Antrag 81/I/2017 Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP)

Status:
Annahme

Berlin ist 2016 der „Fast-Track Cities Initiative to End AIDS“ beigetreten, einem weltweiten Zusammenschluss von mehr als 50 Metropolen, die es sich zum Ziel gemacht haben, die AIDS-Epidemie bis 2030 zu beenden. Damit hat sich Berlin verpflichtet, die 90-90-90-Ziele von UNAIDS bereits bis 2020 umzusetzen.

 

90-90-90 bedeutet: 90% der HIV-infizierten Menschen kennen ihren Status, 90% dieser Menschen sind in Behandlung und bei 90% der Behandelten ist eine nachhaltige Senkung der Viruslast erreicht. Ein weiteres Ziel ist der vollständige Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV (zero discrimination).

 

Die Präventionsarbeit in Deutschland ist vorbildlich. Neue Ansätze, die den Präventionsbaukasten erweitern, gilt es deshalb zu nutzen. Die medikamentöse Prophylaxe vor einer HIV-Ansteckung, Präexpositionsprophylaxe (PrEP) genannt, ist ein solcher, erfolgreicher Ansatz. Hier ist noch einiges zu tun. Hier müssen Kräfte in Berlin und Deutschland gebündelt werden.

 

Deshalb werden die SPD Abgeordnetenhausfraktion, die SPD Senatoren und die Berliner SPD-Mitglieder des Bundestags aufgefordert, folgende Forderungen umzusetzen:

 

  1. Die Kosten einer PrEP müssen zumindest für die Risikogruppen, analog zu den Leitlinien von UNAIDS und der WHO (bspw. Männer, die häufig wechselnde männliche Sexualpartner haben), in Deutschland übernommen werden.
  2. Die Akteure des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) werden aufgefordert, die Aufnahme der PrEP in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu prüfen. Sofern notwendig, fordern wir die Berliner SPD-Landesgruppe in der Bundestagsfraktion auf, entsprechende gesetzliche Anpassungen in den Bundestag einzubringen und ihren Beschluss zu fordern.
  3. Die PrEP muss langfristig einkommensunabhängig für jede*n zugänglich sein.
  4. Die Hersteller von PrEP-Medikamenten fordern wir auf, die Preise den Herstellungskosten anzugleichen, die nur einen Bruchteil des aktuellen Verkaufspreises betragen.
  5. Die PrEP muss in das bestehende Präventionskonzept unter Einbeziehung der Ärzteschaft, der öffentlichen Gesundheitsfürsorge sowie der freien Träger eingebettet werden. Dies beinhaltet bspw. eine ausführliche Beratung und begleitende Testangebote für weitere sexuell übertragbare Krankheiten. Die guten Behandlungsmöglichkeiten im Falle eines positiven Testergebnisses bzw. das Angebot einer PrEP bei einem negativen Test können dabei als Anreiz dienen, sich regelmäßig auf alle sexuell übertragbare Krankheiten kontrollieren zu lassen. Hierzu müssen die finanziellen Mittel in Berlin sichergestellt und dem Bedarf regelmäßig angepasst werden.
  6. Wir werden gegen noch bestehende Diskriminierung und Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen konsequent vorgehen. Die SPD Berlin wird darauf hinwirken, dass ein aktuelles Bild von Menschen mit HIV vermittelt wird. Wir fordern dazu eine Berliner Aufklärungskampagne. Diesbezügliche Projekte in Berlin werden bedarfsgerecht ausgestattet.
  7. Ein Pilotprojekt zur PrEP mit niedrigschwelligen Testangeboten und einem freien Zugang zu den Medikamenten wird in Berlin eingerichtet und finanziell gefördert.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung des Parteitages (Konsens)
Beschluss: Annahme in der Fassung des Parteitages
Text des Beschlusses:

Berlin ist 2016 der „Fast-Track Cities Initiative to End AIDS“ beigetreten, einem weltweiten Zusammenschluss von mehr als 50 Metropolen, die es sich zum Ziel gemacht haben, die AIDS-Epidemie bis 2030 zu beenden. Damit hat sich Berlin verpflichtet, die 90-90-90-Ziele von UNAIDS bereits bis 2020 umzusetzen.

90-90-90 bedeutet: 90% der HIV-infizierten Menschen kennen ihren Status, 90% dieser Menschen sind in Behandlung und bei 90% der Behandelten ist eine nachhaltige Senkung der Viruslast erreicht. Ein weiteres Ziel ist der vollständige Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV (zero discrimination).

Die Präventionsarbeit in Deutschland ist vorbildlich. Neue Ansätze, die den Präventionsbaukasten erweitern, gilt es deshalb zu nutzen. Die medikamentöse Prophylaxe vor einer HIV-Ansteckung, Präexpositionsprophylaxe (PrEP) genannt, ist ein solcher, erfolgreicher Ansatz. Hier ist noch einiges zu tun. Hier müssen Kräfte in Berlin und Deutschland gebündelt werden.

Deshalb werden die SPD Abgeordnetenhausfraktion, die SPD Senatoren und die Berliner SPD-Mitglieder des Bundestags aufgefordert, folgende Forderungen umzusetzen:

  1. Die Kosten einer PrEP müssen zumindest für die Risikogruppen, analog zu den Leitlinien von UNAIDS und der WHO (bspw. Männer, die häufig wechselnde männliche Sexualpartner haben), in Deutschland übernommen werden.
  2. Die Akteure des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) werden aufgefordert, die Aufnahme der PrEP in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen zu prüfen. Sofern notwendig, fordern wir die Berliner SPD-Landesgruppe in der Bundestagsfraktion auf, entsprechende gesetzliche Anpassungen in den Bundestag einzubringen und ihren Beschluss zu fordern.
  3. Die PrEP muss langfristig einkommensunabhängig für jede*n zugänglich sein.
  4. Die Hersteller von PrEP-Medikamenten fordern wir auf, die Preise den Herstellungskosten anzugleichen, die nur einen Bruchteil des aktuellen Verkaufspreises betragen.
  5. Die PrEP muss in das bestehende Präventionskonzept unter Einbeziehung der Ärzteschaft, der öffentlichen Gesundheitsfürsorge sowie der freien Träger eingebettet werden. Dies beinhaltet bspw. eine ausführliche Beratung und begleitende Testangebote für weitere sexuell übertragbare Krankheiten. Die guten Behandlungsmöglichkeiten im Falle eines positiven Testergebnisses bzw. das Angebot einer PrEP bei einem negativen Test können dabei als Anreiz dienen, sich regelmäßig auf alle sexuell übertragbare Krankheiten kontrollieren zu lassen. Hierzu müssen die finanziellen Mittel in Berlin sichergestellt und dem Bedarf regelmäßig angepasst werden.
  6. Wir werden gegen noch bestehende Diskriminierung und Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen konsequent vorgehen. Die SPD Berlin wird darauf hinwirken, dass ein aktuelles Bild von Menschen mit HIV vermittelt wird. Wir fordern dazu eine Berliner Aufklärungskampagne. Diesbezügliche Projekte in Berlin werden bedarfsgerecht ausgestattet.
  7. Es soll geprüft werden, wie ein Pilotprojekt realisierbar ist mit niedrigschwelligen Testangeboten und freien Zugang zu den Mediakenten in Berlin. Hierbei ist zu klären, wie die Kosten möglichst gering gehalten werden können.
Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
  Stellungnahme Landesgruppe der Berliner SPD - Bundestagsabgeordneten   Die Landesgruppe Berlin der SPD-Bundestagsfraktion setzt sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen dafür ein, die Präventionsarbeit hinsichtlich HIV Infizierungen in Berlin und Deutschland weiter voranzutreiben.   Im Koalitionsvertrag heißt es: „Wir wollen die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und die Prävention in allen Lebensbereichen deutlich stärken. Auf Grundlage des Berichtes der Nationalen Präventionskonferenz und der anschließenden Beratungen im Deutschen Bundestag werden wir ein Eckpunktepapier zur Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes vorlegen.“   Bei der im Antrag genannten Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) handelt sich um eine medikamentöse Prophylaxe zur Vermeidung einer HIV-Infektion. Im August 2016 wurde das Arzneimittel Truvada zusätzlich zur Behandlung von bereits HIV-infizierten Personen auch zur präexpositionellen HIV-Prophylaxe als weiteres Anwendungsgebiet in Deutschland zugelassen. Für Arzneimittel gilt, dass diese in der Regel nur zur Krankenbehandlung zur Verfügung gestellt werden. Daneben gibt es weitere Anwendungsbereiche; dies setzt jedoch voraus, dass es sich um eine Schutzimpfung oder medizinische Vorsorgeleistung handelt.   Vor diesem Hintergrund hat der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) im Dezember 2016 abgelehnt, sich mit der Frage einer Kostenübernahme der medikamentösen Prophylaxe durch die gesetzlichen Krankenkassen zu befassen, da dies nicht in ihrer Zuständigkeit liegt bzw. sie darüber nicht befinden können. Dies könnte durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes oder eine Erweiterung der Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA geändert werden, sodass der G-BA auch über die Erstattungsfähigkeit von medikamentösen Prophylaxen befinden könnte.   Die Frage nach einer generellen Kostenübernahme der PrEP oder selektiven Übernahme, nur für Risikogruppen (entsprechend den Leitlinien von UNAIDS und der WHO) gilt es zu diskutieren und in der Konsequenz ggf. gesetzliche Anpassungen vorzunehmen.   Die Landesgruppe Berlin der SPD-Bundestagsfraktion lehnt den Antrag der SPDqueer Berlin in der vorliegenden Form ab, wird sich jedoch in der 19. Wahlperiode für eine Klärung der aufgeworfenen Fragen einsetzen und das Anliegen entsprechend an die zuständigen Kolleginnen und Kollegen des Gesundheitsausschusses weiterleiten.     Stellungnahme SenGPG 09/2017:   Eng verknüpft mit der einkommensunabhängigen Verfügbarkeit eines neuen Medikamentes ist, ob es Bestandteil des Leistungskataloges der Gesetzlichen Krankenversicherung ist. Über diesen entscheidet in Deutschland die gemeinsame Selbstverwaltung, bestehend aus Krankenkassen und Ärzteschaft. Grundlage der Entscheidung ist, ob die neue Therapie durch das Medikament ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Dieses auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen ablaufende Verfahren hat sich aus Sicht des Senates bewährt und muss aus seiner Sicht auch für PrEP gelten. Im Rahmen der „Fast-Track Cities Initiative to End AIDS“ wird die Senatsverwaltung für Gesundheit jedoch verschiedene Workshops initiieren. Einer davon wird sich mit PrEP als neuem Präventionsmodul auseinandersetzen. Über die Sinnhaftigkeit eines Modellprojektes kann in diesem Workshop diskutiert werden.     Stellungnahme der AH-Fraktion 2018:  Der Kampf gegen HIV/ Aids ist ein wichtiges Ziel der Gesundheitspolitik der Fraktion. Mit den Medikamenten der Prä-Expositions-Prophylaxe können sich HIV-negative Personen vor einer Übertragung des HI-Virus schützen. Im Landeshaushalt sind 2018 Mittel in Höhe von 1 Mio Euro, 2019 in Höhe von 1,25 Mio Euro, für ein Modellprojekt zur wissenschaftlich begleiteten Abgabe von PrEP bereitgestellt. Im Rahmen des Modellprojekts soll 500 Menschen die Möglichkeit zur Behandlung mit der PrEP geboten werden. Eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgt. Das Modellprojekt wird bei dem neu zu gründenden Checkpoint für niedrigschwellige HIV-Tests angesiedelt. Projektstart ist 2018.