Antrag 126/II/2021 Börsenaufsicht zur Bundesangelegenheit machen

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses werden aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass die Börsenaufsicht in der Bundesrepublik auf Bundesebene verankert wird.

Empfehlung der Antragskommission:
Ablehnung (Kein Konsens)
Fassung der Antragskommission:

LPT II/2021: Überwiesen an ASJ, FA VII – Wirtschaft und Arbeit

 

Stellungnahme des ASJ-Landesvorstands – Votum: Ablehnung

 

Begründung: Die in der Begründung des Antrags vorgetragenen Gründe für eine Zentralisierung der Börsenaufsicht auf Bundesebene überzeugen nicht. Die von den Ländern wahrgenommene Börsenaufsicht ist zunächst von der Finanzmarktaufsicht zu unterscheiden, die bereits jetzt auf Bundesebene angesiedelt ist und von der BaFin wahrgenommen wird. Aufgabe der Börsenaufsicht ist primär die Überwachung der Tätigkeit der Börsenorgane (§ 3 Absatz 1 BörsG) und nur indirekt – z.B. über die Tätigkeit der von der Börse eingerichteten Handelsüberwachungsstelle (§ 7 BörsG) – der an der Börse betriebene Handel.

Da Börsen in Deutschland als Anstalten öffentlichen Rechts organisiert sind (§ 2 Absatz 1 BörsG), die von den Ländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen) errichtet werden, ist eine Aufsicht über ihre Tätigkeit durch diese Länder nur folgerichtig. Da die Börsenaufsicht einer Landesbehörde sich stets auf die von diesem Land errichtete Börse bezieht, ist unklar, welche Zuständigkeitsprobleme eine Zentralisierung konkret lösen soll. Unklar ist auch, welche Vorteile durch die Zentralisierung von Expertise erreicht werden soll. Schon jetzt haben BaFin und Bundesbank zentrale Zuständigkeiten und daraus folgende Expertise; die vorgeschlagene Bündelung auf Bundesebene würde lediglich dazu führen, dass Expertise auf Landesebene verloren gehen würde. Das wäre aus bundesstaatlicher Sicht bedauerlich und könnte dazu führen, dass die fachliche Qualität des Austauschs zwischen Bund und Ländern leidet.

 

 

Beschlussempfehlung FA VII: Der FA VII unterstützt den Antrag 126/II/2021 der KDV Spandau.

Begründung

Die Börsenaufsichtsbehörden der Länder überwachen die ordnungsgemäße Durchführung des Handels nach den Vorschriften des Börsengesetzes an den deutschen Börsen, einschließlich an einer Börse betriebene multilaterale (Freiverkehr) bzw. organisierte Handelssysteme – mit besonderem Blick auf die Kursfeststellung und die Preisbildungsprozesse. Im Gegensatz ist die Wertpapieraufsicht (hauptsächlich: Überwachung des Insiderhandels, Einhaltung der Publizitätsvorschriften) Bestandteil der Aufgaben der BaFin seit ihrer Einführung in 1994 durch das Finanzmarktförderungsgesetz mit dem Ziel, die Funktionsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland zu sichern.

Dass die Börsenaufsicht in Deutschland den Ländern unterstellt ist, geht zurück auf das Ende des 19. Jahrhunderts und kann somit als ein Überbleibsel früherer Zeiten gesehen werden, als man in Deutschland an die 30 Börseneinrichtungen zählte. In der Tat existieren noch heute sieben deutsche Regionalbörsen. Deutschland stellt damit zusammen mit Spanien eine Ausnahme im europäischen Raum dar. Hinzu kommen zwei elektronische Handelssysteme (Xetra, Tradegate Exchange) und drei weitere Spezialbörsen (die Terminbörse Eurex, Euwax für Finanzderivate und die Energiebörse European Energy Exchange).

 

Während die Entscheidung über das weitere Bestehen von Börsen den Marktakteur*innen überlassen werden sollte, bleibt die Frage, ob es nicht zeitgemäß und funktionsgerechter wäre, die Börsenaufsicht in Deutschland einer Stelle mit alleiniger Zuständigkeit auf Bundesebene zu übertragen. Folgende Argumente sprechen dafür:

  1. Gleiche Behandlung durch die Aufsicht für alle Teilnehmer*innen. Dieses level playing field würde u.a. dazu beitragen, potenziellen marktschädigenden Regulierungsarbitragen vorzubeugen.
  2. Effizientere Ausübung der Aufsichtsfunktion dank Synergie- und Skaleneffekten – auch in der Perspektive mit Blick auf den technologischen Wandel. Dies wird allgemein in anderen Ländern praktiziert (s. z.B. in den USA durch die SEC).
  3. Stärkung des deutschen Börsensystems und seines Standings gegenüber dem Ausland durch eine einheitliche Aufsicht.
  4. Bessere Wahrnehmung der Aufgaben auf der internationalen Ebene dank einer Zentralisierung bei der bereits auf diesem Gebiet aktiven BaFin.

 

Beschluss: Beschluss des Parteitages
Text des Beschlusses:

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses werden aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass die Börsenaufsicht in der Bundesrepublik auf Bundesebene verankert wird.

Beschluss-PDF: