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Antrag 01/II/2018 Für eine starke SPD in Berlin: SPD organisatorisch erneuern

6.09.2018

Bericht der organisationspolitischen Kommission

 

1. Einleitung

 

Nach den schlechten Wahlergebnissen der SPD auf Bundes- und Landesebene hallt der Ruf nach politischer und organisatorischer Erneuerung durch die Sozialdemokratische Partei. Dabei ist die Erwartung groß, dass sich die Partei neuen gesellschaftlichen Entwicklungen anpasst und für ihre Mitglieder attraktive, neue Beteiligungsverfahren und moderne innerparteiliche Strukturen bietet.

 

Um die zahlreichen Anträge im Gesamtzusammenhang zu beraten sowie Verfahrensvorschläge zu machen und ggf. Änderungen der Statuten vorzuschlagen, setzte der Landesparteitag der Berliner SPD eine Organisationspolitische Kommission ein.

 

Seit Januar 2018 befassten sich Vertreter*innen des Landesvorstands, aller Kreise, von Arbeitsgemeinschaften und der Statutenkommission mit der innerparteilichen Organisation.

 

Die Kommission gliederte ihre Beratungen in 15 Arbeitsgruppen, die sich in unterschiedlichen Fragestellungen zum Beispiel mit der Betreuung und den Beteiligungsmöglichkeiten der Mitglieder, mit der Organisationsstruktur, der Kampagnenfähigkeit, der Zusammenarbeit der Gliederungen oder dem Landesparteitag beschäftigten.

 

Es ging sowohl darum, zu klären, was sich in der Vergangenheit bewährt hat, als auch, vorliegende Änderungsvorschläge zu diskutieren und – gegebenenfalls strittig – abzustimmen. Dabei gab es einstimmige Voten, oft aber auch mehr oder weniger knappe Mehrheitsentscheidungen und unveränderte Minderheitsmeinungen.

 

Bei aller Debatte im Detail war sich die Kommission einig, dass die Meinungs- und Willensbildung innerhalb der Partei auch künftig fair und transparent von unten nach oben organisiert werden muss.

 

Jedem Mitglied muss – unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter oder anderer persönlicher Merkmale – das gleiche Recht garantiert werden, sich frei und ungehindert an der Meinungs- und Willensbildung der Partei zu beteiligen.

Zugleich müssen die demokratisch legitimierten Vorstände auf jeder Ebene handlungsfähig sein, damit die Partei in der politischen Auseinandersetzung bestehen und die eigenen Beschlüsse in Regierungshandeln umsetzen kann. Das wird ohne eine aktive Mitgliedschaft und gesunde Finanzen nicht gelingen.

 

Notwendig ist daneben ein breit angelegter Prozess für ein neues Grundsatzprogramm der SPD, damit sich die SPD glaubwürdig politisch neu aufstellen kann. (Antrag 14/II/2017)

 

2. Mitglieder

 

Die SPD ist und bleibt eine Mitgliederpartei. Die Mitglieder tragen die Partei. Ohne das überwiegend ehrenamtliche Engagement der Genossinnen und Genossen wäre die SPD weder kampagnen- oder wahlkampffähig noch könnte sie ihrem Verfassungsauftrag gerecht werden, an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken.

 

Grundvoraussetzung für eine starke SPD ist ein attraktives, begeisterndes und glaubwürdiges Politikangebot. Nur damit können Wahlen gewonnen und politische Forderungen umgesetzt werden.

 

Die Analyse der Wahl 2017 ist aus Sicht der Organisationspolitischen Kommission eine gute Grundlage, um über Fehler der Vergangenheit zu diskutieren und dann konkrete Schlussfolgerungen zu ziehen. Ein Neuanfang bedarf neben innenorganisatorischer Neuerungen vor allem, dass künftig  verlässliche und berechenbare politische Positionen erarbeitet werden, dass keine leere Versprechen gemacht werden, dass die SPD mit  verständlicher Sprache spricht, mit der Zivilgesellschaft kooperiert sowie gut und wirksam regiert.

 

Dabei muss die SPD mit ihren Forderungen stets sichtbar bleiben und ihre Parteikultur pflegen. Für Mitglieder und Bürger*innen, die noch über ihren Beitritt nachdenken, ist wichtig, wie die SPD mit ihrer Geschichte umgeht, ob  die Mitglieder wertschätzende Erfahrungen in der Partei machen,  wie Entscheidungen in der SPD zustande kommen, welchen Einfluss Mitglieder tatsächlich haben und ob Hürden für ein aktives Engagement abgebaut werden müssen.

 

Deshalb gilt es, möglichst viele unserer Mitglieder für die Mitwirkung in der Partei zu begeistern, ihr Wissen und ihre Kenntnisse zu nutzen und sie für die Übernahme von Verantwortung vorzubereiten.

 

Um herauszufinden, welche Unterstützung die Mitglieder erwarten und was inaktive Mitglieder motivieren könnte, künftig mitzutun, schlägt die Kommission einen berlinweite elektronische Umfrage bei allen Berliner SPD-Mitgliedern vor.

 

Sie lehnte ab, eine Studie über die Berufe, Interessen, Spezialwissen und Zeitbudgets der Mitglieder zu erheben. (Antrag 24/II/2017)

 

Der Vorschlag einer Onlinebefragung aller Mitglieder über ihre rassistischen Diskriminierungserfahrungen fand keine Mehrheit. (Antrag 22/I/2018)

 

Wir wenden uns gegen Sexismus, Rassismus und andere Diskriminierungen. Wir schaffen ein Klima, das dieses nicht duldet. Tritt es dennoch auf, darf und muss es angesprochen werden. Es ist die Verantwortung aller, in der Partei im Rahmen ihrer Möglichkeiten gegen Diskriminierungen vorzugehen.

 

Wir richten ein Gremium im Landesverband ein, das für Betroffene von Sexismus, Rassismus und anderer Diskriminierungen als Ansprechpartner dient, das Betroffene unterstützt und ggf. Klärungen versucht. Das Nähere zu diesem Gremium wird vom Landesvorstand geregelt. Dabei greift er auf die Erfahrungen der Jusos mit ihrer Anti-Sexismus-Kommission zurück. Die Mitglieder des Gremiums müssen geschult werden.

 

Wir dulden Sexismus, Rassismus und anderes diskriminierendes Verhalten in unserer Partei nicht. Bei schweren Fällen muss dies zum Ausschluss aus der Partei führen. Die Statutenkommission prüft, ob hierfür statutarische Änderungen nötig sind.

 

a. Bildungsangebote

 

Ferner regt die Kommission an, mehr und neue Bildungsangebote für Mitglieder auch außerhalb von Wahlkampfzeiten zu entwickeln.

 

So spricht sie sich beispielsweise für Fortbildungsangebote zu Moderation und Statut aus.

 

Schulungen sollen Mitgliederbeauftragte bei der Ansprache der inaktiven Mitglieder unterstützen.

 

Vor allem für neue Mitglieder soll es „Einstiegsseminare in die Parteiarbeit“ geben, in denen in knapper Form ein Einstieg in politische Gespräche vermittelt wird, wie sie – nicht nur – im Wahlkampf geführt werden.

Ferner sollen Neumitglieder gezielt über ihre Beteiligungsmöglichkeiten in Abteilungen, Arbeitsgemeinschaften, Foren oder Fachausschüssen informiert werden. (siehe auch Antrag 16/I/2018).

 

Das Starter-Paket soll darüber hinaus auch das Leitbild zur Gleichstellung enthalten.

 

b. Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politisches Engagement

 

Um auch Eltern die Teilnahme an Sitzungen in Abteilung, Kreis oder Land zu ermöglichen, soll grundsätzlich Kinderbetreuung für Kreisdelegiertenversammlungen und Landesparteitage angeboten werden. Über eine eventuelle Erstattung von Babysitterkosten kann auf der jeweiligen Ebene entschieden werden.

 

Die Kommission empfiehlt den Gremien, ihre Termine langfristig zu planen, Fum den Mitgliedern die Teilnahme zu erleichtern. Dabei können Gremien auch über alternierende Zeiten für den Sitzungsbeginn entscheiden. (Antrag 19/ii/2017)

 

Sitzungen sollen transparent und im zeitlichen Verlauf realistisch geplant und die Planung transparent kommuniziert werden. Dabei kann das Sitzungsende im Vorhinein festgelegt werden und sollte dann eingehalten werden. (Antrag 19/ii/2017)

 

Ihre Sitzungen sollen in der Regel nicht länger als zwei Stunden dauern. Abteilungen und Arbeitsgemeinschaften sollen mindestens alle acht Wochen parteiöffentlich tagen. (Antrag 18/II/2017)

 

Quotierte Redelisten sollen auf allen Ebenen der Berliner SPD eingehalten werden.

 

Ein „Funktionssharing“ – die Besetzung einer Funktion mit zwei Genoss*innen, die sich die Arbeit teilen – muss zunächst rechtlich geprüft werden.

 

Zur Unterstützung der Organisation und Struktur von Sitzungen erstellt der Landesverband einen empfehlenden Leitfaden. Einen „Verhaltenskodex“ lehnt die Kommission ab.

 

3. Mitgliederbeteiligung

 

Die SPD muss interessant bleiben und Ort der politischen Willensbildung sein, unter anderem mit der Erarbeitung neuer interessanter Veranstaltungsformate wie Zukunftswerkstätten oder Programmforen und mit mehr digitalen Möglichkeiten der Beteiligung. (Antrag 05/II/2017)

 

Intransparente Verfahren bei der Aufstellung von Kandidierenden, aber auch bei der Erarbeitung von Papieren oder Programmen, sind hingegen geeignet, Mitglieder zu demotivieren. Deshalb wird die SPD Berlin darauf achten, dass die Verfahren zur Aufstellung von Kandidat*innen durchsichtig und fair gestaltet werden.

 

Die Kommission hat sich für erweiterte Beteiligungsinstrumente ausgesprochen, dies allerdings grundsätzlich an die Möglichkeit der elektronischen Umsetzung gekoppelt – schon um die zusätzlichen Kosten in Grenzen zu halten und die Kampagnenfähigkeit der SPD nicht zu gefährden.

 

Dies vorausgesetzt, empfiehlt die Kommission, künftig die Kanzler*innen-Kandidatur, die Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl sowie und/oder die Kandidatur für das Amt des/der Regierende/r Bürgermeister*in obligatorisch per Mitgliederentscheid zu ermitteln – wenn mehr als eine Bewerbung vorliegt.

 

Außerdem sollen vor Abschluss von Koalitionsverträgen auf Bundes- und Landesebene immer die Mitglieder über das geplante Regierungsbündnis entscheiden. (Antrag 11/II/2017)

 

Anders sieht es die Kommission bei Spitzenfunktionen der Partei. Weder beim Parteivorsitz noch bei der/dem Generalsekretär*in  oder den Direktkandidaturen für die Parlamente auf Bundes-, Landes- oder Europaebene sollen obligatorische Mitgliederbefragungen eingeführt werden.

 

Der Vorschlag, durch eine Statutenänderung die Kandidat*innen-Aufstellung für öffentliche Ämter durch eine Wahlkreisvollversammlung zu ermöglichen, wurde abgelehnt.

 

Zur Durchsetzung eines Mitgliederentscheids spricht sich die Kommission für ein Quorum von zwei Fünftel der Unterbezirke auf der Bundesebene und ein Drittel der Kreisvorstände auf der Landesebene.

 

Die Kommission empfiehlt mehrheitlich, das Quorum für ein Mitgliederbegehren von zehn auf fünf Prozent der Mitgliedschaft abzusenken. (Antrag 12/II/2017)

 

Die jeweiligen Vorstände sollen künftig verpflichtet werden, die Anliegen bei Mitgliederbegehren oder die Abstimmungsalternativen bei Mitgliederentscheiden in der Partei bekannt zu machen, möglichst elektronisch oder auf den üblichen innerparteilichen Informationskanälen und ohne zusätzliche Kosten zu verursachen.

Dabei soll stets die Chancengleichheit gewahrt werden. Die Unterschriften werden in den Geschäftsstellen gesammelt.

 

Die Kreise werden zur Durchführung von eigenen elektronischen Mitgliederumfragen ermutigt und unterstützt.

 

Zugleich spricht sich die Kommission gegen die Einführung plebiszitärer Elemente aus. So sollen die Vorstände nicht verpflichtet werden, die Mitglieder regelmäßig und von sich aus vor wichtigen inhaltlichen Entscheidungen zu befragen oder die politische Meinung der Basis zu erkunden. (siehe auch Antrag 13/I/2018)

 

4. Kampagnen

 

Dreh- und Angelpunkt jeder Kampagnenfähigkeit ist das Ehrenamt, die Mund- zu Mund-Propaganda, die Überzeugungsarbeit in der Familie, am Arbeitsplatz, in der Freizeit. Dazu gehört allerdings auch eine mitreißende Politik, über die man spricht.

Der SPD Landesverband Berlin hat mit einer steigenden Mitgliederzahl und einem geringeren Durchschnittsalter der Mitglieder als im Bundesschnitt gute Voraussetzungen, erfolgreich Kampagnen und Wahlkämpfe zu bestehen.

 

a. Starke SPD in der ganzen Stadt

 

Die Kommission war sich einig, dass in Berlin keine weißen Flecken entstehen dürfen, auf denen die SPD nicht präsent ist.

 

So ist die Unterstützung strukturell schwacher Stadtgebiete beispielsweise in den ehemaligen Ostbezirken notwendig. Ohne eine Verbesserung der Ergebnisse im Osten und Südosten der Stadt verlieren wir unsere Mehrheitsfähigkeit. (Antrag 05/II/2017).

 

In einer Projektgruppe können rechtzeitig vor der Wahl 2021 inhaltliche, programmatische sowie strategische Lösungsansätze erarbeitet werden. (Antrag 06/II/2017)

 

Der Landesvorstand benennt eine*n Beauftragte*n für strukturschwache Kreise, damit die Thematik im Landesvorstand auch gebündelt präsent bleibt und mit Arbeitsaufträgen versehen werden kann.

Eine*n Beauftragte*n für die Wahlkampfkoordinierung in den östlichen Bezirken lehnt die Kommission ab.

 

Die Forderung, bei der Aufstellung der Landesliste für die nächste Bundestagswahl die Wahlkreise Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg mit einem festen Platz bis Platz 6 auf der Landesliste zu berücksichtigen, fand keine Mehrheit. (Antrag 07/II/2017)

 

Die Kommission stimmte ferner mit breiter Mehrheit dagegen, dass bei der Aufstellung von Listen mindestens ein Drittel der aussichtsreichen Plätze an neue Kandidat*innen vergeben werden sollen, die vorher noch kein Mandat hatten (Antrag 14/II/2017).

 

b. Präsenz

 

Die SPD muss wahrgenommen und möglichst das ganze Jahr über in der Stadt sichtbar sein.

Rote Busse können vor allem dort eingesetzt werden, wo ansonsten kaum noch Aktivitäten stattfinden. Die Rote-Busse-Teams werden entsprechend geschult.

Das BeTeam wird verstetigt.

 

Es wird ein Personalpool – die „Solidargruppe“ – von Freiwilligen eingerichtet, der über den eigenen Verteiler erreichbar ist. Ziel ist die Unterstützung bei Aktionen und Veranstaltungen auch außerhalb der Wahlkampfzeit.

 

Spitzenkandidat*innen und Mandatsträger*innen, aber auch der gewählte Landesvorstand der SPD Berlin, werden dazu verpflichtet, sich solidarisch und proaktiv – auch außerhalb von Wahlkampfzeiten – in strukturschwachen Kreisen und Abteilungen verstärkt Präsenz zu zeigen.

 

Darüber hinaus schafft der Landesverband Equipment an, (siehe auch Antrag 05/II/2017) das die Abteilungen zum Selbstkostenpreis ausleihen können. Damit werden sie unabhängig von teuren Fremd-Anbietern.

 

Die Kommission regt zwei bis drei thematische Mini-Kampagnen des Landesverbandes in Zusammenarbeit mit Kreisen zu wichtigen, die Stadt bewegenden Themen an. Das Kurt-Schumacher-Haus und die zwölf Kreisbüros dienen als gut vernetzte Dienstleister für die Ehrenamtlichen.

 

Veranstaltungen mit Partnern in den Kiezen haben sich darüber hinaus bewährt. Vergleichsweise günstige Postkartenkampagnen (kommerzielle Kneipendisplays) unterstützen die Wahrnehmung der SPD über das ganze Jahr.

 

Die enge Bindung der SPD an die Gewerkschaften wird verstärkt. So wird die Arbeit des Gewerkschaftspolitischen Beirats intensiviert.

Es wird eine jährliche Konferenz mit Betriebs- und Personalräten organisiert. (Antrag 04/I/2018)

 

5. Wahlkampf

 

Der Parteivorstand und der Landesvorstand sollen Entwürfe für Wahlprogramme mindestens sechs Monate vor dem jeweiligen Parteitag beschließen und zur Debatte in die Partei geben. (Antrag 14/I/2018)

 

Um die Wahlkämpfer besser zu unterstützen, ist sich die Kommission einig, dass die Abteilungen die wesentlichen Materialien des Wahlkampfes drei Monate vor dem Wahltermin erhalten sollen.

 

Bei Give-Aways beschränkt sich der Landesverband auf wenige klassische Produkte und stellt den Wahlkämpfenden rechtzeitig Prototypen vor. Materialschlachten und „Last-Minute-Schnellschüsse“ soll es möglichst nicht mehr geben.

 

Bei der Großflächenwerbung kann zugunsten von regionalisierten Kampagnen und persönlichem Wahlkampf gespart werden.

Ferner sollen größere und kleinere Abteilungen des Landesverbands ermutigt werden, Huckepack-Teams zu bilden, um gemeinsame Aktivitäten zu organisieren und sich gegenseitig zu unterstützen.

 

Da auf Sommer- und Familienfesten auch viele Nichtmitglieder angesprochen und Kontakte geknüpft werden können, entwickelt der Landesverband eine Handreichung für die Abteilungen mit gebündeltem Know-How für die Organisation solcher Feste. Dabei soll es auch um die Genehmigungsverfahren gehen.

In einem Leitfaden werden die Abteilungen außerdem über die Möglichkeiten analoger oder digitaler Werbung für ihre Veranstaltungen informiert.

 

6. Landesparteitage

 

Die Berliner SPD ist und bleibt eine Programm- und Mitgliederpartei. Zu jedem Parteitag liegen aus allen Gliederungen Anträge vor. Es hat sich bewährt, diese Anträge auf zwei Landesparteitagen im Jahr zu beraten.

 

Mit dem stets aktuell gehaltenen Online-System können die Mitglieder, aber auch Interessierte und die Presse jederzeit erkennen, welche Anträge gestellt wurden und wie darüber abgestimmt wurde. Es sollte geprüft werden, ob die Online-Begleitung des Parteitags noch ausgebaut werden kann.

 

Ausdrücklich erkennt die Kommission die Leistung der Mitarbeiter*innen des Kurt-Schumacher-Hauses an, die die Landesparteitage professionell vorbereiten und für einen reibungslosen, satzungsgemäßen Ablauf sorgen.

 

a. Tagesordnung

 

Kritik gibt es allerdings beispielsweise an der Tagesordnung, die oft mit langen Reden, Grußworten und Formalien überfrachtet ist. Die Kommission plädiert dafür, spätestens nach vier Stunden mit der Antragsberatung zu beginnen.

 

Der Vorschlag, Grußworte auf eine Stunde zu beschränken und zwei Drittel des Parteitags für die Antragsberatung zu reservieren (bei Wahlen ein Drittel), fand keine Mehrheit. (Antrag 07/I/2018).

 

Die Delegierten sollen die Möglichkeit erhalten, selbst über die Reihenfolge der Beratung der Antragsblöcke zu entscheiden.  Dies soll nicht der Antragskommission überlassen werden.

 

Statutenändernde Anträge werden am Anfang der Parteitage behandelt. (Antrag 07/I/2018)

Für den Vorschlag, zeitgleich mit der Einberufung des Parteitags thematische Schwerpunkte zu veröffentlichen, gab es eine Mehrheit. (Anträge 07/I/2018 sowie 11/I/2018)

 

b. Delegierte

 

Delegierte werden in den Abteilungen, auf KDVen oder auf dem Landesparteitag für die jeweils nächsthöhere Ebene nominiert und/oder gewählt. Die Arbeitsgemeinschaften sollen keine eigenen Delegierten für die KDVen und den Landesparteitag erhalten.

 

Keine Zustimmung gab es in der Kommission für den Vorschlag, jeweils 25 Prozent einer Parteitagsdelegation neu zu bestimmen, wobei die ausgeschiedenen Delegationsmitglieder beim nächsten Mal wieder kandieren können. (Antrag 15/II/2017)

 

Daneben stimmte die Kommission für den Antrag, in §15* des Organisationsstatuts der SPD Berlin auch die Berliner Abgeordneten des Europaparlaments, die SPD-Mitglieder der Bezirksämter sowie die Berliner Mitglieder der Bundesregierung zu beratenden Delegierten des Landesparteitags sowie den jeweiligen Kreisdelegiertenversammlungen aufzunehmen. (Antrag 02/I/2018)

 

Auf Bundesparteitagen sollen die Mitglieder der Bundesregierung mit beratender Stimme teilnehmen.

Dass Mandatsträger*innen grundsätzlich nicht Delegierte mit Stimmrecht auf Landes- und Bundesparteitagen sein können, fand keine Mehrheit.

(Anträge 02/I/2018, 03.1/I/2018, 05/I/2018, 06/I/2018 aus Pankow)

 

Die Kommission empfiehlt, dass Mandatsträger*innen grundsätzlich nicht Delegierte mit Stimmrecht auf Landes- und Bundesparteitagen sein sollten.

 

c. Rederecht

 

Eine Ausweitung des Rederechts auf dem Landesparteitag für alle Mitglieder wird abgelehnt. Das gilt auch für die KDVen.

 

Der Vorschlag, Delegierte, die noch nicht das Wort hatten, vor denen auf die Redeliste in der Debatte zu nehmen, die bereits gesprochen haben, wurde abgelehnt. (Antrag 09/I/2018)

 

d. Anträge

 

Die Kommission appelliert an die Antragsteller*innen, ihre Forderungen und die Begründung in den Anträgen klarer zu trennen und den Antragswillen voran zu stellen.

 

Alle Antragsteller*innen sollen die Antragsfrist einhalten, das gilt auch für Leitanträge.

 

e. Antragskommission

 

Die Anträge werden auch künftig von einer Antragskommission vorstrukturiert und beraten.

Außerdem sollen sie mit einem Votum versehen werden.

 

Der Parteitag soll über dieses Votum abstimmen, und nicht über den Antragstext. (siehe auch Antrag 08/I/2018)

 

Das Antragsbuch soll künftig ohne die Empfehlungen der Antragskommission versendet werden. (siehe auch Antrag 08/I/2018)

 

Für die Delegiertenversammlungen der Kreise und Arbeitsgemeinschaften sowie den Landesparteitag werden Antragsunterlagen elektronisch zur Verfügung gestellt. Delegierte, Ersatzdelegierte und Teilnehmer*innen erhalten gedruckte Antragsunterlagen, wenn sie dies wünschen. Hierfür erfolgt vor der ersten Sitzung der jeweiligen Wahlperiode eine Abfrage. (Antrag 10/I/2018).

 

Die organisationspolitische Kommission lehnt die vorgeschlagene Begrenzung der Mitgliedschaft in der Antragskommission ab.

 

Auch ein entsprechender Appell an die Kreise, ihre Vertreter*innen nur zeitlich befristet in die Antragskommission zu entsenden, fand keine Mehrheit.

 

f. Konsensliste

 

Die Kommission ist dafür, die Konsensliste abzuschaffen, und stattdessen jeden Antrag oder Antragsblock aufzurufen, zu beraten und abzustimmen, damit wichtige Themen in jedem Fall aufgerufen werden und nicht in der Gesamtabstimmung über die Konsensliste untergehen.

 

Der Parteitag soll im Fall der Zusammenfassung von Anträgen durch die Antragskommission über das Votum der Antragskommission abstimmen. Im Falle, dass die Anträge in der Form des Antragstellers zur Abstimmung gestellt werden, wird über den Antrag (und nicht das Votum der Antragskommission) abgestimmt.

 

Damit auch Gäste, Presse und vor allem die Delegierten der Antragsdebatte besser folgen können, könnten die Anträge auf den Leinwänden abgebildet werden. Außerdem kann auf den Bildschirmen auch der Name der jeweiligen Redner*innen abgebildet werden.

 

7. Landesvorstand

 

Forderungen nach einer breiten personellen Aufstellung der Partei werden in der Kommission nur grundsätzlich geteilt.

Der Vorschlag, dass der Geschäftsführende Landesvorstand nicht fast vollständig aus Mandatsträger*innen besteht, sondern die Vielfalt der Partei (Frauen/Männer, Jüngere und Ältere, Genoss*innen mit unterschiedlichen Lebenshintergründen) abbilden sollte, wurde abgelehnt. (Antrag 05/II/2017)

 

Dass Jusos verpflichtend in allen geschäftsführenden Vorständen berücksichtigt werden müssen, fand in der Kommission keine Mehrheit. (Antrag 14/II/2017, ergänzend: Jugendquote von 25 Prozent und jeder fünfte Listenplatz: Antrag 17/II/2017)

 

8. Verbesserte Abstimmung Bezirke/Land/Bund

 

Um politisch besser wirken und als Partei erkennbar zu sein, ist ein gutes Zusammenspiel der unterschiedlichen politischen Ebenen notwendig. Dazu müssen wir den Informationsaustausch und die Abstimmung über inhaltliche Themen zwischen den Gremien auf allen Ebenen verbessern.

 

Zunächst ist eine Bestandsaufnahme nötig: Eine Übersicht über die wechselseitige Gremienteilnahme von Mandatsträger*innen und Ehrenamtlichen soll erstellt werden.

 

Vor allem eine gemeinsame Kommunikation von Bundes-, Landes- und Kommunalebene kann die Position der Partei in der Öffentlichkeit sichtbar machen. Dazu muss die Verbindlichkeit von Absprachen verbessert sowie die Aufmerksamkeit für Themen konsequent und Ebenen übergreifend erhöht werden.

 

Leitanträge für Landesparteitage können gemeinsam erarbeitet werden. In den Gremien sollen regelmäßige Berichte abgegeben werden.

 

Das Format eines Jour fix, das im Sommer gemeinsam mit dem Senat, Fraktionsvorstand, GLV stattfindet, sollte auch zwei Mal auch im laufenden Jahr einberufen werden. Optional kann ein Tagesseminar organisiert werden, um eine gemeinsame Strategie zu planen.

 

Angeregt wird ferner, dass sich die Landesgruppe ein bis zwei Mal im Jahr mit den Fraktionsvorsitzenden der BVVen und des Abgeordnetenhauses zu einer Koordinierungsrunde trifft. Auf einem jährlichen Treffen mit der/dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion können grundsätzliche Absprachen getroffen werden.

 

Eine Landesvorstandsklausur mit den BVV-Fraktionsvorsitzenden soll den Tagesordnungspunkt „Zusammenarbeit Bund, Länder, Bezirke“ aufrufen. Wichtig ist, dass auch die SGK ihre Vorschläge darüber einbringt, wie die Vernetzung zwischen Bezirken, Land und Bund vorangetrieben werden kann.

 

Angeregt wird, dass die/der Vorsitzende der AG Fraktionsvorsitzende einmal im Quartal im Landesvorstand Bericht erstattet. Der Austausch von Anträgen zwischen den BVV-Fraktionen soll institutionalisiert werden.

 

Zur Verbesserung der gegenseitigen Information kann auch eine monatliche Übersicht dienen, in der die Aktivitäten den jeweiligen Gliederungen zugeordnet werden und die den Kreisvorständen zur Verfügung gestellt werden sollte.

 

Es wird eine Koordinierungsstelle geschaffen, die ggf. in einem zweiten Schritt zu einer strategischen Planungsstelle ausgebaut wird. Dort sollen Planungsstände von Vorhaben (Gesetze, Anträge etc.) zusammen geführt werden, um eine verbesserte Kooperation zu ermöglichen (Schaltstelle). Außerdem sollten weitere Gremien (z. B. AG Fraktionsvorsitzende) eingebunden werden.

 

Ziel ist es daneben, die Präsenz der Senatsmitglieder, Abgeordneten und Bezirksverordneten in den Wahlkreisen zu erhöhen. Die Mandatsträger*innen in den Bezirken sollten mehr Einladungen erhalten, eine Mandatsträger*innen-Liste mit Angaben über Themengebiete oder Qualifikationen wird erstellt.

 

Zur Verbesserung der gegenseitigen Information regt die Kommission an, die Tagesordnungen und Anträge der BVV-Fraktionen, Fraktion im AH, des Landesvorstandes oder auch der Kreisvorstände gegenseitig zur Verfügung zu stellen.

 

Die Geschäftsführer*innen tauschen sich ggf. durch wöchentliche Telefonkonferenzen untereinander aus.

 

Die Kommission regt die Erstellung eines Online-Pools/Datenbank für Gliederungen an, in dem unter anderem Referent*innen zu einzelnen Themen aufgenommen werden, auf die Parteigremien zurückgreifen können.

 

9. Arbeitsgemeinschaften und Fachausschüsse

 

Arbeitsgemeinschaften repräsentieren die Vielfalt der Mitgliedschaft und bieten gerade neuen Mitgliedern die Möglichkeit, sich inhaltlich einzubringen, Verantwortung zu übernehmen und die Positionen der Partei in den ihnen nahestehenden gesellschaftlichen Gruppen zu vertreten.

 

Die Kommission schlägt vor, alle Mitglieder einmal im Jahr mit der Informationen „Wo-kannst-du-mitmachen“ digital zu den Arbeitsgemeinschaften einzuladen.

 

Die Neumitgliedertreffen werden auch in Absprache mit den Arbeitsgemeinschaften organisiert. Die Arbeitsgemeinschaften erhalten dort die Möglichkeit, die Neumitglieder gezielt über ihre Arbeit zu informieren und auf gemeinsame Interessen und Vorhaben hinzuweisen.

 

Mitglieder sollen grundsätzlich die Möglichkeit haben, wohnortnah Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften zu besuchen. Wo dies nicht möglich ist, wollen künftig bezirksübergreifende Kooperationen gefördert und AG-Strukturen gegründet werden.

 

Die Arbeitsgemeinschaften müssen eigene Neumitglieder-Beauftragte auf Landesebene benennen, auf Kreisebene gilt die Soll-Regelung.

 

Der Vorschlag der Jusos, ein automatisiertes Verfahren für die Mitgliedsbewegung bei „Nur-Jusos“ zu entwickeln, fand eine Mehrheit. (Anträge 17/I/2018 und 18/I/2018)

 

Auf Zustimmung stieß der Vorschlag, alle Fachausschüsse und Arbeitskreise für alle Mitglieder zu öffnen, mehr Transparenz zu schaffen und über die Arbeit regelmäßig zu informieren. (Antrag 19/I/2018)

 

Der Dienstagsbrief soll künftig für Mitglieder mit Beeinträchtigungen umgebaut und in einer barrierearmen Version zur Verfügung gestellt werden. (Antrag 20/I/2018)

 

10. Hauptamtliche

 

Die Forderung, zusätzliches hauptamtliches Personal auf Landes- oder Kreisebene zur Unterstützung der Arbeitsgemeinschaften einzustellen, wurde hingegen mit großer Mehrheit abgelehnt. (Jusos siehe auch Antrag 21/I/2018)

 

Keine Zustimmung fand die Idee, beim Landesverband die Stelle eines/einer Engagementbeauftragten als zentrale Anlaufstelle für Mitglieder zu schaffen.

Um in unseren Parteistrukturen und -prozessen mögliche Engagement-Hemmnisse für eine Vielfalt an Menschen abzubauen, wird das Projekt Interkulturelle Kompetenzen (IKÖ) weitergeführt. (Antrag 22/II/2017).

 

Alle hauptamtlichen Stellen auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene sollen zudem künftig verpflichtend parteiöffentlich ausgeschrieben werden. (Antrag 23/II/2017)

 

11. Digitales

 

(siehe Antrag 15/I/2018 der Jusos)
Mit der Absicht, Partizipationsformen zu erweitern und damit die Vereinbarkeit von ehrenamtlichem Engagement, Familie und Beruf zu erleichtern, müssen traditionelle Mitmach-Formate um Online-Mitmachmöglichkeiten ergänzt werden.

 

Zur Arbeitserleichterung sieht die Kommission die Einführung neuer Projektmanagement- und Kommunikationstools sowie einer parteiinternen Online-Plattform vor.

 

Es soll geprüft werden, wie allen Mitgliedern alle bekannten relevanten Informationen parteiintern zur Verfügung gestellt werden kann.

Ziel ist es, ein zentrales Wissens- und Informationsmanagement für den Landesverband zu haben.

 

Zudem wird der Beschluss des Bundesparteitages 2017, bis zum Frühjahr 2019 eine SPD-App bereitzustellen, unterstützt. Diese muss durch ihr Nutzererlebnis und einen praktischen Mehrwert überzeugen.

 

Als Möglichkeit der digitalen Beteiligung auf Bundesebene wird bis spätestens 2019 eine begrenzte Anzahl von Online-organisierten Themenforen geöffnet werden. Diese Beteiligungsform soll jeweils zeitlich begrenzt und zu aktuellen Themen erfolgen.

Ergänzend sollte der Landesvorstand Themenforen zu Themen eröffnen, die auf Bundesebene nicht existent oder landesspezifisch sind. (Antrag 12/I/2018)

 

Auf Bundesebene soll ein Online-Ideenmanagement als Infoportal eingeführt werden, welches auf Landesebene genutzt werden soll. (Antrag 21/II/2017)

 

Die traditionellen Weiterbildungsmöglichkeiten der Partei sind durch elektronische Fortbildungsmöglichkeiten zu ergänzen.

 

Es wird den Gliederungen technisch ermöglicht, eine digitale Beteiligung an Sitzungen und Veranstaltungen anzubieten. Ob diese tatsächlich angeboten wird, ist den Gliederungen überlassen.

 

Es soll geprüft werden, ob die Online-Begleitung des Landesparteitags ausgeweitet werden kann.

 

Folgende Prüfaufträge wurden verabredet:

  • Geschlossene Video- und Telefonkonferenzen – Angebote durch den Parteivorstand/Landesverband
  • Schaffung von technischen Möglichkeiten und Werbung für deren Nutzung
  • „digitale, orts- und uhrzeitenunabhängige Beteiligungsformen ermöglichen
  • SPDdoc-Online zur Erarbeitung von Papieren, Anträgen etc., aber auch zum Abruf von bereits vorhandenen Papieren (bspw. Protokollen)
  • Abteilungssitzung transparenter und offener gestalten, ggf. unterstützt durch Videokonferenzen oder Telefonkonferenzen
  • Fortbildungsmöglichkeiten auch online schaffen (Webinar)

 

Antrag 02/II/2018 Sicher leben in Berlin – wir wollen Urbane Sicherheit!

6.09.2018

12.04.2018 | Entwurf eines Beschlusstextes für die SPD-Berlin

1. Dynamische Stadtgesellschaft: Wachstum, Vielfalt und soziale Polarisierung

In einer wachsenden, sich zunehmend fragmentierenden und dynamischen Stadtgesellschaft gehört die Gewährleistung der sozialen und persönlichen Sicherheit ihrer Mitglieder zu den wichtigsten politischen Herausforderungen aktueller Stadtpolitik. Die Menschen wollen ihr Leben selbstbestimmt führen. Voraussetzungen sind soziale und persönliche Sicherheiten, die es erlauben längerfristig zu planen, im eigenen Lebensverlauf erstrebenswerte Ziele zu verfolgen und nicht allein aus Zwängen heraus zu handeln. Wir wollen Sicherheit für alle Menschen in ihrer Verschiedenheit und unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Einkommen, Alter, Gesundheit, kulturellem Hintergrund, religiöser oder sexueller Orientierung.

 

Berlin wächst und diese Entwicklung ist verbunden mit einer zunehmenden Diversität und sozial-räumlicher Ungleichheit, welche die Gelegenheiten für Gewalt und Kriminalität in den Sozialräumen beeinflussen. Soziale Ungleichheit bildet sich zunehmend in den Berliner Kiezen ab. Dieser Trend vollzieht sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Polarisierung von Einkommen im Kontext der Deregulierung des Wohnungsmarktes der vergangenen Jahrzehnte. Die Wohnungsknappheit, insbesondere für Menschen mit mittleren und unteren Einkommen, wird durch fortschreitende Gentrifizierung von innerstädtischen Quartieren verstärkt. Wir beobachten eine Konzentration von Haushalten mit niedrigem Einkommen in Stadtquartieren mit sozialen Konflikten und zum Teil mit baulichen Mängeln. Dieser Prozess muss durch Erhalt von gutem und günstigem Wohnraum, Ausbau von Rechten der Mieterinnen und Mieter und durch die Schaffung neuer Wohnungen durch sozialen, städtischen und genossenschaftlichen Wohnungsbau aufgehalten werden.

 

Die sozial-räumliche Polarisierung in der Stadt, insbesondere in Bezug auf Armut und Chancen, steht in einem Zusammenhang mit ungleicher Verteilung von Gewalt und Kriminalität. Sozial benachteiligte Quartiere sind stärker von sozialer Desintegration, sozialen Spannungen und situativen Gelegenheiten für Gewalt und Kriminalität betroffen. Dies bedeutet auch, dass Gewalt und Kriminalität räumlich ungleich in der Stadt verteilt sind (vgl. auch Berliner Monitoring Jugenddelinquenz).

 

Gleichzeitig besteht mit einer steigenden Privatisierung von Sicherheit die Gefahr, dass Zugänge zu Sicherheitsleistungen in der Stadt ebenso ungleich verteilt werden. Deshalb ist eine Unterstützung vor allem in jenen Quartieren notwendig, die mit geringeren Ressourcen ausgestattet und durch soziale Konflikte besonders betroffen sind. Darüber hinaus beeinflussen die zunehmende Bedeutung von Cyber-Gewalt und politisch-religiöser extremistischer Gewalt die Sicherheitslage in der Stadt.

 

Unser Ziel ist ein strategisch koordiniertes Handeln, das sowohl auf Opferschutz und Prävention, als auch auf die Reduktion tatbegünstigender Faktoren abzielt. Dies wird durch aktive Gestaltung von Wachstum und Vielfalt der Stadt und Aufhebung von sozialer Polarisierung ermöglicht.

 

2. Urbane Sicherheit verbindet soziale und persönliche Sicherheit

Urbane Sicherheitspolitik verbindet Strategien für soziale und persönliche Sicherheit, denn alle zusammen sind die Voraussetzungen für die Steigerung der Lebensqualität einer Gesellschaft. Soziale Sicherheit bedeutet die Absicherung von Lebensrisiken und den Ausgleich sozialer Ungleichheiten. Auf städtischer Ebene wird dies insbesondere durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik, soziale Steuerung des Wohnungsmarktes, ein starkes öffentliches Bildungswesen, Zugang zu Daseinsversorgung, verlässlicher Infrastruktur, Gesundheit, Kultur etc. umgesetzt.

 

Persönliche Sicherheit stellt die Abwesenheit von hauptsächlich durch Gewalt und Kriminalität bedingten Verlust von Besitz, körperlichen Schäden, Stress und Angstzuständen in den Mittelpunkt stadtpolitischen Handels. Zentral sind hier Maßnahmen der Prävention, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung.

 

Die Bürgerinnen und Bürger erwarten verlässliche staatliche Institutionen, die – hier besonders die Polizei – ihren Aufgaben nachkommen und so für persönliche Sicherheit sorgen: Sicht- und Ansprechbarkeit und sowie Fairness im Auftreten sind wichtige Bestandteile, die das hohe Vertrauen der Bevölkerung in die Berliner Polizei weiter ausbauen werden.

 

Unsere Politik der Urbanen Sicherheit will ein gesellschaftliches Klima schaffen, das die Verantwortung aller für den sozialen Frieden bewusst macht und fördert sowie an den Wurzeln von Kriminalität und Gewalt ansetzt. Dies bedeutet für uns Integrierte Sicherheitspolitik.

 

Akteure der Inneren Sicherheit müssen sich der sozialpolitischen Bezüge ihrer Politik bewusst sein: Im Gegensatz zu konservativen und populistischen Positionen wollen wir nicht Arme verdrängen, sondern Armut und soziale Polarisierung bekämpfen, werden wir nicht Geflüchtete diskriminieren, sondern die Integrationspolitik vorantreiben und wir werden nicht Jugendliche kriminalisieren, sondern durch aktive Bildungs-, Jugend- und Arbeitsmarktpolitik ihre Teilhabe sichern.

 

Wir wollen soziale Polarisierung aufheben und Vielfalt gestalten. Unsere Idee ist, bei der Betrachtung von Gewalt und Kriminalität in der Stadt, bei der Bekämpfung dieser Phänomene und der Prävention soziale und persönliche Sicherheit in integrierte Strategien zusammenzuführen.

 

In einer dynamischen Stadtgesellschaft ist die Stärkung der Urbanen Sicherheit ein ständiger Prozess, der durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Sicherheitsbedarfen geprägt ist, für die wiederum Kompromisse gefunden werden müssen. Diese Herausforderung braucht ressortübergreifende Zusammenarbeit im Senat und in den Bezirken ebenso, wie den Austausch mit sozialen Akteuren und den Bürgerinnen und Bürgen in ihren Quartieren. Um diese Arbeit zu gewährleisten, haben wir in Berlin eine Landeskommission Berlin gegen Gewalt eingerichtet und wollen in allen Bezirken Arbeitsgremien der Prävention von Gewalt und Kriminalität etablieren.

 

3. Gute Arbeit, sichere Beschäftigung und solidarisches Grundeinkommen

Eine Grundbedingung sozialer Sicherheit ist es, gute Arbeit und sichere Beschäftigung für alle Berlinerinnen und Berliner zu erreichen. Die Digitalisierung der Arbeit wird dabei die zentrale Herausforderung städtischer Arbeitsmarktpolitik sein. Den Chancen von hochwertigen Tätigkeiten, Kreativität und Souveränität bei Arbeitszeit und Arbeitsort stehen Gefahren von Arbeitsplatzverlusten und Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen gegenüber. Soziale Sicherheit muss durch Regelungen in Form von Mindesthonoraren für Solo-Selbständige (z.B. in der Dienstleistungs-, Kultur- und Kreativwirtschaft) und arbeits- und sozialrechtlichen Mindestschutz bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen gewährleistet werden.

 

Unfreiwillige Teilzeit und befristete Arbeitsverträge schaffen das Gefühl von Unsicherheit und wirken sich negativ auf Lebensplanungen aus. Der öffentliche Dienst geht hier voran: Berlin schafft alle sachgrundlosen Befristungen in der Verwaltung, an den Hochschulen sowie bei den Landesunternehmen einschließlich ihrer Beteiligungen ab. Wir setzen konsequent den Mindestlohn durch – v. a. bei den öffentlichen Vergaben.

 

Mit unserer Initiative für ein solidarisches Grundeinkommen wollen wir für Menschen, die schon länger arbeitslos sind oder deren bisherige Arbeitsplätze durch die Umgestaltung der Arbeitswelt zukünftig verloren gehen, Möglichkeiten für eine befriedigende und existenzsichernde Erwerbsarbeit schaffen. In Kombination mit einer Bürgerversicherung entwickeln wir so eine breite Absicherung gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Altersarmut.

 

Das solidarische Grundeinkommen soll eine grundlegende Alternative zu den bisherigen Instrumenten des Sozialsystems ALG II sein, das noch zu oft Langzeitarbeitslosigkeit nur verwaltet und zu prekären Beschaffungsverhältnissen wie Leiharbeit, Zeitverträge und schlecht oder gar nicht bezahlte Praktika führen kann. In Berlin sind aktuell 46.000 Personen als langzeitarbeitslos registriert. Diesen Menschen eine Perspektive anzubieten, ist unser Ziel. Auch die sich durch Digitalisierung und Globalisierung verändernde Arbeitswelt braucht eine Antwort auf die Frage, wie wir Menschen zukünftig beschäftigen. Arbeit ist Teilhabe an der Gesellschaft, nicht nur Existenzsicherung.

 

Mit Hilfe des solidarischen Grundeinkommens schaffen wir soziale Sicherheit für Arbeitslosengeld-II-Bezieherinnen und Bezieher durch fair bezahlte Arbeit für zusätzliche Tätigkeiten in stadtgesellschaftlich relevanten Feldern. Gute Arbeit, insbesondere in Form von Existenzsicherung und sozialer Anerkennung, wird mit der Organisation gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten verbunden. So können bestimmte notwendige Dienstleistungen vor allem auch für diejenigen erbracht werden, die sie benötigen, aber bisher nicht bezahlen konnten.

 

Ziel sind sozialversicherungspflichtige, unbefristete, tarifvertraglich abgesicherte und freiwillig abgeschlossene Arbeitsverhältnisse, welche mindestens in Höhe des Mindestlohns bezahlt werden. Die Stellen werden durch kommunale oder landeseigene Unternehmen bzw. durch freie Träger im Auftrag des Landes angeboten.

 

Wir wollen mit dem solidarischen Grundeinkommen soziale Sicherheit erreichen, kommunale Arbeitsangebote und Arbeitssuchende zusammenbringen und Übergänge in den Arbeitsmarkt verbessern.

 

4. Urbane Polizei- und Sicherheitsarbeit

Die Polizei kann Sicherheit im Inneren nur in einer gemeinsam getragenen Verantwortung mit Politik, Gesellschaft und Bürgerinnen und Bürgern erfolgreich gestalten. Sicherheit entsteht auch durch soziales Vertrauen und gemeinsamen Austausch.

 

Wir werden die Alltagssicherheit in Berlin durch eine starke Berliner Polizei und bezirkliche Ordnungsämter weiter verbessern. Die Bedingungen für eine leistungsfähige, motivierte und gut ausgerüstete Polizei wurden geschaffen. Die Einstellungszahlen im Vollzugsdienst der Polizei und Feuerwehr haben wir deutlich erhöht; aktuell werden 800 zusätzliche Stellen für Polizistinnen und Polizisten geschaffen. Wir bringen die technische Infrastruktur und die persönliche Ausrüstung bei der Polizei auf den neuesten Stand und sorgen für eine gute Ausbildung sowie stetige Weiterqualifizierung des Personals. Wir haben diesbezüglich in der aktuellen Legislaturperiode bereits zahlreiche Maßnahmen für ein sicheres Berlin auf den Weg gebracht.

 

Die Bemühungen um eine eigene Ausbildung der Außendienstkräfte der Ordnungsämter werden wir wieder aufnehmen und die Dienstzeiten an die Realitäten der Großstadt anpassen. Der Außendienst der Ordnungsämter darf nicht nur im Ausnahmefall, sondern muss auch im Regelfall in den Nachtstunden tätig sein.

 

Die Polizei ist ein wichtiger Akteur in unserer Präventionsstrategie. Mit den Präventionsbeauftragten der Polizeiabschnitte, die Arbeitsgebiete interkulturelle Aufgaben (AGIA) der Direktionen und mit der Zentralstelle beim Landeskriminalamt leistet die Polizei wichtige Beiträge zur Prävention durch ihre Arbeit für Schulen, Flüchtlingsunterkünfte, Moscheevereine und andere zivilgesellschaftliche Akteure. Dabei hat die Zentralstelle des Landeskriminalamtes (LKA) die Koordinierungs- und Steuerungsfunktionen. Die Tätigkeit der Polizei in diesem Feld ist vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen und wechselnden Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger stetig anzupassen.

 

Wir werden zwei strategische Elemente der Hauptstadtpolizei verstärken:

  • Wir wollen eine Polizei, die noch stärker die Vielfalt der Menschen in der Stadt abbildet. Eine heterogene Stadtbevölkerung braucht gegenseitige und wechselseitige Akzeptanz, auf deren Grundlage die gemeinsamen Normen umgesetzt werden. Eine moderne Polizei besteht deshalb aus Kolleginnen und Kollegen unterschiedlichen Alters, Geschlecht, Herkunft, religiöser und sexueller Orientierung.
  • Wir wollen, dass die Polizeiarbeit die Verfolgung von Straftaten und Gefahrenabwehr mit einer auf „Bündnisarbeit“ ausgerichteten Prävention verbindet. Perspektivisch wird mit der Förderung von räumlichen Präventionskonzepten – Gemeinwesen orientierte Polizeiarbeit – eine wichtige Säule einer Gesamtkonzeption zur Gewaltprävention weiterentwickelt. Dabei entstehen belastbare Arbeitsbeziehungen zwischen Polizei und anderen Akteuren im Quartier (Schulen, Soziale Arbeit etc.), die beispielsweise gewaltfreie Konfliktbearbeitung zwischen unterschiedlichen Szenen und Milieus ermöglichen.

 

5. Prävention im Quartier stärken – Sozialraumzentriertes Handeln

Wir wissen, dass sich die sozialräumlichen Megatrends Diversität und soziale Polarisierung in den Quartieren je nach räumlicher, sozialer und baulicher Lage durch unterschiedliche und spezifische Gewalt- und Kriminalitätsformen abbilden. So haben die Quartiere in den randstädtischen Großsiedlungen andere Herausforderungen als die innerstädtischen Ausgehviertel oder Quartiere, in denen eine zunehmende Gentrifizierung zu beobachten ist. Diese wiederum unterscheiden sich in der Sozial- und Sicherheitslage von Quartieren mit hoher Zuwanderung von jenen mit beispielsweise Einfamilienhaussiedlungen.

 

Die zunehmende Privatisierung von Sicherheit erhöht die Gefahr, dass Zugänge zu Sicherheitsleistungen in der Stadt ungleich verteilt werden. Deshalb ist eine Unterstützung vor allem in jenen Quartieren notwendig, die mit geringeren Ressourcen ausgestattet und durch soziale Konflikte besonders betroffen sind. Quartiere mit einer hohen Vernetzung von zivilgesellschaftlichen Strukturen, Vereinen, Initiativen etc. entwickeln stärkere Ressourcen um produktiv mit Konflikten und neuen Herausforderungen umzugehen – beispielsweise dem Zuzug von Geflüchteten. Deshalb ist die Entwicklung lebenswerter Nachbarschaften und Quartiere ein zentraler Bestandteil der Prävention von Gewalt und Kriminalität.

 

Quartierbezogene Maßnahmen haben die Nachbarschaft und den Stadtteil zum Ausgangspunkt, um lokale Kräfte zu mobilisieren und sie in die Problembearbeitung durch eine Vielzahl unterschiedlicher Handlungsformen einzubinden: Bündelung vorhandener Ressourcen, Kontakte in bestimmte Milieus, Projektarbeit, Bildungsveranstaltungen und konkrete Fallarbeit.

 

Die Zusammenarbeit von Akteuren des Sozialraums wie Polizei, Jugendhilfe, Zivilgesellschaft und Quartiersmanagement kann integrative Konzepte der Gewaltprävention wesentlich befördern.

 

Drei Maßnahmen werden wir hierfür umsetzen:

  • Das „Berliner Monitoring Jugendgewaltdelinquenz“ wird zu einem allgemeinen Monitoring von Gewalt in den Berliner Quartieren weiterentwickelt, um eine quartiersspezifische Erfassung, Beschreibung und Analyse von Gewalt- und Kriminalitätsproblemen und ihrer Prävention zu gewährleisten.
  • Wir machen eine Vielzahl von Präventionskonzepten und das Erfahrungswissen allgemein zugänglich. Dazu wird auch eine Bestandsaufnahme gehören, die insbesondere die sozial-räumlichen gewaltpräventiven Strategien, Projekten, Maßnahmen der verschiedenen Senatsverwaltungen (z.B. Quartiersmanagement/Soziale Stadt) aufzeigt, um Synergien von sozial-räumlichen Konzepten der Gewalt- und Kriminalitätsprävention zu ermöglichen.
  • Präventionsräte oder vergleichbare Arbeitsgremien werden in allen Berliner Bezirken eingerichtet um Konzepte zur Umsetzung sozialräumlicher Gewalt- und Kriminalitätsprävention zu entwickeln und umzusetzen. Unterstützt werden sie durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt.

 

6. Demokratische Kultur schafft Sicherheit

„Mehr Demokratie wagen“ und „Demokratie leben“ bleiben bei aller Gefährdung durch politischen und religiösen Radikalismus und Rechtspopulismus unsere Leitlinien. Unsere zahlreichen Ansätze und Maßnahmen zur politischen Teilhabe von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bei Stadtentwicklungsprojekten durch Quartiers- und Mieterräte sind Teil einer lebendigen demokratischen Kultur. Wir brauchen diese Formen der Beteiligung; genauso wie die zivilgesellschaftlichen Initiativen für die Weiterentwicklung des städtischen Gemeinwesens, die Lösung der aktuellen Herausforderungen der Stadt und den Ausgleich der unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Lebensstilgruppen der Stadt.

 

Zentral für eine demokratische Kultur ist der Abbau von Diskriminierung: Zur Stärke des Rechts gehören Schutz und Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit. Absolute Sicherheit gibt es nicht um den Preis der Freiheit. Daher werden wir bei allen geeigneten präventiven und repressiven Maßnahmen abwägen, ob sie im Einzelfall erforderlich und in Bezug auf den angestrebten Zweck angemessen sind. Das gilt besonders für das Persönlichkeitsrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie für das Recht auf Privatheit. Wir wenden uns gegen jeden gruppenbezogenen Generalverdacht. Racial Profiling lehnen wir ab.

 

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Angriffe von Extremistinnen und Extremisten auf unsere Demokratie bekämpfen wir konsequent mit allen gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln und mit Prävention. Unsere Demokratie braucht eine Kultur gleichen Respekts für alle Menschen! Deshalb verbessern wir den Schutz vor Diskriminierung durch ein eigenes Landesantidiskriminierungsgesetz und die Konkretisierung des Partizipations- und Integrationsgesetzes. Wir stärken die Zivilgesellschaft, in dem wir das Landesprogramm „Demokratie. Vielfalt. Respekt – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ deutlich ausbauen.

 

Mit dem Berliner Landesprogramms Radikalisierungsprävention reagieren wir auf die spezifischen Gefahren islamistischer bzw. salafistischer Radikalisierung junger Menschen. Wichtige Ziele sind neben der Aufklärung über propagandistische Vorgehensweisen und Rekrutierungsmethoden radikaler Gruppierungen, die geschlechterspezifische Aufklärung über die Folgen von Radikalisierung und der Ausreise in Krisengebiete und Umkehr von Radikalisierungsprozessen und Deradikalisierung in sicherheitsrelevanter Einzelfällen. Erfolgreiche Ansätze und Projekte wollen wir verstetigen. Auch in diesem Feld spielt die soziale und persönliche Sicherheit der von Radikalisierung betroffenen meist jungen Menschen eine gewichtige Rolle. Denn wir wissen, dass orientierungslose und abgehängte junge Menschen besonders zugänglich für radikale Einstellungen sind. Unser Ziel ist es, die Grundlagen für die Rekrutierung und Radikalisierung abzubauen.

 

7. Kinder, Jugendliche und ihre Familien – Sicher in die Zukunft

Kinder, Jugendliche und ihre Familien brauchen sichere Lebensbedingungen, die selbstbestimmte Lebensentscheidungen und gelingende Alltagsbewältigung ermöglichen. Kinder und Jugendliche sind auch Opfer von Jugendgewalt und von gewaltausübenden Eltern. Sie haben einen Anspruch auf Schutz und Hilfe. Eigene Gewalterfahrungen und Armut sind Risikofaktoren für späteres Gewaltverhalten.

 

Bildung bleibt weiterhin, und ganz besonders in einer zunehmend digitalisierten Welt, der Schlüssel zur sozialen Sicherheit. Die Abhängigkeit des Bildungserfolg und von der sozialen Herkunft muss durchbrochen werden. Eine Voraussetzung ist geschaffen: die Gebührenfreiheit unserer Bildungseinrichtungen von Kita bis zur Hochschule. Wir investieren bereits jetzt in Schulsanierungen, Ganztag, Inklusion und Digitalisierung der öffentlichen Schulen. Unsere Schulbauoffensive mit einer überdurchschnittlichen Inklusions- und Ganztagsquote ist bundesweit einzigartig. Digitalisierung, interkulturelle Öffnung, Inklusion und eine gute, praxisorientierte Berufs- und Studienorientierung sind fester Bestandteil der Schulkonzepte. Schulen mit besonderen Herausforderungen erhalten mehr Mittel.

 

In Berlin besteht ein messbarer Zusammenhang zwischen der sozialen Lage in den Kiezen und ihrer Belastung mit Jugendgewalt. Zusätzlich zu sozialen Benachteiligungen unterliegen armutsbetroffene Kinder und Jugendliche damit auch einem erhöhten Risiko, Gewalt und Kriminalität ausgesetzt zu sein. Die Vermeidung von Armut muss bei den Kindern beginnen. Deshalb bringt der Senat ein Programm zur Reduzierung der Kinderarmut auf den Weg, das gezielte Maßnahmen in allen Politikbereichen umfassen. Von der „Frühen Hilfe“ rund um die Geburt, den Stadtteilmüttern, einem flächendeckendem Kita-Angebot, verlässlichen Ganztagsschulen, Schulsozialarbeit, freier Jugendarbeit bis zu Jugendberufsagenturen und Familienbildung. Wir unterstützen dabei insbesondere Alleinerziehende und auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Eltern mit leistungsfähigen Anlaufstellen. Auf der Bundesebene setzen wir uns für eine allgemeine Kindergrundsicherung ein. Das Kindergeld darf nicht mehr auf Sozialleistungen angerechnet werden.

 

Besonders bewährt hat sich die interdisziplinäre Abstimmung der Arbeit am Thema Kinder- und Jugenddelinquenz in Berlin durch die Landeskommission Berlin gegen Gewalt, die ressortübergreifende Arbeitsgruppe Kinder- und Jugenddelinquenz (RüAG) und die Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention. Eine Herausforderung bleiben Mehrfach- und Intensivtätern und -täterinnen. Wir wollen hier den Ansatz der täterorientierten Ermittlungsarbeit (TOE) und „Staatsanwaltschaft für den Ort“ stärken. Ziel ist es, möglichst frühzeitig im Lebenslauf der mehrfach aufgefallenen jungen Tatverdächtigen eine konsequente und verdichtete polizeiliche und im weiteren Verlauf ggf. staatsanwaltschaftliche Reaktion zu ermöglichen.

 

Wir wollen das neue Berliner Programm gegen Gewalt an Schulen durch finanzielle Unterlegung stärken, um Gewaltprävention, Demokratiepädagogik und Beteiligung von Schülerinnen und Schülern und Eltern als integrale Bestandteile der Schulentwicklung zu stärken und die Implementierung entsprechender Vorgaben des Rahmenlehrplans gezielt zu unterstützen.

 

8. Landesweite Strategie gegen Kriminalität und Gewalt

Organisierte Kriminalität, terroristische Bedrohung und Intensivtäterinnen und -tätern sind die Herausforderungen, die eine schnelle und effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in der Stadt erfordern. Wir werden eine landesweit abgestimmte Strategie gegen Kriminalität, Bedrohung durch Gewalt und durch negative Entwicklungen in bestimmten Brennpunktgebieten der Stadt entwickeln. Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Straßenverkehr und in öffentlichen Grünanlagen hat für uns eine hohe Priorität. Eine stärkere ressortübergreifende Zusammenarbeit der Ordnungsbehörden werden wir unter der Berücksichtigung von Datenschutzstandards sowie persönliche Freiheitsrechten ermöglichen.

 

Um der organisierten Kriminalität konsequent die Stirn zu bieten müssen Standards und bessere Möglichkeiten des Austausches von Wissen und Daten entwickelt werden. Dies betrifft insbesondere die Nachverfolgung und Austrocknung von Geld- und Finanzströmen in den Geschäftsfeldern der organisierten Kriminalität. Wir fordern ein zentrales deutschlandweites Immobilienregister, um Geldwäsche bekämpfen zu können.

 

Wir unterstützen ein schnelleres und konsequenteres Ahnden von Straftaten. Wir stärken die Berliner Justiz und den Justizvollzug, indem wir sie besser mit Personal ausstatten und eine schnellere Bearbeitung von Strafverfahren ermöglichen. Die Möglichkeiten der besseren Beweissicherung werden wir ausschöpfen. Dazu gehört auch die Einführung der Videoüberwachung an ausgewählten kriminalitätsbelasteten Orten. Diese kann bei der Ermittlung von Täterinnen und Tätern hilfreich sein, jedoch darf sie nur anlassbezogen und temporär (mobile Videotechnik) eingesetzt werden. Eine flächendeckende und anlasslose Videoüberwachung ist nicht zielführend und steht nicht mit einer grundrechtsfreundlichen Sicherheitspolitik im Einklang. Die Wirkung von Videoüberwachung an den ausgewählten Orten wird evaluiert und daraus entsprechende Schlussfolgerungen gezogen.

 

Terrorismus und Katastrophen vorzubeugen sind vordringliche Aufgaben der Sicherheitspolitik. Wir verstärken die Vorsorge durch bessere Infrastruktur, schnelleren Datenaustausch und gezieltes Einsatztraining der Sicherheitskräfte. Wir sorgen für optimale Vernetzung und Handlungsfähigkeit aller Sicherheitsbehörden im Katastrophenfall. Dazu gehören für uns auch ein umfassender Opferschutz sowie die Wahrung von Persönlichkeitsrechten von Unbeteiligten. Wir werden nicht zulassen, dass die Gefahr durch Terrorismus die Freiheitsrechte kollektiv beschneidet.

 

Gemeinsam mit dem Bund und anderen Ländern schaffen wir die Voraussetzungen für konsequentes und gezieltes Vorgehen gegen Terrorismus, ohne ganze Personengruppen unter Generalverdacht zu stellen. Als Konsequenz aus den Erfahrungen der letzten Jahre werden wir in Berlin die verschiedenen operativen Einsatzkräfte und das für islamistischen Terrorismus zuständige Staatschutzdezernat gemeinsam an einem Standort unterbringen, um die Kommunikation und Abstimmung zwischen den einzelnen Akteuren in der Terrorismus-Abwehr zu verbessern.

 

9. „Urbane Sicherheit“ – Weil Sicherheit mehr ist als Abwesenheit von Gewalt!

Das Verständnis von Sicherheit muss um den Faktor sozialer Bedingungen erweitert werden. Die Schnittmenge der Handlungsfelder der Sozial-, Jugend-, Arbeitsmarkt-, Wohnungs-, Gesundheits-, Infrastruktur- und Bildungspolitik ergibt einen ganzheitlichen Ansatz stadtgesellschaftlicher Sicherheitskonzeption, die wir als Urbane Sicherheit bezeichnen und der wir uns verpflichten werden.

 

Die Berliner SPD steht für die Urbane Sicherheit, die persönliche Sicherheit vor Gewalt und Kriminalität und Soziale Sicherheit verbindet. Wir wollen Urbane Sicherheit für aller Berlinerinnen und Berliner in ihrer Verschiedenheit und unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Einkommen, Alter, Gesundheit, kulturellem Hintergrund, religiöser oder sexueller Orientierung gewährleisten, um allen ein selbstbestimmte leben zu ermöglichen. In einer dynamischen Stadtgesellschaft mit Wachstum, Vielfalt und sozialer Polarisierung ist Urbane Sicherheit eine unserer zentralen Herausforderungen, der wir uns stellen werden. Nur eine Stadt, die soziale und persönliche Sicherheit miteinander in Einklang bringt, die die dazu notwendigen öffentlichen Güter allen Bürgerinnen und Bürgern verlässlich zur Verfügung stellt und damit verstärkenden Spaltungs- und Verunsicherungstendenzen entgegenwirkt, ist eine solidarische Stadtgesellschaft.

Antrag WV3.2/I/2018 Trennung von Amt/Mandat und Parteifunktionen auf Bundesparteitagen der SPD – Statutenänderung

2.05.2018

Der Parteivorstand wird aufgefordert, dem nächsten Parteitag einen statutenändernden Antrag vorzulegen, der eine Trennung von Amt/Mandat und Parteifunktionen auf Bundesparteitagen vorsieht. Der Antrag soll regeln, dass Mitglieder der Landesparlamente, des Bundestages, des Europaparlaments, hohe kommunale Wahlbeamte sowie Mitglieder der Landesregierungen, der Bundesregierung und Staatssekretäre auf Bundes- und Landesebene nicht mehr Delegierte mit Stimmrecht für den Bundesparteitag sein können. Im Gegenzug ist § 15 Abs. 2 des Organisationsstatuts so zu ändern, dass Personen aus allen hier benannten Gruppen in angemessener Weise mit beratender Stimme am Willensbildungsprozess auf dem Parteitag beteiligt werden. Für den Parteikonvent soll analog ein Antrag mit gleicher Zielstellung vorgelegt werden.

Antrag WV132/I/2018 Besondere Berücksichtigung der unter 25 Jährigen im Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) des Landes Berlins

30.04.2018

Jugendliche und junge Erwachsene (bis 25 Jahre) werden im PsychKG nicht explizit geschützt. Dabei ist diese Gruppe besonders schutzbedürftig, da sich ihr Krankheitsverlauf anders verhält als bei Erwachsenen. Auch liegen verschiedene Abhängigkeiten, insbesondere zur Familie vor.

 

Dies äußert sich zum Beispiel in ihrer Wohnsituation, da diese Menschen häufig noch zuhause wohnen oder in einer Wohngemeinschaft, also in einem Abhängigkeitsverhältnis. Bei Streit mit und Überforderung der Eltern oder Sozialarbeiter*innen kommt es schnell zum Rauswurf oder zur Flucht. Leben sie auf der Straße oder in einer nicht entsprechend ausgestatteten Unterkunft führt dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer gravierenden Verschlechterung und im schlimmsten Fall einer Zwangseinweisung. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen geraten in eine Spirale. Hier gilt es anzusetzen.

 

Wir fordern folgende Maßnahmen:

  • Anpassung der gesetzlichen Regelungen, um die Schutzbedürftigkeit von bis zu 25 Jahre alten Personen explizit festzuhalten
  • Einrichtungen ausbauen, deren Personal für die speziellen Bedürfnisse und Besonderheiten explizit geschult ist (Notunterkünfte und dauerhafte Wohngemeinschaften)
  • Präventionsmaßnahmen verstärken, wie Anlaufstellen und Hilfsangebote für die Jugendlichen aber auch die Eltern, die sowohl begleitend als auch in akuten Krisensituationen unterstützen

 

Antrag WV21/I/2018 Jugendseketär*in an die Basis

30.04.2018

Die SPD will jünger werden und sich erneuern. Dafür braucht es eine starke Parteijugend, die politisch arbeiten und damit die Grundsteine für die Zukunft der Partei legen kann.

 

Gerade Jugendorganisationen haben die besondere Herausforderung, dass sich im Leben ihrer Mitglieder und Aktiven immer wieder viel ändert und entsprechend die Arbeit, die von der*dem Einzelnen geleistet werden kann, stark schwankt. Das macht es schwer, kontinuierlich intensive politische Arbeit zu leisten, die Jugend in- und außerhalb der Partei zu vertreten und interessierten Jugendlichen eine Anlaufstelle zu bieten und ihnen einen guten Zugang zur SPD zu garantieren. Entweder schwankt der Umfang der Aktivität, sobald ein aktives Mitglied sich zurückzieht oder die übrigen Aktiven müssen teilweise sehr plötzlich deutlich mehr Arbeitsaufwand schultern.

 

Hier kann Hauptamtlichkeit in ganz geringem Umfang schon viel helfen. Ein paar wenige Stunden pro Woche können sicherstellen, dass Räume gebucht, Termine eingetragen und neue Mitglieder auf die Verteiler gesetzt werden. Das setzt viele Ressourcen und Arbeitskraft bei den Ehrenamtlichen frei, die jetzt in die politische Arbeit fließen können. So erhöht die Partei ihre Sichtbarkeit ganz konkret bei Jugendlichen und bindet neue, junge Mitglieder stärker und besser ein.

 

Wir fordern daher ein eigenes hauptamtliches Stundenkontingent für die Jusos auf Kreisebene. Dies kann sowohl durch die Aufstockung von Stunden bei den bestehenden Verträgen passieren, als auch durch Neueinstellungen für die Betreuung der Jusos. Davon unangetastet bleibt das Stundenkontingent der Juso-Landes- und Bundesbüros. Die Jusos aus den Kreisverbänden sollen dabei – ggf. unter Unterstützung der Landesebene oder der SPD-Kreisbüros – eigenständig über die Personalbesetzung entscheiden. Dieses Kontingent kann von den Jusos bei Bedarf beantragt werden und stellt keine Verpflichtung dar.