Antrag 118/II/2019 Segregation im Berliner Schulsystem bekämpfen

Status:
Annahme mit Änderungen

Die soziale Segregation im Berliner Schulsystem zeigt sich darin, dass wir zahlreiche Schulen haben, die überwiegend von Kinder aus ärmeren Familien besucht werden, während es an anderen Orten in der Stadt Schulen gibt, die fast ausschließlich von Famlien aus der Mittelschicht aufgesucht werden. Die Ursachen der Segregation sind vielschichtig und dennoch stellen immer mehr Studien einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Segregation in Schulen und den Ergebnissen in Leistungsvergleichen fest: je durchmischter die Klasse, desto besser die Leistung, vor allem der benachteiligten Schüler*nnen. Somit leistet die Durchmischung der Berliner Schulen einen Beitrag zu deren Qualität und muss eines der zentralen Ziele der Berliner Bildungspolitik bleiben.

 

Im vergangenen Jahrzehnt haben wir mit der Schulstrukturreform einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu mehr Durchmischung getan, die zeitgleiche Reform der Mittelzuweisung (Personal für Sprachförderung, Bonusprogramm, Zulage für Lehrkräfte) ist ebenfalls ein wichtiger Baustein gewesen. Wir müssen auf dieser Grundlage weiter aufbauen und nächste Schritte im Sinne einer verstärkten Durchmischung an Berliner Schulen gehen.

In diesem Sinne werden die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats aufgefordert, folgende Maßnahmen noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen:

 

1. Stärkung der gymnasialen Oberstufen im Verbund

Die Schulstrukturreform der Nullerjahre und die damit einhergehende Abschaffung der Hauptschulen war ein entscheidender Baustein für mehr Durchmischung in unseren Schulen. Das Versprechen der Gleichwertigkeit der beiden Säulen der Berliner Bildungslandschaft ist jedoch (noch) nicht zu Ende eingelöst. Insbesondere sind die Integrierten Sekundarschulen (ISS) und Gemeinschaftsschulen (GemS) ohne eigene Oberstufe in den Fokus zu rücken. Wir müssen anerkennen: ISS und GemS mit eigener Oberstufe werden den entsprechenden Schulformen ohne eigener Oberstufe bevorzugt. Noch in dieser Legislatur soll daher schulgesetzlich und konzeptionell erreicht werden, dass jede weiterführende Schule selbst und nicht nur durch Kooperation mit Oberstufenzentren (OSZ) zu allen Abschlüssen führt. Dies kann sie entweder in Form einer eigenen Oberstufe, im Verbund mit weiteren ISS/GemS oder im Verbund mit einem OSZ machen. Die bisherige rein kooperative Form der Zusammenarbeit zwischen OSZ und ISS hat sich im Kampf gegen Segregation an Schulen als hinderlich erwiesen und ist daher abzulehnen.
Der Ausbau der Verbundoberstufen, gerade in Regionen in schwieriger Lage muss, strategisch von den Schulaufsichten begleitet werden. Dazu gehört auch die Klärung des bezirklichen Konfliktes zwischen der Schaffung von Schulplätzen im allgemeinbildenden Bereich auf der einen Seite und Schaffung der Oberstufenplätze auf der anderen Seite.

 

2. Gleichlaufende Förderung innerhalb der GemS/ ISS-Säule

Sozialdemokratische Politik darf die Gemeinschaftsschulen und Integrierte Sekundarschulen nicht gegeneinander ausspielen. Beide verfolgen ein gemeinsames Ziel. Unser politisches Ziel für die Zukunft bleibt die Gemeinschaftsschule. Jedoch gilt es die bestehenden GemS und ISS im Gleichschritt weiterzuentwickeln und sie zu einer gemeinsamen, starken dem Gymnasium gleichgestellten Säule zu entwickeln. Anknüpfend an den Beschluss 106/I/2019 soll die Stärkung der gemeinsamen ISS/GemS-Säule in dieser Legislatur folgende Punkte beinhalten:

 

  • GemS werden bei Neugründungen von Schulen besonders berücksichtigt,
  • freiwillige Fusionen von Grundschulen und ISS zu Gemeinschaftsschulen werden von Schulaufsichten positiv begleitet,
  • diejenigen GemS und ISS, die sich besonders der Inklusion widmen, bekomen entsprechende personelle Unterstützung,
  • der Zugang zu GemS und ISS wird jeweils kritisch betrachtet und ggf. im Sinne einer höheren Durchlässigkeit reformiert.

 

3. Neue Sozialindizes müssen her

Das sozialdemokratische Leitprinzip „Beste Schulen in schwieriger Lage“ heißt in derPraxis, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen sich an der sozialen Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler orientiert. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben wir immer wieder nach diesem Ansatz agiert: sei es die personelle Auststattung, die Schulen in schwieriger Lage erheblich mehr Personal zumisst, das Bonusprogramm, das den Schulen mehr Geld zur freien Verfügung gewährt oder die finanzielle Zulage für Lehrkräfte, die an Schulen in schwieriger Lage arbeiten – immer bildet der Sozialindikator die Grundlage für die besondere Mittelzuweisung.
Auch zukünftig soll sich die sozialdemokratische Bildungspolitik an diesen Kriterien orientieren. Der aktuelle Sozialindikator LmB (der die Anzahl der bisher lernmittelbefreiten SchülerInnen widergibt) wird jedoch wegen der eingeführten Lernmittelfreiheit generell wegfallen. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen stabilen, möglichst fehlerresistenten Faktor zu etablieren. Das alleinige Erfassen der Berlinpass-Inhaber reicht dabei nicht. Insbesondere soll bei der Einführung des Indikators darauf geachtet werden, dass sich der Aufwand für die Schulen im Rahmen hält und dass auch das Spektrum der Kriterien über den reinen Transferleistungsempfängerkreis hinaus geweitet wird. Als Vorbild kann dabei der Hamburger Sozialindex dienen.

 

4. Schulentwicklung an Schulen in schwieriger Lage

Die datenorientierte Schul- und Unterrichtsentwicklung ist das Kernstück des aktuellen Qualitätspakets der Senatsverwaltung für Bildung. Das Ziel ist es dabei, alle Berliner Schulen darin zu stärken, kritisch auf die eigenen Ergebnisse zu schauen und sich auf dieser Grundlage konkrete, messbare Ziele für Schul- und Unterrichtsentwicklung zu stecken. Schulen in schwieriger Lage werden jedoch mehr brauchen als nur das Indikatorenmodell. Sie brauchen zeitliche Ressourcen für ihre Lehrkräfte, professionelle Begleitung und ein ausreichendes Budget, mit denen die Schulen selbst zu ihrer jeweiligen Situation passende zusätzliche Angebote schaffen. Nur dann können sie auch die tatsächlichen Motoren der Schulentwicklung in Berlin werden, die sie laut dem Leitspruch „Beste Schulen in schwieriger Lage“ sein sollen. Die Voraussetzungen für die besondere Stärkung der Schulen in schwieriger Lage sind bereits mit dem Haushalt 20/21 bereitzustellen.

 

5. Auch für Privatschulen gilt das Sonderungsverbot

Unser Grundgesetz ist eindeutig: keine – auch keine Privatschule – hat das Recht Kinder aufgrund des Geldbeutels der Eltern abzulehnen. Die Landesregelungen zu Privatschulen – sowohl im Schulgesetz als auch die Durchführungsverordnung – bilden dieses Ziel jedoch nicht adäquat ab. Im Sinne des LPT-Beschlusses 86/I/2018 gilt es daher, noch in dieser Legislaturperiode eine verbindliche Schulgeldtabelle für Privatschulen einzuführen, die sicherstellt, dass das Schulgeld vom Einkommen der Eltern abhängt und für Familien ohne Einkommen kein Schulgeld verlangt wird. Damit stellen wir sicher, dass auch Privatschulen für alle Familien zugänglich sind. Das Finanzierungsmodell soll zudem im Rahmen der bisher zur Verfügung stehenden Zuschüsse eine höhere Zuweisung an Privatschulen ermöglichen, die verstärkt inklusiv arbeiten und Schüler*innen aus sozial benachteiligten Familien aufnehmen.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Die soziale Segregation im Berliner Schulsystem zeigt sich darin, dass wir zahlreiche Schulen haben, die überwiegend von Kinder aus ärmeren Familien besucht werden, während es an anderen Orten in der Stadt Schulen gibt, die fast ausschließlich von Famlien aus der Mittelschicht aufgesucht werden. Die Ursachen der Segregation sind vielschichtig und dennoch stellen immer mehr Studien einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Segregation in Schulen und den Ergebnissen in Leistungsvergleichen fest: je durchmischter die Klasse, desto besser die Leistung, vor allem der benachteiligten Schüler*nnen. Somit leistet die Durchmischung der Berliner Schulen einen Beitrag zu deren Qualität und muss eines der zentralen Ziele der Berliner Bildungspolitik bleiben.

 

Im vergangenen Jahrzehnt haben wir mit der Schulstrukturreform einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu mehr Durchmischung getan, die zeitgleiche Reform der Mittelzuweisung (Personal für Sprachförderung, Bonusprogramm, Zulage für Lehrkräfte) ist ebenfalls ein wichtiger Baustein gewesen. Wir müssen auf dieser Grundlage weiter aufbauen und nächste Schritte im Sinne einer verstärkten Durchmischung an Berliner Schulen gehen.

In diesem Sinne werden die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats aufgefordert, folgende Maßnahmen noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen:

 

1. Stärkung der gymnasialen Oberstufen im Verbund

Die Schulstrukturreform der Nullerjahre und die damit einhergehende Abschaffung der Hauptschulen war ein entscheidender Baustein für mehr Durchmischung in unseren Schulen. Das Versprechen der Gleichwertigkeit der beiden Säulen der Berliner Bildungslandschaft ist jedoch (noch) nicht zu Ende eingelöst. Insbesondere sind die Integrierten Sekundarschulen (ISS) und Gemeinschaftsschulen (GemS) ohne eigene Oberstufe in den Fokus zu rücken. Wir müssen anerkennen: ISS und GemS mit eigener Oberstufe werden den entsprechenden Schulformen ohne eigener Oberstufe bevorzugt. Noch in dieser Legislatur soll daher schulgesetzlich und konzeptionell erreicht werden, dass jede weiterführende Schule selbst und nicht nur durch Kooperation mit Oberstufenzentren (OSZ) zu allen Abschlüssen führt. Dies kann sie entweder in Form einer eigenen Oberstufe, im Verbund mit weiteren ISS/GemS oder im Verbund mit einem OSZ machen. Die bisherige rein kooperative Form der Zusammenarbeit zwischen OSZ und ISS hat sich im Kampf gegen Segregation an Schulen als hinderlich erwiesen und ist daher abzulehnen.
Der Ausbau der Verbundoberstufen, gerade in Regionen in schwieriger Lage muss, strategisch von den Schulaufsichten begleitet werden. Dazu gehört auch die Klärung des bezirklichen Konfliktes zwischen der Schaffung von Schulplätzen im allgemeinbildenden Bereich auf der einen Seite und Schaffung der Oberstufenplätze auf der anderen Seite.

 

2. Gleichlaufende Förderung innerhalb der GemS/ ISS-Säule

Sozialdemokratische Politik darf die Gemeinschaftsschulen und Integrierte Sekundarschulen nicht gegeneinander ausspielen. Beide verfolgen ein gemeinsames Ziel. Unser politisches Ziel für die Zukunft bleibt die Gemeinschaftsschule. Jedoch gilt es die bestehenden GemS und ISS im Gleichschritt weiterzuentwickeln und sie zu einer gemeinsamen, starken dem Gymnasium gleichgestellten Säule zu entwickeln. Anknüpfend an den Beschluss 106/I/2019 soll die Stärkung der gemeinsamen ISS/GemS-Säule in dieser Legislatur folgende Punkte beinhalten:

 

  • GemS werden bei Neugründungen von Schulen besonders berücksichtigt,
  • freiwillige Fusionen von Grundschulen und ISS zu Gemeinschaftsschulen werden von Schulaufsichten positiv begleitet,
  • diejenigen GemS und ISS, die sich besonders der Inklusion widmen, bekomen entsprechende personelle Unterstützung,
  • der Zugang zu GemS und ISS wird jeweils kritisch betrachtet und ggf. im Sinne einer höheren Durchlässigkeit reformiert, wie zum Beispiel durch die Erhöhung der Los Quote bei Übernachfrage auf bis zu 100%

 

3. Neue Sozialindizes müssen her

Das sozialdemokratische Leitprinzip „Beste Schulen in schwieriger Lage“ heißt in derPraxis, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen sich an der sozialen Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler orientiert. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben wir immer wieder nach diesem Ansatz agiert: sei es die personelle Auststattung, die Schulen in schwieriger Lage erheblich mehr Personal zumisst, das Bonusprogramm, das den Schulen mehr Geld zur freien Verfügung gewährt oder die finanzielle Zulage für Lehrkräfte, die an Schulen in schwieriger Lage arbeiten – immer bildet der Sozialindikator die Grundlage für die besondere Mittelzuweisung.
Auch zukünftig soll sich die sozialdemokratische Bildungspolitik an diesen Kriterien orientieren. Der aktuelle Sozialindikator LmB (der die Anzahl der bisher lernmittelbefreiten SchülerInnen widergibt) wird jedoch wegen der eingeführten Lernmittelfreiheit generell wegfallen. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen stabilen, möglichst fehlerresistenten Faktor zu etablieren. Das alleinige Erfassen der Berlinpass-Inhaber reicht dabei nicht. Insbesondere soll bei der Einführung des Indikators darauf geachtet werden, dass sich der Aufwand für die Schulen im Rahmen hält und dass auch das Spektrum der Kriterien über den reinen Transferleistungsempfängerkreis hinaus geweitet wird. Als Vorbild kann dabei der Hamburger Sozialindex dienen.

 

4. Schulentwicklung an Schulen in schwieriger Lage

Die datenorientierte Schul- und Unterrichtsentwicklung ist das Kernstück des aktuellen Qualitätspakets der Senatsverwaltung für Bildung. Das Ziel ist es dabei, alle Berliner Schulen darin zu stärken, kritisch auf die eigenen Ergebnisse zu schauen und sich auf dieser Grundlage konkrete, messbare Ziele für Schul- und Unterrichtsentwicklung zu stecken. Schulen in schwieriger Lage werden jedoch mehr brauchen als nur das Indikatorenmodell. Sie brauchen zeitliche Ressourcen für ihre Lehrkräfte, professionelle Begleitung und ein ausreichendes Budget, mit denen die Schulen selbst zu ihrer jeweiligen Situation passende zusätzliche Angebote schaffen. Nur dann können sie auch die tatsächlichen Motoren der Schulentwicklung in Berlin werden, die sie laut dem Leitspruch „Beste Schulen in schwieriger Lage“ sein sollen. Die Voraussetzungen für die besondere Stärkung der Schulen in schwieriger Lage sind bereits mit dem Haushalt 20/21 bereitzustellen.

 

5. Auch für Privatschulen gilt das Sonderungsverbot

Unser Grundgesetz ist eindeutig: keine – auch keine Privatschule – hat das Recht Kinder aufgrund des Geldbeutels der Eltern abzulehnen. Die Landesregelungen zu Privatschulen – sowohl im Schulgesetz als auch die Durchführungsverordnung – bilden dieses Ziel jedoch nicht adäquat ab. Im Sinne des LPT-Beschlusses 86/I/2018 gilt es daher, noch in dieser Legislaturperiode eine verbindliche Schulgeldtabelle für Privatschulen einzuführen, die sicherstellt, dass das Schulgeld vom Einkommen der Eltern abhängt und für Familien ohne Einkommen kein Schulgeld verlangt wird. Damit stellen wir sicher, dass auch Privatschulen für alle Familien zugänglich sind. Das Finanzierungsmodell soll zudem im Rahmen der bisher zur Verfügung stehenden Zuschüsse eine höhere Zuweisung an Privatschulen ermöglichen, die verstärkt inklusiv arbeiten und Schüler*innen aus sozial benachteiligten Familien aufnehmen.

Beschluss: Annahme mit Änderungen
Text des Beschlusses:

Die soziale Segregation im Berliner Schulsystem zeigt sich darin, dass wir zahlreiche Schulen haben, die überwiegend von Kinder aus ärmeren Familien besucht werden, während es an anderen Orten in der Stadt Schulen gibt, die fast ausschließlich von Famlien aus der Mittelschicht aufgesucht werden. Die Ursachen der Segregation sind vielschichtig und dennoch stellen immer mehr Studien einen Zusammenhang zwischen dem Grad der Segregation in Schulen und den Ergebnissen in Leistungsvergleichen fest: je durchmischter die Klasse, desto besser die Leistung, vor allem der benachteiligten Schüler*nnen. Somit leistet die Durchmischung der Berliner Schulen einen Beitrag zu deren Qualität und muss eines der zentralen Ziele der Berliner Bildungspolitik bleiben.

 

Im vergangenen Jahrzehnt haben wir mit der Schulstrukturreform einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu mehr Durchmischung getan, die zeitgleiche Reform der Mittelzuweisung (Personal für Sprachförderung, Bonusprogramm, Zulage für Lehrkräfte) ist ebenfalls ein wichtiger Baustein gewesen. Wir müssen auf dieser Grundlage weiter aufbauen und nächste Schritte im Sinne einer verstärkten Durchmischung an Berliner Schulen gehen.

In diesem Sinne werden die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats aufgefordert, folgende Maßnahmen noch in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen:

 

1. Stärkung der gymnasialen Oberstufen im Verbund

Die Schulstrukturreform der Nullerjahre und die damit einhergehende Abschaffung der Hauptschulen war ein entscheidender Baustein für mehr Durchmischung in unseren Schulen. Das Versprechen der Gleichwertigkeit der beiden Säulen der Berliner Bildungslandschaft ist jedoch (noch) nicht zu Ende eingelöst. Insbesondere sind die Integrierten Sekundarschulen (ISS) und Gemeinschaftsschulen (GemS) ohne eigene Oberstufe in den Fokus zu rücken. Wir müssen anerkennen: ISS und GemS mit eigener Oberstufe werden den entsprechenden Schulformen ohne eigener Oberstufe bevorzugt. Noch in dieser Legislatur soll daher schulgesetzlich und konzeptionell erreicht werden, dass jede weiterführende Schule selbst und nicht nur durch Kooperation mit Oberstufenzentren (OSZ) zu allen Abschlüssen führt. Dies kann sie entweder in Form einer eigenen Oberstufe, im Verbund mit weiteren ISS/GemS oder im Verbund mit einem OSZ machen. Die bisherige rein kooperative Form der Zusammenarbeit zwischen OSZ und ISS hat sich im Kampf gegen Segregation an Schulen als hinderlich erwiesen und ist daher abzulehnen.
Der Ausbau der Verbundoberstufen, gerade in Regionen in schwieriger Lage muss, strategisch von den Schulaufsichten begleitet werden. Dazu gehört auch die Klärung des bezirklichen Konfliktes zwischen der Schaffung von Schulplätzen im allgemeinbildenden Bereich auf der einen Seite und Schaffung der Oberstufenplätze auf der anderen Seite.

 

2. Gleichlaufende Förderung innerhalb der GemS/ ISS-Säule

Sozialdemokratische Politik darf die Gemeinschaftsschulen und Integrierte Sekundarschulen nicht gegeneinander ausspielen. Beide verfolgen ein gemeinsames Ziel. Unser politisches Ziel für die Zukunft bleibt die Gemeinschaftsschule. Jedoch gilt es die bestehenden GemS und ISS im Gleichschritt weiterzuentwickeln und sie zu einer gemeinsamen, starken dem Gymnasium gleichgestellten Säule zu entwickeln. Anknüpfend an den Beschluss 106/I/2019 soll die Stärkung der gemeinsamen ISS/GemS-Säule in dieser Legislatur folgende Punkte beinhalten:

 

  • GemS werden bei Neugründungen von Schulen besonders berücksichtigt,
  • freiwillige Fusionen von Grundschulen und ISS zu Gemeinschaftsschulen werden von Schulaufsichten positiv begleitet,
  • diejenigen GemS und ISS, die sich besonders der Inklusion widmen, bekomen entsprechende personelle Unterstützung,
  • der Zugang zu GemS und ISS wird jeweils kritisch betrachtet und ggf. im Sinne einer höheren Durchlässigkeit reformiert, wie zum Beispiel durch die Erhöhung der Los Quote bei Übernachfrage auf bis zu 100%

 

3. Neue Sozialindizes müssen her

Das sozialdemokratische Leitprinzip „Beste Schulen in schwieriger Lage“ heißt in derPraxis, dass die finanzielle und personelle Ausstattung der Schulen sich an der sozialen Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler orientiert. Innerhalb der letzten zehn Jahre haben wir immer wieder nach diesem Ansatz agiert: sei es die personelle Auststattung, die Schulen in schwieriger Lage erheblich mehr Personal zumisst, das Bonusprogramm, das den Schulen mehr Geld zur freien Verfügung gewährt oder die finanzielle Zulage für Lehrkräfte, die an Schulen in schwieriger Lage arbeiten – immer bildet der Sozialindikator die Grundlage für die besondere Mittelzuweisung.
Auch zukünftig soll sich die sozialdemokratische Bildungspolitik an diesen Kriterien orientieren. Der aktuelle Sozialindikator LmB (der die Anzahl der bisher lernmittelbefreiten SchülerInnen widergibt) wird jedoch wegen der eingeführten Lernmittelfreiheit generell wegfallen. Daher ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um einen stabilen, möglichst fehlerresistenten Faktor zu etablieren. Das alleinige Erfassen der Berlinpass-Inhaber reicht dabei nicht. Insbesondere soll bei der Einführung des Indikators darauf geachtet werden, dass sich der Aufwand für die Schulen im Rahmen hält und dass auch das Spektrum der Kriterien über den reinen Transferleistungsempfängerkreis hinaus geweitet wird. Als Vorbild kann dabei der Hamburger Sozialindex dienen.

 

4. Schulentwicklung an Schulen in schwieriger Lage

Die datenorientierte Schul- und Unterrichtsentwicklung ist das Kernstück des aktuellen Qualitätspakets der Senatsverwaltung für Bildung. Das Ziel ist es dabei, alle Berliner Schulen darin zu stärken, kritisch auf die eigenen Ergebnisse zu schauen und sich auf dieser Grundlage konkrete, messbare Ziele für Schul- und Unterrichtsentwicklung zu stecken. Schulen in schwieriger Lage werden jedoch mehr brauchen als nur das Indikatorenmodell. Sie brauchen zeitliche Ressourcen für ihre Lehrkräfte, professionelle Begleitung und ein ausreichendes Budget, mit denen die Schulen selbst zu ihrer jeweiligen Situation passende zusätzliche Angebote schaffen. Nur dann können sie auch die tatsächlichen Motoren der Schulentwicklung in Berlin werden, die sie laut dem Leitspruch „Beste Schulen in schwieriger Lage“ sein sollen. Die Voraussetzungen für die besondere Stärkung der Schulen in schwieriger Lage sind bereits mit dem Haushalt 20/21 bereitzustellen.

 

5. Auch für Privatschulen gilt das Sonderungsverbot

Unser Grundgesetz ist eindeutig: keine – auch keine Privatschule – hat das Recht Kinder aufgrund des Geldbeutels der Eltern abzulehnen. Die Landesregelungen zu Privatschulen – sowohl im Schulgesetz als auch die Durchführungsverordnung – bilden dieses Ziel jedoch nicht adäquat ab. Im Sinne des LPT-Beschlusses 86/I/2018 gilt es daher, noch in dieser Legislaturperiode eine verbindliche Schulgeldtabelle für Privatschulen einzuführen, die sicherstellt, dass das Schulgeld vom Einkommen der Eltern abhängt und für Familien ohne Einkommen kein Schulgeld verlangt wird. Damit stellen wir sicher, dass auch Privatschulen für alle Familien zugänglich sind. Das Finanzierungsmodell soll zudem im Rahmen der bisher zur Verfügung stehenden Zuschüsse eine höhere Zuweisung an Privatschulen ermöglichen, die verstärkt inklusiv arbeiten und Schüler*innen aus sozial benachteiligten Familien aufnehmen.

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
Stellungnahme der AH-Fraktion 2020 (AK II): Der AK II debattiert über Fragen der Segregation im Berliner Schulsystem fortwährend und setzt sich für Chancengleichheit ein. Dieses Engagement wurde hinsichtlich der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Berliner Schulsystem weiter verstärkt. Zu Beginn des Schuljahre 2020/2021 wurde auf Initiative des AK II und mit Unterstützung der Koalition ein umfangreicher Antrag im Abgeordnetenhaus beschlossen, der zahlreiche Maßnahmen beinhaltet, um die Chancengleichheit aller Schüler*innen beim Zugang und Erwerb von Bildung bestmöglich zu gewährleisten. So werden neben einer Priorität für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf auch mehr Räume für Bildung und Betreuung und die Einbindung zusätzlichen Personals gefordert. Ermessenspielräume der Schulen sollen unter Gewährleistung von Mindeststandards erhalten bleiben. Digitales Lernen sei chancengerecht zu gestalten. Im Zuge dessen hat sich der AK II auch umfangreich für die Beschaffung von 50.000 Endgeräten für besonders benachteiligte Schüler*innen eingesetzt.   Der AK II unterstützt die Stärkung der gymnasialen Oberstufe im Verbund. Sie ist Teil der laufenden Gespräche zu einer möglichen SchulG-Novelle innerhalb der Koalition. Ziel des AK II ist es unter Berücksichtigung der Schulaufsichten und der Schulkonferenzen die Verbundoberstufe für Schulen, die keine eigene Oberstufe vorhalten, zur Regel zu machen. Die über den Verbund hinausgehende mögliche Kooperation von Sekundarschulen mit OSZs und Grundschulen sollen erhalten bleiben. Zusätzlich unterstützt der AK II auch die Weiterentwicklung von Gemeinschaftsschulen und ISSen. Eine Anpassung der Los-Quote im Sinne der Durchlässigkeit wird im Zuge einer möglichen SchulG-Änderung innerhalb der Koalition debattiert. Ziel des AK II ist es, einer Segregation innerhalb des zweigliedrigen Schulsystems entgegenzutreten.   Zurzeit befasst man sich im AK II mit möglichen Sozialindizes, um gezielt besondere Bedarfe von Schülerschaften zu erfassen. Die vorhandenen Indizes der LmB- und BuT-Quote hält man nach wie vor für praktikabel. Da die Quoten allerdings kontinuierlichen Schwankungen unterliegen, gibt es Überlegungen dazu, die quotenabhängigen Regelungen bei der Finanzierung des Schulsystems flexibler zu gestalten.   Neben einer Fortführung des Bonus-Programms und der Zulage für Beschäftigte an Schulen in schwieriger Lage konnte der AK II im Zuge der Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 die Idee der „Berlin-Challenge“ durchsetzen und Mittel hierfür bereitstellen. Zielstellung der Berlin-Challenge ist es, Schulen mit hohem Anteil sozial benachteiligter Schüler*innen bei der Schulentwicklung zu unterstützen. Auf der Grundlage des datenbasierten Indikatorenmodells sollen die beteiligten Schulen konkrete Entwicklungsziele verfolgen und quantitative Erfolge nachweisen. Das Angebot richtet sich an alle Grund- und weiterführenden Schulen mit hohem Anteil sozial benachteiligter Schüler*innen. Die sich bewerbenden Schulen sollen dabei aus dem Bezirken Mitte, Neukölln, Spandau sowie Marzahn-Hellersdorf stammen. Am Programm können 20 Schulen, welche sich freiwillig und durch Beschluss der Schulgremien zur Teilnahme an dem Programm bewerben, teilnehmen. Anhand eines Baukastens werden vielfältige Möglichkeiten für die teilnehmenden Schulen zusammengestellt, welcher sowohl feste Angebote (z.B. Sprachentwickler oder Digitalisierungsexperten) als auch freie Mittel zur Erreichung eigener Ziele der Schulen enthält. Alle Schulen im Programm werden durch ein Führungscoaching und eine Prozessbegleitung unterstützt, und es werden Rahmenbedingungen mit der Möglichkeit des Austauschs zwischen den teilnehmenden Schulen geschaffen. Zusätzlich sollen den an der Vorbereitung der Schulentwicklung beteiligten Lehrkräfte Entlastungsstunden für ihren Einsatz gewährt werden. Hierfür wurden im Doppelhaushalt 2020/2021 5 Mio. € p.a. bereitgestellt.   Der AK II teilt die Einschätzung der Notwendigkeit einer Überarbeitung des Finanzierungsmodells von Freien Schulen vollumfänglich. Im Zuge der Verhandlungen einer möglichen SchulG-Novelle hat der AK II umfangreiche Gesetzesänderungen zur Finanzierung von Freien Schulen vorgelegt, welche derzeit innerhalb der Koalition hinsichtlich einer möglichen SchulG-Novelle verhandelt werden. Ziel ist es, die Durchmischung und Inklusion an Privatschulen voranzubringen und einer Segregation durch den Privatschulsektor entgegenzuwirken.
Überweisungs-PDF: