 Lehrkräfte in Berlin. Zwar gibt es eine Reihe an langfristigen Möglichkeiten, wie wir diese Lücke schließen können. Doch brauchen wir angesichts der derzeitigen Situation kurzfristige Lösungen. Diese bestehen aus drei Ansatzpunkten.

 

Zum einen müssen an allen Berliner Hochschulen Kampagnen gestartet werden, sich in Teilzeit an einer Schule zu bewerben. Dabei ist sekundär, ob die Studierenden in einem Lehramtsbezogenen Bachelor oder Master studieren oder nicht. Wichtig sind zwei Dinge: Erstens, kann das Studienfach auf ein Unterrichtsfach angewendet werden und sind Fremdsprachenkenntnisse in den Sprachen englisch, ukrainisch, paschto, dari oder syrisch vorhanden. Natürlich sollten die Studierenden nicht die vollen Aufgaben einer Lehrkraft mit übernehmen, vielmehr ist es wichtig diese in die Ganztagsbetreuung einzubinden und ggf. mit einer Lehrkraft den Unterricht zu betreuen.

 

Zum anderen sollten alle europäischen Lehramtsabschlüsse, im Bachelor, Master oder Staatsexamen, mit sofortiger Wirkung anerkannt werden. Zur Zeit müssen Personen, die im Ausland ein Studium oder ein Lehramtsabschluss besitzen, die Anerkennung beantragen. Dies alleine kostet 55€ bis 222€. Des Weiteren müssen deutsche Sprachkenntnis auf dem Niveau C2 nachgewiesen werden. Zudem muss nachgewiesen werden, dass ein Abschluss in zwei Fächern vorliegt. All’ dies sind Hürden, die einer Anerkennung im Wege stehen und somit verhindern, dass eine weitere Lehrkraft unserem Schulsystem weiterhelfen kann.

 

Als drittes gibt es noch die Lehrkräfte außerhalb der europäischen Union, diese haben es nochmals deutlich schwerer ihre Abschlüsse anzuerkennen. Von bundesweit rund 2500 Anträgen von zugewanderten Lehrkräften, die ihren Studienabschluss im Nicht-EU- Ausland erworben haben, werden pro Jahr nur etwa 500 anerkannt – also gerade einmal 20 Prozent. Dabei gibt es in vielen Bundesländern erfolgreiche Formate wie “InterTeach” oder “Lehrkräfteplus”. In diesen wird sowohl von der starren C2-Regel, wie auch der “Zwei-Schulfächer”- Politik abgewichen.

 

So fordern wir die SPD Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, eine Kampagne zu entwickeln, um Studierende für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Ganztag oder im Unterricht zu gewinnen. Es ist darauf zu achten, dass die Kampagnen in verschiedenen Sprachen gestaltet werden.

 

Desweiteren fordern wir eben diese dazu auf sich innerhalb der Kultusministerkonferenz dafür einzusetzen, dass alle Voraussetzungen zur Anerkennung eines Studiums mit Lehramtsbezug oder eines Lehrkräfteabschlusses innerhalb der EU reduziert bzw. gestrichen wird. Der Antrag zur Anerkennung, wie auch der Nachweis von zwei Unterrichtsfächern sollte hierbei gestrichen werden. Das C2 Niveau soll auf ein C1 Niveau reduziert werden. Sollte das C1 Niveau nicht nachgewiesen werden können, sollten geförderte staatliche Angebote etabliert werden.

 

Als drittes fordern wir, dass nach dem Vorbild von “Interteach” oder “Lehrkräfteplus” Angebote finanziert und geschaffen werden. Alle nicht EU- Absolvent*innen oder Lehrkräfte sollten zudem ebenfalls keinerlei Gebühren zur Anerkennung entrichten müssen. Jegliche Verfahren sind auch hier zu vereinfachen und etwaige pädagogische Lücken durch gezielte staatliche Fort- und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte aus dem nicht EU-Ausland zu schließen.1

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Kein Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Antrag 57/II/2022 Gute Bildung für dich, für uns, für alle hier Lebenden und Ankommenden!

 

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und die SPD-Fraktion werden aufgefordert, sich im Sinne eines besseren Ankommens von geflüchteten Kindern und Jugendlichen sowie des Lehrpersonals für folgende Maßnahmen einzusetzen:

 

1. Ausbau der Schulplatz- und Unterrichtskapazitäten für geflüchtete Kinder und Jugendliche

 

Unsere Priorität bei der Beschulung von neu ankommenden Kindern und Jugendlichen bleibt die Beschulung in Regelklassen bei Jüngeren bzw. in Sprachlernklassen/Willkommensklassen bei älteren Kindern und Jugendlichen. Diese Priorität gerät jedoch aktuell aufgrund der eher knappen Schulplatzsituation unter Druck .

Eine gesamtstädtische Strategie für Hilfen für in Not geratene Bezirke ist zu etablieren.Insbesondere müssen die durch die Geflüchteten entstehenden Schulplatzbedarfe zunächst einmal durch die betroffenen Senatsfachverwaltungen anerkannt werden. Sodann müssen schnell und unbürokratisch die erforderlichen finanziellen Mittel für temporäre Schulbauten zur Verfügung gestellt werden. Zur Deckung kurzfristiger Bedarfe, soll es den Bezirken ermöglicht werden, diese sowohl über die Anmietung als auch über den Kauf von modularen Ergänzungsbauten sowie notfalls Schulcontainern zu decken. Es soll geprüft werden, wie hinsichtlich der Errichtung temporärer Schulbauten (Pavillonprojekt, DFK) bereits anlaufende Formate überbezirklicher Dienstleistung bzw. Unterstützung ausgebaut werden können. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats sollen sich dafür einsetzen, dass diesem Vorhaben die erforderliche Unterstützung hinsichtlich zusätzlicher Stellen, unbürokratischer Verwaltungsabläufe sowie ggf. erforderlicher gesetzgeberischer Akte gewährt wird bis hin zur Erstellung von Rahmenverträgen. 

 

Sollte auch durch die intensivere Förderung der bestehende Strukturen, der Mangel an den bestehenden modularen Ergänzungsbauten oder Schulcontainer nicht behoben werden können, sollte geprüft werden, ob diese notfalls durch staatliche Unternehmen selbst produziert werden können.

 

Sind weitere Kapazitäten über die Flächen der Regelschulen hinaus notwendig, sollen Mittel schnellstmöglich freigegeben werden, um  bezirkseigener Bildungseinrichtungen zu nutzen. Gute Erfahrungen aus Bezirken wie Mitte mit Anbindung an Musik-, VHS-, sowie Jugendeinrichtungen sind dabei bildungsfernen Einrichtungen vorzuziehen.

Hinzu sollen zweckgebundene Gelder für die Bezirke freigegeben werden, um im äußersten Falle und in besonderen Notsituation auch Büroflächen, Vereinsräume und – bei Sicherung säkularer Nutzung – Flächen anerkannter Glaubensgemeinschaften deutlich über dem eigenen Schulbedarf anzumieten.Die Zuordnung zu einer Regelschule sowie die Verzahnung mit dem Unterricht der Regelklassen muss auch bei dieser Lösung erhalten bleiben, wenn sie auch am schwersten zu bewerkstelligen ist.

 

DaZ-/DaF-Lehrkräfte sollen weiterhin den Unterricht in besonderer Weise unterstützen und bleiben die Profession der Wahl bei der Eingliederung. 

 

2. Bereitstellung von herkunftssprachlichen analogen und digitalen Ressourcen für den Unterricht

 

Die kürzlich etablierten Begegnungsklassen in Friedrichshain-Kreuzberg sowie die dualen Angebote in Mitte sind ein Vorbild für behutsames Ankommen der geflüchteten Kinder und Jugendlichen. In beiden Fällen werden Lehrkräfte aus den Herkunftsländern und Berliner Pädagog*innen gemeinsam eingesetzt, um eine bestmögliche Begleitung der Jugendlichen sicherzustellen. Diese gilt es schrittweise auch in anderen Bezirken auszubauen und den Austausch der Bezirke zu stärken.

Dafür sind personelle Ressourcen bereitzustellen, die die Bereitstellung der Materialien in am stärksten vertretenen Herkunftssprachen unter den Ankommenden Schritt für Schritt ausbauen. Daneben sollen alle Informationen an die Eltern auch Übersetzungen in der Herkunftssprache beinhalten.

Aber nicht nur analoge, sondern auch digitale Angebote der Herkunftsländer gilt es zu stärken und mit den Angeboten des Landes Berlin zu verzahnen und in den Unterricht einzubinden. Die technischen Rahmenbedingungen sollten hierfür geschaffen werden und entsprechende Mittel sind freizugeben.

 

3. Eingliederung der Lehrkräfte aus dem EU- und Nicht-EU-Ausland erleichtern

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, sich innerhalb der KMK dafür einzusetzen, dass alle Voraussetzungen zur Anerkennung eines Studiums mit Lehramtsbezug oder eines Lehrkräfteabschlusses innerhalb der EU reduziert bzw. gestrichen werden. Insbesondere betrifft dies die sogenannte Zwei-Fach-Regelung, die die Eingliederung und Anerkennung besonders erschwert. 

 

Das C2 Niveau soll auf ein C1 Niveau reduziert werden. Sollte das C1 Niveau nicht nachgewiesen werden können, sollten geförderte staatliche Angebote etabliert werden. 

 

Als gutes Vorbild innerhalb der KMK soll im ersten Schritt die hohen Kosten des Anerkennungsverfahrens vom Land Berlin übernommen werden . Alle nicht EU- Absolvent*innen oder Lehrkräfte sollten zudem  auch vor einem KMK Beschluss ebenfalls keinerlei Gebühren zur Anerkennung entrichten müssen. Zudem sind jegliche Verfahren auch hier zu vereinfachen und etwaige pädagogische Lücken durch gezielte staatliche Fort- und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte aus dem nicht EU-Ausland zu schließen.

 

Zudem fordern wir die SPD Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, eine landesweite, mehrsprachige Kampagne zu entwickeln, um Studierende sehr guten Kenntnisse der häufigsten Herkunftssprachenh für die Betreuung von neu angekommenen Kindern und Jugendlichen im Ganztag oder im Unterricht zu gewinnen. Es ist darauf zu achten, dass die Kampagnen in verschiedenen Sprachen gestaltet werden. 

 

Des weiteren fordern wir, dass in Berlin nach dem Vorbild von “Interteach” oder “Lehrkräfteplus” Angebote finanziert und geschaffen werden, die die Eingliederung der ausländischen Lehrkräfte ermöglichen, bevor die KMK-Reform erfolgt ist. 

 

Begründung:

 

In Berlin haben sich ca. 70.000 Geflüchtete alleine aus der Ukraine registriert, ca. 30.000 haben bisher eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, tausende sind noch in Bearbeitung, während immer noch 300 Menschen täglich in Berlin ankommen. Dabei wird geschätzt, dass ca. die Hälfte der Geflüchteten Kinder und Jugendliche sind. Kinder und Jugendliche, die beschult und betreut werden müssen, damit ein inklusives Miteinander schnell gelingen kann. Doch unser bereits zuvor stark überlastetes Bildungssystem ist hierfür nicht vorbereitet. Manche Bezirksstadträte erwägen bereits, den Katastrophenschutz zu alarmieren, damit die Kinder und Jugendliche nach den Ferien in Zelten betreut und beschult werden können. Für uns ist das nicht hinnehmbar, denn alle Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf gute Bildung. Nur so kann der Start in ein gutes, neues Leben gelingen! Hierfür sind eine Reihe von kurzfristigen Maßnahmen nötig.

Es fehlen zur Zeit tausende Schulplätze und andere Ressourcen. Selbst ohne die ankommenden Geflüchteten aus allen Ländern, können wir den Bedarf kaum bis gar nicht decken. Durch die jetzige Situation ist also der beschleunigte und langfristige Schulbau zu priorisieren. Doch selbst dann braucht es Zeit, bis der jetzige Schulbestand erweitert bzw. vergrößert werden kann. Alleine für die Bauplanung sind meistens zwei Jahre einzuplanen. Eine kurzfristige Alternative besteht in sogenannten modularen Ergänzungsbauten. Das Problem hierbei ist, dass es zur Zeit zu wenige gibt. Aber auch hier gilt, selbst wenn es welche käuflich zu erwerben gäbe, bräuchte es zwei Jahre, um diese fachgerecht zu montieren. Zeit die wir nicht haben. 

 

In den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass gerade aus der Ukraine ein digitales schulisches Angebot aufrechterhalten wurde. So fanden entweder einzelne Unterrichtsstunden digital von der Ukraine aus statt oder es wurden Lerninhalte durch das ukrainische Fernsehen weitergegeben. Beides sorgte dafür, dass viele Kinder und Jugendliche zu Hause blieben, um den Anschluss zu ihrer Schule in der Heimat nicht zu verlieren. Allerdings bedeutete dies auch, dass viele Eltern die Betreuung ihrer Kinder gewährleisten mussten. Hierdurch konnten weder die Kinder noch die Eltern am inklusiven Miteinander in unseren Schulen teilnehmen.

 

Zurzeit müssen Personen, die im Ausland ein Studium oder einen Lehramtsabschluss besitzen, die Anerkennung beantragen. Dies alleine kostet 55€ bis 222€. Des Weiteren müssen deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau C2 nachgewiesen werden. Zudem muss nachgewiesen werden, dass ein Abschluss in zwei Fächern vorliegt. All’ dies sind Hürden, die einer Anerkennung im Wege stehen und somit verhindern, dass eine weitere Lehrkraft unserem Schulsystem weiterhelfen kann.

 

Von bundesweit rund 2500 Anträgen von zugewanderten Lehrkräften, die ihren Studienabschluss im Nicht-EU- Ausland erworben haben, werden pro Jahr nur etwa 500 anerkannt – also gerade einmal 20 Prozent. Dabei gibt es in vielen Bundesländern erfolgreiche Formate wie “InterTeach” oder “Lehrkräfteplus”. In diesen wird sowohl von der starren C2-Regel, wie auch der “Zwei-Schulfächer”- Politik abgewichen.

 

Dies ist ein Zustand, den wir nicht dauerhaft hinnehmen dürfen.

Beschluss: Beschluss des Parteitags
Text des Beschlusses:

Antrag 57/II/2022 Gute Bildung für dich, für uns, für alle hier Lebenden und Ankommenden!

 

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Senat und die SPD-Fraktion werden aufgefordert, sich im Sinne eines besseren Ankommens von geflüchteten Kindern und Jugendlichen sowie des Lehrpersonals für folgende Maßnahmen einzusetzen:

 

1. Ausbau der Schulplatz- und Unterrichtskapazitäten für geflüchtete Kinder und Jugendliche

 

Unsere Priorität bei der Beschulung von neu ankommenden Kindern und Jugendlichen bleibt die Beschulung in Regelklassen bei Jüngeren bzw. in Sprachlernklassen/Willkommensklassen bei älteren Kindern und Jugendlichen. Diese Priorität gerät jedoch aktuell aufgrund der eher knappen Schulplatzsituation unter Druck .

Eine gesamtstädtische Strategie für Hilfen für in Not geratene Bezirke ist zu etablieren.Insbesondere müssen die durch die Geflüchteten entstehenden Schulplatzbedarfe zunächst einmal durch die betroffenen Senatsfachverwaltungen anerkannt werden. Sodann müssen schnell und unbürokratisch die erforderlichen finanziellen Mittel für temporäre Schulbauten zur Verfügung gestellt werden. Zur Deckung kurzfristiger Bedarfe, soll es den Bezirken ermöglicht werden, diese sowohl über die Anmietung als auch über den Kauf von modularen Ergänzungsbauten sowie notfalls Schulcontainern zu decken. Es soll geprüft werden, wie hinsichtlich der Errichtung temporärer Schulbauten (Pavillonprojekt, DFK) bereits anlaufende Formate überbezirklicher Dienstleistung bzw. Unterstützung ausgebaut werden können. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats sollen sich dafür einsetzen, dass diesem Vorhaben die erforderliche Unterstützung hinsichtlich zusätzlicher Stellen, unbürokratischer Verwaltungsabläufe sowie ggf. erforderlicher gesetzgeberischer Akte gewährt wird bis hin zur Erstellung von Rahmenverträgen. 

 

Sollte auch durch die intensivere Förderung der bestehende Strukturen, der Mangel an den bestehenden modularen Ergänzungsbauten oder Schulcontainer nicht behoben werden können, sollte geprüft werden, ob diese notfalls durch staatliche Unternehmen selbst produziert werden können.

 

Sind weitere Kapazitäten über die Flächen der Regelschulen hinaus notwendig, sollen Mittel schnellstmöglich freigegeben werden, um  bezirkseigener Bildungseinrichtungen zu nutzen. Gute Erfahrungen aus Bezirken wie Mitte mit Anbindung an Musik-, VHS-, sowie Jugendeinrichtungen sind dabei bildungsfernen Einrichtungen vorzuziehen.

Hinzu sollen zweckgebundene Gelder für die Bezirke freigegeben werden, um im äußersten Falle und in besonderen Notsituation auch Büroflächen, Vereinsräume und – bei Sicherung säkularer Nutzung – Flächen anerkannter Glaubensgemeinschaften deutlich über dem eigenen Schulbedarf anzumieten.Die Zuordnung zu einer Regelschule sowie die Verzahnung mit dem Unterricht der Regelklassen muss auch bei dieser Lösung erhalten bleiben, wenn sie auch am schwersten zu bewerkstelligen ist.

 

DaZ-/DaF-Lehrkräfte sollen weiterhin den Unterricht in besonderer Weise unterstützen und bleiben die Profession der Wahl bei der Eingliederung. 

 

2. Bereitstellung von herkunftssprachlichen analogen und digitalen Ressourcen für den Unterricht

 

Die kürzlich etablierten Begegnungsklassen in Friedrichshain-Kreuzberg sowie die dualen Angebote in Mitte sind ein Vorbild für behutsames Ankommen der geflüchteten Kinder und Jugendlichen. In beiden Fällen werden Lehrkräfte aus den Herkunftsländern und Berliner Pädagog*innen gemeinsam eingesetzt, um eine bestmögliche Begleitung der Jugendlichen sicherzustellen. Diese gilt es schrittweise auch in anderen Bezirken auszubauen und den Austausch der Bezirke zu stärken.

Dafür sind personelle Ressourcen bereitzustellen, die die Bereitstellung der Materialien in am stärksten vertretenen Herkunftssprachen unter den Ankommenden Schritt für Schritt ausbauen. Daneben sollen alle Informationen an die Eltern auch Übersetzungen in der Herkunftssprache beinhalten.

Aber nicht nur analoge, sondern auch digitale Angebote der Herkunftsländer gilt es zu stärken und mit den Angeboten des Landes Berlin zu verzahnen und in den Unterricht einzubinden. Die technischen Rahmenbedingungen sollten hierfür geschaffen werden und entsprechende Mittel sind freizugeben.

 

3. Eingliederung der Lehrkräfte aus dem EU- und Nicht-EU-Ausland erleichtern

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, sich innerhalb der KMK dafür einzusetzen, dass alle Voraussetzungen zur Anerkennung eines Studiums mit Lehramtsbezug oder eines Lehrkräfteabschlusses innerhalb der EU reduziert bzw. gestrichen werden. Insbesondere betrifft dies die sogenannte Zwei-Fach-Regelung, die die Eingliederung und Anerkennung besonders erschwert. 

 

Das C2 Niveau soll auf ein C1 Niveau reduziert werden. Sollte das C1 Niveau nicht nachgewiesen werden können, sollten geförderte staatliche Angebote etabliert werden. 

 

Als gutes Vorbild innerhalb der KMK soll im ersten Schritt die hohen Kosten des Anerkennungsverfahrens vom Land Berlin übernommen werden . Alle nicht EU- Absolvent*innen oder Lehrkräfte sollten zudem  auch vor einem KMK Beschluss ebenfalls keinerlei Gebühren zur Anerkennung entrichten müssen. Zudem sind jegliche Verfahren auch hier zu vereinfachen und etwaige pädagogische Lücken durch gezielte staatliche Fort- und Weiterbildungsangebote für Lehrkräfte aus dem nicht EU-Ausland zu schließen.

 

Zudem fordern wir die SPD Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, eine landesweite, mehrsprachige Kampagne zu entwickeln, um Studierende sehr guten Kenntnisse der häufigsten Herkunftssprachenh für die Betreuung von neu angekommenen Kindern und Jugendlichen im Ganztag oder im Unterricht zu gewinnen. Es ist darauf zu achten, dass die Kampagnen in verschiedenen Sprachen gestaltet werden. 

 

Des weiteren fordern wir, dass in Berlin nach dem Vorbild von “Interteach” oder “Lehrkräfteplus” Angebote finanziert und geschaffen werden, die die Eingliederung der ausländischen Lehrkräfte ermöglichen, bevor die KMK-Reform erfolgt ist.

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: