Die größten institutionellen Anleger*innen haben heutzutage ihre Finger in fast jedem Unternehmen im Spiel. Anleger*innen, welche einen so großen Einfluss auf verschiedene Unternehmen haben, besitzen eindeutig zu viel Marktmacht. Sie sind im Stande die Dinge so zu steuern, dass die Gewinne der Unternehmen auf Kosten der Konsument*innen, Arbeitnehmer*innen und Innovation ansteigen.
Institutionelle Anleger*innen sind Investor*innen, dessen Kapitalanlagen sehr hoch sind. Die größten Institutionellen Anleger*innen sind BlackRock, Vanguard, State Street und Fidelity. Solche Anleger*innen besitzen inzwischen 26% aller Unternehmensanteile in den USA. Mit 6,29 Billionen US-Dollar an verwaltetem Vermögen stellt BlackRock hierbei die größte unabhängige Vermögensverwalter*in der Welt dar. So ist BlackRock zum Beispiel auch bei 28 von 30 DAX Unternehmen Großaktionär*in. In absoluten Zahlen besitzen diese Investor*innen in den meisten Fällen zwar nie mehr als 6-7% eines Unternehmens. Da aber sehr viele Aktionär*innen ihren Einfluss auf das Unternehmen nicht ausüben, reichen solche Anteilsmengen schon aus, um sehr viel Macht auf das Unternehmen ausüben zu können. Es reicht allein aus, dass eine Investor*in zu den größten Einzelaktionär*innen gehört.
Betrachtet man eine einzelne Branche, hält diese kleine Gruppe von institutionellen Anleger*innen abwechselnd die größten Anteile an Unternehmen dieser Branche. Ein Beispiel bildet der US-Banken Sektor. Betrachtet man die größten Anteilseigner*innen der sechs größten US-Banken, fällt auf: BlackRock ist dreimal die größte, und dreimal die zweitgrößte Anteilseigner*in. Vanguard hingegen ist zum Beispiel bei drei dieser Banken, die zweitgrößte Einzelaktionär*in. Weiterhin finden sich die anderen Großinvestor*innen, wie State Street oder Fidelity alle samt unter den fünf größten Einzelaktionär*innen bei diesen Banken wieder. In deutschen Branchen sieht es sehr ähnlich aus.
Dadurch besitzen diese großen Anleger*innen viel zu viel Macht in diversen Branchen. Die institutionellen Anleger*innen haben ein Interesse daran, dass die Unternehmen eines Sektors möglichst viel Gewinn erzielen und die damit verbundene Ausschüttung am größten ist. Am größten werden diese Gewinne natürlich, wenn Unternehmen keinen Wettbewerb mehr untereinander führen und sie ihre Kosten senken. Dadurch werden die Preise für Konsument*innen erhöht, die Löhne für Arbeitnehmer*innen gesenkt und der Einfallsreichtum der Unternehmen gebremst. Investor*innen wie BlackRock nutzen ihre geballte Anteilsmacht um die verschiedenen Unternehmen einer Branche für ihre Ziele einzuspannen.
Es ist zwingend notwendig, die Macht dieser institutionellen Anleger*innen aufzubrechen.
Forderungen:
Wir fordern, dass institutionelle Anleger*innen pro Branche entweder:
1. einen Anteil von mehr als 1% an einem einzigen Unternehmen halten dürfen, in welchem Fall sie aber keine Anteile an anderen Unternehmen derselben Branche halten dürfen
oder
2. an mehreren Unternehmen Anteile halten dürfen, in welchem Fall sie jedoch nicht mehr als 1% aller Anteile eines Unternehmens halten dürfen.
Für institutionelle Anleger*innen welche nur stille Aktionär*innen sind, dass bedeutet sie machen von ihren Mitbestimmungsrechten keinen Gebrauch, ändert sich nichts.
Wir fordern außerdem, dass Sanktionen gefunden werden, welche bei Nichteinhalten dieser Regeln verhängt werden können.
LPT II/2019: Überwiesen an FA VII – Wirtschaft und Arbeit
LPT I-2020: vertagt auf LPT II/2020
Stellungnahme zum Antrag 266/II/2019 des FA VII zum LPT I-2020
Studien und statistische Untersuchungen, die insbesondere in den USA in letzter Zeit durchgeführt worden sind, weisen auf die Möglichkeit einer konkurrenzfeindlichen Marktbeeinflussung durch institutionelle Investoren hin, welche Minderheitsanteile an börsennotierten und gleichzeitig untereinander konkurrierenden Unternehmen der gleichen Branche halten (sog. „common ownerships“). Solche Investoren bilden de facto Gesellschaftergruppen mit gleichgelagertem Interesse. Durch Ausübung ihrer Rechte – wie z.B. durch Abstimmung bei Entscheidungen über die Unternehmensstrategien oder bei der Wahl von Vorstandsmitgliedern und der Festlegung ihrer Vergütungen – oder auch einfach durch Enthaltung bei gewissen Maßnahmen sollen sie die Wettbewerbsintensität in ihrem Markt vermindern. Höhere Marktpreise, als man bei ungehindertem Wettbewerb hätte, sind u.a. das Ergebnis. Das geht allgemein zu Lasten der Konsumenten und insbesondere der weniger wohlhabenden Schichten der Gesellschaft.
Zur Zeit findet eine sehr lebhafte Diskussion auch in Europa statt, ohne daß sich bisher eine herrschende Meinung bilden konnte. Die deutsche Monopolkommission hat dazu zweimal Stellung genommen – das letzte Mal mit dem XXII. Hauptgutachten „Wettbewerb 2018“, https://www. monopolkommission.de/images/HG22/HGXXII_Gesamt.pdf – und dabei auf die Bedeutung des Problems hingewiesen. Besonders kontrovers sind eine genaue Identifizierung der Prozesse, die zu einer wettbewerbsverzerrenden Einflußnahme durch institutionelle Investoren führen sollen, sowie die statistische Untermauerung der Kausalitätsrelation zwischen ihren horizontalen Minderheitsbeteiligungen und der Schwächung von Wettbewerbsmechanismen. Sie läßt sich schwierig durch Anwendung von Regressionsmethoden belegen. Die Position der Monopolkommission lautet konkret, „daß es – obwohl ein Risikopotenzial besteht – zum gegenwärtigen Zeitpunkt verfrüht wäre, (wettbewerbs)rechtliche oder regulatorische Maßnahmen zu ergreifen. Zuvor bedarf es weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse und empirischer Belege für einen Zusammenhang zwischen indirekten Horizontalverflechtungen und antikompetitiven Effekten.“ (HGXXII, S. 215).
Unsere Position ist, daß starke Bedenken über die Rolle von institutionellen Investoren mit Blick auf die Marktmechanismen trotz der Kritik, die gegenüber den empirischen Modellen zur Schilderung der Effekte aus common ownerships erhoben worden sind, berechtigt sind.
Ein weiterer und grundsätzlich anderer Aspekt sind die schiere Größe, die insbesondere US-institutionelle Investoren wie BlackRock oder Vanguard inzwischen angenommen haben, und die möglichen Konsequenzen für den Markt und seine Liquidität, die sich daraus im Falle einer Wirtschaftskrise ergeben können. Wie die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP antwortet (Drucksache 19/6675 über „Wettbewerbsverzerrungen durch Indexfonds und Common Ownership“): „Mögliche Auswirkungen auf die Finanzstabilität und die Aktienmärkte in verschiedenen Marktphasen sind Gegenstand von Beobachtung und Analysen von Aufsichtsbehörden und für die Finanzstabilität zuständigen Institutionen“. U.a. beschäftigt sich der FSB – Financial Stability Board mit den potentiellen Risiken, die sich aus Produkten von institutionellen Investoren wie z.B. ETF’s ergeben können – insbesondere, wenn sie mit Derivaten und synthetischen Strukturen verbunden sind.
Die Vorschläge der Antragssteller dürften auf Empfehlungen von US-Professoren zurückgreifen (E. Posner, F. Scott Morton, E. Glen Weyl: „A Proposal to Limit the Anti-Competitive Power of Institutional Investors“, 2017), allerdings mit wichtigen Abweichungen.
Das Verbot für einen institutionellen Investor, mehr als 1% der Aktien von jedem Unternehmen einer Branche zu halten (es sei denn, der Investor konzentriert seine Beteiligung auf ein einzelnes Unternehmen bzw. verhält sich vollkommen „passiv“ und verzichtet u.a. auf die Ausübung seiner Stimmrechte als Aktionär und meidet jeden Kontakt zum Management), gilt allgemein und nicht nur, wenn die betreffende Branche einen hohen Konzentrationsgrad aufweist (z.B. wenn der sog. Herfindahl-Hirschmann Index für die Branche höher als 2.500 Punkte liegt – zum Vergleich: Die Monopolkommission berichtet, daß sich der Mittelwert für den gesamten deutschen Markt grundsätzlich konstant auf einem Niveau von ca. 1.500 Punkten bewegt).
Während das eigentliche Hauptziel der US-Professoren eine radikale und in ihrer Logik unvermeidbare Einschränkung der Portfoliodiversifizierung von institutionellen Investoren ist (hohe HHI Werte, die für eine starke Marktkonzentration stehen, sind sehr oft auf die zunehmend praktizierte Diversifizierung der Portfolien zurückzuführen – z.B. durch die steigende Nutzung von Indexfonds – selbst bei niedrigen Beteiligungsquoten institutioneller Investoren wie zwischen 1% und 2%, ), scheint das eigentliche Ziel der Antragssteller, die Aufspaltung der institutionellen Investoren selbst zu sein.
Wie von mehreren Seiten vorgetragen, würde aber die Einführung so strenger Regelungen für institutionelle Investoren schwerwiegende Folgen für den Markt haben, da tragende Teile der Kapitalsammelstellen in ihren Marktaufgaben grundlegend eingeschränkt wären hin bis zu ihrer möglichen Aufgabe. Hinzu käme, daß die Kapitalmarktallokation selbst beeinträchtigt wäre, weil der Portfoliodiversifizierung enge Grenzen gesetzt wären. Kosten für die Portfolioverwaltung würden steigen und Portfolioschwankungen würden sich erhöhen, falls wesentlich höhere Beteiligungen in einzelnen Unternehmen überhaupt eingegangen werden, bzw. der verbreitete Verzicht auf eine aktive Beteiligungsverwaltung eine wesentliche Störung von Kontroll- und Steuerungsfunktionen bei den Unternehmen mit sich bringen könnte.
Auf das sehr schwierige Thema der Einführung von Regelungen in einem globalisierten Markt wird hier nicht eingegangen.
Wir teilen die oben aufgeführte Meinung der Monopolkommission, die besser gesicherte Erkenntnisse über antikompetitive Effekte vom common ownership verlangt, bevor man Maßnahmen ergreift. Denkbar wäre inzwischen, wie von manchen vorgeschlagen (z.B. Einer Elhauge, Harvard Law School, „How horizontal shareholding harms our economy – and why antitrust law can fix it“, 2019), eine konsequentere und erweiterte Anwendung bestehender Regeln zu überlegen – in Europa würde es u.a. heißen, den Anwendungsbereich der Art. 101 und 102, AEUV/TFEU ziel- und praxisgerecht zu erweitern.
Aus den oben geschilderten Gründen wird hier empfohlen, dem Antrag nicht zuzustimmen.