Antrag 197/I/2024 Berlin ist die Stadt der Religionsvielfalt

Status:
Nicht abgestimmt

4 Abs. 3 des Berliner Kirchensteuergesetzes wird wie folgt gefasst:

 

Im Falle einer glaubensverschiedenen Ehe ist die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 ausgeschlossen, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist.

Empfehlung der Antragskommission:
Ablehnung (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Stellungnahme ASJ

Beabsichtigt ist die Neufassung von § 4 Abs. 3 KiStG.

 

Der einschlägige Absatz weist bisher 4 Sätze auf und lautet: „Gehört nur ein Ehegatte einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft an (glaubensverschiedene Ehen), so ist die zu erhebende Kirchensteuer bei Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer nach dem Teil der Einkommensteuer beider Ehegatten zu bemessen, der auf den kirchenangehörigen Ehegatten entfällt. Zur Feststellung dieses Anteils ist die Einkommensteuer beider Ehegatten im Verhältnis der Einkommensteuerbeträge aufzuteilen, die sich bei der Anwendung des Einkommensteuertarifs nach § 32a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes ohne Berücksichtigung besonderer Tarifvorschriften nach §§ 32b, 34, 34b und 34c des Einkommensteuergesetzes auf die Summe der Einkünfte eines jeden Ehegatten ergeben würden; § 51a Absatz 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist bei der Ermittlung der Einkünfte eines jeden Ehegatten entsprechend anzuwenden. Soweit in der gemeinsamen Einkommensteuerschuld im Sinne des Satzes 2 eine nach dem gesonderten Steuertarif des § 32d des Einkommensteuergesetzes ermittelte Einkommensteuer enthalten ist, sind die gesondert besteuerten Kapitaleinkünfte und die gesondert ermittelte Einkommensteuer aus der Berechnung des Satzes 2 auszuscheiden und die gesondert ermittelte Einkommensteuer dem kirchensteuerpflichtigen Ehegatten mit dem auf ihn entfallenden Anteil an den Kapitalerträgen zuzurechnen. Die kirchlichen Regelungen zur Berechnung eines besonderen Kirchgeldes im Falle einer glaubensverschiedenen Ehe im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bleiben unberührt.

 

Er soll antragsgemäß auf den folgenden Text reduziert werden:

Im Falle einer glaubensverschiedenen Ehe ist die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 ausgeschlossen, wenn der Ehegatte des Steuerpflichtigen Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist.

 

3 Abs. 1 Nr. 5 KiStG lautet: „Steuern können erhoben werden […] 5. als besonderes Kirchengeld von Kirchensteuerpflichtigen, deren Ehegatte keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört (Kirchengeld in glaubensverschiedener Ehe), wenn der Steuerpflichtige mit seinem Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird.

 

Votum: Ablehnung

 

Begründung:

 

Sofern und soweit der Antrag darauf abzielen soll, ein – nur beim Ehegattensplitting möglicherweise anfallendes Kirchengeld – für den anderen Ehepartner pauschal zu verhindern, indem den Kirchengemeinschaften die Möglichkeit, durch kircheninterne Ermessensregelungen ein Kirchengeld aufzuerlegen, gesetzlich genommen werden soll, ist eine ersatzlose Streichung der Sätze 1 – 3, die Grundsätze der Gesetzesanwendung zum Ehegattensplitting betreffen, schon nicht geeignet, das Ziel zu erreichen. Eine dementsprechende Veränderung der Gesetzessystematik zum Ehegattensplitting bedürfte einer sachlichen Rechtfertigung, die von der Antragstellerin nicht vorgetragen wurde und auch sonst nicht ohne Weiteres ersichtlich ist.

 

Nach hiesiger Einschätzung gibt es kein sachliches Erfordernis dafür, ein Kirchengeld für den Fall auszuschließen, dass der Ehegatte des Steuerpflichtigen Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist: Jedem Bürger steht gegenwärtig frei, ob er Mitglied in einer Kirchengemeinschaft sein möchte oder nicht, d.h. wenn ein Bürger das Risiko eines Kirchengeldes ausschließen möchte (für den Fall, dass sein Ehepartner einer anderen Religionsgemeinschaft angehört, in der keine Kirchensteuer erhoben wird) können beide Ehepartner auf gemeinsame Veranlagung der Steuererklärung („Ehegattensplitting“) verzichten, wodurch es schon nicht zur Anwendung des § 4 Abs. 3 KiStG käme. Alternativ kann ein Ehepartner bei seiner Kirchengemeinschaft austreten und zur Religionsgemeinschaft seines Ehegatten wechseln (darauf zielt die Kirchengeld-Regelung vermutlich auch ursprünglich als „Anreizregelung“ ab) oder ersatzlos aus der Kirchengemeinschaft austreten, um ein Kirchengeld zu verhindern. Schließlich bleibt auch die Möglichkeit, dass die Ehegatten versuchen, innerhalb ihrer jeweiligen Kirchengemeinschaften auf eine Regelung hinzuwirken, die im Einzelfall dazu führt, dass diese von ihrem Recht, ein Kirchengeld zu erheben, keinen Gebrauch machen. (im Gesetz heißt es in § 3 Abs. 1 Nr. 5 KiStG insofern „kann“ erhoben werden und nicht „muss“).

 

Letztlich besteht der Eindruck, dass mit dem Antrag zwar die Vorteile des Ehegattensplittings erhalten werden sollen, aber mit der Abschaffung des Kirchgeldes zugleich die Vorteile genutzt werden sollen, die sich aus der Steuerfreiheit der Religionsgemeinschaft des Ehegatten ergeben. Das ist auch im Hinblick auf die Gleichbehandlung eine nicht zu rechtfertigende Privilegierung dieser besonderen Fallkonstellation. Wer die Zahlung von Kirchengeld vermeiden will, kann eine Einzelveranlagung seines Einkommens machen.