Der Landesparteitag möge beschließen:
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Haushaltsnotlageerklärungen und Sondervermögen sowie der dramatische Bruch der Bundesregierung im Streit um den Haushalt 2025 haben die Bedeutung eines handlungsfähigen Staates und die Haushaltspolitik zu einem zentralen Themenfeld der Politik in Deutschland gemacht.
Gerade in Zeiten einer notwendigen sozial-ökologischen Transformation und gravierender sozial-, sicherheits-, gesellschafts- wie auch wirtschaftspolitischer Herausforderungen, setzen wir uns als Sozialdemokratie eindeutig für einen aktiven und handlungsfähigen Staat ein, der im Sinne der Bürger*innen Investitionen in die Zukunft tätigt und soziale Sicherheit garantiert. Wir kämpfen für eine ambitionierte und kohärente Finanzpolitik, die die Last auf den Schultern der finanziell Schwächeren nicht noch weiter vergrößert, sondern diese reduziert.
Die SPD positioniert sich damit auch klar gegen die politischen Kräfte in unserem Land, die trotz der beschriebenen Herausforderungen eine gerechtere Beteiligung großer Einkommen und Vermögen ablehnen. Jenen, die an der derzeit geltenden sehr strikten Schuldenbremse festhalten. Jenen, die damit die Handlungsfähigkeit von Staat und Gesellschaft vorsätzlich beschneiden. Diese politischen Kräfte verschließen die Augen vor der Realität vieler Menschen in Berlin und in ganz Deutschland, die auf eine funktionsfähige Infrastruktur sowie wirtschaftliche und soziale Sicherheit angewiesen sind. Wer die Schuldenbremse aufrecht erhält, spart nicht für die kommenden Generationen, sondern an ihnen. Und damit auch an der Zukunft Berlins.
Nur eine Finanz- und Haushaltspolitik, die sich an den Berliner*innen und ihren Bedarfen orientiert, kann Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates sichern – und dort wiederherstellen, wo es in der Vergangenheit verloren gegangen ist. In dieser Ausgangslage muss es zu grundsätzlichen Festlegungen für eine Finanzpolitik auch auf Landesebene kommen, die Zukunftsinvestitionen angeht und dafür die nötigen Mittel zur Verfügung stellt, ohne zukünftige haushaltspolitische Spielräume zu stark durch Darlehenslasten zu verengen.
Hierzu braucht es:
- Eine Erhöhung der Einnahmen zur Stärkung der Verwaltung und Absicherung von Transfers und Leistungen im Land und den Bezirken
- Die Realisierung neuer Instrumente zur Finanzierung von Investitionen im großen Umfang
- Die Einsetzung eines Sondervermögens Klima auf Darlehensbasis
- Die Erarbeitung eines finanzpolitischen Konzeptes für das Land Berlin
- Einnahmen erhöhen!
Zur zielgerichteten Haushaltssanierung gehört die signifikante Erhöhung der Einnahmen, mit der der Druck auf die Ausgabenseite verringert werden kann. Daher fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Berliner Senats auf, sich einzusetzen für:
- die Einführung der Grundsteuer C für baureife Grundstücke,
- die Einführung einer Verpackungsteuer, die vor allem eine Lenkungswirkung zur Abfallvermeidung erzielen soll,
- die Anhebung der Vergnügungssteuer von 20 auf 30 Prozent,
- die Anhebung der Grunderwerbsteuer von 6 auf 7 Prozent des Kaufpreises,
- die Anhebung der Zweitwohnungsteuer von 15 auf 25 Prozent,
- eine Anhebung der Preise der Anwohnerparkvignetten von gut 10 Euro im Jahr auf mindestens 10 Euro im Monat, was verglichen mit dem Durchschnitt anderer Großstädte immer noch günstig ist,
- eine Ausweitung der Parkraumbewirtschaftungszonen,
- die Einnahmen und Ausgaben der Bußgeldstelle in einem gesonderten Wirtschaftsplan zu führen, in dem durch Optimierung der Prozesse ein signifikanter Überschuss erzielt wird.
Damit können Mehreinnahmen von über 250 Mio. Euro inklusive der bereits vorgesehenen Erhöhung der Übernachtungsteuer erzielt werden und damit noch deutlich mehr als im Konsolidierungskonzept des Koalitionsausschusses. Von den weiteren Mehreinnahmen könnten auch einige der bisher vorgesehenen Kürzungen abgewendet werden.
Zur weiteren Einnahmenerhöhung streben wir außerdem eine bundesweite Regelung zur Kostenerstattung der Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen der Profifußballligen an.
2. Investitionen in die Zukunft jetzt ermöglichen – auch für die Bezirke!
Die Spielräume im Haushalt des Landes Berlin werden für einige Jahre sehr begrenzt bleiben. Investitionen in die Struktur unserer Stadt wollen und können jedoch nicht auf sich warten lassen. Deshalb fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Berliner Senats auf weitere Bau- und Sanierungsoffensiven in unserer Stadt zu ermöglichen, auch über die bestehende Investitionsplanung des Landes hinaus. Die Finanzierung soll dabei in Analogie zu der erfolgreichen Schulbauoffensive erfolgen, um die zusätzlichen Bedarfe, z.B. beim Hochschulbau, abzubilden. Die Kredite dürften dabei ausschließlich von landeseigenen Unternehmen in Anspruch genommen werden im Sinne einer öffentlich-öffentlichen Partnerschaft (ÖÖP). Eine öffentlich-private-Partnerschaft (ÖPP) in den Bereichen der Daseinsvorsorge lehnen wir hingegen weiterhin strikt ab. Der Rahmen der zusätzlichen Kredite muss dabei sorgfältig erwogen werden, um zukünftige Haushalte nicht unverhältnismäßig zu belasten.
Unsere zweistufige Verwaltung begegnet sich dabei auf Augenhöhe. Deshalb muss auch bei Krediten die Regel gelten: Was für das Land gilt, gilt gleichermaßen für die Bezirke. Wenn ein Bezirk eine Investition in die Infrastruktur über ein ÖÖP umsetzen will, soll ihm dieser Weg eröffnet werden.
3. Ein Sondervermögen Klima endlich umsetzen!
Wir begrüßen es grundsätzlich, dass es den Plan gab, ein Klima-Sondervermögen einzuführen, um diese dringend notwendigen Investitionen trotz des engen Korsetts der der derzeitigen Schuldenbremse möglich zu machen. Allerdings ist dieses von der Koalition versprochene Sondervermögen auf Basis von Zuschüssen bisher nicht rechtssicher möglich geworden, unter anderem da es voraussichtlich das Prinzip der „Jährigkeit“ verletzen könnte, welches gerade bei energetischer Sanierung kostensteigernd wirkt. Von Seiten der CDU kommt nun der Vorschlag, landeseigene Unternehmen gemeinsam mit privaten Investor*innen für die notwendigen Kosten aufkommen zu lassen. Für uns ist aber klar: Dringend notwendige Investitionen für Klimaanpassung und -resilienz dürfen nicht vom Wohlwollen privater Investor*innen abhängen!
Stattdessen müssen dringend Möglichkeiten geschaffen werden, die geplanten Investitionen trotz der bisherigen Absage an das zuschussbasierte Sondervermögen rechtssicher zu ermöglichen. Solange die Schuldenbremse in ihrer heutigen Form besteht, muss das Sondervermögen so ausgestaltet werden, dass es auf Basis von Darlehen statt Zuschüssen funktioniert. Ein solches Programm ist vereinbar mit der Schuldenbremse, weil es Rückzahlungen der Förderempfänger*innen geben wird. Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Berliner Senats auf, sich für die unverzügliche Einrichtung eines solchen Sondervermögens einzusetzen. Damit Berlin noch vor 2045 klimaneutral werden kann!
4. Finanzpolitisches Konzept für Berlin erarbeiten!
Über die aktuellen Entscheidungen für den Haushalt hinaus, brauchen wir einen klaren Kompass für eine sozialdemokratische Finanzpolitik, die den Menschen Sicherheit im Wandel bietet und Weichenstellungen für Berlins Zukunft ermöglicht.
Zu diesem Zweck entwickeln wir im kommenden Jahr ein finanzpolitisches Konzept für das Wahlprogramm 2026. Dieses Konzept soll beschreiben, wie die Einnahmebasis des Landes Berlin verbessert und die Finanzierung von Zukunftsinvestitionen sichergestellt werden kann, um auch die mit der Vision Berlin 2035 verbundenen Programme und Projekte nachhaltig umsetzen zu können.
Das Konzept muss:
- an den Bedarfen eines leistungsfähigen Staats und einer starken Zivilgesellschaft ausgerichtet sein,
- soziale Gerechtigkeit und Umverteilung mit Nachdruck befördern und
- transformative Investitionen in die sozial-ökologische Transformation im großen Stil ermöglichen.
Dabei dürfen wir auch nicht vor grundlegenden Strukturfragen zur Finanzverfassung von Bund und Ländern zurückschrecken und sollten bewusst auch innovative Ansätze zur Weiterentwicklung der Finanzpolitik berücksichtigen.