Die Lernform des produktiven Lernens (PL) in Form einer Sonderklasse ab Klassenstufe 9 perspektivisch an allen Gemeinschaftsschulen und mindestens der Hälfte der ISS in Berlin zu etablieren.
Hierzu sollen in mehreren Schritten:
- Der potentielle Bedarf pro Schule für die Größe der erforderlichen Klassen ermittelt werden, um den Platz, die Mittel und das Personal pro Schule anpassen zu können
- Qualifikationsmöglichkeiten für Lehrkräfte erweitert und etabliert werden
- Betriebe in Berlin verstärkt über das Produktive Lernen informiert werden, um die Zahl der Praktikumsbetriebe der steigenden Zahl der Praktikanten anpassen zu können.
Die Zahl der Schulabbrecher bleibt seit Jahren auf einem stabil hohem Niveau. Für diese Jugendlichen bedeutet dies auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen zu haben. Eine Erwerbslosenbiographie ist nahezu vorprogrammiert. Die Korrektur dieses Missstandes wird derzeit noch viel zu stark in den Bereich der Erwachsenenbildung und verschiedenste Projekte ausgelagert und Kinder mit schlechten Abschlussperspektiven bis zum Ende ihrer Schulpflicht „durchgeschleift“. Schulferne, dicke Schülerakten mit diversen Akteneinträgen für Unterrichtsstörungen oder schlichte Resignation sind meist die Folge. Die langfristigen psychischen Auswirkungen solcher „Versagerbiographien“ sind oftmals fatal. Der Weg in die Langzeitarbeitslosigkeit ist geebnet. In Zeiten des Fachkräftemangels sind dies Zustände, die wir uns schlicht nicht leisten können. Das produktive Lernen richtet sich an Lernende mit geringer Abschlussperspektive und bietet ihnen einen Weg aus ihren negativen Erfahrungen.
Die Schülerinnen und Schüler lernen an zwei Tagen in der Woche mit einer reduzierten Stundentafel, die ganz auf das Erreichen der Abschlüsse (e)BBR und MSA ausgerichtet ist in der Schule. Die anderen drei Tage verbringen sie in Praktikumsstätten, wobei über das Schuljahr drei Praktikumsstätten besucht werden, für welche die Schülerinnen und Schüler sich selbst bewerben müssen.
Derzeit bieten nur 24 Schulen diese Form des Lernens an. Einziger Bezirk ohne eine Möglichkeit des PL ist Marzahn-Hellersdorf. Die Erfolgsquote des PL liegt bei 66% (in Sachsen-Anhalt konnten bis zu 80% erreicht werden). Das Potenzial liegt jedoch deutlich höher. Für viele Schülerinnen und Schüler bedeutet der Eintritt des produktiven Lernens auch das Verlassen der alten Schule und damit der Verlust der sozialen Strukturen und erschwert so für einige die Bereitschaft diesen Weg zu gehen.
Eine Etablierung an möglichst vielen Schulen soll den Zugang zum PL erleichtern und es SuS ermöglichen ihre sozialen Strukturen erhalten zu können. Dies soll sowohl Möglichkeit, wie auch Bereitschaft zum produktiven Lernens erhöhen.
Die Erfahrungen mit PL sind durch die Bundesländer hinweg positiv und bieten Jugendlichen, die im klassischen Bildungssystem keine Chance haben die Möglichkeit einen ordentlichen Abschluss zu erlangen und bieten ihnen darüber hinaus vielfältige Einblicke in die Arbeitswelt. Das Berliner Bildungssystem sollte an diese Erfolge anknüpfen und das produktive Lernen fest in die Schulkultur des Landes verankern.
LPT I-2024: Überweisung an AfB, FA V – Stadt des Wissens
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Stellungnahme AfB:
Der Antragsteller vermischt Praxislerngruppen und das Produktive Lernen. Die anderen Bundesländer sind mit dem Konzept des PL, so wie es das IPLE durchführt und auch mit dem IPLE selbst, nicht sehr zufrieden. Viele BL haben sich in den letzten Jahren vom IPLE getrennt oder haben es vor.
Es spricht nichts gegen die grundlegende Idee des Produktiven Lernens. Die Praxislerngruppen funktionieren lautlos. Das PL leider nicht. Zudem arbeitet der Träger IPLE nicht transparent.
Es gäbe auch genügend Möglichkeiten für Lehrkräfte, an der Fortbildung teilzunehmen. Es nehmen zu wenige wahr, da die Fortbildung nicht attraktiv genug ist. Angedacht sind zwei Jahre. Viele Lehrkräfte brauchen weit mehr als das, um zum Zertifikat zu gelangen (bis zu 5 Jahre).
Das aktuelle PL Konzept muss inhaltlich und fachlich dringend überarbeitet werden. Es findet bisher auch kein Abgleich mit dem Rahmenlehrplan statt.
Es muss auch geprüft werden, inwiefern es rechtlich vertretbar ist, warum bei der sehr hohen Reduktion der Unterrichtsstunden überhaupt ein MSA möglich ist (eigentlich auch ein MSA mit gO). Dies muss schulfachlich geklärt werden. (in den anderen wenigen BL, die das PL noch durchführen, ist es in Klasse 8 und 9 angelegt)
Schulen haben jederzeit die Möglichkeit, PL-Klassen einzurichten. Wünsche seitens der Schulen werden nicht abgelehnt. Eine feste Verankerung noch einmal festzulegen, ist nicht notwendig. Die aktuelle AV Duales Lernen weist PL aus.
Votum: Zurücknahme des Antrags
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Empfehlung FA V – Stadt des Wissens: dem Votum AfB schließt sich der FA an.