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Antrag 05/I/2025 Ersetzung des § 10* Organisationsstatut

23.04.2025

Ersetze § 10* Organisationsstatut durch :

§ 10* Fachausschüsse, Arbeitskreise, Kommissionen und Projektgruppen

(1) Zur Beratung der Parteiorgane des Landesverbandes und zur Vernetzung mit der Stadtgesellschaft setzt der Landesvorstand für die Dauer seiner Wahlperiode Fachausschüsse ein. Er beschließt nach Maßgabe des § 10 Abs. 4 die Einsetzung der erforderlichen Arbeitskreise. Er kann zur Wahrnehmung stetiger Aufgaben Kommissionen einrichten. Unter Benennung ihres Auftrags und ihrer Mitglieder kann der Landesvorstand für einen festgelegten Zeitraum Projektgruppen einrichten. Er regelt das Nähere durch Richtlinien.

(2) Die Kreisvorstände können längstens für die Dauer ihrer Wahlperiode Arbeitskreise einsetzen und Projektgruppen einrichten. Arbeitsgemeinschaften können dies, sofern ihre Richtlinie eine entsprechende Regelung vorsieht.

 

bisherige Formulierung:

§ 10* Fachausschüsse

(1) Zur Beratung der Parteiorgane des Landesverbandes setzt der Landesvorstand Fachausschüsse ein. Er regelt das Nähere durch Richtlinien.

(2) Die Kreisvorstände können zur Beratung der Parteiorgane auf Kreisebene Facharbeitskreise einrichten.

Antrag 01/I/2025 Berlin: Ein Zuhause für uns alle - unser sozialdemokratischer Weg in der Mieten-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik

23.04.2025

I. Einleitung

Berlin ist weiterhin eine Stadt mit großer Anziehungskraft für Menschen aus ganz Europa und aus anderen Teilen der Welt. Gerade in einer Zeit mit großen Herausforderungen für Freiheit und Demokratie steht Berlin für Offenheit und Vielfalt in einer freiheitlichen und sozialen Gesellschaft. Viele Menschen wollen hier zu Hause sein, wohnen, arbeiten und leben. Wir als SPD wollen das Wachstum der Stadt so organisieren und steuern, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gewahrt und Teilhabe gesichert wird. Wir wollen ein Berlin, in dem Wohnen keine Alltagssorge darstellt, sondern sorgenfreier Teil eines selbstbestimmten Lebens in starken und solidarischen Nachbarschaften ist. Wir wollen ein Berlin, in dem Wohnen kein Luxus, sondern unabhängig vom Einkommen auch in zentralen Kiezen Realität ist. Wir wollen ein Berlin, das Wohnen generationengerecht ermöglicht und über sozial diverse Kieze einen starken Zusammenhalt gewährleistet.

 

Das ist die Aufgabe einer integrierten Stadtentwicklung. Wirtschaft, Arbeit und Wohnen sowie die begleitende Infrastruktur müssen zusammengedacht und parallel entwickelt werden. Dabei stehen Neubau und Bestandentwicklung, Nutzungsmischung und Umnutzung sowie Flächenverbrauch und Versiegelung im Fokus.

 

Berlin hat einen der am meisten angespannten Wohnungsmärkte bundesweit. Der Markt für Immobilienkäufe boomt – in der Regel zu Lasten von Mieter*innen. Trotz erheblicher politischer Anstrengungen kann der Wohnungsbau den Nachholbedarf an bezahlbaren Wohnungen aktuell noch nicht ausgleichen werden. Die Zahl der Baugenehmigungen und Fertigstellungen geht aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurück, während die Bevölkerung weiter zunimmt. Bestehender Wohnraum wird zu häufig zweckentfremdet oder unter Umgehung bestehender Gesetze zu Wuchermieten angeboten.

 

Diese Entwicklung setzt insbesondere Menschen ohne oder mit kleineren und mittleren Einkommen stark unter Druck, wirkt sich mittlerweile aber auch bis in die obere Mittelschicht negativ aus – oft bis zur Verdrängung aus ihrem Zuhause und ihrem Lebensumfeld. Besonders betroffen sind Familien (insb. Alleinerziehende), die bezahlbare und ausreichend große Wohnungen oft kaum noch finden, sowie Menschen mit Behinderungen, die auf barrierefreie Wohnungen angewiesen sind. Auch Beschäftigte, Auszubildende und Studierende stehen vor Problemen. Hohe Mieten treiben sie an den Stadtrand oder zwingen sie in beengte Wohnverhältnisse. Das macht es auch für Unternehmen schwerer, Fachkräfte zu gewinnen und zu halten oder sich neu in der Stadt anzusiedeln. Verstärkt wird dieser Druck durch Investmentfonds und andere Finanzmarktakteur*innen, für die Wohnungen vor allem eine Rendite sichernde Geldanlage darstellen. Berlin hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot für diese Investoren entwickelt.

 

Wir wollen, dass Berlin ein Hotspot für gutes Wohnen wird. Berlin soll eine Stadt sein, die bezahlbaren Raum für uns alle bietet. Dazu braucht es mehr Wohnraum, bezahlbare Mieten und lebenswerte Nachbarschaften. Das erfordert ein klares Bekenntnis zum Wohnungsbau, zur Wohnraumförderung und zur Regulierung des Marktes. Nur durch einen solchen Maßnahmen-Mix bleibt Berlin als Stadt ein Zuhause für alle, in der Menschen unabhängig vom Einkommen oder der Lebenssituation unbeschwert ein Zuhause haben oder finden können. Dieses gesamtstädtische Ziel wollen wir auch haushaltspolitisch noch stärker unterstreichen und dafür insbesondere die durch Sondervermögen und Reform der Schuldenbremse neu entstehenden Investitionsspielräume nutzen.

 

Vorwärts Berlin – packen wir’s an! Mit Herz, mit Mut und der Kraft des Miteinanders.

 

II. Wohnraum auf vielen Wegen – Damit jeder ein bezahlbares Zuhause finden kann

Berlin braucht mehr bezahlbare Wohnungen. Die viel zu geringe Leerstandsquote von weit unter einem Prozent zeigt: Es fehlen Wohnungen für Menschen, die neu nach Berlin kommen genauso wie für Berliner*innen, die eine andere Wohnung benötigen. Unser Ziel ist es, allen Menschen in Berlin ein bezahlbares Zuhause zu verschaffen. Dieses Ziel werden wir nur erreichen, wenn wir das Angebot an Wohnraum deutlich erhöhen. Zwischen 2011-2024 wurden 181.000 Wohnungen für weit über 350.000 Menschen gebaut. Ein großer Erfolg, zu dem wir mit unserer Politik im Senat und in den Bezirken wesentlich beigetragen haben. Aber es muss weitergehen. Bis 2040 sieht der Stadtentwicklungsplan Wohnen rund 220.000 (und eine Flächenvorsorge für weitere 50.000) zusätzliche Wohnungen für Berlin vor. Dieses Ziel ist nach den Erfahrungen der Vergangenheit zu niedrig angesetzt, denn die Bevölkerungsprognose wurde bisher mehrfach überschritten. Deshalb ist es nötig an den bestehenden jährlichen Neubauzielen festzuhalten. Das werden wir nur über einen Dreiklang von öffentlichem, genossenschaftlichem und privatem Wohnungsbau erreichen. Wir halten dabei an dem Ziel von mindestens 500.000 landeseigenen Wohnungen in den 2030er Jahren und eines mindestens zur Hälfte gemeinwohlorientierten Wohnungsmarktes bis 2050 fest. Zum festen Bestandteil des gemeinwohlorientierten Wohnungsmarktes zählen für uns neben den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften als starke und verlässliche Partner in erster Linie die Genossenschaften. In der gegenwärtigen Situation fördern wir rund 5000 neue Wohnungen mit Sozialbindungen jährlich, bei wachsendem Engagement des Bundes wollen wir auf mindestens 6500 jährlich erhöhen. Davon streben wir an, jährlich ca. 1000 neue Wohnungen von Genossenschaften zu fördern. Der gemeinwohlorientierte Wohnungsmarkt wächst auch durch das Bauen ohne Förderung im mittleren Preissegment zwischen 10 und 15 Euro je qm. Wir werden unsere Politik weiter darauf ausrichten, dass mindestens jede zweite neue Wohnung im gemeinwohlorientierten Segment verteilt auf das gesamte Stadtgebiet entsteht.

 

Neubau und Erhalt: Das zentrale Thema für die Wohnraumversorgung der Stadt

Mit dem Schneller-Bauen-Gesetz haben wir zentrale Voraussetzungen geschaffen, um neuen Wohnraum künftig zügiger planen und bauen zu können. Wir müssen mehr und schneller zusätzlichen Wohnraum schaffen – trotz aller Herausforderungen, vor denen das Baugewerbe derzeit steht. Wir wollen den Neubau von bezahlbaren Wohnungen noch stärker unterstützen, insbesondere über ausreichend verfügbare Grundstücke, zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie auskömmliche Förderungen. Wir wollen:

 

  • eine offensive Bodenpolitik betreiben und mehr Flächen in Landesbesitz bringen, um auf ihnen bezahlbaren Wohnraum zu realisieren;
  • unter Inanspruchnahme verfügbarer Bundesmittel und der neuen Spielräume bei der Kreditaufnahme durch die Bundesländer ein öffentliches Wohnungsbauprogramm auflegen und dafür auch das Eigenkapital der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zielgerichtet erhöhen;
  • auch privates Engagement im Wohnungsbau weiterhin unterstützen, unter Beachtung unserer Ziele für gemischte Quartiere und einer guten Infrastruktur;
  • Potenzialflächen für den Wohnungsneubau schneller verfügbar Die wohnungsnahe soziale Infrastruktur und die Anbindung über den Umweltverbund (Fußverkehr, Radverkehr und Öffentlicher Personennahverkehr) sollen in allen Genehmigungsverfahren die gleiche Priorität erhalten wie der Wohnungsbau selbst. Hier soll das Prinzip der 15-Minuten-Stadt handlungsleitend sein;
  • bei Neubauprojekten, insbesondere im Rahmen der Entwicklung der Neuen Stadtquartiere, stärker als bisher in die Höhe bauen;
  • unter Berücksichtigung bereits bestehender Typisierungen in anderen Bundesländern die Entwicklung von Standard- und Typengenehmigungen unterstützen und diese zur Anwendung bringen. Ein einmal als genehmigungsfähig eingestufter Bau muss dann im Wiederholungsfall nicht das komplette Prüfverfahren erneut durchlaufen. Dazu wollen wir serielle und modulare Wohnungsbauansätze ausbauen, die auch bezüglich des Umweltschutzes sowie der Nachhaltigkeit auf einem hohen Niveau sind;
  • die auf Bundesebene geplanten Erleichterungen bei Baustandards sowie das Schneller-Bauen-Gesetz nach zwei Jahren evaluieren, auch um weitere Erleichterungen auf den Weg zu bringen;
  • die Wohnungsbauförderung des Landes unter Inanspruchnahme aller verfügbaren Bundesmittel ausbauen und steigern. Unser Ziel bleibt: Wir wollen die Anzahl an mietpreisgebundenen Wohnungen in absoluten Zahlen steigern. Dies wollen wir neben dem Neubau auch mit den Möglichkeiten in einem Wohnraumsicherungsgesetz für die Ausweisung im Bestand und durch eine flexiblere Umsetzung der Bedingungen der Förderung erreichen, insbesondere im Wege der mittelbaren Belegungsbindung. Wir werden uns auf Landes- und Bundesebene für eine deutlich längere Dauer der Mietpreis- und Belegungsbindung einsetzen.

 

Im Bund setzen wir uns dafür ein, dass der Bau bezahlbarer Wohnungen auch steuerlich noch besser gefördert werden soll, indem in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten

  • die Mehrwertsteuer auf Bau- und Baunebenkosten für einen Zeitraum von zehn Jahren auf den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent abgesenkt wird;
  • die Abschreibungsmöglichkeiten beim Bau von Mietwohnungen auf 50 Prozent der Baukosten innerhalb von fünf Jahren erhöht werden;

 

sofern diese zusätzlichen Wohnungen im Rahmen einer Baukostenobergrenze errichtet und dauerhaft zu bezahlbaren Mieten vermietet werden.

 

Zudem setzen wir uns dafür ein, dass die Investitionszulage für den gemeinnützigen Wohnungsbau eingeführt und in einer angemessenen Höhe ausgestaltet wird.

 

Genossenschaften: Der solidarische Weg zu bezahlbarem privatem Wohnungsbau

Wohnungsbaugenossenschaften spielen eine zentrale Rolle bei der Aufgabe, bezahlbaren und gemeinwohlorientierten Wohnraum zu schaffen und zu erhalten. Sie bieten eine demokratische und solidarische Alternative zum profitorientierten Wohnungsmarkt, da ihre Mieter*innen gleichzeitig Mitglieder und Mitentscheidende sind. Wir setzen uns daher für eine bessere Förderung von Genossenschaften ein. Unser Ziel ist, dass berlinweit noch mehr Menschen Mitglieder von Genossenschaften werden und genossenschaftlich wohnen können.

  • Gemäß der Liegenschaftspolitik werden landeseigene Flächen im Wege des Erbbaurechts an Dritte vergeben. Wir halten an dieser Praxis fest, entwickeln aber die Rahmenbedingungen der Finanzierung von Wohnungsbauinvestitionen weiter und garantieren Genossenschaften dabei ein dauerhaftes Erbbaurecht mit entsprechenden Sicherungen.
  • Wir wollen die Genossenschaftsförderung des Landes Berlin überarbeiten. Dabei wollen wir insbesondere den Anteil der klimagerechten Sanierung ausbauen sowie Verbesserungen beim Anteilserwerb und bei den Laufzeiten der Förderungen zugunsten der Genossenschaften in den Blick nehmen.
  • Wir wollen den Anteil der Genossenschaften an Wohnungsbauprojekten steigern und sie insbesondere bei der Entwicklung der Neuen Stadtquartiere stärker als gleichwertige Akteure einbeziehen. Wir unterstützen dabei die Realisierung von Genossenschaftsquartieren, auch im Verbund mit anderen gemeinwohlorientierten Wohnungsgesellschaften.

 

Potenziale nicht verschenken: Für einen aktivierenden Umgang mit Gewerbeflächen

Das Land Berlin betreibt eine starke Ansiedlungsstrategie von Unternehmen und verschenkt dennoch im Umgang mit Gewerbefläche an vielen Stellen noch immer Potenzial. Das gilt sowohl im Umgang mit Neubauprojekten von Gewerbeimmobilien – insbesondere Büroflächen – als auch bei der fehlenden Aktivierung der Vorhalteflächen für den Ausbau und die Neuansiedlung gewerblicher oder industriell geprägter Unternehmen. Die schwierige Wohnungssituation in Berlin erschwert für die Unternehmen zusätzlich das Anwerben von Fachkräften. Zeitgleich gibt es berlinweit ungenutzte oder zu wenig ausgenutzte Flächen.

 

Die Leerstandsquote für Büroflächen in Berlin steigt in den letzten Jahren immer weiter und beträgt mittlerweile mit 1,6 Millionen m² rund 7 Prozent. Prognosen deuten darauf hin, dass die Quote bis zum Jahr 2026 auf 8,7 % steigen könnte. Trotzdem werden in hoher Geschwindigkeit immer neue Bürogebäude geschaffen. Dieser Entwicklung werden wir entgegenwirken. Daher wollen wir:

  • Flächen planungsrechtlich verstärkt als “Urbane Gebiete”, also Mischgebiete für Wirtschaft, Wohnen, Einzelhandel und soziale Infrastruktur ausweisen, und unter Berücksichtigung des Planungsschwerpunktes Gewerbe anwenden;
  • stärker den Neubau von Gebäuden ausschließlich für Büroflächen begrenzen;
  • die Umwandlung von Büro-/Gewerbeflächen in Wohnraum weiter erleichtern;
  • gemeinsam mit der IBB unter Inanspruchnahme möglicher Bundesförderungen ein Programm zur Förderung des Umbaus von leerstehenden Bürogebäuden -flächen auf den Weg zu bringen, um die Eigentümer – dort wo möglich – beim zügigen Umbau zu Wohnraum zu unterstützen;
  • für leerstehende Shoppingcenter und Ladenzeilen aufbauend auf den Ergebnissen des laufenden Zentrengipfels standortspezifisch neue Konzepte für Mischnutzungen entwickeln. In denen sollen Jugendzentren, Sportflächen, Clubs, Kultur, Indoorspielplätze, medizinische Angebote, Suchthilfe, ggf. auch Bürgerdienste oder andere Angebote unterkommen können, die besonders in innerstädtischer Lage wegen knapper werdender Gewerbeflächen kaum noch Flächen mit bezahlbaren Gewerbemieten finden;
  • das Hochhausleitbild weiterentwickeln, um die Planung und Steuerung von Hochhäusern in Berlin mit einer bedarfsgerechten Nutzungsmischung zu verbessern;
  • sofern künftig Flächen und Grundstücke für den Bau von Hochhäusern ausgewiesen werden, diese mit städtebaulichen oder anderen geeigneten Instrumenten so absichern, dass Wertsteigerungen auch dem Land Berlin zugutekommen.

Die Verknüpfung von Arbeiten und Wohnen in einem gesunden Umfeld ist Kern einer integrierten und geschlechtergerechten Stadtentwicklung. Wir wollen die Ansiedlung gewerblicher oder industriell geprägter Unternehmen auch auf bislang ungenutzten Flächen unterstützen, bestehende Unternehmen halten und gleichzeitig den Wohnungsbau fördern. Daher wollen wir:

  • die Erschließung der Entwicklungsgebiete für den produktionsgeprägten Bereich an den ÖPNV und das Straßennetz stärker vorantreiben sowie fehlende Glasfaseranschlüsse und Stromkapazitäten zügig ausbauen;
  • die Ansiedlung oder Erweiterung von Unternehmen stärker verbinden mit der Errichtung von Beschäftigten-, Werks- und Auszubildendenwohnungen. Dazu wollen wir auch passende Gewerbeflächen identifizieren und nutzen, denn hiervon profitieren Beschäftigte wie Unternehmen gleichermaßen;
  • ausgehend von den gut funktionierenden landeseigenen Standorten Gewerbehöfe als Instrument zur betrieblichen Standortsicherung weiter stärken. Über Genossenschaftsmodelle, ggf. in Verbindung mit Erbbaurechtsvergaben, sollen für Gewerbehofnutzende attraktive Betreiberformen etabliert werden;

 

Wohnraum sichern, Vielfalt erhalten: Den Ankauf von Wohnungen fortsetzen

Wir wollen bezahlbaren Wohnraum erhalten, Quartiere stabilisieren und den Erhalt einer sozialen Durchmischung fördern. Dies gelang uns in der Vergangenheit auch, indem die landeseigenen Unternehmen zielgerichtet weiter Wohnungsbestände kauften. Wir wollen, dass das Land Berlin auch künftig Wohnungsbestände auch größerer Unternehmen ankauft und seine Möglichkeiten im Rahmen des bestehenden Vorkaufsrechts nutzt. Ein Schwerpunkt wird dabei insbesondere auf solche Bestände gelegt, in denen Sozialbindungen ausgelaufen sind oder ihr Auslaufen bevorsteht, um Wohnungen im preiswerten Bestand zu halten. Damit verhindern wir, dass diese Wohnungen dem freien Markt überlassen werden, was zu weiter steigenden Mieten und Verdrängung von Menschen führen würde.

 

Die Metropolregion zusammendenken: Für eine engere Verflechtung mit Brandenburg

Die Metropolregion Berlin-Brandenburg ist mittlerweile das Zuhause für rund sechs Millionen Menschen. Sie verfügt zugleich im engeren Verflechtungsraum um Berlin noch über große Entwicklungspotenziale. Wir wollen dem Konzept des “Siedlungssterns” folgend insbesondere entlang der schienenbezogenen Verkehrsachsen im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung auch gemeinsam mit Brandenburg neue Wohngebiete erschließen und Quartiere weiterentwickeln. Dies erfordert eine enge und kontinuierliche Abstimmung zwischen den Regierungen und Parlamenten beider Länder, aber ebenso der Brandenburger Kommunen und Berliner Bezirke. Wir wollen dafür insbesondere auch dem Ausbau des schienengebundenen Nahverkehrs im Rahmen des Projektes i2030 die höchste Priorität bei der verkehrlichen Entwicklung einräumen und die Umsetzung der bestehenden regionalen Achsenentwicklungskonzepte entlang der Siedlungsachsen unterstützen.

 

Es darf ein bisschen mehr sein: Erhöhung der Sozialwohnungsquote auf 50 Prozent

Die Sozialbindung von Neubauprojekten ist ein zentraler Bestandteil der Berliner Wohnungspolitik. Um den sozialen Wohnungsbau zu intensivieren, wollen wir die obligatorische Quote für Sozialwohnungen im kooperativen Baulandmodell von derzeit 30 Prozent auf 50 Prozent anheben. Dies würde sicherstellen, dass auch im Rahmen von Projekten privater Unternehmen ein deutlich größerer Anteil der Neubauten für Menschen mit geringerem Einkommen zur Verfügung steht und somit die soziale Durchmischung in neuen Quartieren gewährleistet ist. Die Vereinbarung aus dem Berliner Wohnungsbündnis im Jahr 2022 und im Koalitionsvertrag 2023 muss endlich umgesetzt werden!

 

Mehr als ein Dach: Zusammenleben statt allein wohnen oder einsam sein

Die Verknappung von Wohnraum in Berlin hat vor allem, aber nicht nur etwas mit dem Zuwachs an Menschen und zu geringen Fertigstellungen im Neubau zu tun. Auch der Flächenverbrauch pro Kopf ist ein Einflussfaktor.

 

Vielen Menschen in Berlin leben allein, insbesondere lebensältere Menschen. Nicht wenige von ihnen wünschen sich mehr soziale Kontakte. Zeitgleich wohnen insbesondere Familien über längere Zeiträume in zu kleinen Wohnungen. Wir wollen Menschen daher zum Zusammenleben motivieren. Durch das Zusammenziehen von zwei oder mehrerer Ein-Personen-Haushalten nimmt Einsamkeit ab und es werden Wohnungen frei – Wohnraum wird somit im Bestand geschaffen. Berlin wird als Hauptstadt der Singles bezeichnet, ist aber zugleich auch Hauptstadt der Alleinerziehenden. Beiden Lebenswirklichkeiten wollen wir gerecht werden. Wir wollen insbesondere Wohnformen unterstützen, in denen damit zusammenhängende Herausforderungen gemeinsam gemeistert werden können.

  • Wir wollen unter vollständiger Inanspruchnahme der verfügbaren Bundesmittel eine “WG-Garantie” für Auszubildende und Studierende auf den Weg bringen und dafür die Zahl der Wohnplätze im Neubau und im Bestand deutlich ausweiten. Hier sind insbesondere Wohnheimplätze zu fördern und in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines gemeinsamen Auszubildenden -und Studierendenwerkes auf den Weg zu bringen. Dabei streben wir eine maximale Miete von 400 Euro im Monat an und unterstützen daher auch die Initiative, die Mietpreisbremse auf WG-Wohnungen auszuweiten;
  • Wir wollen Alleinerziehenden-WGs unterstützen und unsere bestehenden Förderprogramme diesbezüglich weiterentwickeln;
  • Wir wollen bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen ein Modellprojekt für einen “Wir-ziehen-zusammen-Bonus” Zusammenziehende Personen erhalten dabei eine als zinsloses Darlehen ausgezahlte Prämie pro freigewordene Wohnung, dessen Rückzahlung erlassen wird, sobald die Personen zwei Jahre im neubegründeten Haushalt zusammenleben. Diese Prämie wird nur gezahlt, wenn die zusammenziehenden Personen im Hauptmietvertrag gleichberechtigte Mietparteien sind. Es muss seitens der Verwaltung sichergestellt werden, dass nicht automatisch eine Bedarfsgemeinschaft angenommen wird;
  • Zur Optimierung der Wohnungsversorgung wollen wir neben dem Wohnungstausch künftig verstärkt den Wohnungswechsel unterstützen. Mieter*innen, die innerhalb der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften eine große zugunsten einer kleineren, auf Wunsch im gleichen Kiez liegenden Wohnung freimachen, erhalten eine Umzugshilfe und zahlen in der neuen Wohnung weiterhin einen am ursprünglichen Wert orientierten Quadratmeterpreis;
  • Wir wollen mehr attraktive Wohnangebote für ein gemeinsames Leben schaffen. Dazu wollen wir Co-Living- und Gemeinschaftswohnprojekte sowie Clusterwohnen stärker unterstützen, in denen Wohnraum mit geteilten Gemeinschaftsräumen und individuellen Rückzugsorten entstehen. Diese Angebote sollen sich auch an Menschen mit Behinderungen oder Pflegebedarf richten.

 

Inklusives Berlin: Barrierefreier Wohnraum im Neubau und im Bestand

Unser Ziel ist, den Bestand an barrierefrei erreichbarem und nutzbarem Wohnraum zu erhöhen. Aus diesem Grund haben wir in der letzten Novelle der Bauordnung verankert, dass seit dem 1. Januar 2025 bei Neubauvorhaben mehr Wohnungen als bislang barrierefrei erreichbar sein und ein Anteil der barrierefrei nutzbaren Wohnungen rollstuhlgerecht errichtet werden muss. Darüber hinaus wollen wir:

  • Im Rahmen der nächsten Novelle der Bauordnung die Anforderungen weiterentwickeln, um den Anteil barrierefreier Wohnungen zu erhöhen;
  • die altersgerechte Anpassung der Wohnungen im Bestand fördern;
  • mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen einen verstärkten barrierefreien Umbau freigewordener Wohnungen sowie die prioritäre Abgabe freier, barrierefreier Wohnungen an Bewerber*innen mit einer Behinderung, Pflegebedarf oder einem Alter von mehr als 65 Jahren vereinbaren.

 

Erwerb von selbstgenutztem Eigentum fördern

Ein Weg zu mehr Sicherheit vor Mieterhöhungen oder Eigenbedarfskündigungen kann neben der Regulierung im BGB auch der Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie sein. Es ist auch eine der besten Formen der Altersvorsorge. Der Erwerb der “eigenen vier Wände” ist für breite Bevölkerungsschichten, die keine Schenkungen, Erbschaften o.ä. erhalten, aus dem eigenen Einkommen in Berlin jedoch kaum mehr finanzierbar. Dies verschärft die soziale Ungleichheit in unserer Stadt zusätzlich. Im Vergleich der Bundesländer haben Menschen in Berlin derzeit die geringsten Möglichkeiten, Eigentum zu erwerben.  Wir wollen daher:

  • Wir wollen daher die Förderprogramme der Investitionsbank Berlin für den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum, auch genossenschaftlichem Eigentum, insbesondere für Familien mit kleinen bis mittleren Einkommen ausweiten. Dabei wollen wir auch die Kaufnebenkosten in den Blick nehmen, die einen Erwerb oft erschweren. Neben dem Neubau bezahlbarer Wohnungen wollen wir die Mehreinnahmen durch die Abschaffung von Share Deals auch dafür verwenden;
  • Mietkaufmodelle auf dem privaten Wohnungsmarkt in eine breitere Anwendung bringen.

 

III. Wohnen zu bezahlbaren Mieten – Regulierung von Mietverträgen und Wohnraum

Berlin ist eine Stadt der Mieter*innen – über 80 Prozent der Menschen wohnen zur Miete. Ihre Miete muss bezahlbar sein. Viele Mieter*innen sehen sich derzeit jedoch mit überhöhten Miet- und Wohnkosten sowie unsicheren Mietverhältnissen konfrontiert. Insbesondere die mittlerweile sehr hohen Angebotsmieten sind selbst für Durchschnittsverdienende oftmals nicht mehr leistbar. Dies gefährdet die soziale Mischung in unseren Kiezen und damit den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt insgesamt. Als Berliner SPD stehen wir dafür, dass Wohnen in all unseren Kiezen bezahlbar sein muss.

 

Mit dem Bestand von 400.000 Wohnungen der sieben städtischen Wohnungsbaugesellschaften, den 190.000 Wohnungen in Genossenschaften, der Unterstützung von Aktivitäten der 40 jungen Genossenschaften, der öffentlichen Förderung von Neubau und Modernisierung, einem rechtssicheren Mietspiegel sowie den zahlreichen landesrechtlichen mieterschützenden Regelungen nehmen wir wirksam Einfluss auf das Mietniveau in ganz Berlin. Dies werden wir konsequent fortsetzen.

 

Trotz der Mietpreisbremse im Bund gibt es nach wie vor zahlreiche Lücken, die zu einer zusätzlichen Belastung von Mieter*innen führen. Mit Geschäftsmodellen, wie Zeit-Mietverträgen oder möblierten Wohnungen, wird das Angebot an bezahlbaren Wohnungen weiter verknappt – meist, um zielgerichtet die Mietpreisbremse zu umgehen. Wir werden in Berlin alle gesetzlichen und tatsächlichen Möglichkeiten nutzen, um die Mieten zu begrenzen, die Wohnkosten stabil zu halten und den Wohnraum zu regulieren. Denn: Die rasante Preisexplosion ist auch eine direkte Folge eines Marktes, der unzureichend reguliert ist und dessen bestehende Regeln nicht ausreichend durchgesetzt werden.

 

Wirkungsvoll Handeln: Kompetenzen bündeln und Entscheidungen beschleunigen

In Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie Berlin ist eine effektive Verwaltung essenziell wichtig, um Genehmigungsverfahren zu optimieren und schnell und gezielt gegen Leerstand oder spekulativen Wohnraumverlust vorzugehen. Die Bündelung von Kompetenzen in der Verwaltung beschleunigt Entscheidungen, vermeidet Doppelarbeit und verbessert die Durchsetzung von Gesetzen. Daher wollen wir die Landesverwaltung im Bereich des Wohnens neu aufstellen.

  • Wir wollen Zuständigkeiten aus den Bezirken für geeignete Themen im Bereich Wohnungsangelegenheiten in einem Landesamt zusammenführen.
  • Im Rahmen der Verwaltungsreform wollen wir die Zuständigkeit für die Bauaufsicht und den Vollzug des Zweckentfremdungsverbots- und des Wohnungsaufsichtsgesetzes im selben Ressort in den Bezirken zusammenführen.


Gesetze durchsetzen: Die Mietpreisprüfstelle des Landes zum Erfolgsprojekt machen

Wir haben im Senat die Mietpreisprüfstelle durchgesetzt und eingerichtet. Das ist ein großer Erfolg. Seit März steht damit allen Berliner*innen ein niedrigschwelliges Beratungsangebot für eine individuelle Erstberatung bei Verdacht auf eine überhöhte Miete zur Verfügung. Sie unterstützt Mieter*innen bei der Überprüfung ihrer Miethöhe auf Basis des Mietspiegels und berät sie über weitere Schritte zur Verfolgung ihrer Rechte. Zudem leitet sie Prüfergebnisse im Falle des Verdachts auf Mietpreisüberhöhung oder auf Mietwucher an die Bezirksämter und Staatsanwaltschaften weiter. Um die Wirksamkeit weiter zu erhöhen, wollen wir:

  • die Kontrollinstanzen auf Bezirks- und Landesebene personell und strukturell ertüchtigen, um ihre Wirksamkeit deutlich zu stärken, sowie die bezirklichen Mieterberatungen im bisherigen Umfang erhalten;
  • die Zuständigkeiten für das Wirtschaftsstrafgesetz in einem Landesamt zusammenführen, damit berlinweit Sanktionen und Bußgelder im Falle von Mietpreisüberhöhungen effektiver durchgesetzt werden können;
  • eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Immobilien-, Wohn- und Mietkriminalität einrichten, damit Mietwucher und andere strafrechtsrelevante Verstöße schneller geahndet werden können;
  • uns gegenüber der Bundesebene für eine Reform des Wirtschaftsstrafgesetzes einsetzen, um Nachweisprobleme zu entschärfen. Insbesondere soll das Kriterium des „Ausnutzens“ durch ein objektives Angemessenheitskriterium ersetzt und der Bußgeldrahmen auf bis zu 100.000 Euro erhöht werden.

 

Gesetzgebung ausschöpfen: Das Wohnraumsicherungsgesetz endlich voranbringen

Wir fordern die Umsetzung des im Koalitionsvertrag im Jahr 2023 versprochenen Wohnraumsicherungsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode, mit folgendem Inhalt:

  • Einführung einer berlinweit geltenden restriktiven Regulierung von möblierten Wohnungen und Zeit-Mietverträgen (inkl. einer Obergrenze) sowie zusätzlich eines allgemeinen Verbots dieser Vertragsgestaltungen in Milieuschutzgebieten, das mindestens bis zu einer Reform der Mietpreisbremse im Bund mit einer vollständigen Beseitigung der dafür geltenden Ausnahmen und der Einführung einer Obergrenze erlassen werden soll;
  • Wohnungsunternehmen sollen verpflichtet werden können, bei Neuvermietungen einen Teil ihres Wohnungsbestandes als WBS-Wohnungen für Haushalte mit niedrigem Einkommen unter Berücksichtigung besonderer Bedarfsgruppen zu vermieten und dauerhaft oder für einen begrenzten Zeitraum Belegungsrechte zu begründen. Damit leiten wir einen Paradigmenwechsel in der Wohnraumförderung ein;
  • erweiterte und vereinfachte Eingriffsmöglichkeiten der Bezirksämter bei der Wohnungsaufsicht, um bei unbewohnbaren Zuständen von Wohnungen schneller und effektiver reagieren zu können. Dabei sind feste Fristen für die Ämter und Eigentümer im Gesetz einzuführen;
  • die Bußgeldrahmen im Zweckentfremdungs- und im Wohnungsaufsichtsrecht sind so zu erhöhen, dass die Attraktivität eines Verstoßes minimal wird;
  • erhöhte Anforderungen im Zweckentfremdungsrecht für den Abriss von Wohnraum in Mehrfamilienhäusern über eine Ausweitung des Betrachtungszeitraums für die Renditeberechnung zur Ausstellung von Negativattesten von 10 auf 20 Jahre;
  • ein umfassender Genehmigungsvorbehalt für den Abriss von Gebäuden, bei dem insbesondere eine ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung (Bau, Betrieb und Rückbau) eines Gebäudes mit den bisherigen Investitionen des Eigentümers verankert ist und ein Rückbau nur zugelassen werden kann, sofern und soweit der Neubau ökologisch insgesamt weniger belastend ist als der Erhalt des Bestandsbauwerks.

 

Rechte von Mieter*innen bei Eigenbedarfskündigungen stärken

Eine Kündigung auf Eigenbedarf bedeutet für viele Berliner*innen den ungewollten Verlust ihrer Wohnung und ihres vertrauten Wohnumfeldes. Nicht in allen Fällen besteht jedoch tatsächlich ein Eigenbedarf der/des Wohnungseigentümer*in. Wir wollen daher die Rechte der Mieter*innen gegenüber den Eigentümer*innen stärken. Dazu soll der Eigenbedarf künftig auf die Wohnnutzung der Kernfamilie beschränkt und mit klaren Nachweispflichten belegt werden. Außerdem wollen wir bei Eigenbedarfskündigungen die Härtefallklausel stärken und zudem eine Pflicht für das Angebot von angemessenen Alternativwohnungen einführen, um den Bestandsmieter*innen trotz ungewollter Veränderung zumindest eine sichere Perspektive zu bieten. Hierzu wollen wir einen entsprechenden Gesetzesvorschlag in den Bundesrat einbringen.

 

Mehr Einsatz gegen Leerstand: Transparenz schaffen und konsequent handeln

Ein Mieten- und Wohnungskataster verbunden mit einer regelmäßigen Leerstandserfassung schafft mehr Transparenz und eine verbesserte Grundlage für Entscheidungen über Eingriffe in den Markt. Mieter*innen und Vermieter*innen können darüber leichter erkennen, welche Miethöhe im Vergleich zum örtlichen Markt angemessen ist.

  • Wir wollen beim Mieten- und Wohnungskataster nicht länger auf den Bund warten und fordern den Senat auf, schon im Rahmen der aktuellen Rechtslage mit eigenen Aufbauarbeiten zu beginnen. Verbunden mit der Erfassung des Leerstands können die zuständigen Ämter künftig besser gegen ungenutzte Wohn- und Gewerbeimmobilien vorgehen;
  • Zur Durchsetzung der Auskunfts- und Anzeigepflichten in Zweckentfremdungsverfahren wollen wir die Befugnisse gegenüber Eigentümer*innen erweitern;
  • Wir wollen eine gesetzliche Grundlage schaffen, mit der spätestens bei einem über ein Jahr andauernden Leerstand oder einer andauernden Nutzung entgegen dem Zweckentfremdungsverbot eine temporäre Zwangsverwaltung einer Immobilie durchgesetzt werden kann;
  • Wir fordern den Senat auf, bis zum Sommer 2025 das versprochene Vergesellschaftungsrahmengesetz vorzulegen, das auch einen Fokus auf langjährigen Leerstand, Flächenbrachen und gesetzeswidriges Verhalten von Eigentümern legt. Parallel zur Erarbeitung dieses Gesetzes, soll noch im Jahr 2025 ein Eckpunktepapier für ein Umsetzungsgesetz im Wohnungssektor erarbeitet werden. Die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses werden aufgefordert, sich für deren Umsetzung mit dem Koalitionspartner einzusetzen, um das Signal des Volksentscheids Deutsche Wohnen und Co. enteignen endlich in die Tat umzusetzen.

 

Regeln für Fernwärme und Wärmecontracting: Schluss mit zu hohen Nebenkosten

Unser Ziel für Berlin ist es, eine bezahlbare ökologisch nachhaltige und verbraucher*innenfreundliche Versorgung mit Wärme zu gewährleisten. Bei der Wärme- und Energiewende kommt der Fernwärme eine zentrale Rolle zu. Wir wollen die Einfallstore für Preissteigerungen und fehlerhafte Abrechnungen schließen, um Menschen zu entlasten.

 

Auf Landesebene bedeutet das für uns:

  • Landeseigene Wohnungsgesellschaften müssen auf Anfrage von Mieter*innen die gesetzliche geregelte Einsicht in ihre Wärmelieferverträge mit Dritten gewährleisten.
  • Das neue landeseigene Unternehmen Berlin Energie und Wärme AG hat alle Wärmelieferverträge der vormaligen Eigentümerin Vattenfall AG mit den entsprechenden Hauseigentümer*innen und -verwalter*innen übernommen. Wir begrüßen die nach dem Eigentumswechsel und der Umbenennung der AG erfolgte Anpassung der Preisänderungsklausel und fordern sie nun auf,
    • diese dahingehend zu überprüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben zum Abschluss der Verträge zum gegebenen Zeitpunkt erfüllt waren (z.B. Gebot Kostenneutralität und Gebot der Wirtschaftlichkeit);
    • diese insofern zu ändern, als dass die Preisgleitklausel (Preisanpassungsklausel) nicht auf den Börsenpreis des Wärmeträgers Bezug nimmt, die Tage des Einkaufs des Wärmeträgers und der Rechnungsstellung nicht umdatiert werden dürfen sowie sichergestellt ist, dass vielmehr nur die wirklich entstandenen Kosten in die Abrechnung des Wärmelieferanten an Vermieter*innen und in dessen Heizkostenabrechnung für die Mieter*innen einfließen dürfen.
  • Die Wärmeplanung Berlins muss transparent sein. Wir werden den Entwurf der Kommunalen Wärmeplanung öffentlich auslegen und anschließend „Kiez-Wärmepläne“ erstellen – dafür muss die entsprechende KfW-Förderung für die energetische Stadtsanierung wieder eingeführt werden (KfW 432). Für die Verwirklichung der Wärmewende und eine erfolgreiche Reduzierung von Energieverbrauch ist die Akzeptanz der Menschen unabdingbar!
  • Wir wollen das Energiewirtschaftsgesetz dahingehend anpassen, dass auch die Versorgung der Allgemeinheit mit Wärme als Zielsetzung enthalten ist und die Wärmecontractor mit in den Anwendungsbereich einbezogen werden.
  • Stärkung der Verbraucherberatungen im Bereich Energie und Energieschulden

 

Die aktuellen Regelungen in der Fernwärmeverordnung des Bundes (AVBFernwärmeV), die auch auf das Wärmecontracting Anwendung finden, führen teils zu massiven Kostenexplosionen bei den Mietnebenkosten. Auf Bundesebene muss daher umgehend neu geregelt werden:

  • Wärme-Contracting in Mietwohnhäusern muss demselben Mietrecht unterstellt werden wie die Wärmeversorgung durch den oder die Vermieter*in. Das muss insbesondere für das Recht auf Einsicht in alle Belege gelten. Pflichten, die Vermieter*innen im Mietrecht die Umlage von Kosten auf die Mieter*innen erlauben, dürfen nicht erneut im Liefervertrag mit dem Wärmelieferanten vereinbart werden und an die Mieter*innen weitergeleitet werden. Das gilt z.B. für Instandsetzung, Instandhaltung, Wartung und für alle Übergaben von Leistungen an Dritte.
  • Fernwärme-/Wärmecontracting-Verträge dürfen auf dem privaten Wohnungsmarkt nicht mit verbundenen und/oder beherrschten Unternehmen geschlossen werden, insbesondere zur Verhinderung einer verdeckten, unzulässigen Umlage von Instandhaltungskosten.

 

Wir werden uns gegenüber dem Bund dafür einsetzen, dass die Fördermittel für BEW und Geothermie deutlich aufgestockt werden. Insbesondere wird es langfristige Nachrangdarlehen, Darlehen mit tilgungsfreiem Beginn und Zuschüsse bedürfen, um die Wärmewende in Deutschland und Berlin zu ermöglichen.

 

Maßnahmen zur Mietpreisregulierung auf Bundesebene

[Hier muss noch aufgefüllt werden, je nachdem wie die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene weiterlaufen und zu einem Ergebnis kommen.]      

 

IV. Lebenswerte Nachbarschaften – attraktives Wohnumfeld für einen starken Zusammenhalt

​​Das Zuhause ist nicht nur die eigene Wohnung, sondern auch der Kiez und die Nachbarschaft, in der man lebt. Mit Räumen der Begegnung und mit Flächen für Sport und Freizeit. Mit Bäumen, Spielplätzen, Parks, Plätzen und Aufenthaltsorten, die lebendige Treffpunkte sind.

 

Mehr Grün, mehr Leben: Investitionen in Parks, Freiflächen und Plätze stärken

Grüne und offene urbane Flächen sind zentral für die Lebensqualität in unserer Stadt. Ganz im Sinne eines Volksparks, den die SPD im 19. Jahrhundert auf den Weg brachte, sollen Parks inklusiv und zugänglich sein. Eine Verschließung weiterer Grün- und Erholungsflächen lehnen wir ab.

  • Wir setzen uns für ein erweitertes Landesprogramm „Starke Kieze und starke Stadtplätze“ und eine Stärkung der bezirklichen Spielplatzkommissionen ein. Darüber soll mehr in unsere Parks und Plätze investiert sowie wenig genutzte Frei- und Verkehrsflächen umgestaltet werden. Ziele des Programms sollen die klimaresiliente Stadtentwicklung, Entsiegelung, Verschattung, Aufenthaltsqualität und Regenwasserbewirtschaftung sein. Laut Umweltgerechtigkeitsatlas besonders belastete Gebiete sollen bevorzugt bearbeitet und bei der Gestaltung die Belange der Biodiversität und des Artenschutzes beachtet werden.
  • Wir wollen – insbesondere in Kiezblöcken – die vorhandenen Verkehrsflächen intelligenter nutzen und gestalten, um zu mehr Aufenthaltsqualität, Begegnungsräumen und Sicherheit zu kommen.
  • Wir wollen mehr Grünraum im Bestand und weniger Hitzeinseln. Dachgärten, vertikale Begrünung und Mikroparks können dicht bebaute Gebiete zugunsten der dort lebenden Menschen aufwerten. In den immer heißer werdenden Zeiten brauchen Menschen neue Abkühlungsmöglichkeiten. Wir wollen gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen ein Projekt starten, um auch in Innenräumen sog. “Coole Zonen” einzurichten. Hier sollen Menschen kostenfrei und ohne Konsumzwang der Sommerhitze in der Stadt und in ihren Wohnungen entfliehen können. Im Außenbereich wollen wir gezielt Wasserflächen und -spiele als lokale Kühlzonen einrichten und die Attraktivität und Qualität unserer kleinen wie großen Gewässer verbessern
  • Wir wollen eine gesetzliche Sicherung von Kleingärtenflächen. In der wachsenden Stadt und einem sich verdichtenden Umfeld brauchen wir sie neben Gemeinschaftsgärten – als Räume für Nachbarschaft, für Spaziergänge, Erholung und als Kaltluftorte. Daher treiben wir die Einführung eines Kleingartensicherungsgesetzes im Senat und Abgeordnetenhaus aktiv voran.

 

Der öffentliche Raum ist für alle da: Berlin als Vorbild einer inklusiven Stadtentwicklung

 

Wir setzen uns für eine integrierte, inklusive und feministische Stadtentwicklung ein. Eine, die die Bedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen berücksichtigt. Das umfasst marginalisierte Gruppen und Menschen, die von gesellschaftlicher Ausgrenzung, Diskriminierung oder struktureller Benachteiligung betroffen sind – etwa aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Alter, sexueller Orientierung, sozialem Status, Familienkonstellation oder Behinderung. Denn sie sind häufig und in besonderem Maße von steigenden Mieten, prekären Wohnverhältnissen und dem mangelnden Zugang zu bezahlbarem Wohnraum betroffen. Eine zukunftsfähige Stadtplanung muss all diese Perspektiven konsequent mitdenken, um strukturelle Ungleichheiten nicht zu reproduzieren, sondern aktiv abzubauen. Durch eine intersektional-feministische Perspektive kann hier sichergestellt werden, dass der öffentliche Raum bedarfsorientiert, sicher und inklusiv geplant und gestaltet wird. Menschen brauchen eine ihren Bedürfnissen entsprechende Gestaltung des öffentlichen Raums, der ihnen einen sicheren Aufenthalt ermöglicht. Dazu gehören insbesondere Barrierefreiheit, das Vorhandensein von ausreichend öffentlichen Toiletten, Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten sowie eine Stadt der kürzeren Wege, inklusive Bebauungspläne, bessere Beleuchtung im öffentlichen Raum und vieles mehr. Wir wollen Berlin zum Vorbild der altengerechten und feministischen Stadtplanung machen. Analog zum Vorreiter gendersensibler Stadtplanung in Wien werden wir zudem ein Pilotprojekt „Gender Mainstreaming in der Stadtplanung“ in einem Bezirk starten.

 

Geschichte annehmen: Für einen neuen Umgang mit der Architektur der Ostmoderne

Wir wollen, dass die Architektur der Ostmoderne in Berlin stärker geschützt und als wichtiger Teil des städtischen Erbes anerkannt und erhalten wird. Viele Gebäude, Wohngebiete, Plätze und städtebauliche Konzepte aus der DDR-Zeit prägen bis heute das Stadtbild und spiegeln nicht nur architektonische, sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen wider. Dabei muss auch die Ambivalenz dieses Erbes thematisiert werden: Während viele Bauwerke das Ideal einer sozialen und kollektiven Stadtgestaltung verkörpern, waren Stadtplanung und Architektur in der DDR zugleich Mittel politischer Machtausübung und Repression. Deshalb fordern wir verstärkte Maßnahmen zum Erhalt und zur denkmalgerechten Sanierung bedeutender Bauwerke sowie eine breitere öffentliche Auseinandersetzung mit diesem Erbe. Informations- und Bildungsangebote sollen nicht nur die städtebaulichen Leitideen der DDR vermitteln, sondern auch die Instrumentalisierung von Architektur und Stadtplanung durch einen autoritären Staat kritisch beleuchten.

 

Kinder, Jugendliche und Familie brauchen Platz: Öffentliche Räume für junge Menschen sichern

Städtische Freiräume müssen diverser werden. Dafür brauchen wir mehr für Kinder und Jugendliche geeignete Orte. Neben besser ausgestatteten Spielplätzen sind dies auch Begegnungsflächen für sportliche, kulturelle und andere Aktivitäten junger Menschen. Junge Menschen brauchen kosten- und konsumfreie Orte – drinnen wie draußen, an denen sie sich treffen und aufhalten können.

  • Wir setzen uns daher für mehr Treffpunkte, urbane Sportflächen, Bolzplätze, Club- und Kulturorte sowie offene Begegnungsstätten und Freizeitflächen ein, die ohne Konsumzwang zugänglich sind. Entsprechende Flächen müssen verbindlich auch in Neubaugebieten eingeplant werden. Insbesondere öffentliche Räume, wie Straßen, Plätze und Parks sind für junge Menschen ein zentraler Treffpunkt in der Freizeit. Damit hier künftig mehr Jugendorte entstehen können, wollen wir die Voraussetzungen für deren Gestaltung sowie langfristigen Erhalt und Pflege schaffen.
  • Wir wollen junge Menschen vor Verdrängung aus öffentlichen Räumen schützen, die meist wegen angeblicher Lärmbelästigung von Orten verdrängt werden. Daher setzen wir uns für eine Änderung im Immissionsschutzrecht ein, um eine befreiende Gleichstellung von Kindern und Jugendlichen zu erreichen.
  • Wir wollen die Spielplätze in unserer Stadt verbessern. Dafür entwickeln wir das Kita- und Spielplatzsanierungsprogramm (KSSP) weiter und statten es angemessenen mit finanziellen Mitteln aus.

 

Hierbei ist es zentral, junge Menschen bei der Planung und Entstehung dieser Räume und Plätze einzubeziehen. Die Partizipation junger Menschen bei der Gestaltung öffentlicher Räume stärkt die demokratische Teilhabe und sorgt dafür, dass Orte tatsächlich ihren Bedürfnissen entsprechen. Gerade in einer Stadt, in der junge Menschen massiv von Verdrängung betroffen sind, ist ihre Mitsprache Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit in der Stadtentwicklung.

 

Leben im Kiez: Nachbarschaft fördern und bürgerschaftliches Engagement stärken

Die soziale Infrastruktur einer Stadt ist entscheidend für das Zusammenleben. Wir setzen auf Nachbarschaftsprogramme und gezielte Förderungen, um soziale Bindungen zu stärken. Initiativen wie Quartiersmanagements, gemeinschaftlich genutzte Räume und bürgerschaftliches Engagement müssen aktiv unterstützt werden, um lebendige Nachbarschaften zu schaffen. Wir wollen dabei auch solche Kiez- und Nachbarschaftsinitiativen unterstützen, bei denen Menschen in ihren Kiezen Straßen, Wege oder öffentliche Plätze in lebendige Orte für ihre Mitmenschen verwandeln – von der grünen Oase zum Verweilen bis zur kreativen Bühne für Musiker*innen. Ganz konkret wollen wir dazu einen “Entsiegelungswettbewerb” einführen.

 

Wir setzen uns zudem für den Aufbau und die Förderung von Kiezkantinen ein – öffentliche Orte, an denen Menschen günstig, gesund und gemeinschaftlich essen können. Inspiriert von Modellen wie den public diners in England oder den Milchbars in Polen schaffen sie nicht nur Teilhabe durch gute Ernährung, sondern stärken auch den sozialen Zusammenhalt im Quartier.

 

Mehr Bewegung, mehr Freiraum: Platz für Sport und Freizeit fest einplanen

Besonders in den 24 neuen Stadtquartieren muss darauf geachtet werden, dass genügend Raum für Sport und Freizeit entsteht. Wir setzen uns deshalb für eine verbindliche Quote für gedeckte und ungedeckte Sportflächen überall dort ein, wo neu gebaut wird. Damit stellen wir eine ausgewogene Stadtentwicklung für alle Altersgruppen sicher. Sportflächen werden auch für den nicht organisierten Sport zur Verfügung gestellt.

 

Kein Platz für Müll: Für mehr Sauberkeit und Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum

Die zunehmende Vermüllung unserer Stadt belastet viele Menschen in ihrem Wohn- und Lebensumfeld und erfordert von allen Stellen des Landes entschlossenes Handeln. Wir fordern eine umfassende Initiative zur Bekämpfung von Müll in den Berliner Kiezen.

  • Wir setzen konsequent auf eine Zero-Waste-Strategie. Daher wollen wir in Berlin eine Verpackungssteuer einführen, um die Vermüllung durch Einwegprodukte wirksam einzudämmen. Denn: Unser Ziel ist es, Müll gar nicht erst entstehen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg für eine solche Steuer geebnet.
  • Wir wollen die erfolgreiche Reinigung von Parks und Grünanlagen sowie von Spielplätzen durch die BSR weiter ausbauen. Aktuell werden darüber 237 der über 2.500 Grünanlagen in Berlin gereinigt, die von den Bezirken als Schwerpunktbereiche ausgewählt wurden. Dabei übernimmt die BSR die Reinigung der Grünanlagen, insbesondere bei witterungsbedingt intensiver Nutzung an Wochenenden oder Feiertagen, während die Pflege weiterhin bei den bezirklichen Straßen- und Grünflächenämtern verbleibt. Dieses Modell hat sich bewährt und hilft, dass Berlin auch im “Draußen-Zuhause” grüner und sauberer wird.
  • Wir wollen das Modell der „Müll-Sheriffs“ Analog zur Parkraumbewirtschaftung müssen diese befugt sein, Ordnungswidrigkeiten wie illegale Müllentsorgung konsequent zu ahnden. Die daraus erzielten Einnahmen sollen den Bezirken zugutekommen, um weitere Maßnahmen zur Sauberkeit zu finanzieren.

 

Antrag 04/I/2025 Parteireform Teil III: Starke Abteilungen für eine lebendige Parteiarbeit und die Verbesserung der Sichtbarkeit der SPD im Stadtbild

10.04.2025

Die SPD Berlin ist eine Mitgliederpartei. Die Herzkammer der Parteiarbeit bilden dabei die Abteilungen. Unsere Abteilungen sind hinsichtlich ihres Kiezbezugs, Gebietsabdeckung, der Mitgliederzahl und dem Altersdurchschnitt der Mitglieder sehr heterogen. Dennoch stehen alle vor ähnlichen Herausforderungen. Die Abteilungen sind das Gesicht der SPD vor Ort. Es gilt Mitglieder zu aktivieren, Kernfunktionen in der Abteilung durch regelmäßige Wahlen mit aktiven Genoss*innen zu besetzen, um das Abteilungsgeschäft aufrecht zu erhalten, neue Mitglieder bzw. Nachwuchs zu fördern, einen Wissenstransfer zwischen ausscheidenden Funktionsträger*innen und neuen Mitgliedern zu organisieren und Beteiligungsmöglichkeiten in der Partei transparenter zu gestalten.
Wir beobachten außerdem, dass die Abteilungen ein unterschiedliches Verständnis ihrer Arbeit haben und die Außenwirkung, d.h. die Strahlkraft der Abteilung in die Nachbarschaft bzw. in den Kiez sehr unterschiedlich ausgeprägt ist.

 

I. Zielbild für Abteilungen

 

Die Abteilungen haben unterschiedliche Ziele, sowohl nach innen in die Partei hinein, als auch nach außen in den Kiez und in die Stadtgesellschaft.
Für die Partei sollen die Abteilungen

 

  • Erste Anlaufstelle von Mitgliedern ohne Amt und Mandat sein,
  • (inaktive) Mitglieder vor Ort aktivieren,
  • (neue) Mitglieder gezielt einbinden, fördern und Weiterentwicklungsmöglichkeiten anbieten,
  • Diskussionsraum zu allgemeinen und lokalen politischen Themen bieten,
  • regelmäßigen inhaltlichen Input geben,
  • an der innerparteilichen Willensbildung mitwirken, bspw. über Antragsarbeit,
  • eine Brücke zwischen Mandatsträger*innen und Mitgliedern bilden und die strategische Vernetzung dieser Gruppen fördern,
  • projektbezogene Arbeit initiieren,
  • Wahlen personell und inhaltlich vorbereiten, in dem geeignete Kandidierende für die Wahlkreise zum Abgeordnetenhaus und für die BVV-Listen nominiert werden und darüber hinaus relevante Inhalte für den Wahlkampf identifiziert werden.

 

Zur Wirkung in die Berliner Kieze sollen die Abteilungen

 

  • die Partei mit lokalen Initiativen, Gruppen, Vereinen etc. vernetzen und Multiplikator*innen im Kiez erreichen
  • einen regelmäßigen Austausch mit Nachbar*innen fördern,
  • Anlaufstelle für Anliegen der Nachbarschaft sein,
  • lokale Themen aufgreifen und die politische Positionierung dazu vornehmen
  • über relevante politische Themen informieren,
  • Wahlkampf vor Ort führen.

 

II. Fusion, Teilung und Neuzuschnitt von Abteilungen

 

Die Mitgliederstärke einer Abteilung ist ein wichtiger Faktor, der bedingt, wie Mitglieder zielgerichtet aktiviert, eingebunden sowie individuell gefördert und weiterentwickelt werden können. Gleichzeitig kann die Größe der Abteilungen auch einen Einfluss auf die Wahrnehmung ihrer innerparteilichen Aufgaben und nach außen gerichteten Funktionen haben.
Als optimale Größe einer Abteilung sehen wir eine Mitgliederzahl zwischen 75 und 250 Personen.

 

Für die Fusion, Teilung und Neuzuschnitt von Abteilungen sollen neben der Mitgliederzahl aber auch weitere Faktoren eine Rolle spielen, nämlich insbesondere:

 

  • Ortsteil- bzw. Wahlkreisbezug des Abteilungsgebiets,
  • Kandidaturenlage und Besetzung aller zu wählenden Ämter und Delegierte bei den letzten Parteiwahlen,
  • Regelmäßigkeit der Durchführung, Ausgestaltung sowie durchschnittliche Teilnehmendenzahlen von Mitgliederversammlungen und weiterer (innerparteilicher) Veranstaltungsformate,
  • Aktivitäten zur Ansprache, Einbindung sowie individuellen Förderung und Weiterentwicklung von Mitgliedern,
  • Kiezbezogene und öffentlichkeitswirksame Aktivitäten und politische Positionierungen,
  • das Verhältnis aktive Mitglieder zur Mitgliederzahl insgesamt,
  • die Altersstruktur der Abteilung,
  • die geografische Größe, so dass eine An- und Abreise zu Parteiversammlungen auch für Menschen mit Beeinträchtigungen in einem vertretbaren Zeitraum möglich ist.

 

Die Kreise sind aufgefordert, in einen Dialogprozess mit besonders großen und kleinen Abteilungen einzutreten mit dem Ziel, einvernehmliche Lösungen zur Fusion, Teilung und Neuzuschnitt von Abteilungen zu finden.

 

III. Einheitliche Wahrnehmung von Ämtern in den Abteilungen

 

Die Aufgabenbeschreibungen für alle Abteilungsämter (siehe Anhang) werden im Infoportal (https://infoportal.spd.berlin/ ) zur Verfügung gestellt. Ebenso wird eine Auswahl an Methoden für die Durchführung von Sitzungen, Jahresplanungen etc. bereitgestellt.

 

1. Wahlämter

 

Gemäß Statut sind bisher in den Abteilungsvorstand zu wählen:

 

  • Vorsitz
  • Stellvertretung
  • Kasse
  • Schriftführung
  • Beisitz
  • Revisor*innen
  • Delegierte KDV, KVV, WKK

 

Den Abteilungs- und Kreisvorständen wird zukünftig im Statut die Möglichkeit eröffnet, anstelle einer Schriftführung eine*n weitere*n Stellvertreter*in zu wählen. Die Entscheidung wird vor dem Eintritt in den Wahlgang getroffen. In der Geschäftsordnung wird geregelt, dass die Versammlungen vor Eintritt in die Tagesordnung die Protokollführung festlegen, wenn für die Versammlung keine Schriftführung bestimmt ist oder diese nicht anwesend ist.

 

Den Beisitzer*innen sollten konkrete Themenfelder oder spezifische Aufgaben übertragen werden bzw. die Beisitzer*innen sollten gleichzeitig eine Funktion als Beauftragte übernehmen. Das Statut wird hierzu um eine handhabbare Regelung ergänzt, die eine zügige Abwicklung der Wahl ermöglicht.

 

2. Beauftragte

 

Im Gegensatz zu den Wahlämtern werden die Beauftragten ernannt. Folgende Beauftragte soll es zukünftig geben:

 

  • Wahlkampfbeauftragte*r – Grundlage: Aufruf des Landes- oder Kreisvorstands vor Wahlkämpfen
  • Beauftragte*r für innerparteiliche Bildung – verantwortlich dafür, dass die innerparteilichen Bildungsangebote den Mitgliedern zugänglich gemacht werden
  • Mitglieder-Beauftragte*r – Grundlage: PV-Beschluss
  • Beauftragte*r für Digitalisierung – Rolle der/des ehemaligen Internetbeauftragte*n. Deren/dessen Aufgaben sind stärker in Richtung einer Digitalisierung der Parteiarbeit auszurichten.
  • Senior*innenbeauftragte*r – ehemaliger Seniorenbeisitz
  • Beauftragte*r für junge Menschen

 

Wir regen an, den Seniorenbeisitz in eine Beauftragtenfunktion umzuwandeln und dazu eine*n Beauftragte*n für junge Menschen (d.h. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene) mit einem klaren Aufgabenbereich zu schaffen.

 

Vordringliche Aufgabe dieser beiden Beauftragten sollte es sein, zum einen die Belange der jüngeren und älteren Genoss*innen auf der Abteilungsebene zu vertreten, zum anderen Kontaktperson zu denjenigen jungen und älteren Genoss*innen zu sein, die nicht (mehr) an den Abteilungsveranstaltungen teilnehmen. Da es auch ausdrückliche Aufgabe der Abteilungsvorstände ist, die Beziehungen zwischen der Partei und der Bevölkerung zu pflegen, sollte es zur Aufgabe der Beauftragten gehören, sich der Belange der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie der älteren Mitbewohner*innen im Abteilungsgebiet anzunehmen.

 

Die Beauftragten für Senior*innen und für junge Menschen sollten regelmäßig an den Mitgliedertreffen der bezirklichen AG 60 plus bzw. der Jusos teilnehmen und ihre Themen dort einbringen.

 

Die Funktion eines*einer Stimmbezirksbeauftragte*n wird gestrichen.

 

Die SPD Berlin hat als moderne Partei umfassende Awarenessstrukturen geschaffen.

 

Die meisten Beauftragten-Funktionen sind durch Bundesstatut vorgegeben. Gerade in mitgliederschwachen Abteilungen gelingt es allerdings schon heute kaum mehr, diese Funktionen zu besetzen. Wir regen daher an, dass der Parteivorstand die Statuten überprüft, ob und welche Beauftragten-Funktionen es zwingend geben muss oder ob die Benennung auch in eine Soll-Vorschrift geändert werden kann.

 

IV. Empfehlungen zur Wahl

 

Es wird empfohlen, die Regelung zur verbundenen Einzelwahl bei Doppelspitzen in § 6 Abs. 6 WO immer dann festzuschreiben, wenn die Anzahl der zu wählenden Personen der Anzahl der Kandidierenden entspricht. Damit sollen Streitigkeiten und Unklarheiten im Wahlverfahren beseitigt und dadurch eine schnelle Abwicklung der Wahlen gefördert werden.

 

V. Nachwuchsförderung

 

Angesichts der allgemeinen Mitgliederentwicklung in der SPD und des demografischen Wandels kommt den Abteilungen eine besondere Aufgabe bei der gezielten Nachwuchsförderung zu. Der Landesvorstand wird gemeinsam mit der Organisationspolitischen Kommission einen Leitfaden zur Aktivierung / gezielten Ansprache von neuen und inaktiven Mitgliedern erarbeiten.

 

Auch wenn Amtszeitbegrenzungen auf Abteilungsebene nicht sinnvoll sind, müssen verstärkt Maßnahmen zur Einbindung neuer und bisher inaktiver Mitglieder forciert werden und neue Mitglieder auch zur Übernahme von Ämtern angeregt werden. Auch könnte in den Kreisen und Abteilungen dafür geworben werden, dass Ämterhäufungen in geschäftsführenden Abteilungs- und Kreisvorständen vermieden werden, um sicherzustellen, dass jeweils ausreichende zeitliche Kapazitäten für die Ämterwahrnehmung auf der jeweiligen Ebene verbleibt.

 

Die Möglichkeit der Vorstellung aller Kandidierenden muss immer gegeben sein. Bei Delegiertenwahlen sollen sich die Kandidierenden mindestens schriftlich vorstellen können, insbesondere bei mitgliederstarken Abteilungen, um lange Wahlsitzungen zu vermeiden.

 

Mentoring-Programme auf Kreisebene sind sinnvoll, um Mitglieder zu fördern. Gerade Mentoring-Programme für FINTA* sollten unbedingt von den Kreisvorständen initiiert, finanziert und gefördert werden. Während dies in einigen Kreisen schon so gehandhabt wird, werden die Kreisvorstände dazu angeregt, zu prüfen, ob sie sich unter bestimmten Voraussetzungen auch an den Kosten für Weiterbildungsangebote von aktiven FINTA* beteiligen. Die gezielte Ansprache von Menschen, die aufgrund von Behinderungen nicht vollumfänglich partizipieren können, ist zu verstärken. Die Abteilungen sollen die Vielfalt unserer Gesellschaft möglichst umfassend widerspiegeln, hinsichtlich Geschlecht, Herkunft, Alter, Familien- und Lebenssituation etc.

 

VI. Informationen und Wissenstransfer

 

Alle Informationen zur Wahl, zu den Ämtern, zur Öffentlichkeits- und politischen Arbeit der Abteilungen werden an einer Stelle im Infoportal der SPD Berlin (https://infoportal.spd.berlin/) gebündelt. Die Kreis- und Abteilungsvorsitzenden werden nach ihrer Wahl per E-Mail aus dem KSH auf dieses Portal aufmerksam gemacht. Die Organisationspolitische Kommission sichtet gemeinsam mit dem KSH die Informationen und aktualisiert diese wenn nötig.
Wenn Mitglieder aus Ämtern ausscheiden, soll das Wissen, dass gerade langjährig aktive Mitglieder haben, nicht verloren gehen. Hierfür erarbeitet die Organisationspolitische Kommission einen strukturierten Fragebogen, den das KSH dann bereitstellt, der die Punkte: Kernaufgaben, wichtige Personen, Lessons Learned und Themen der Abteilung umfasst. Dies soll als Angebot verstanden werden, um Wissen zu speichern und zukünftige Funktionsträger*innen besser auf ihre Aufgabe vorzubereiten. Dieser Fragebogen wird im Infoportal abrufbar sein.

 

VII. Abteilungs-Tandem

 

Abteilungs-Tandems sind eine gute Möglichkeit, um gegenseitig voneinander zu lernen. Der regelmäßige Austausch, auch über Kreisgrenzen hinweg, schafft mehr Verständnis für die Themen und Herausforderungen anderer Kieze und Ortsteile. Tandemwillige Abteilungen sollen dies im Vorfeld der jährlichen Abteilungsvorsitzendentreffen bekannt geben, um mögliche Partnerabteilungen zu finden.

 

VIII. Öffentlichkeitsarbeit

 

Die Öffentlichkeitsarbeit vor Ort sollte primär durch die Kreise organisiert werden, da diese die Ressourcen effektiv bündeln können. Sollte zudem der Bedarf nach Öffentlichkeitsarbeit der Abteilungen bestehen, so sollte diese in die Öffentlichkeitsarbeit der Kreise eingegliedert werden. Dies meint, dass Webseiten beispielsweise als Unterseiten der Kreis-Webseiten genutzt und Postings und Accounts vernetzt geplant werden sollten. Die Notwendigkeit einer eigenständigen Präsenz von Abteilungen im Internet (ob als Website der Social Media), sollte selbstkritisch hinterfragt werden und nur beibehalten werden, wenn diese an die Außenkommunikation der Kreise gekoppelt ist und ausreichend Kapazitäten innerhalb der Abteilungen bestehen, um einen professionellen Außenauftritt zu ermöglichen, der sich gezielt an die Nachbar*innen vor Ort richtet.

 

Innerhalb der Kreise sollten zuständige Personen benannt und Aktivitäten abgestimmt werden. Es empfiehlt sich einen Posting-/Veröffentlichungs-Plan an den Jahresplan anzuknüpfen und diesen fortwährend anzupassen. Einzelnen Abteilungen kann dabei die Zuarbeit für einzelne Elemente übertragen werden.

 

Die Bildungsbeauftragten des Landes und der Kreise sollen Schulungsangebote und -unterlagen für Kreise und Abteilungsvorstände (Pressearbeit, Social-Media-Arbeit) bereitstellen sowie auf aktuelle Weiterbildungsangebote der Parteischule im Willy-Brandt-Haus hinweisen.

 

Im Infoportal sollen Informationen zum Corporate Design und Hosting für Webauftritte der Kreise/Abteilungen sowie wenn möglich Vorlagen für Social-Media-Beiträge (z. B. “Kacheln”) abgelegt werden. Handreichungen zu den Themen Digitale Parteiarbeit, Social Media, Pressearbeit, Jahresplanung / Kommunikationsplanung werden erstellt.

 

Wir regen an, dass die Abteilungen und Kreise stärker das Downloadportal der SPD Berlin für inhaltliche Flyer und Flugblätter zu Berliner Landespolitik nutzen.

 

IX. Förderung projektbezogener, kieznaher Arbeit und Vernetzung vor Ort

 

1. SPD lädt ein.

 

Die Büros der SPD sind einziger fester Anlaufpunkt für Bürger*innen zur SPD. Sie sind unser Aushängeschild vor Ort. Sie sollten daher klar erkennbar sein und einladend wirken. Die Partei soll als Ansprechpartnerin vor Ort wahrgenommen werden.

 

Wir empfehlen eine zentrale Übersicht zu allen Büros und Anlaufstellen der SPD Berlin zu etablieren inkl. Karte mit Suchfunktion.

 

Die Kreisbüros sollten auch – da wo es räumlich möglich ist – für ehrenamtliche Angebote genutzt werden (z. B. Mieter*innenberatung, regelmäßige Diskussionsräume, „Auf einen Kaffee im Kiez“) („Lebendiger Ort = lebendige Partei“).

 

Neben Sprechstunden in den Büros sind mobile Bürgersprechstunden ein Mittel, um wieder stärker mit den Bürger*innen in Kontakt zu kommen. Wichtig dabei sind regelmäßig festgelegte Orte und Zeiten sowie eine vorherige Ankündigung durch die Partei.

 

Hilfreich wäre die Schaffung einer zentralen Übersicht zu allen mobilen Bürgersprechstunden / Infoständen von Gliederungen und Abgeordneten inkl. Kalender und Karte mit Suchfunktion sowie eine Vorlage für Vorankündigungen.

 

2. SPD geht raus.

 

Alle Gliederungen sind aufgefordert, stärker regelmäßige öffentliche Veranstaltungen zu organisieren, seien es Diskussionsrunde oder Stände im Straßenraum bzw. die regelmäßige Teilnahme an Demos, Festen und politischen Veranstaltungen. Im Infoportal sollen Best Practices für Veranstaltungsformate sowie ein Referent*innen-Pool gesammelt werden.

 

Die Organisationspolitische Kommission wird aufgefordert, einen Leitfaden zur Initiierung projektbezogener Arbeit inkl. Rollenbeschreibungen, Methoden und Musterplänen zu erstellen. Dieser soll im Infoportal der SPD Berlin veröffentlicht werden.

 

Neben dem Landesverband sind auch die Kreise und Abteilungen aufgefordert, für ihre Arbeit vor Ort eine Liste von Multiplikator*innen und wichtigen Ansprechpersonen vor Ort zu erstellen.

 

Alle Regelungen in diesem Antrag werden spätestens zum Ende der Wahlperiode 2026-2028 vom Landesvorstand evaluiert.

Antrag 220/II/2024 Kicken ohne Kapitalismus – Für eine neue Gemeinwohlorientierung des Fußballs

24.10.2024

Menschenrechtsverletzungen bei der WM der Männer in Katar, fragwürdige Sponsoren bei der EM der Männer in Deutschland, Bestechungsskandale, Gewaltexzesse bei Männer-Bundesliga-Spielen – Fußball, genauer gesagt, Männerfußball, dominiert immer wieder die Schlagzeilen in negativer Art und Weise. Dabei ist Fußball nach wie vor der meistgespielte Sport in Deutschland und einer der beliebtesten Sportarten weltweit. Über 8 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind in einem Fußballverein. Auch gesellschaftlich hat Fußball in Deutschland eine zentrale Bedeutung. Berichte über Ablösesummen und Spielertransfers sind Meldungen in Nachrichtensendungen, Länderspiele erreichen immer wieder Rekordeinschaltquoten.

 

Ein paar Zahlen

Auch wirtschaftlich läuft es gut im Männerfußball. Für die EM der Männer in Deutschland 2024 rechnete die UEFA, der europäische Dachverband des organisierten Fußballs, mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro. Auch im Vereinsfußball der Männer scheint es gut zu laufen. 2022/2023 machten die zwanzig umsatzstärksten Fußballclubs mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz – unter diesen zwanzig Clubs sind auch drei deutsche Clubs – Bayern München, der BVB und Eintracht Frankfurt. Zu diesen Umsätzen zählen auch Ablösesummen – also das Geld, das ein Fußballclub erhält, wenn eine Spieler*in von einem anderen Verein ‚gekauft‘ wird. Diese Summen sind im Männerfußball extrem hoch. Die höchste Summe weltweit beträgt derzeit 222 Millionen Euro und wurde in der Saison 17/18 von Paris Saint-Germain für den Spieler Neymar gezahlt. Der derzeit teuerste Transfer in die Bundesliga der Männer von 95 Millionen Euro wurde 2023 vom FC Bayern für Harry Kane bezahlt.

Da umgangssprachlich oft von Vereinen gesprochen wirft, liegt die Vermutung nahe, dass es sich auch bei den Profivereinen um gemeinwohlorientierte Vereine handelt, die nicht gewinnorientiert handeln. Dies ist aber kaum der Fall. Die meisten Vereine in den ersten drei Profiligen der Männer des deutschen Fußballs haben ihre Profiabteilung vom e.V. ausgegliedert und entweder in eine GmbH, GmbH & Co. KGaA oder in eine AG überführt. Dadurch können externe Geldgeber*innen, wie Investor*innen, in den Verein investieren, um den Vereinen so mehr finanzielle Möglichkeiten zu schaffen, um in der kapitalistischen Fußballwelt mithalten zu können. Eine Ausgliederung wird auch oft damit begründet, dass die in Falle von wirtschaftlichen Risiken die Haftungsregelung begrenzt ist, um so den e.V. und den Mitgliedern mehr Schutz zu bieten. Dies schützt den Amateursportbereich und die gemeinnützigen Aktivitäten des Vereins vor finanziellen Risiken, die aus dem Profibereich entstehen könnten. Festzuhalten bleibt: Der Profifußball in Deutschland ist nicht gemeinwohlorientiert, sondern kapitalistisch. Das lässt sich auch daran feststellen, dass die Anstoßzeiten immer weiter an Fernsehsenderzeiten angepasst werden und Fans oft mehr als einen Zugang zu einem Pay-TV-Anbieter kaufen müssen, um alle Spiele ihrer Mannschaft anschauen zu können. Auch in der Bundesliga der Frauen gestaltet sich immer kapitalistischer, da die Preise der Vermarktungsrechte, Berater*innenpauschelen und Vertragsablösen steigen, was auch immer mehr fragwürdige Sponsor*innen anlockt.

 

Manchmal verliert man, manchmal gewinnen die anderen

Verlierer*innen gibt es bei diesem kapitalistischen Fußball viele. Sportlich, da die Anzahl der Vereine, die um die Meisterschaft spielen können, meist begrenzt, da ganz unterschiedliche Budgets gegeneinander spielen. In den letzten 12 Jahren hieß der Sieger der ersten Fußballbundesliga der Männer in 11 Fällen Bayern München – der zufälligerweise auch einer der Vereine ist, die Rekordablösesummen zahlen können. Die Fans, die immer mehr für PayTV und Tickets ausgeben müssen. Dass die meistens Fans nichts von der Kapitalisierung des Sports halten, ist aber auch erkennbar. So gab es in der vergangenen Saison deutliche Fan-Proteste gegen den Einstieg eines Investors der Deutschen Fußball Liga (DFL), die diesen Einstieg verhinderten. Festzustellen ist, dass der organisierte Fußball viel zu oft dem Kapitalismus ausgeliefert wird und das, obwohl sowohl der Dachverband DFB wie auch die DFL als Organisator der Spiele gemeinnützig sein sollen. Um gesetzlich als gemeinnützig gelten zu können, müssen Organisationen dem Gemeinwohl dienen, d. h. sie dürfen keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen und müssen die Allgemeinheit sowohl materiell als auch ideell fördern. Dafür genießen sie steuerliche Erleichterungen und profitieren von öffentlichen Zuschüssen. Der DFB hat die Grenzen der Gemeinnützigkeit in der Vergangenheit immer wieder bis aufs Äußerste ausgeweitet und oft missachtet. Neben Strafen in Millionenhöhe hat das bereits dazu geführt, dass das Finanzamt dem Verband für die Jahre 2006, 2014 und 2015 nachträglich die Gemeinnützigkeit entzogen hat. Eine Prüfung der Gemeinnützigkeit der nachfolgenden Jahre steht noch aus. Nach Einschätzung führender Ökonominnen ist eine Gemeinnützigkeit beim DFB nicht (mehr) gegeben. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb prägt das Bild des Verbandes und nicht der ideelle Bereich in Form der Förderung des Breitensports – ganz im Gegenteil: Durch habgierige Wirtschaftspraktiken und das kontinuierliche Riskieren der Gemeinnützigkeit durch Steuerhinterziehung und Korruption werden Strafen im zweistelligen Millionenbereich fahrlässig in Kauf genommen. Das ist Geld, das der DFB bei der Förderung von Breitensportangeboten, der Weiterentwicklung des Kinder- und Jugendfußballs und der Finanzierung des FINTA-Sports einsetzen sollte. Wenn der Fokus weiterhin auf der Erwirtschaftung von Profiten durch Bandenwerbungen und Sponsorenverträgen und dem Betrug des Finanzamtes anstatt auf der Förderung des Sports für die Breite der Gesellschaft liegt, ist die gesetzliche Anerkennung des DFB als gemeinnützig nicht mehr tragbar und er darf nicht weiter von Steuererleichterungen und öffentlichen Förderungen profitieren. Dass eine fußballspielende und -liebende Mehrheit unter der Habgier einiger Weniger leidet, ist nicht länger hinnehmbar. Die DFL hat dazu aber allerdings eine Tochterfirma gegründet die wiederum als GmBH organisiert ist. Klar ist: Es braucht eine neue Gemeinwohlorientierung im Fußball. Nicht Aktiengesellschaft und GmbHs bei denen das Geld bestimmt sollten gegeneinander spielen, sondern Vereine, bei denen die Gemeinnützigkeit im Vordergrund steht. Verlieren tun außerdem meistens Frauen. Beispielsweise beim MSV Duisburg. Dort sind die Männer aus der letzten Profiliga in die Amateurliga abgestiegen. Der Verein kann sich deshalb den Start der Profifrauenmannschaft in der zweiten Liga nicht mehr leisten und löst diese auf. Das vorhandene Geld wird lieber in Amateur-Männer als in Profi-Frauen investiert. Von gleichberechtigter Teilhabe kann hier nicht die Rede sein.

 

Gewinne privatisieren und Risiko vergesellschaften? Klares Foul

Aber nicht nur die Fans sind Verlierer*innen des vom Kapitalismus getrieben Fußballs – auch die Gesellschaft als Ganzes verliert. Wie beschrieben, macht die UEFA mit der EM der Männer 2024 einen Umsatz von ca. mehr als einer Milliarde Euro. Für die Austragungsorte der Spiele ist die Ausrichtung aber mit massiven Kosten verbunden. So gab zum Beispiel das Land Berlin ca. 87 Millionen Euro für die Ausrichtung der Europameisterschaft aus. Zu den Kosten gehören u.a. Gutachten, das FanFest am Brandenburger Tor, aber auch Kosten für Organisationen, stadienbezogene Maßnahmen oder auch Zuwendungen an die UEFA (in Höhe von 708.000€). Vonseiten der UEFA und Befürworter*innen wird diesen Ausgaben entgegengehalten, dass mit der Austragung von Spielen auch immer ein Konjunkturaufschwung für die Austragungsorte einhergeht. Dies konnte aber beispielsweise für die Männer-WM 2006 nicht gezeigt werden. Hier ist zu beachten, dass auch die UEFA ein eingetragener Verein ist, der gemeinnützig sein soll. Festzuhalten bleibt hier aber, dass die UEFA als Veranstalter Gewinne in Milliardenhöhe erzielt, während die öffentliche Hand enorme Kosten tragen muss. Die logische Konsequenz: Die UEFA bzw. die austragende Organisation muss stärker an diesen Kosten beteiligt werden.

Aber auch der Schutz der Veranstaltung, auch in der Männer-Bundesliga, ist ein Kostenfaktor. So werden Fußballspiele in der Bundesliga, aber auch in unteren Ligen oftmals von massiven Polizeieinsätzen begleitet. Dass Großveranstaltungen von der Polizei geschützt werden müssen, ist verständlich und auch richtig. Dass diese Großveranstaltungen im Männerfußballkontext aber teilweise Zusammentreffen von kapitalistischen Unternehmen sind, deren Anhänger voneinander getrennt werden müssen und deren Akteur*innen teilweise Millionen verdienen, ist absurd. Die Kosten für diese Polizeieinsätze trägt die Allgemeinheit. Dagegen wehrt sich seit Jahren das Land Bremen. Bremen fordert, dass die DFL die Kosten für die Polizeieinsätze für Risikospiele mittragen muss, bei der bis zu 1000 Einsatzkräfte eingesetzt werden. Nach Angaben der Stadt Bremen geht es um drei Millionen Euro. Sicherheit ist zwar eine Aufgabe der öffentlichen Hand und muss dies auch bleiben. Wenn aber die Veranstalter und Unternehmen es in Jahrzehnten nicht schaffen, Probleme bei Spielen in den Griff zu bekommen und die Allgemeinheit die Kosten tragen muss, ist das nicht hinzunehmen. Das organisierter Profimännerfußball oft ein Ausdruck des Patriarchats und weiterer strukturelle Diskriminierungsmechanismen der Gesellschaft ist, wird im Umgang mit Gewalt und Übergriffen deutlich. Zwar gibt es immer wieder Kampagnen vom DFB, der DFL und einzelnen Vereinen gegen Diskriminierung jeder Art, gegen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus oder Queerfeindlichkeit. Allerdings blieben diese Kampagnen viel zu oft Lippenbekenntnisse. Wenn in der Saison es quasi jedes Wochenende bei der beliebtesten Sportart zu Gewalt, Übergriffen und Diskriminierungen kommt, muss dagegen entschiedener eingeschritten werden – vor allem das Geld im professionellen Männerfußball zumindest für einige Organisationen kein Problem sein sollte.

Die Probleme im Männerfußball sind vielschichtig und können nicht alle hier diskutiert werden. Sie betreffen kapitalistische Strukturen, die weltweit sind. Kapitalistische Mechanismen führen zu einer immer stärkeren Ungleichheit zwischen den teilnehmenden Organisationen. Dass es Korruption in der FIFA, der weltweiten Dachorganisation, gibt, ist bekannt. Immer wieder nutzen v.a. nicht-demokratische Länder Fußball-Ereignisse aus, um ihr Image zu verbessern. Das gilt allerdings nicht nur für den Fußball, sondern für den Sport insgesamt. Gleiches gilt für die Auswirkungen auf das Klima, die mit dem Neubau von Stadien für Großereignisse, Flügen zu Spielen usw. einhergehen. Aber auch das gewaltvolle Patriarchat lässt grüßen: Studien belegen, dass die Gewalt in Partnerschaften, vor allem verübt durch Männer, bei Sportgroßevents wie der Männerfußball- WM steigt. So stellte eine Studie aus 2014 durchgeführt in Nordengland einen Anstieg von 26 Prozent, wenn das englische Team gewann, und sogar einen Anstieg von 38 Prozent bei einer Niederlage fest. Um diesen Problemen entgegenzuwirken, werden noch viele Forderungen zu entwickeln sein.

 

Aufgrund der hier skizzierten Ausgangslage in Deutschland fordern wir zunächst:

  • Auch professionelle Sportmannschaften dürfen nicht gewinnorientierte Unternehmen sein, sondern müssen gemeinwohlorientierte Vereine organisiert sein. Dies gilt auch, wenn sie Profisport betreiben.
  • Rückabwicklung von Unternehmensstrukturen, die aus Sportvereinen für Sportmannschaften entstanden sind, hin zu Vereinsstrukturen.
  • Die Förderung des Breitensports muss in der Haushaltsplanung eines Vereins einen höheren und gleichwertigen Stellenwert der Männer-Fußballmannschaften einnehmen und darf nicht nur ein nettes Nebenprojekt sein. Hier sind insbesondere Kindermannschaften und FINTA*-Teams zu fördern.
  • Der DFB muss sich an die gesetzlichen Regeln der Gemeinnützigkeit halten und dem Gemeinwohl dienen, um weiterhin von Steuererleichterungen und öffentlichen Zuschüssen profitieren zu können.
  • Vereine der Männer-Fußballbundesligen müssen sich finanziell an den Polizeieinsätzen zur Sicherung ihrer Spiele beteiligen.
  • Gewaltpräventionsmaßnahmen und Antidiskriminierungsmaßnahmen sind von der DFL, dem DFB und den teilnehmenden Organisationen auszubauen, um Gewalt, Übergriffe und Diskriminierung im Männer-Fußballkontext zu verhindern.

Antrag 219/II/2024 Keine Einschränkung des Ticketverkaufs an den Kassen der kommunalen Berliner Bäder

24.10.2024

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus und die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, daraufhin zu wirken, dass

 

  1. die Öffnungszeiten der Kassen für den Ticketverkauf in allen kommunalen Schwimmbädern nicht eingeschränkt werden bzw. bereits vorgenommene Einschränkungen zurückgenommen werden,
  2. die Tickets für die Bäder online und an den Kassen zum gleichen Preis verkauft werden und
  3. Tickets auch vor Ort bzw. im Vorkauf an einem Ticketautomaten erworben werden können.