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Antrag 302/I/2020 Berliner Stromnetz in Anstalt öffentlichen Rechts überführen, Bürgerbeteiligung ermöglichen

7.01.2021

Vorbemerkung
Vattenfall hat am 23. Oktober bekanntgegeben, das Berliner Stromnetz dem Land zum Rückkauf anzubieten. Berlinerinnen und Berliner haben viele Jahre für die Rekommunalisierung des Landesparteitag Berlin Stromnetzes gekämpft. Ein Volksentscheid hatte eine überragende Mehrheit von 75 Prozent für eine Rückübertragung ergeben, wenn auch das erforderliche Quorum knapp verfehlt worden war.

 

Die letzten Jahre waren dann von Rechtsstreitigkeiten mit Vattenfall geprägt. In dieser Auseinandersetzung sind die eigentlichen Ziele des Rückkaufs in den Hintergrund geraten.

 

Diese sind:

  • Klimagerechte Ausgestaltung der Energieversorgung Berlins
  • Demokratische Kontrolle und Bürgerbeteiligung für das Stromnetz
  • Netzeinnahmen statt für Privat-Renditen für den Klimaschutz nutzen

 

Antrag

  1. Über die Konditionen des Rückkaufs des Berliner Stromnetz entscheidet vollumfänglich das Berliner Abgeordnetehaus.
  2. Das Berliner Stromnetz ist in Anstalt öffentlichen Rechts überführen. Die Aufgabe der Stromversorgung ist gesetzlich zuzuweisen. Transparenz, demokratische Kontrolle und Bürgerbeteiligung sind dabei gesetzlich festzulegen.
  3. Die Finanzierung des Rückkaufs erfolgt aus dem Haushalt. Künftige Überschüsse aus dem Stromnetz fießen dem Haushalt zu.
  4. Hat die Summe der Überschüsse den Rückkaufpreis abzüglich der Verkaufserlöse der Privatisierung erreicht, so sind die Überschüsse für die klimagerechte Ausgestaltung der Energieversorgung Berlins zu verwenden.

 

Antrag 312/I/2020 Für eine soziale Wohnungspolitik

2.12.2020

Mietendeckel bleibt sinnvoll und notwendig

Wir bekräftigen als SPD Berlin erneut die Schutzmaßnahme des Berliner Mietendeckels. Nach dem Ablauf der 5-Jahres-Frist müssen selbstverständlich das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen geprüft werden aber dies ändert nichts daran, dass wir das Instrument politisch für notwendig und sinnvoll erachten.

 

Die Berliner SPD muss unter Umständen mit jedem uns zur Verfügung stehenden Instrument Armut und Wohnungslosigkeit durch überteuerte Mieten oder ein Unterangebot an Wohnraum bekämpfen: Das kommt uns Frauen*, Senior*innen, Alleinerziehenden, AlGII Empfänger*innen, Student*innen u.v.m. zu Gute. Das sind Personengruppen für die wir immer schon Politik gemacht haben und für die wir auch künftig Politik machen müssen. Sich auf die Seite der Benachteiligten unserer Gesellschaft zu stellen muss weiterhin Berliner SPD Politik bleiben.

Welche Strategien verfolgen wir künftig beim Neubau von Wohnungen?

Neubau, bzw. Verdichtung, muss kooperierend zum Mietendeckel in breiter Fläche passieren. Ausgeglichene soziale Milieus benötigen eine breitflächige Umsetzungen des Wohnungsneubaus, statt einer punktuellen Zentrierung auf Gebiete, die dem Land Berlin gehören (wie z.B. Flughafen Tegel oder Tempelhofer Feld). Die Berliner Mietenpolitik durch Wohnungsneubau muss über alle Bezirke verteilt, mit Städtischen Wohnungsbau und Genossenschaftlichen Wohnungsbau durchwachsen sein.

Unser Ziel muss es sein, ein großflächiges Programm zu entwickeln, das ausreichend Stabilität und Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen in den einzelnen Kiezen, also im Mikrokosmos des Berliner Mietspiegels schafft. Sollten keine Flächen gefunden werden, die dies ermöglichen, muss das Vorkaufsrecht, ggf. durch neue politische Instrumente, in den Bezirken und durch das Land Berlin eine vermehrte Umsetzung finden.

Wohnungsbauvorhaben durch Investoren der Immobilienbranche, deren Bauvorhaben groß genug sind, um für das Berliner Modell verpflichtet zu werden, müssen aufgrund der geringen Ausschöpfung und Nachhaltigkeit für das Land Berlin eine sekundäre Maßnahme für die Wohnraumschaffung und die Stabilisierung des Berliner Mietspiegels sein. Um den Verlust durch die zu schaffenden 30% Sozialwohnungen beim Berliner Modell zu kompensieren – welche nur eine Sozialbindung von 20 Jahren haben – , sind i.d.R. 70% der Baumasse dieser Investoren höher bis hochpreisig – das steht dem politischen Streben nach Stabilität des Mietspiegels und der Schaffung von Wohnraum für kleine und mittlere Einkommen entgegen. Deshalb muss es eine neue Übereinkunft geben, dass diese Umsetzung des Bauens das nicht zu präferierende Mittel der Wahl ist. Künftig soll es deshalb eine transparente Aufstellung

geben, die offenlegt und nachweist, dass Bezirke in Absprache mit dem Land Berlin Städtischen und Genossenschaftlichen Wohnungsbau präferiert stützen und umsetzen.

Bedarfsorientiertes Bauen

Die SPD Berlin und die SPD Fraktionen von Land und Bezirken müssen explizit zum Ziel haben für Menschen mit sehr kleinem und kleinem Einkommen das Wohnraumangebot stark zu erhöhen. So bieten beispielsweise etliche Bezirke keinen Wohnraum mehr für AlGII Empfänger*innen, während höher bis hochpreisiger Wohnraum durchaus keine Engpässe erlebt. Um diese Unausgewogenheiten auszugleichen sind der Wohnraumbedarf und die Verdrängung diverser Einkommensschichten deshalb jährlich zu ermitteln (unabhängig oder im Kontext des Monitorings Soziale Stadtentwicklung) und Strategien müssen entsprechend aufgestellt werden. Alle zwei Jahre ein rückwärtsgewandter Bericht, reicht für ein Berlin im schnellen und stetigen Wandel nicht aus.

Antrag 311/I/2020 Leerstand von Wohnraum effektiver bekämpfen

2.12.2020

Das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz muss wirksamer werden

 

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin, des Berliner Senats und der Bezirksämter werden in Ergänzung zum Beschluss 39/II/2019 aufgefordert, sich bei der Reform des Zweckentfremdungsrechts für eine Stärkung des gesetzlichen Rahmens und eine effektivere Umsetzung der einschlägigen Vorschriften einzusetzen. Folgende Elemente sollen Mindestbestandteil sein:

 

  • Ziel und Zweck des Gesetzes. Der Gesetzeszweck der Sicherstellung der Wohnraumversorgung der Bevölkerung ist zu ergänzen um die Sicherung und den Erhalt bezahlbaren Wohnraums im Land Berlin.
  • Legaldefinition der Rechtsbegriffe. Im Gesetz muss klar festgelegt sein, was “Zweckentfremdung”, “schützenswerter Wohnraum”, “bezahlbarer Wohnraum” und “Wohnen” ist bzw. was es nicht ist. Dabei sollen rechtliche Grauzonen und Regelungslücken wie möbliertes Wohnen, Wohnen auf Zeit, Vermietung der Zweitwohnung als Ferienwohnung geschlossen werden.
  • Umkehrung der Darlegungslast. Es ist eine gesetzliche Vermutung zum Schutz des Wohnraums zu regeln. Eigentümer*innen sollte nachweisen müssen, dass ein begründetes Interesse besteht, den Wohnraum anderweitig zu nutzen, anstatt dass der Bezirk nachweisen muss, dass es sich um schützenswerten Wohnraum handelt.
  • Verfahrensvorgaben zur Durchführung des Gesetzes. In entsprechenden Leitlinien sind die Vorgaben zur Durchführung der Verfahren bei den Bezirksämtern zu vereinheitlichen. Hierzu zählt insbesondere auch die Zusammenarbeit der einzubeziehenden Fachämter und die Treuhänderregelung.
  • Rechtsnachfolge bei Eigentumsübergang. Laufende Fristen nach dem Gesetz sind wie die Wirkungen von Verwaltungsakten auf den Rechtsnachfolger erstrecken. So soll die dreimonatige Frist sollte nicht von neuem beginnen, wenn es zu einem Wechsel der Eigentümer*in kommt.
  • Wirksamere Bußgeldregelung. In der Ermächtigung zum Erlass eines Bußgeldbescheides ist klarzustellen, dass ein solcher unabhängig vom Verfahren zur Erlaubnis einer Zweckentfremdung erteilt werden kann.
  • Registrierungsnummern bei Inseraten. Plattformen müssen gesetzlich verpflichtet werden, bei Verstößen gegen die Pflicht zur Angabe der Registrierungsnummer die Daten des/der Urheber*in des Inserates den zuständigen Behörden zu übermitteln. Dabei ist insbesondere gesetzlich zu regeln, dass die Pflicht zur Herausgabe der Daten im Falle von international tätigen Unternehmen auch gegenüber selbstständigen und unselbstständigen Niederlassungen vollstreckt werden kann. Für den Verstoß gegen die Herausgabepflicht ist ein Bußgeldtatbestand einzuführen.

     

    Antrag 309/I/2020 Reißverschluss als Grundprinzip sozialdemokratischer Politik festschreiben!

    2.12.2020

    Der Landesparteitag fordert die Statutenkommission der SPD Berlin auf, eine Regelung zur Umsetzung von § 4* Wahlordnung (WahlO) zu erarbeiten.

     

    Die Wahlordnung hat klarzustellen, dass die Verletzung des Reißverschlusses bei Wahllisten für staatliche und parteiinterne Wahlen immer Sanktionen auslöst.

    1. Die Umsetzung der Wiederholung der Wahlen – ggf. mit Festlegung einer Widerholungsfrist.
    2. Bei keiner erzielten Einigung im SPD Landesvorstand zur Wiederholung der Wahlen, muss über den Fall eines statuarischen Verstoßes durch die Schiedskommission – § 1 Absatz 1 Schiedsordnung – entschieden werden. Dies ist entsprechend statuarisch zu ergänzen.
    3. § 4* WahlO möge daher folgendermaßen ergänzt werden: „Die Aufstellung der Bezirkslisten für die Abgeordnetenhauswahlen und der Bezirkswahlvorschläge für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen erfolgt nach Geschlechtern abwechselnd, beginnend mit dem Spitzenkandidaten oder der Spitzenkandidatin. Eine Abweichung von der alternierenden Kandidat*innenaufstellung stellt eine Verletzung von Bestimmungen der Parteisatzung dar.“

     

    Es ist bei § 11 (2) zu ergänzen: Anfechtungsberechtigt sind:

    1. f) bei Nichteinhaltung von § 4* die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen der betreffenden Gliederung und höherer Gliederungen.

    Antrag 306/I/2020 Grundrechte achten: Quellen-TKÜ begrenzen, Überwachungsgesetze evaluieren

    2.12.2020

    Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert:

    1. Die Nutzung sogenannter Staatstrojaner, staatlich entwickelter oder anderweitig beschaffter Schadsoftware für die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Q-TKÜ) digitaler Endgeräte, muss auf die Polizeibehörden beschränkt bleiben. Eine zusätzliche Ausweitung der Befugnisse auf das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Milititärischen Abschirmdienst, den Bundesnachrichtendienst, sowie die 16 bundesdeutschen Landesämter für Verfassungsschutz lehnen wir ab. Dies gilt erst Recht für die noch weitergehende Onlinedurchsuchung. Die Nutzung der Quellen-TKÜ durch Polizeibehörden sollte kritisch hinterfragt werden.
    2. Mitwirkungspflichten für Provider müssen auf ein Maß begrenzt bleiben, das die neutrale Mittlerrolle und das Vertrauensverhältnis zwischen Providern und Kund*innen wahrt und Verschlüsselung unangetastet lässt. Insbesondere das Umleiten von Datenflüssen zum unbemerkten Einspielen von Schadsoftware zur Überwachung ist grundsätzlich abzulehnen.
    3. Der Einsatz von Q-TKÜ ist aus verfassungsrechtlichen Gründen, unabhängig von der durchführenden Behörde, an nachfolgende Kriterien zu knüpfen. Diese sind auch bei einer etwaigen Erweiterung der Kompetenzen in Bezug auf die Quellen-TKÜ auf nicht-polizeiliche Behörden zu beachten:
      • Rechtsgrundlagen für Q-TKÜ sind zu befristen (Ablaufklausel bzw. sunset clause) und müssen nach zwei Jahren durch den Bundestag unabhängig evaluiert werden. Sie müssen klar benennen, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen der Einsatz erlaubt ist. Ein Verweis auf die allgemeinen Aufgaben einer Behörde genügt nicht.
      • Der Einsatz von Q-TKÜ muss immer einer richterlichen Genehmigung unterliegen (Richtervorbehalt). Dies muss ggf. auch für den Einsatz durch Geheimdienste gelten.
      • Jeder Einsatz von Q-TKÜ muss im Vorhinein klar befristet und eingegrenzt werden sowie im Anschluss an den Überwachungszeitraum evaluiert werden. Dieser Bericht ist im Falle des Einsatzes durch Geheimdienste dem jeweiligen parlamentarischen Kontrollgremium vorzulegen.
      • Hinweise auf Straftaten, die in keiner Beziehung zum Anlass der Q-TKÜ stehen, dürfen nur bei schwersten Straftaten in anderen Verfahren weiterverwertet werden, wenn der Einsatz der Q-TKÜ auch in einem Verfahren für diese Straftat erlaubt gewesen wäre (Zufallsfunde).
      • Alle Behörden, die Q-TKÜ durchführen, erstellen einen jährlichen Bericht, in dem sie klar definierte Kennzahlen zu allen Ermittlungsverfahren, in denen eine Q-TKÜ zum Einsatz kam, offenlegen (mindestens Anzahl der Verfahren mit Q-TKÜ, Dauer der Verfahren sowie Anzahl der Betroffenen und Angaben über Ermittlungserfolge). Der Bericht ist im Falle von Geheimdiensten dem jeweiligen parlamentarischen Kontrollgremium vorzulegen und die Öffentlichkeit über die Anzahl der Verfahren zu informieren. Berichte der Polizeibehörden sollen in einer geeigneten Form der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
    4. Der behördliche Umgang mit IT-Sicherheitslücken, deren Ausnutzung für den Einsatz der Q-TKÜ erforderlich ist, muss gesetzlich reguliert werden. Ein solches gesetzlich geregeltes Schwachstellenmanagment muss klare Kriterien für die Risikoabschätzung im Bezug auf das Geheimhalten von einzelnen Sicherheitslücken beeinhalten, um ein möglichst effektives Schwachstellenmanagement zu garantieren. Ziel muss dabei sein, Sicherheitslücken so schnell wie möglich zu schließen.
    5. Die Bundesregierung gibt eine unabhängige Studie in Auftrag, die die Zuständigkeiten der deutschen Sicherheitsbehörden (Geheimdienste und Polizei in Bund und Ländern) auf Überschneidungen und Mehrfachzuständigkeiten untersucht. Ziel der Studie ist es, die Zusammenarbeit der Behörden besser zu koordinieren, Doppelarbeit und Kommunikationsprobleme zu vermeiden sowie klare Zuständigkeiten zu ermöglichen. Eine solche Entflechtung schont Ressourcen in den einzelnen Behörden und bündelt alle relevanten Informationen in der jeweils zuständigen Behörde.
    6. Die Bundesregierung beauftragt eine unabhängige wissenschaftliche Studie zur Bestandsaufnahme aller Befugnisse und tatsächlichen Maßnahmen, mittels derer öffentliche Stellen in die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung, Vertraulichkeit der Kommunikation sowie auf auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme der Bürger*innen eingreifen oder eingreifen können (sog. Überwachungsgesamtrechnung). Dies umfasst auch Befugnisse zur Heranziehung von Daten privater Stellen. Die Bestandsaufnahme soll jeweils Umfang, Intensität, Dauer und Art der Grundrechtseingriffe sowie die tatsächliche Qualität vorgesehener Kontrollmechanismen für diese Eingriffe, insbesondere von Richtervorbehalten und Datenschutzkontrollen, beinhalten. Diese sog. Überwachungsgesamtrechnung umfasst sowohl gezielte als auch ungezielte Befugnisse und Maßnahmen durch öffentliche Stellen, inklusive der Nachrichtendienste, die auf deutschem Staatsgebiet stattfinden oder deutsche Staatsbürger*innen betreffen. Die Studie ist der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
    7. Der bereits beschrittene Weg, die personelle und technische Ausstattung der Polizeibehörden zu verbessern wird konsequent weitergeführt. Polizeiliche Ermittlungsarbeit im Internet, wie z.B. die sogenannte „Internetstreife“, wird weiter ausgebaut. Ebenso sind Staatsanwaltschaften mit den nötigen personellen und technischen Ressourcen auszustatten.