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Antrag 28/I/2017 Berlin als soziale Stadt der Mieter*innen – nicht als Stadt der Wohnraumspekulation

20.04.2017

1. Bauen, bauen, bauen… – durch profitorientierte Investor*innen?

Berlin entwickelte sich in den letzten Jahren dynamisch, aber auch ambivalent. Seit 2012 ist die Stadt um 144.000 Einwohner*innen gewachsen, wobei gut drei Viertel der Zuziehenden aus der Altersgruppe der 20- bis unter 30-jährigen stammen, also in der Regel nach günstigem Wohnraum suchen. Hinzu kommt die Notwendigkeit, Geflüchtete sowie alle anderen ohne vernünftigen Wohnraum menschenwürdig in der Stadt unterzubringen und zu integrieren. Dazu muss ebenfalls günstiger, aber auch inklusiver Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Die Anziehungskraft Berlins ist eine positive Entwicklung, gleichermaßen hat sie auf Seiten der Kapitalmärkte enorme Renditeerwartungen geweckt. In Berlin ist ein regelrechter Investitions- und Bauboom profitorientierter Investor*innen ausgebrochen.

 

In der Folge stiegen die Mieten in Berlin von 2004 bis 2014 am stärksten (so bspw. um 57% bei mittlerem Wohnwert).[1] Gemessen am verfügbaren Einkommen liegt man mit 21% bei mittlerem Wohnwert nun fast auf Münchner Niveau. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Medianmiete 2015 gegenüber dem Vorjahr um 6,7% auf 8,80 Euro/qm nettokalt.[2] Darüber hinaus wurden 2015 mehr Wohnungen umgewandelt als gebaut.[3]

 

Der Berliner Senat und die sozialdemokratische Bundestagsfraktion haben schon Verbesserungen im Mietrecht erzielt und den öffentlichen Wohnungsbau wieder in Gang gesetzt, um der angespannten Wohnungssituation entgegenzuwirken. Allerdings reichen die Maßnahmen noch nicht aus, um die Menschen in Berlin nachhaltig vor Verdrängungs- und negativen Umverteilungseffekten zu schützen und günstigen Wohnraum in dem Maße zu schaffen, wie er nötig ist.

 

Die Berliner Mietenpolitik war zunächst auf Wohnungsneubau, gleich welcher Art, fokussiert, um die Angebotssituation zu entspannen und die Mietentwicklung zu dämmen. Leider liegt hier ein Fehlschluss vor. Denn der Neubau findet vor allem im profitablen hochpreisigen Wohnsegment statt und bedient nicht selten die Portfolios internationaler Investmentfonds bzw. institutioneller Großanleger*innen. Die Interessenlage dieser Anleger*innen ist dabei eine gänzlich andere, als die langfristigen Wohnbedürfnisse der übergroßen Mehrheit der ansässigen und zuziehenden Bevölkerung Berlins zu befriedigen. Sie zielen zumeist auf kurzfristige Spekulationsgewinne durch den Verkauf von Grundstücken und Wohnhäusern ab. Eigentums- und Mietwohnungen sind dabei zinstragendes Kapital, die sich als Wertanlage gegenüber Geldentwertung als robust erweisen bzw. in Form von Miete regelmäßige 35 Einnahmen versprechen. Der Mieterhöhungsdruck wird dadurch auch immer mehr auf das mittlere Mietsegment zunehmen. Im günstigen Wohnraumsegment bleibt die Angebotssituation weiterhin äußerst angespannt. In diesem Segment wird durch profitorientierte Investor*innen kaum neu gebaut, weil hier keine vielversprechenden Renditeaussichten locken.

 

Die verstärkte Einbindung profitorientierter Investor*innen führt letztlich zum deutlichen Anstieg der Mieten in der Stadt und verhindert sozialen und kommunalen Neubau bzw. Ankauf von Wohnraum durch die Explosion von Grundstückspreisen. Die Auswirkungen sind dementsprechend verheerend für Mieter*innen. Diese Investor*innen investieren zwar in einfach ausgestatteten und bisher vernachlässigten Mietwohnraum, aber häufig nur um nach der Sanierung sehr viel teurer zu vermieten oder um diese Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Auf Dauer können sie die hohen Renditen nur erreichen, wenn die wenig einkommensstarken Bestandsmieter*innen verdrängt werden (sog. Gentrifizierung). Es kommt zu vermehrten Zwangsräumungen und es etablieren sich professionelle Entmietungsstrategien, wogegen das Mietrecht keinen genügenden Schutz mehr bietet. Letztlich verringern sich die Einkommen der Bevölkerung ohne Möglichkeit zur Kapitalbildung, während die Kapitaleigner*innen ihre Kapitalstöcke weiter anwachsen lassen und damit wiederum die Bedingungen für die Arbeitenden diktieren können.

 

Diese Strategie ist also denkbar ungeeignet, um ein zentrales sozialdemokratisches Anliegen, nämlich günstigen und angemessenen Wohnraum für alle in Berlin bereitzustellen, zu erreichen. Die politischen Ausgleichsmaßnahmen werden sich bald nur noch darauf beschränken können, einkommensschwache Menschen mit Zuschüssen – etwa in Form von Wohngeld oder sozialer Wohnraumförderung – zu subventionieren. Damit garantiert die öffentliche Hand letztlich privaten Investoren Gewinne und das Geld fehlt für Investitionen in Bildung und die öffentliche Infrastruktur der Stadt. Zusammen mit der Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren liegt eher ein Konjunkturprogramm der privaten Bau- und Finanzbranche vor, als dass Wohnraum für alle entsteht. Auf Dauer wird es dem Staat die Mittel nehmen, um gemeinwohlorientierte Aufgaben zu bewerkstelligen.

 

2. Klare Vorfahrt für sozialen und gemeinwohlorientierten Mietwohnraum

Wenn sich die Entwicklung des Wohnungsmarktes so wie in den letzten Jahren fortsetzt, droht aus Berlin eine Großstadt, wie viele andere auch in der Welt zu werden: Im Zentrum entsteht ein durchkommerzialisierter Raum, in dem sich nur einkommensstarke Menschen Wohnraum leisten können. Diejenige arbeitende Bevölkerung, die diesen Raum zu bewirtschaften hat, hat hingegen weite Arbeitswege von den Randbezirken dorthin. Eine solche Stadt wäre eine stark polarisierte, keine soziale. Zudem könnten starke soziale Brennpunkte an den Rändern, ähnlich wie in Paris und London entstehen. Die Besonderheit Berlins, die die Anziehung so vieler Menschen, besonders junger Menschen ausmacht, liegt aber gerade in der alternativen urbanen Lebensweise, die sie verkörpert: Eine kosmopolitische Großstadt mit günstigen Lebenshaltungskosten und sozialer Durchmischung durch moderate Mieten auch in der Innenstadt, in der sich vielfältig kommerzfreie Räume finden. Die Chance, vor der Welt den Beweis zu erbringen, dass man eine Großstadt in einen spezifisch sozialdemokratischen und inklusiven Entwicklungspfad halten kann, wäre vertan, wenn jetzt keine energischen politischen Schritte unternommen würden.

 

Nötig ist ein vollständiger Paradigmenwechsel: Der Fokus sollte nicht bloß auf Neubau und schon gar nicht auf profitorientierten Neubau liegen. Der Schwerpunkt muss auf der Schaffung von sozialen und gemeinwohlorientieren Wohnraum gelegt werden, sowohl durch Neubau als auch im Bestand des gesamten Berliner Wohnungsbestandes – und zwar im großen Maßstab.

 

3. Der erste Schritt: Die Renditeerwartungen für Wohnraum in Berlin sind deutlich zu reduzieren, denn angemessenes Wohnen ist ein menschliches Grundbedürfnis und keine Kapitalanlage

Der erste Schritt, um eine sozialen und gemeinwohlorientierten Wohnraumschaffung im großen Maßstab möglich zu machen, wäre es, private Spekulation und Profitmaximierung mit Wohnraum unattraktiv zu machen. Sofern die private, profitorientierte Investition in Wohnraum in Berlin deutlich weniger Rendite abwerfen würde, wären andere Investitionsmöglichkeiten außerhalb des Berliner Wohnungsmarktes wieder vorzuziehen. Damit könnte ein zentrales Hindernis für die soziale und gemeinwohlorientierten Wohnraumschaffung durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften oder kleinere gemeinwohlorientierte Bauträger aus dem Weg geräumt werden: die durch Spekulation hochgetriebenen Preise für Grundstücke und Bestandsimmobilien.

 

Erst diese Herangehensweise ermöglicht eine politische Lösung der Wohnungsfrage und so das Ziel einer für alle bezahlbaren Stadt auf nachhaltiger Basis zu erreichen. Dazu sind auf Berliner Landes- sowie auf der Bundesebene schnellstmöglich folgende Maßnahmen umzusetzen:

 

Auf Landesebene:

  • Der Schutz von sozialen Mietmilieus ist eine gesamtstädtische Aufgabe, die Einrichtung von sozialen Erhaltungsgebieten (Milieuschutzgebieten) sollte daher der Landesebene zugeordnet werden. Milieuschutzgebiete sind stadtweit zu prüfen und auszudehnen.
  • Die Umwandlungsverbotsverordnung ist stadtweit anzuwenden, um den Anreiz für professionelle Entmietungsstrategien nach Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen zu nehmen und den bestehenden Mietwohnungsraum aufrechtzuerhalten.
  • Die Bezirksämter und die zuständige Senatsverwaltung mögen prüfen, wie ein funktionsfähiges Leerstandsregister eingeführt werden kann. Die Ausführungskosten, geplante Durchführungsmaßnahmen und der Personalbedarf sollen öffentlich gemacht werden. Nach Einführung wird eine vierteljährlich gegliederte Zusammenfassung der Register jährlich veröffentlicht. In dieser ist die Anzahl an Objekten und Gebäuden, sowie die Quadratmeter der Objekte und der Wohn- und Gewerbeeinheiten auf Ebene der lebensweltlich orientierten Räume aufzuführen (LOR). Dies kann auch innerhalb eines öffentlich zugänglichen Geoinformationssystems geschehen.
  • Im Zuge des „Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung“ verpflichtet sich der Projektträger neben der Kofinanzierung und kostenfreien Eigentumsabtretung zu Gunsten sozialer Infrastruktur auch zur kostenfreien Übertragung von Eigentum an eine der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, sodass 30% von den geplanten Wohneinheiten der jeweiligen Wohnungsbaugesellschaft als Sozialwohnungen gebaut werden können. Es soll keine soziale Wohnraumförderung gegenüber privaten profitorientierten Akteuren mehr im Rahmen der kooperativen Baulandentwicklung gewährt werden, da sie sich zu Lasten der öffentlichen Hand auswirkt und keine nachhaltige Lösung bietet. Darüber hinaus sollen maximal 10% der zu bauenden Wohnungen hochpreisige Wohnungen (über 11€/ qm nettokalt) und Eigentumswohnungen sein dürfen.

 

Auf Bundesebene:

  • Die bestehende Mietpreisbremse ist zu einem deutlich verschärften Mietpreisstopper weiterzuentwickeln. Bei Wiedervermietung darf die Miete nicht über das Niveau des Vormietvertrages steigen, dabei darf keinesfalls die örtliche Vergleichsmiete überschritten werden. Die Ausnahmen für Neubauten, die nach dem 1.10.2014 gebaut wurden, sowie für Mietwohnungen, in denen bereits vor Einführung dieses Instruments eine höhere Miete gezahlt wurde, sind abzuschaffen. Über die Anwendung des verschärften Mietpreisstoppers entscheidet die zuständige öffentliche Gebietskörperschaft.
  • Die Modernisierungsumlage ist auf 3% abzusenken. Energetische Maßnahmen müssen auch tatsächlich Heizkostenersparnisse für Mieterinnen und Mieter nach sich ziehen können, die ihre Beteiligung an den Modernisierungskosten ausgleichen. Die Wirtschaftlichkeit und erwartbare Heizkostenersparnis ist durch den*die Vermieter*in nachzuweisen. Für Streitfälle zwischen Mietern*innen und Vermietern*innen über Kosten und Nutzen sind unabhängige Schiedsstellen einzurichten.
  • Die Grunderwerbssteuer ist je nach Verwendungszweck des Erwerbs von Grundeigentum zu staffeln. Für den Erwerb von Einzelwohnungen und kleineren Beständen sowie der Erwerb durch Gesellschaften mit öffentlichen Zwecken, Genossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Akteur*innen verbleibt der Steuersatz bei 6%. Für profitorientierte Akteur*innen, die Großbestände von Wohnungen und Baugrundstücken kaufen, entfällt ein gestaffelter Satz, der sich nach dem Immobilienwert richtet. Sogenannte Share Deals sind in Zukunft ebenfalls durch die Grunderwerbssteuer zu erfassen.
  • Für nicht selbst genutztes genossenschaftliches, gemeinnütziges, soziales oder ähnliches Wohneigentum soll eine Steuer zusätzlich zur Grundsteuer erhoben werden, sofern es fünf Wohneinheiten oder 500 qm Wohnfläche übersteigt. Über die Höhe entscheidet das Land. Die Steuer dient zur Unterstützung der Sozialverträglichkeit der Bodenverteilung und der Raumordnung und bezieht sich auf die Werte, die die oben genannten Grenzen überschreiten. Das Land kann zusätzlich Ausnahmen beschließen.

 

Das politische Ziel dieser Maßnahmen ist ganz klar: Die Investition in Berliner Wohnraum durch  profitmaximierende Akteure soll unattraktiver werden, damit eine Trendumkehr bei der Explosion der Grundstücks- und Immobilienpreise erreicht werden kann und Berlin mit Hilfe des öffentlichen Vorkaufsrechts zu moderateren Preisen im großen Maßstab Bauland und privaten Wohnungsbestand aufkaufen kann.

 

4. Der zweite Schritt: Schaffung von sozialem und gemeinwohlorientierten Wohnraum im großen Maßstab

Um auf Dauer ein moderates Mietniveau in Berlin sichern zu können, muss ein ausreichend großer Bestand an kommunalen und gemeinwohlorientierten Wohnungen geschaffen werden, darunter ein ausreichender Anteil von Sozialwohnungen.

 

In der Vergangenheit ist es nicht nur zum Verkauf großer Bestände von kommunalen Wohnungen gekommen (zuletzt 2004 mit dem Verkauf der GSW mit über 100.000 städtischen Wohnungen) auch die soziale Wohnraumförderung war in keiner Weise nachhaltig und diente einmal mehr profitorientierten Interessen mehr als dem Gemeinwohl. Von 2005 bis 2014 ist die Zahl der mietpreisgebundenen Sozialwohnungen von 209.000 auf 135.000 gefallen. In einer Prognose geht  die Berliner Investitionsbank davon aus, dass der Bestand bis 2025 auf 80.000 fallen wird.

 

Mit dem Wohnraumversorgungsgesetz wurden bereits erste Schritte in die richtige Richtung unternommen, allerdings müssen diese weiterentwickelt werden und sehr viel ambitionierter werden. Berlin verfügt über 6 landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, die einen wichtigen Beitrag für eine soziale Stadt leisten können. Drei von ihnen zählen gar zu den 10 größten Wohnungsunternehmen in Deutschland. Allerdings handelt es sich um privatrechtliche Gesellschaften, die in der Vergangenheit keinen expliziten sozialen Auftrag hatten und gleichermaßen wie private Firmen profitorientiert sind, entsprechend können sie nicht unmittelbar vom Abgeordnetenhaus kontrolliert werden und dienen oft auch anderen Zielen, indem bspw. Überschüsse teilweise dem Landeshaushalt zugeführt werden. Das Land Berlin kann die Gesellschaften nur indirekt steuern und hat daher eine Vielzahl von Bündnissen initiiert, deren Kontrolle Monitoringstrukturen nötig machen, also zusätzliche Bürokratie, und auf deren Einhaltung von Seiten der Mieterinnen und Mieter kein Rechtsanspruch besteht.

 

Entsprechend sind die 6 Wohnungsbaugesellschaften bisher nur bedingt für eine soziale Wohnraumpolitik geeignet: Sie erhöhen teilweise selbst die Mieten, teilweise führen sie sehr teure und zweifelhafte Dämmsanierungen durch, die zu extrem hohen Mietsteigerungen führen (so wie jüngst bei der Gewobag). Sie führen teilweise auch einen hochpreisigen Wohnungsneubau durch (bspw. das Projekt „Pankower Gärten“ der Gesobau mit 12,55 Euro/qm nettokalt) und die geplanten Einstiegsmieten sind mit 6,50 €/qm nettokalt viel zu hoch, gerade vor dem Hintergrund, dass die Berliner Aufwendungsverordnung Wohnen (AV) für den Mietenzuschuss für Hartz-IV Empfänger Nettokaltmieten von 5,33 € bis 5,71 €/qm vorsieht.

 

Für eine soziale und gemeinwohlorientierte Wohnraumoffensive sind folgende Maßnahmen durchzuführen:

  • Die Anstalt öffentlichen Rechts „Wohnraumversorgung Berlin“, die sich als Dachgesellschaft über die 6 landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften erheben soll, begründet ein unnötiges Zwitterwesen mit undurchsichtiger Kompetenzverteilung. Stattdessen sollten die 6 Wohnungsbaugesellschaften unmittelbar in die Anstalt öffentlichen Rechts zusammengefasst werden und auf einen sozialen Auftrag hin verpflichtet werden.
  • Es ist ein Grundstücksfonds aufzulegen, der systematisch Bauland und Bestandswohnimmobilien aufkauft. Insbesondere sind dafür Verhandlungen mit der Deutschen Bahn als Staatsunternehmen aufzunehmen.
  • Die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sollten sich nicht an der Mietspirale nach oben in der Stadt beteiligen. Daher ist ein sofortiges Mietmoratorium einzusetzen, wonach die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften auf Mieterhöhungen verzichten.
  • Der Berliner Senat soll innerhalb von 10 Jahren den Anteil von öffentlichen Wohnungen bzw. Wohnungen von gemeinnützigen Bauträgern am Berliner Wohnungsbestand stark erhöhen. Dazu sollen folgende Kennwerte für nicht selbst genutzte Wohnungen erreicht werden: 2025 – 45%; 2035 – 55%; 2045 – 60%.
  • Vom öffentlichen Wohnungsbestand sollen 40% Sozialwohnungen sein, die Belegungsquoten für besondere Bedarfsgruppen, so bspw. Flüchtlinge und auf barrierefreie Wohnungen Angewiesene, sind sachgerecht zu ermitteln. Sozialwohnungen sollen unbefristete Belegungs- und Mietpreisbindungen erhalten, der Anspruch auf Sozialwohnungen ist sachgerecht zu definieren.
  • Die Einstiegsmiete (Sozialwohnungen) sollte bei höchstens 5,20 €/qm nettokalt liegen. Die Miethöchstsätze sollen 9€/qm nettokalt nicht überschreiten. Diese Regelungen sollen den gemeinnützigen Neubau binden.
  • Wohnungen im kommunalen Eigentum werden nicht mehr an profitorientierte Akteure verkauft.
  • Gemeinnützige Bauträger*innen sind mit öffentlichen Geldern stärker zu fördern, ihnen sind Baugrundstücke preisgünstig von der Stadt zur Verfügung zu stellen.
  • In Berlin ist ein Bauträger*innenwettbewerb nach Wiener Vorbild einzuführen, in dem eine unabhängige Jury nach den Kriterien Architektur, Ökonomie, Ökologie und soziale Nachhaltigkeit über beantragte Bauprojekte entscheidet.

 

Bei der Umsetzung dieses Konzepts zur Schaffung von sozialem und gemeinwohlorientierten Wohnraum muss zudem stets darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Absenkung von Umweltstandards kommt. Die gesetzlichen Klimaschutzstandards sind bei jedweden Neubau einzuhalten.

 

5. Finanzierung

Zur Bewältigung der städtischen und gemeinwohlorientierten Wohnraumschaffung sind ein erhebliches Investitionsvolumen und eine nachhaltige Finanzierung des sozialen Wohnungsbestandes notwendig. Allerdings kämen ohne eine solche Kraftanstrengung auch enorme Kosten auf die öffentliche Hand zu, sofern sie den sozialen Ausgleich wahren wollte. Denn die sozialen Ausgleichsmaßnahmen müssten einkommensschwache Menschen stärker bezuschussen, damit sie sich die steigenden Mieten leisten können, oder privaten Eigentümer*innen im Austausch für eine Belegungsbindung Marktmieten bezahlen. Entsprechend würde der finanzielle Aufwand für Wohngeld und sozialer Wohnraumförderung in Privatwohnungen wieder sehr stark ansteigen, ohne eine nachhaltige Lösung des Problems darzustellen. Mit dieser Herangehensweise würde man einen großen Fehler der Vergangenheit wiederholen: Statt in Immobilien zu investieren, die der öffentlichen Hand auch als Werte bleiben, würde man im Falle der sozialen Wohnraumförderung wieder profitorientierte Eigentümer mit der Differenz von Sozial- zur Kostenmiete subventionieren und mit Auslaufen der Förderung bliebe der öffentlichen Hand nichts.

 

Die Investition in städtischen und gemeinwohlorientierten Neubau bzw. Bestandsausweitung soll zunächst von fallenden Grundstücks- und Immobilienpreisen durch politische Regulierungsmaßnahmen wie unter 3. dargestellt profitieren. Die Finanzierung sollte hauptsächlich über die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer sowie durch Ausnutzung des niedrigen Zinsniveaus auf den Kapitalmärkten erfolgen. Die Überschüsse der landeseigenen Wohnungsbauunternehmen sind vollständig in die Wohnraumförderung zu investieren. Eine sozial gerechte Wohnraum- oder Einwohnersteuer ist zusätzlich zu prüfen.

 

Darüber hinaus ist ein starkes Engagement des Bundes erforderlich. Die alleinige Zuständigkeit der Länder für die soziale Wohnraumförderung ist durch eine Grundgesetzänderung rückgängig zu machen. Sofern keine verfassungsändernde Mehrheit dafür zustande kommt, ist für die sogenannten Kompensationsmittel, die 2019 auslaufen, eine langfristige Lösung zu finden. Die Kompensationsmittel sind noch einmal deutlich aufzustocken, auf mindestens 8 Mrd. € pro Jahr.

 

 

[1] Studie des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts und der Privatbank Berenberg über die Mietentwicklung in den 20 größten deutschen Städten.

[2] Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin.

[3] Schriftliche Anfrage von der Abgeordneten Schmidberger 17/18425.

Antrag 29/I/2017 Keine weiteren Mikroapartments in Berlin! Für eine soziale Wohnungspolitik!

20.04.2017

Die SPD lehnt den Bau weiterer Häuser, die ausschließlich hochpreisig möblierte oder teilmöblierte Apartments (sog. „Mikroapartements“) enthalten, in Berlin ab. Stattdessen soll bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Hierzu gehört auch bezahlbarer Wohnraum für Studierende, dessen Mieten sich an den BAFöG-Sätzen orientieren. Investoren die Mikroapartments bauen, sollen in Zukunft keine Baugenehmigungen mehr erhalten. Die Bezirke werden aufgefordert, hierfür alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen bzw. die rechtlichen Rahmenbedingungen z.B. durch entsprechende Bebauungspläne zu schaffen.

Antrag 30/I/2017 Keine Umlage von Anschaffungs- und Installationskosten

20.04.2017

Dass Anschaffungs- und Installationskosten für zusätzliche Maßnahmen in Mietwohnungen nicht nach §2 Nr. 17 der Betriebskostenverordnung durch Anmietung umgelegt werden dürfen, sofern nach § 559 BGB schon die Weitergabe der Kosten an Mieter als Modernisierung eingeräumt wurde.

 

Antrag 32/I/2017 Zur Verfahrensweise mit der „ Kleinreparaturklausel“ in Mietverträgen

20.04.2017

Das Wohnraummietrecht wird dergestalt geändert, dass eine Abwälzung der Kostentragungspflicht für Kleinreparaturen gem. der „Kleinreparaturklausel“ auf Mietverhältnisse für Wohnraum gem. BGB ausgeschlossen wird (Verbot der sogenannten „Kleinreparaturklausel“).

Antrag 33/I/2017 Mieterrechte stärken – Gruppenklagerechte prüfen

20.04.2017

Die SPD soll sich im Bund dafür einsetzen, dass auf Bundesebene Gruppenklagemöglichkeiten für MieterInnen geprüft werden, um Mieterrechte zu stärken.