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Antrag 199/I/2022 Gender Pay Gap im Sport: Jetzt konsequent bekämpfen!

17.05.2022

Immer noch gibt es reale Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern bei gleichwertigen Tätigkeiten und die Schlechterstellung von übergehend „weiblichen“ Berufen. Man spricht von einem Gender Pay Gap von 18% Lohnunterschied. Für uns steht dabei schon lange fest, dass die strukturellen Ungleichbehandlungen, sowie die Lohnunterschiede überwunden werden müssen, damit Chancengleichheit hergestellt werden kann. Dabei ist der Gender Pay Gap auf vielfältige und sich gegenseitig bedingende Ursachen zurückzuführen. So unterscheiden sich Frauen und Männer in ihren Erwerbsbiografien und der Wahl von Berufsfeldern.  Dies führt häufig zu unterschiedlichen Karriereverläufen und zu Verdienstunterschieden. Im Wesentlichen sind es vier Ursachenkomplexe: Schlechte Bezahlung von „Frauen*typischen“ Berufen wie Erzieher*innen, Friseur*innen, Kassierer*innen etc., Reduzierung der Erwerbstätigkeit durch unbezahlte Sorgearbeit, sowie patriarchale und diskriminierende Strukturen.

 

Gerade letztere zeigen sich vermehrt im Sport. Fußballerinnen* kommen demnach durchschnittlich auf 39.000 Euro, pro Jahr. Zum Vergleich,  bereits in der dritten Liga liegt das durchschnittliche Jahresgehalt bei den Männern bei 120.000 Euro. Konkret bedeutete das bei der letzten Fußball Weltmeisterschaft 2018, dass die deutschen Spielerinnen (bei einem Gewinn) 75.000 Euro pro Person bekommen hätten. Bei den männlichen* Kollegen wären es 350.000 Euro gewesen – Sprich knapp 5 mal mehr.

 

In andere Sportarten sieht es dabei nicht wirklich besser aus. So erhalten nicht wenige männliche Nationalspieler* 500.000 Euro pro Jahr. Hingegen es für die Handballerinnen* unmöglich ist, von ihrem Sport hauptberuflich leben zu können. Dies zeigt sich auch in den Prämien, wo auch im Handball die Männer* 4 mal mehr zugesprochen bekommen als ihre Kolleginnen* in der gleichen Sportart für die gleiche Leistung.

 

Gender Pay Gap- Alternativlos? 

 

Doch woran liegt das? Die Argumentation des Deutschen Fußball Bunds, Deutschen Handballbunds  oder anderen Verbänden ist dabei seit Jahren gleich: Es könnten bei weitem nicht die gleichen Erlöse mit der Frauen*sport, wie mit dem Männer*sport erzielt werden. Somit wird die Begründung für die fehlende Gleichbehandlung ausschließlich auf die besseren Einschaltquoten und Werbe- bzw. Sponsoringverträge im Männer*sport aufgebaut. Auch wird immer wieder versucht darzustellen, dass sich die Verbände eine gleiche Bezahlung schlicht nicht leisten könnten.

 

Dabei wird jedoch schnell vergessen, dass nicht jede Sportart ein Gender Pay Gap hat. So erhalten sowohl Männer* als auch Frauen* dieselbe Vergütung bei den vier Grand-Slam-Turnieren im Tennis. Gewinner*innen beim Turnier in Wimbledon erhalten 2,5 Millionen Euro Siegprämie, ganz unabhängig vom Geschlecht.

 

Doch Beispiele gibt es genug: So wird in der australischen Liga seit 2019 ein genderübergreifendes Grundgehalt von 10.100 Euro gezahlt. In Norwegen erhalten die Nationalmannschaften bereits seit mehreren Jahren die gleichen Gehälter bzw. Prämien und nun hat es sogar die US- Fußballnationalmannschaft der Frauen* geschafft, dass die Einnahmelücke zwischen Spielerinnen* und Spielern* geschlossen wird. Zudem wurde sich auf eine Entschädigung von 22 Millionen Dollar geeinigt. Das alles zeigt: Es kann auch anders gehen!

 

Equal Pay im Equal Game!

 

Auch die Argumentation vieler Verbände, wonach die Einschaltquoten keine gleiche Bezahlung zulassen würden und auch die nicht finanziell umsetzbar sei, ist irreführend. Denn  zum einen würden das Interesse am Frauensport steigen, wenn mehr davon gezeigt würde. Das dies nicht der Fall ist, liegt auch und vor allem am Handeln der Verbände. Zum anderen ist der Sport getragen von einem gemeinnützigen und gesellschaftlichen Charakter. Diesem Charakter fühlen sich die meisten Verbände nicht nur verbunden, sondern sind durch ihre Vereinsstruktur schlicht daran gebunden. Das Argument der Gewinnorientierung darf und kann also nicht für sie gelten.

 

Und selbst, wenn dieses Argument der Gewinnorientierung, worauf sich viele Profisportvereine beziehen und strukturieren, darf es keine Ausnahme darstellen, die gleiche Arbeit ungleich zu entrichten. Denn für uns bleibt weiterhin klar, dass das Gehalt nicht vom Verhandlungsgeschick während der Gehaltsverhandlungen abhängen sollten, sondern von der Leistung! Die Leistung welche im Frauensport erbracht wird, sollte dementsprechend auch gleich bezahlt werden, wie der Männer*sport!

 

So fordern wir, dass alle Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion, die Bundesministerin für Inneres und für Heimat Nancy Faser, sowie alle SPD Mitglieder in Sportverbänden dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass alle Sportverbände die gleichen Prämien genderunabhängig vergeben.

 

Des Weiteren fordern wir alle Mitglieder der SPD Bundestagsfraktion, die Bundesministerin für Inneres und für Heimat Nancy Faser, sowie die Bundesregierung auf, dass:

  1. Staatliche Förderungen im Breitensport nur noch unter der Vorgabe der gleichen Prämiensätze und Bezahlung bei gleicher Leistung vergeben wird.
  2. Sämtliche Förderungen oder Unterstützungen durch öffentliche Unternehmen oder aus steuerlichen Mitteln nicht gegeben oder vergeben werden, sollten diese den Gender Pay Gap zwischen dem professionellen Männer*sport und dem professionellen Frauen*sport vergrößern oder diesen nicht verringern.
  3. Die Mindestlohnregelung auch im Falle aller Spitzensportler*innen und deren Vereine oder Kapitalgesellschaften im Sport greift, in welchem auch die Trainingszeiten Berücksichtigung finden. Denn zur Zeit verdienen ein Viertel aller Spitzensportler*innen keinen Mindestlohn, wobei dies meist auf die Sportlerinnen* zutrifft.

 

 

Antrag 200/I/2022 Don’t play with human rights – Kein Eigentor für Menschenrechte: Demokratisierung von Internationalen Sportverbänden

17.05.2022

Trotz internationalen Boykottaufrufen von Regierungen und massivem Druck von NGOs, werden noch immer Sportgroßveranstaltungen in Ländern und Regionen ausgetragen, in denen Menschenrechte in erheblichem Ausmaß missachtet werden. Die Fußball-WM in Katar oder Russland und die Olympischen Winterspiele in China sind nur ein paar wenige Beispiele hierfür. Auch die geplante Bewerbung von Russland für die Fußball-EM 2028 oder 2032 wirkt im Angesicht des aktuellen Kriegs, den Russland in der Ukraine führt, mehr als zynisch.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ohne öffentlichen Druck internationale Sportverbände nicht zum Einlenken gebracht werden können, sondern die Veranstaltungen skrupellos und eigennützig durchführen wollen. Entscheidungsfindungen sind in den Verbänden bisher größtenteils undemokratisch, intransparent und finden unter Ausschluss von Gremien der Gleichstellung, Antidiskriminierung oder zur Wahrung von Menschenrechten statt.

Wir fordern:

  • Das Vergabeverfahren von Sportgroßveranstaltungen muss transparent gestaltet werden. Vor, bei und nach der Vergabe sowie während der Vorbereitungen und der Durchführung der Veranstaltung im Gastgeberland sind die internationalen Menschenrechte einzuhalten. Das muss regelmäßig überprüft und überwacht werden.
  • Die internationalen Sportverbände müssen alternative Austragungsorte wählen, die bereits über eine Sportinfrastruktur verfügen. Präferiert werden sollten dabei Spiele in Austragungsorten in mehreren Ländern. Verschlechtert sich die Menschenrechtslage im ursprünglichen Gastgeberland, kommen sie zum Zug.
  • Für die Beurteilung der Lage sollen der Universal Human Rights Index der Vereinten Nationen oder andere Einschätzungen von internationalen Gremien verwendet werden.
  • Private internationale Sportverbände, wie die FIFA und UEFA, müssen demokratisiert werden. Entscheidungsprozesse müssen demokratisch und unter Einbindung verschiedenster Gremien zur Gleichstellung, Antidiskriminierung, Wahrung von Menschenrechten und den Rechten von queeren Menschen gestaltet werden.
  • Die SPD-Bundestagsfraktion, die Bundes-SPD sowie der Bundesverband der Jusos sollen sich klar gegen die Verletzung von Menschenrechten bei Sportgroßveranstaltungen positionieren und zum Boykott aufrufen. Es muss mit anderen demokratischen Regierungen kooperiert werden und gemeinsam ein klarer Standpunkt eingenommen werden.
  • Innerhalb der SPD muss es im Hinblick auf die kommenden Sportveranstaltungen eine politische Debatte über das Thema Sport und Menschenrechtsverletzungen, Werte im Sport und Schutz von Minderheiten geben, in der Maßnahmen und ein Positionspapier diskutiert und erarbeitet werden.

 

Antrag 201/I/2022 Politisches Bezirksamt

17.05.2022

Die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen 2021 haben zu teils erheblichen Verschiebungen der politischen Kräfte in den Berliner Bezirken geführt. In nicht wenigen Bezirken haben sich politische Mehrheiten gefunden um Bezirksbürgermeister*innen zu wählen, die nicht das stärkste Wahlergebnis erzielt haben. Diese zeigt auf, das auch auf bezirklicher Ebene die politische Landschaft immer weiter pluralisiert. Die Politisierung des Bezirklichen ist durch die gegenwärtige Besetzung der Bezirksämter nach Proporz unzureichend abgebildet.

 

Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Verwaltung werden über eine Vielzahl von Parteien verteilt. Das führt, insbesondere Querschnittsthemen, zu einer Unklarheit bzgl. der Verantwortlichkeiten. Einerseits ist nicht erkenntlich, wer für ein bestimmtes Thema zuständig ist und welche Personen bzw. Fraktionen die geeignetsten Ansprechpartner*innen für ein bestimmtes Problem seien. Insbesondere in der Bezirkspolitik ist diese direkte Ansprechbarkeit aber wichtig. Die auch als “Behörden Ping-Pong” hoch verteilten Zuständigkeiten führen zu einem Gefühl der Frustration gegenüber der Politik.

 

Der Gegenentwurf sind politische Bezirksämter, bei der die Wahl der Stadträt*innen durch eine Koalition mit Mehrheit in der BVV erfolgt. So werden auch im Bezirk klare Verantwortlichkeiten geschaffen. Insgesamt führt dieses Modell zu einem höheren Gewicht der Wahlentscheidung im Bezirk und zum Gefühl auch “vor Ort” mehr zu erreichen.

 

Der Zeitpunkt für solch eine Reform ist günstig. Die anstehende Wahlrechtsreform bzgl. des Wählens ab 16, soll die Demokratisierung des Landes Berlin weiter vorantreiben. Ein politisches Bezirksamt fügt sich in dieses Vorhaben ein.

 

Deshalb setzt sich die SPD Berlin dafür ein, in dieser Wahlperiode die Voraussetzungen für ein politisches Bezirksamt nach den nächsten Abgeordnetenhaus-/ BVV-Wahlen zu schaffen.

 

Antrag 202/I/2022 Ausweitung des Wahlrechts zum Bundestag

17.05.2022

Wir fordern die SPD-Fraktion des Bundestages dazu auf, sich dahingehend einzusetzen, dass mündige Personen, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, das aktive und passive Wahlrecht zur Bundestagswahl gewährt wird. Als mündige Personen verstehen wir Menschen ab 16 Jahren. Länder wie Chile und Kolumbien zeigen uns, dass diese Regelung zielführend ist.

Antrag 101/I/2021 Changing Climate - Changing Taxes: Für die sozial-ökologische Transformation die CO2-Steuer weiterentwickeln

18.03.2021

Mit dem Beginn der Covid-19 Pandemie im Frühjahr 2020 erlebten wir nicht nur eine der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit, die tausende Menschenleben kostete, für viele Personen schwere finanzielle Folgen hatte oder soziale Probleme verschärfte, sondern auch eine Dauerberichterstattung über die Pandemie. Eine andere globale Herausforderung, die dringendes Handeln in fast allen Lebensbereichen erfordert, geriet dabei fast schon in Vergessenheit. Die Folgen des Klimawandels und die damit einhergehenden Herausforderungen sind jedoch präsenter und dringender denn je. Die Temperaturen steigen weiter an, die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre jagt einen jährlichen Höchstwert nach dem anderen und die Auswirkungen für die Menschen, die vom Klimawandel am meisten betroffen sind, werden immer drastischer. Steigende Meeresspiegel, Müllberge, Ressourcenkonflikte oder Wetterextreme dürften für niemanden mehr etwas neues sein.

 

Wir Jusos sehen uns in der Verantwortung gegenüber der Umwelt als auch den Menschen, die aufgrund eines globalen kapitalistischen Wirtschaftssystems die Auswirkungen durch den Klimawandel zu spüren bekommen, tätig zu werden und so fortlaufend unsere Positionen zur Bekämpfung des Klimawandels auszuweiten und zu vertiefen. Eine Anpassung der Art, wie wir wirtschaften und mit begrenzten Ressourcen umgehen, muss daher hinterfragt und geändert werden. Eine Bepreisung des CO2 sowie der CO2 Äquivalenten, die wir tagtäglich produzieren, ist daher eine der zentralen Möglichkeiten, diesen Ausstoß zu senken. Ebenso sehen wir als Jusos die Pflicht, dass die Kosten einer solchen Umstellung nicht auf niedrige Einkommen abgelagert werden. Der Kampf gegen den Klimawandel ist im Kern ein sozialistischer Kampf, da wir die Folgen des menschengemachten Klimawandels nur durch eine gerechte Umverteilung und die Überwindung des Kapitalismus erreichen.

 

 Verbesserter Emissionshandel

Mit dem aktuell angewendeten Emissionshandel lassen sich in besonders stark emittierenden Sektoren CO2-Reduktionen erreichen. Die bisherigen Reduktionsziele der des EU-Emissionshandel (ETS) betrachten wir jedoch als zu wenig ambitioniert. Auch der Europäische Rechnungshof hat die Europäische Kommission bereits im September 2020 dazu aufgefordert, im Kampf für mehr Klimaschutz bei der Vergabe kostenloser Verschmutzungsrechte nachzuschärfen. Der europäische Emissionshandel umfasst derzeit nur 40% der gesamten europäischen Treibhausgasemissionen, da viele Industrien und Unternehmen keine Emissionszertifikate emittiert werden. Oft werden auch Gewinne durch das Handeln von kostenlosen Zertifikaten in klimaschädliche Projekte, wie die Sanierung bestehender Braun- oder Steinkohlekraftwerke verwendet. Durch kostenlose Zertifikate lassen sich eine zu niedrige Nachfrage an Zertifikaten nicht vermeiden. Dies hat zur Folge, dass mit einem Zertifikatüberschuss und zu niedrigen CO2-Preis, eine Reduzierung der Emission nur schwerer möglich ist. Wir fordern daher eine drastischere Reduzierung aller auf den Markt verfügbaren Zertifikate, um die CO2 Produktion herunterzufahren und die durch den Verkauf erbrachte Erlöse für soziale und nachhaltige Projekte zu nutzen. Ein gut funktionierender EU-Emissionshandel reicht jedoch nicht aus, um unsere klimapolitischen Ziele zu erreichen, da er nur knapp die Hälfte der in der EU verursachten Treibhausgasemissionen ausmacht. Wir fordern daher unsere Positionen zu einer CO2-Steuer für die übrigen Sektoren ambitionierter und sozial-verträglicher zu gestalten, um unsere klimapolitischen Verpflichtungen einhalten zu können

 

Dynamisches Steuerkonzept

Der Temperaturanstieg im Vergleich zur vorindustriellen Zeit betrug schon im Jahr 2016 ungefähr 1,1° C. Wenn wir nicht sofort handeln, sind die Chancen, die globale Erderwärmung bis 2100 selbst auf 2°C begrenzen, erschreckend gering. Die CO2-Steuer ist eine der wirkungsvollsten Instrumente, um die Einhaltung des 1,5° C Zieles des Pariser Klimaabkommens noch zu ermöglichen. Dazu muss die Steuer allerdings effektiv und hoch genug angesetzt werden, um einen spürbaren Unterschied auszumachen. Wir fordern daher ab sofort die Besteuerung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen mit 80€ pro emittierter Tonne C02, welche bis zum Jahr 2025 kontinuierlich auf 180€ pro Tonne und bis zum Jahr 2030 stetig auf 205€ pro Tonne CO2 ansteigen soll. Dieser Bepreisungsfahrplan deckt sich zu Teilen mit den Forderungen des Umweltbundesamtes und mehreren Umweltorganisationen. Der im Vergleich mit anderen Konzeptpapieren hohe Einstiegspreis stellt den besten Kompromiss zwischen einer effektiven umweltpolitischen Forderung und der Vermeidung einer Kostenverteilung auf den Schultern von Leuten mit niedrigem sozio-ökonomischen Status dar.

 

Wenig politische Themen haben so viel Dynamik wie die Klimadebatte. Um den aktuellen Stand der Forschung, neue nationale und internationale Entwicklungen und auch den sich stetig verändernden Konsens in Fachkreisen zu berücksichtigen, muss eine effektive CO2-Steuer flexibel und anpassbar sein. Wir fordern deshalb ein unabhängiges Expert*innengremium, welches, ähnlich wie die Mindestlohnkommission, die aktuelle Lage regelmäßig evaluiert und gegebenenfalls Anpassungen der Bepreisungen der Steuer an die Bundesregierung weitergeben kann. Diesem Expert*innengremium sollen ausschließlich Wissenschaftler*innen (explizit keine Wirtschaftsvertreter*innen) angehören. Die Berechnung und Anpassung der Steuer muss rein im Interesse des Klimaschutzes stehen. Die Berechnung muss mathematisch nachvollziehbar und wissenschaftlich begründet sein. Zusätzlich würde dieses Gremium frühzeitig einen mittel- oder langfristigen Plan für die Zeit nach 2030 entwickeln und die folgende Bepreisung der Steuer der klimapolitischen Situation sowie die positiven Feedback- Loops der Erderwärmung entsprechend berücksichtigen.

 

 CO2-Kennzeichnung

Zusätzlich fordern wir eine konkret in Kilo angegebene Kennzeichnungspflicht des CO2 Fußabdrucks oder der CO2– Äquivalenz bei allen anderen Treibhausgasen auf allen in Deutschland vertriebenen Produkten, besonders aber bei Lebensmitteln und Alltagsprodukten. Diese Kennzeichnung kann auch noch durch ein farbiges Ampelsystem ergänzt werden. Damit werden nicht nur die Verbraucher*innen transparent in die Bemühungen einer CO2-Reduzierung involviert und die Kaufentscheidungen der Konsument*innen positiv zugunsten des Klimas beeinflusst, sondern wir erhoffen uns damit auch einen weiteren Ansporn für Hersteller*innen zu CO2-armen Produktionsmethoden. In Schweden wurde ein CO2-Kennzeichnungssystem mit konkreter Kilo-Angabe 2009 eingeführt, mit der Folge, dass sich klimafreundliche Produkte um 20 Prozent besser als vorher verkaufen.

 

Soziale und finanzielle Ausgleichsmaßnahmen

Dieses Konzept der CO2-Besteuerung mit einem Eingangssteuersatz von 80€ pro Tonne würde, bei einem durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 8,89 Tonnen pro Jahr und Einwohner*in Deutschlands und ohne die sukzessive Verhaltensanpassung zu berücksichtigen, bis 2025 jährlich ein zusätzliches Steueraufkommen von 59,1 Milliarden Euro ergeben. Die zusätzlichen Geldbeträge sollen allerdings nicht im Gesamthaushalt verbucht werden, sondern direkt und mehrgleisig der Umverteilung und dem Klimaschutz dienen, indem sie durch die konkreten Maßnahmen, die wir beschreiben, in den Sozial- und Umweltsektor fließen. Obwohl es vor allem Menschen mit höherem Einkommen sind, die CO2-intensivere Güter und Dienstleistungen in Anspruch nehmen, müssen Menschen mit geringerem Einkommen den größeren Prozentsatz ihres Einkommens steuerlich zusätzlich aufwenden. Um also diese Menschen zu entlasten und zunächst bestimmten besonders betroffenen Gruppen den Übergang zu erleichtern, schlagen wir eine Reihe von sozialen Ausgleichsmaßnahmen vor, die für eine höhere Bepreisung von CO2 und CO2-Äquivalenten zwingend erforderlich sind. Als primären Ausgleichsmechanismus fordern wir eine sogenannte Klimadividende in Kombination mit Senkungen von Steuern, die untere Einkommensschichten überproportional belasten, wie beispielsweise eine deutliche und dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer. Die Klimadividende soll automatisch einmal im Jahr direkt an alle Bürger*innen ausgezahlt- und nach dem Einkommen gestaffelt werden. Je niedriger das Einkommen, desto höher die Klimadividende. So wird der Umverteilungsmechanismus der CO2-Steuer am deutlichsten sichtbar und greifbar. Dies hätte das Ziel, die Kosten für Individuen abzufedern und auch die öffentliche Unterstützung einer CO2-Bepreisung zu generieren. Eine dieser obsolet werdenden Abgaben ist die EEG-Umlage, welche Haushalte mit geringeren Einkommen überproportional belastet. Als Härtefallregelung unterstreichen wir weiterhin unsere Forderung nach einem erhöhten Mindestlohn auf mindestens 13,50 Euro pro Stunde, um so eine finanzielle Entlastung für niedrige Einkommen, die besonders von einer CO2-Steuer betroffen wären, zu gewährleisten. Fahrten von Pendler*innen zu und von ihrer Arbeitsstätte sollen vorerst von der Steuer ausgeschlossen sein. Die Lasten der Bekämpfung der Klimakrise dürfen nicht zu großen Teilen von Arbeitnehmer*innen getragen werden. Außerdem sollen Menschen in ländlichen Gebieten nicht aufgrund großer Entfernungen und schlechter ÖPNV-Anbindung benachteiligt werden. Arbeitgeber*innen, welche sich jedoch für klimafreundliche Fahrtgemeinschaftsangebote einsetzen sollen staatlich gefördert werden, um den Umstieg des Pendelns von Individualverkehr auf kollektive Beförderungsmethoden einzuleiten. Anstelle der Umlagen auf den Strompreis wollen wir Energieinvestitionen steuerlich finanzieren, um Verteilungsgerechtigkeit zu ermöglichen. Zusätzlich zu einer direkten und indirekten Steuerumverteilung sollen Teile der zusätzlichen Gelder auch in Sozialprojekte für betroffenen Bevölkerungsgruppen, lokale und internationale Nachhaltigkeitsprojekte und den Ausbau eines kostenlosen ÖPNV in ganz Deutschland investiert werden. Um Unternehmen zu einer CO2-armen Produktionsweise anzureizen, sollen vor allem kleine regionale Unternehmen, die besonders CO2-arm produzieren, subventioniert werden. Mit dieser Investitionsoffensive sollen diese transformationsbereiten Unternehmen gerade in den Anfangsjahren gefördert werden, damit sie sich finanziell bewähren können. Mit dieser Investitionsoffensive sollen diese transformationsbereiten Unternehmen gerade in den Anfangsjahren gefördert werden, damit sie sich finanziell bewähren können.

 

Ausgleiche sollen jedoch nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden, sondern nur da angewendet werden, wo Bemühungen gezeigt werden und eine Unterstützung notwendig ist. Um ein “Carbon Leakage”, sprich das Auslagern von Emissionen von CO2 und CO2-Äquivalenten in Drittstaaten, zu verhindern, sollen die Vorschriften für die Industrie verpflichtend werden sowie möglichst zeitnah im internationalen Kontext angewendet werden und eine gemeinschaftliche Antwort bieten. Die Ausweitung des EU- Emissionshandel auf mehr beteiligte Länder (aktuell 31 Länder), muss daher Priorität haben.

 

Um die Umgehung der CO2-Bepreisung, indem Güter von Drittstaaten importiert werden, in denen keine äquivalente CO2-Bepreisung herrscht, zu vermeiden, sollen Zölle bei Importen analog zu der von uns beschriebenen CO2-Steuer erhoben werden. Dies soll so lange geschehen, bis internationale Vereinbarungen greifen, die eine gemeinschaftliche CO2-Bepreisung vorsehen.

 

Der Klimawandel ist ein internationales Problem, welches internationale Anstrengungen erfordert. Eine Koordination, die mindestens auf europäischer Ebene angesiedelt ist, setzen wir als Ziel. Wir erkennen jedoch, dass dies innerhalb weniger Jahre schwierig umzusetzen ist. Wir fordern daher die sozialdemokratischen Kommissionsmitglieder, MEPs und die nationalen Regierungen auf, sich für die Einführung einer ähnlichen Steuer in den EU-Mitgliedstaaten einzusetzen, damit diese mittelfristig auf europäischer Ebene weiter international koordiniert wird.