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Antrag 225/I/2020 Europapolitik vorantreiben!

30.09.2020

Die Rückkehr zu einem Europa der Nationalstaaten ist für uns keine Option. Daher fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion auf, sich für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten europapolitischen Ziele mit Vehemenz in der zweiten Hälfte der Wahlperiode einzusetzen. Insbesondere gehören dazu im Sinne einer Fortentwicklung der europäischen Integration:

 

  • eine verstärkte Demokratisierung der europäischen Entscheidungsprozesse mit einem gestärkten Europäischen Parlament,
  • der Ausbau der europäischen Investitionsprogramme – auch zur Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung in den verschiedenen Regionen Europas,
  • eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Europa durch die Revision der Entsenderichtlinie und einen europäischen Rahmen für Mindestlohnregelungen,
  • ein Investitionshaushalt für die Eurozone,
  • eine überzeugte proeuropäische Antwort der Bundesregierung auf die Initiativen für Europa des französischen Staatspräsidenten,
  • die Bekämpfung der populistischen Strömungen, die eine Renationalisierung der EU anstreben und gegen Grundwerte der EU von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verstoßen und
  • eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz international einzunehmen und für eine ambitionierte Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens einzutreten.

 

Antrag 65/I/2020 Lehrkräftemangel? – Mehr Kreativität wagen

30.09.2020

Zur Zeit fehlen über 1.000 Lehrkräfte in Berlin, bis 2026 werden es 10.000 Lehrkräfte sein. Die nüchterne Betrachtung dieser Zahlen ist so alarmierend wie erschreckend. Sie sind das Resultat einer Lehrkräfteausbildung, die nicht über dem Bedarf, sondern unter dem Bedarf ausbildet.

Aufgrund dieser Situation bedarf es einer kritischen Analyse der Ursachen, die zu dieser Situation geführt haben. Dennoch müssen wir gleichzeitig Wir müssen kreative, gute und schnelle Wege finden, um den Lehrkräftemangel entgegenzuwirken.

 

Who is Who und What is What?

In der Debatte zum Lehrer*innenmangel ist es wichtig, zwischen verschiedenen Arten des Berufseinstiegs als Lehrkraft zu unterscheiden. Neben der klassischen Lehrer*innenausbildung mit Studium und Referendariat wird zwischen dem Quer-, Seiten- und Direkteinstieg unterschieden.

Quereinsteiger*innen haben ein Studium absolviert, welches äquivalent zu einem „Lehramtsstudium“ verläuft, jedoch ohne Lehramtsoption und den damit verbundenen didaktischen und pädagogischen Inhalten. Das heißt fachlich sind Quereinsteiger*innen genauso qualifiziert wie Absolvent*innen eines Studiums mit Lehramtsoption. Die didaktischen und pädagogischen Inhalte und Fähigkeiten sollen dann im Referendariat erworben werden. Nach einem erfolgreichen 2. Staatsexamen sind sie dann den Kolleg*innen gleichgestellt.

Seiteneinsteiger*innen hingegen arbeiten als Lehrkraft ohne Referendariat, bilden sich aber berufsbegleitend weiter. Sie durchlaufen weder das übliche Studium noch das Referendariat, d.h. sie werden ohne Vorbereitungsdienst eingestellt. Sie haben aber in der Regel ein Studium abgeschlossen, welches allerdings nicht als äquivalent zu einem „Lehramtsstudium“ angesehen wird.

Direkteinsteiger*innen arbeiten ohne zweites Staatsexamen, ohne formale Qualifikation und z.T. ohne abgeschlossenem Studium. Sie durchlaufen also kein Referendariat und keine Weiterbildung und steigen direkt ein. Typische Tätigkeiten sind: Vertretung einzelner Stunden, Betreuung von Hausaufgaben und zeitlich begrenzte Vertretungen von Lehrkräften. Während Seiteneinsteiger*innen und Quereinsteiger*innen meist unbefristet eingestellt werden, werden Direkteinsteiger*innen nur befristet eingestellt.

 

Quereinstieg: Weiter entwickeln, weiterbilden, weitermachen!

Ein Drittel der eingestellten Lehrkräfte im vergangenen Jahr waren Quereinsteiger*innen. Für viele Lehrkräfte vor Ort sind gerade Quereinsteiger*innen eine willkommene Hilfe, da sie die fachliche Qualifikation mit sich bringen. Auch in naher Zukunft werden Quereinsteiger*innen weiterhin eine wichtige und notwendige Stütze darstellen, um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Auffällig ist dabei, dass besonders viele Quereinsteiger*innen in Grundschulen eingesetzt werden. Jedoch sind gerade an Grundschulen die didaktischen, pädagogischen und methodischen Kompetenzen von hoher Bedeutung, die aber normalerweise im Rahmen eines Lehramtsstudiums bzw. dem anschließenden Referendariat vermittelt werden. Deshalb müssen viele Quereinsteiger*innen diese Lücken nebenbei und während des Schulbetriebs füllen. Das sorgt dafür, dass sich manche überfordert und alleine gelassen fühlen. Dies verursacht nicht nur Stress und Frust und kann im Zweifel dazu führen, dass man nicht mit Spaß und aus Überzeugung diesen Beruf ausübt und schneller anfällig für Krankheiten wird. Betroffen sind davon auch und vor allem diejenigen Schüler*innen, die gute Lehrkräfte besonders benötigen. Gerade Kinder mit niedrigem sozioökonomischem Status werden so benachteiligt. Daher ist es erschreckend, dass Quereinsteiger*innen überproportional häufig an Schulen mit einem hohen Anteil an finanziell benachteiligten Kindern arbeiten.

 

Zudem gibt es immer weniger Lehrkräfteausbilder*innen und die Programme sind meist auf Laufbahnlehrkräfte abgestimmt und nicht für die Bedürfnisse von Quereinsteiger*innen.

 

Aus diesen Gründen sind eine Reihe von Maßnahmen nötig, um Quereinsteiger*innen einerseits zu entlasten und den Prozess in den Arbeitseinstieg zu professionalisieren und qualitativ zu verbessern.

 

Deshalb fordern wir die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und somit die Bildungssenatorin auf, zugeschnittene Weiterbildungskurse für Quereinsteiger*innen zu entwickeln. Zudem müssen verpflichtende Fort- und Weiterbildungskurse konstant angeboten werden, um einen qualitativ hochwertigen Unterricht gewährleisten zu können. So sollten wo notwendig pensionierte Lehrer*innen durch bspw. finanzielle Anreize hinzugezogen werden können, um diese anbieten zu können. 

 

Zudem fordern wir die Mitglieder des Abgeordnetenhauses auf, Lehrkräfteausbilder*innen zu stärken und ein Anreizsystem zur Verpflichtung zu entwickeln. Denn es gibt auch einen Ausbilder*innenmangel. Hier soll ein professionsübergreifendes Angebot für Seminarleitungen geprüft werden. 

 

Des Weiteren fordern wir, dass sich die SPD Minister*innen in der KMK (Kultusministerkonferenz) für einheitliche bundesweite Standards einsetzen. Zurzeit variiert die Länge und der Inhalt der Weiterbildungskurse je nach Bundesland, was zur allgemeine Verwirrung beiträgt und zu einer Konkurrenzsituation zwischen den Bundesländern führt. 

 

Seiteneinstieg ist kein „Zweite-Klasse-Einstieg“!

Ein weiteres Drittel setzt sich aus Seiteneinsteiger*innen zusammen. Die Definition des Seiten- und Quereinstiegs variiert dabei nach Bundesland. Es muss sich nämlich um ein äquivalentes Studienfach handeln, um sich als Quereinsteiger*in bewerben zu können. Das heißt, wenn man Geschichte studiert hat, kann man auch Geschichtslehrer*in werden und das Referendariat absolvieren. Hat man jedoch Kunstgeschichte studiert, wird man als Seiteneinsteiger*in eingestuft und die Möglichkeit des Referendariats ergibt sich nicht. Damit werden der potentiellen Lehrkraft jedoch wichtige Möglichkeiten der pädagogischen und didaktischen Weiterentwicklung vorenthalten.

 

Deshalb gilt es auch hier, einheitliche Standards zu schaffen. Seiteneinsteiger*innen müssen gefördert werden und Möglichkeiten der Weiterbildung wahrnehmen können, die gezielt auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind. Der Seiteneinstieg ist in der jetzigen Situation für viele Schulen eine Chance, die entstandenen Personallücken kurzfristig zu schließen. Das geschieht leider sehr oft zulasten der Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung/ Seiteneinsteiger*innen. Wir setzen uns für berufsbegleitende Qualifizierungsangebote ein, die irgendwann zur vollen Anerkennung als Lehrer*in führen.

 

Konkret fordern wir deshalb, dass Seiteneinsteiger*innen unter bestimmten Voraussetzungen eine Zulassung zum Referendariat erteilt werden soll. Dies soll für das gesamte Bundesgebiet gelten.

 

Des Weiteren sollen Seiteneinsteiger*innen nach einer gewissen Anzahl an besuchten Weiterbildungskursen und Dienstjahre der Weg zum Referendariat ermöglicht werden. Wer sich weiterqualifizieren will, schadet damit weder dem Berufsethos noch den Schulen. Es ist vielmehr eine Bereicherung für die Schüler*innen und die Unterrichtsqualität. 

 

Direkteinstieg: Gemeinsam. Partizipieren. Lernen. 

Direkteinsteiger*innen werden meist als Springer*innen, also Vertretungslehrer*innen, eingesetzt. Jedoch übernehmen in Berlin auch immer mehr Direkteinsteiger*innen weitergehende Aufgaben. Dabei bleibt ihnen meist der Weg zu Weiterbildungsprogrammen verwehrt. Die Argumentation: durch die befristeten Arbeitsverträge würden sie sich nur für kurze Zeit an den Schulen aufhalten und müssten deshalb auch nicht weitergebildet werden. Diese Annahme teilen wir nicht. Zum einen sollte qualitativer Unterricht nicht nur für Regelstunden gelten, sondern auch für Vertretungsstunden. Dafür bedarf es Weiterbildungen, um das didaktische Handwerkszeug zu erlernen und weiterzuentwickeln. Zum anderen sollte jede Person das Recht auf Bildung und somit auch Weiterbildung nach deren Niveau und Ansprüchen nicht verwehrt bleiben. Das gilt auch für Lehrende. Die zudem meist länger als ein Schuljahr an den Schulen eingesetzt werden.

 

Des Weiteren sollten Direkteinsteiger*innen verpflichtende Zeit zum Hospitieren erhalten. Denn bei ausgebildeten Lehrkräften den Unterricht zu begleiten kann vielen Direkteinsteiger*innen weiterhelfen um das Gesehene in ihrem Unterricht anzuwenden. Das Unterrichtsmanagement sowie die Unterrichtsqualität kann verbessert bzw. gesteigert werden. Hinzu kommt, dass die Direkteinsteiger*innen dadurch engeren Kontakt mit ihren Kolleg*innen bekommen und somit inklusiv am Schulgeschehen teilhaben und die Gefahr der Ausgrenzung und der Herabwürdigung minimiert werden können.

 

Wir fordern also die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, dass Direkteinsteiger*innen verpflichtende Hospitation erhalten, sowie der Zugang zu Weiterbildungen ermöglicht, erleichtert und gezielt gefördert wird. Dabei sollten die Weiterbildungsprogramme gezielt auf Direkteinsteiger*innen zugeschnitten und zusätzlich durch Crashkurse ergänzt werden. 

 

Referendariat: Geht nicht, gibt’s nicht! 

In Berlin werden pro Jahr ca. 700 Referendar*innen eingestellt. Ihr Gehalt beträgt zur Zeit ca 1.500 € brutto pro Monat. Hierbei darf eine Arbeitszeit von zehn Stunden pro Woche nicht überschritten werden. Es finden zwei Einstellungstermine im Jahr für das Referendariat in Berlin statt.

 

Diese aktuellen Reglungen ermöglichen es Referendarinnen nicht, ihr Referendariat nach ihren individuellen Bedürfnissen auszurichten. Aufgrund der festen Stundenanzahl und der damit verbundenen Gehaltshöchstgrenze arbeiten viele Referendarinnen, insbesondere in Städten wie Berlin, in einem Zweitjob, was zu einer erhöhten Belastung führt. Gleichzeitig wird den Referendarinnen die Möglichkeit verwehrt, weitere Erfahrungen über ihre Pflichtleistung hinaus in Schulen zu sammeln. Ebenso sollen Referendarinnen nicht gezwungen werden können, mehr Stunden als die vorgeschriebenen zu leisten. Das Referendariat ist für die Studierenden möglichst flexibel zu gestalten, sodass sie es nach ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen anpassen können. Die geltenden Restriktionen sind daher abzuschaffen.

 

Zudem wächst die Frustration, trotz eines abgeschlossenen lehramtsbezogenen Masters weniger zu verdienen als ein*e Seiteneinsteiger*in oder Masterstudierende, welche nebenbei an einer Schule unterrichten. Das sorgt schnell für Unverständnis, statt Anreize zu schaffen, mit Lehramtsoption zu studieren und anschließend ins Referendariat zu gehen. Es kann sogar soweit führen, dass das Referendariat hinausgezögert wird um als Masterabsolvent*in in einer vollen Stelle zu arbeiten. Damit wird dann u.a. der Lehrkräfteausbilder*innenmangel weiter vorangetrieben. Denn wo keine ausgebildete Lehrkraft, da auch kein*e potenzielle*r Lehrkräfteausbilder*in.

 

Des Weiteren werden nur zweimal jährlich Referendar*innen eingestellt. Dabei variieren die Einstellungsfristen von Bundesland zu Bundesland sehr stark. So wie in Hessen, welche 12-mal im Jahr Referendar*innen einstellen, muss auch Berlin hier flexibler werden, um auf die Bedürfnisse der Studierenden und Referendar*innen einzugehen und attraktiv als Referendariatsstandort zu werden.

 

Aus den genannten Ausführungen resultieren drei Forderungen an das Abgeordnetenhaus, den Senat und die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie:

 

Erstens setzen wir uns dafür ein, dass die Bezüge im Referendariat zum Leben in Berlin ausreichen und eine Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen. Die Höhe der Bezüge darf dabei nie geringer ausfallen als die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten. Im Gegenteil: wir fordern, dass das Land Berlin mittelfristig die höchsten Bezüge im bundesweiten Vergleich auszahlt.

 

Zweitens sollte die Möglichkeit bestehen, dass Referendarinnen bis zu sechs Stunden mehr arbeiten können, sollte dies von den Referendar*innen gewollt sein. Dabei erkennen wir, dass das Referendariat dafür da ist, um Gelerntes zu reflektieren, Unterrichtsinhalte zu er- und verarbeiten sowie Handlungsstrategien und Arbeitsweisen erarbeiten bzw. weiterzuentwickeln. Es muss festgestellt werden, dass momentan diese Zeit bei vielen in die Ausübung eines Nebenjobs fließt, was sich mehr als kontraproduktiv auswirkt. Es sollte jeder Person frei stehen, wie viel Zeit Sie hierfür in Anspruch nimmt und wie hoch die individuelle Belastungsgrenze ist.

 

Drittens fordern wir, dass die Einstellungsfristen flexibler gestaltet werden und Referendar*innen einmal im Monat angestellt werden können. 

 

Bachelor: Theoretisch denken, mit Praxis handeln!

Wir sprechen uns für mehr Praxisbezug und mehr didaktische Inhalte während des Bachelorstudiums aus. Denn die Studierenden müssen bereits zu Anfang des Studiums erfahren, worauf sie sich einlassen und was das spätere Berufsbild konkret bedeutet. Um so frühzeitig und differenziert entscheiden zu können, ob dieses Berufsbild mit Ihren eigenen Vorstellungen übereinstimmt und ob sie die Lehramtsoption ziehen. Im Master, welcher deutlich praxisorientierter ist, kommt eine solche Entscheidung für viele zu spät. Zurzeit findet gerade einmal ein 90-stündiges Beobachtungspraktikum während des Bachelorstudiengangs statt. Das ist zu wenig. Denn viele Studierende, welche mit einer klaren Vorstellung und Hoffnung in das Studium starten, auf das Lehramt vorbereitet zu werden, sind bis zum Bachelorabschluss frustriert und enttäuscht. Die Sinnhaftigkeit des sehr theoretisch aufgebauten Bachelorstudiengangs erschließt sich hier für viele Studierende nicht.

 

Ein Blick nach Finnland ist dabei sehr hilfreich. Dort finden mit dem Beginn des ersten Semesters verpflichtende Praxisstunden an einer Schule statt. Dort wird Theorie und Praxis zusammengedacht. Dabei profitieren beide Seiten. Die Studierenden, welche ihr theoretisch Erlerntes in der Praxis vertiefen und anwenden können und die Schulen, welche damit nah an den wissenschaftlichen Erkenntnissen sind und neue Impulse durch die Studierenden erhalten. Der Transfer von der Wissenschaft in die Praxis könnte  so besser gelingen. Auch die Universitäten und die Schüler*innen würden von einem engeren Austausch zwischen den Akteur*innen profitieren. Zudem können die Schulen weiter entlastet werden, da die Studierenden auch Unterrichtseinheiten (mit)-übernehmen können.

 

Außerdem muss in den Studienverlaufsplänen eine stärkere Gewichtung zugunsten der Lehramtsbezogenen Berufswissenschaften (LBW) oder auch „Pädagogik, Psychologie, Soziologie und Fachdidaktik“ stattfinden. Der jetzige Anteil ist zu gering, die Einblicke zu oberflächlich. Denn von einem 180 Leistungspunkte Studiengang im Kombi-Bachelor mit Lehramtsoption machen nur 30 Leistungspunkte LBW aus. Das ist erschreckend wenig, und es reicht nicht, um sich eine fundierte Meinung zu bilden, die Lehramtsoption nach dem Bachelor zu ziehen oder nicht.

 

Konkret heißt das, dass wir eine Reform der Studienverlaufspläne und des Lehrkräftebildungsgesetzes (LBiG) fordern, inklusive mehr Gelder für Lehrstuhlstellen und Räumlichkeiten in dem Bereich der Lehramtsbezogenen Berufswissenschaft und Fachdidaktik (LBW). 

 

Zudem fordern wir, dass die Studiengänge mit Lehramtsoption, ähnlich wie in Finnland praktiziert, stärker praxisorientiert strukturiert werden und ein konstanter Anteil an bezahlten Praxisstunden an den Berliner Schulen in den Studienverlaufsplänen integriert wird. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Praxisstunden nicht genutzt werden dürfen, um Lehrer*innen zu ersetzen, insbesondere sollen die Bachelorstudierende keine Berücksichtigung bei der Lehrkräftezumessung finden.  

 

Wir fordern eine Informationskampagne für Bachelorstudierende mit Lehramtsoption. Worin die bestehenden Möglichkeiten, an einer Schule zu arbeiten, beworben werden sollen und eine zentrale Seite mit den Stellenausschreibungen für Bachelor- und Masterstudierende eingerichtet wird. 

 

Master mit Entlastung und Feinschliff zum Erfolg

Das Praxissemester im Masterstudiengang ist gespickt mit zahlreichen Mängeln. Der erste Punkt ist, dass das Praxissemester relativ spät angesetzt ist. Es findet im dritten Semester, also ein Semester vor der planmäßigen Masterarbeit statt. Zu spät rein organisatorisch und viel zu spät als zweite reguläre Praxiserfahrung während der Studierendenlaufbahn.

 

Des Weiteren ist die Verteilung der Studierenden an die jeweiligen Schulen sehr fragwürdig. So müssen viele einen Weg von über einer Stunde Fahrzeit einplanen, um die ihnen zugeteilte Schule zu erreichen. Hinzu kommt, dass die Seminarstunden, welche praxisbegleitend stattfinden, an der jeweiligen Universität stattfinden, was einen enormen Zeitaufwand für jede*n Studierende*n bedeutet.

 

Zudem ist das Praxissemester komplett unentgeltlich, was eine enorme Ungerechtigkeit und finanzielle Problematik bei den Studierenden hervorruft. Da zur Zeit in Berlin ca. 75% der Studierenden neben dem Studium arbeiten müssen, um in dieser Stadt (über-) leben zu können, bedeutet das im Zweifel große Verdienstausfälle während des Semesters. Da dreimal die Woche die Schule besucht wird und Seminarbegleitungen zudem erfolgen, bleibt keine Zeit um einen Nebenjob voll auszufüllen.

 

Wir Jusos begrüßen zudem den Quereinstiegsmaster, welcher an der HU eingeführt wurde. Studierende auch ohne einem Bachelor mit Lehramtsoption die Möglichkeit zu verschaffen den Master of Education zu absolvieren ist angesichts der jetzigen Situation begrüßenswert. Doch begrenzt sich dieser Quereinstiegsmaster zur Zeit nur auf Deutsch, Mathematik und Sachunterricht an einer Grundschule. Hier sollte auch eine Option geschaffen werden, einen Master of Education für den SEK II zu absolvieren.

 

Wir fordern also, dass sich die SPD Mitglieder im Abgeordnetenhaus und in der Senatsverwaltung dafür einsetzen, dass Studierende während des Praxissemesters tariflich bezahlt werden, um so das Praxissemester und die damit verbundenen Erfahrungen zu genießen, anstatt unter finanziellem Druck dieses ausfüllen zu müssen. 

 

Zudem fordern wir, dass das Lehrkräftebildungsgesetz dahingehend abgeändert wird, dass begleitende Praxisstunden an den Schulen in den Studienverlaufsplan integriert wird, damit so, ähnlich wie im Bachelor, Theorie und Praxis Hand in Hand gehen können. 

 

Zum Schluss fordern wir, dass sich die SPD Mitglieder im Abgeordnetenhaus und in der Senatsverwaltung dafür einsetzen, dass ein Quereinstiegsmaster an allen Universitäten in Berlin angeboten werden und zudem auch die Möglichkeit geprüft und Studienverlaufspläne entwickelt werden, dass Studierende einen Quereinstiegsmaster auf SEK II machen können.

 

Antrag 83/I/2020 Demokratiebildung? Jugendbeirat!

30.09.2020

Die Wahlbeteiligung gerade bei Erst- bzw. Jungwähler*innen geht zurück bzw. stagniert. Ein Grund hierfür ist die mangelnde Partizipation von Kindern und Jugendlichen sowie eine mangelhafte Erziehung und Förderung von Jugendvereinen, die das Demokratieverständnis für Kinder und Jugendliche fördern und damit einen Beitrag leisten, die jungen Menschen zu mündigen Demokrat*innen zu erziehen. Damit ein Teil dazu beigetragen wird, diesem Trend entgegengewirkt wird und um Kindern und Jugendlichen die Vertretung ihrer eigenen politischen Interessen zu ermöglichen, fordern wir, dass ein Jugendbeirat auf Bezirks- und Landesebene etabliert wird.

 

Jugendbeirat – aber warum? 

Erst einmal was ist überhaupt ein Jugendbeirat und was sind seine Aufgaben?

 

Ein Jugendbeirat ist ähnlich wie ein Seniorenbeirat ein Beirat, der von Jugendlichen im Alter von 12-18 Jahre gewählt wird und sich aus Jugendlichen in diesem Alter zusammensetzt. Bei der Zusammensetzung muss dabei auf die Quotierung geachtet werden. Wahlberechtigt sind alle Jugendlichen im Bezirk bzw. der Stadt.

 

Die Mitglieder des Beirats erhalten hier die Möglichkeit an den politischen Prozessen aktiv zu partizipieren und ihre Ideen einzubringen. Sie dürfen Anträge bzw. Anfragen stellen und erhalten Rederecht in Ausschüssen und BVV- Versammlungen.

 

Ein Jugendbeirat ist gelebte Demokratie und es ist überfällig eben jenen in Berlin einzuführen. Zudem sollte dort wo ein Seniorenbeirat existiert auch ein Jugendbeirat partizipieren dürfen.

 

Deshalb fordern wir, dass sich die SPD-Mitglieder der Bezirksfraktionen und des Abgeordnetenhauses dafür einsetzen, dass das Bezirksverwaltungsgesetz um eine Norm ergänzt wird:

  • Kinder- und Jugendbeteiligung: Der Bezirk muss bei Planungen und Vorhaben die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen. Zur Wahrnehmung dieser Interessen soll ein Kinder-und Jugendbeirat gebildet werden. Der Beirat ist parteipolitisch und konfessionell neutral. Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig.

 

  • Im Rahmen des Aufgabenbereiches des Kinder-und Jugendbeirates unterstützen die Organe des Bezirks den Beirat in seinem Wirken. Sie beziehen ihn zur Beteiligung der Kinder 25und Jugendlichen beiallen Planungen und Vorhaben in die Entscheidungsfindung ein.

 

Der Kinder-und Jugendbeirat erhält eine genaue Satzung, welche folgende Bereiche umfasst: Aufgaben, Zusammensetzung, Wahlzeit, Wahlverfahren, Geschäftsordnung, Vorstandstätigkeiten, Finanzierung und Datenverarbeitung. Änderungen der Satzung kann vom gewählten Kinder-und Jugendbeirat vorgenommen werden. Bedarf jedoch die einfache Zustimmung der Bezirksversammlung.

Antrag 43/I/2020 Solidarität mit dem Syndikat! Kiezstrukturen und Freiräume vor Verdrängung schützen – nicht die marktwirtschaftlichen Interessen der Immobilienkonzerne!

30.09.2020

Als Jusos Berlin erklären wir uns solidarisch mit der Kiezkneipe Syndikat und allen von Räumung bedrohten linken und emanzipatorischen Projekten.

 

Die Geschichte des Syndikats ist ein Paradebeispiel dafür, wie Kiezkultur und linke Freiräume der Immobilienspekulation zum Opfer fallen. Dabei hatte das Betreiber:innenkollektiv erst nach aufwendiger Suche herausgefunden, dass hinter der auf dem Papier angegebenen Eigentümerin des Hauses, einer Briefkastenfirma in Luxemburg, der Immobilienkonzern Pears Global steckt. Durch ein Konstrukt aus vielen Tochterfirmen, die zum Pears-Konzern gehören, müssen die drei Pears-Brüder, denen der Konzern gehört, keine oder fast keine Steuern zahlen. Auch das Haus, in dem das Syndikat beheimatet war, hatte der Pears-Konzern über eine Tochterfirma gekauft.

 

Umso absurder ist die Situation, dass der Berliner Senat nun mit Steuergeldern einen Großeinsatz der Polizei finanziert, die per Gerichtsbeschluss die Profitinteressen des Pears-Konzerns durchsetzt. Die Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes sehen wir nicht. Bereits das polizeiliche Vorgehen gegen die #RausAusDerDefensive-Demo am Abend des 1. August 2020 wirft Fragen auf: Die Demonstration wurde schon kurz nach Beginn brutal unter Anwendung von Einsatzmehrzweckstöcken und CS-Gas aufgelöst, während die Polizei am Mittag desselben Tages noch rund 20.000 Nazis und andere „besorgte Bürger:innen“ und Verschwörungsgläubige, die in jenen zahlreichen mitmachenden Nazis kein Problem sahen, unter bewusster Missachtung u. a. der Mund-Nasen-Schutz-Auflage durch Mitte marschieren ließ. Vor Ort zeigten sich die Einsatzkräfte überfordert, konnten keinen Schutz der Gegendemonstrant:innen garantieren und waren nicht in der Lage, offenbar auch nicht entschlossen dazu angewiesen, eine Auflösung wegen Verstößen gegen die Hygieneauflagen durchzuführen. Gerade diese Gegenüberstellung der Demonstrationen am 1. August zeigt, dass Polizeiressourcen nicht den Zahlen der Teilnehmenden und deren Anlässen entsprechend eingesetzt wurden.

 

Das Vorgehen am 6. und 7. August überstieg dies noch einmal. Für die Durchsetzung der rechtlich geschützten Interessen des Pears-Konzerns ließ der Senat für mehrere Tage einen ganzen Kiez sperren. Dabei war dem Senat offenbar das Eigentumsinteresse von Pears Global wichtiger als das Umsatzinteresse des lokalen Gewerbes im abgesperrten Schillerkiez, das Versammlungsfreiheitsrecht und Freizügigkeitsgrundrecht vieler Menschen, der uneingeschränkte Zugang zur eigenen Wohnung sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit derjenigen, die von der Polizei unter Anwendung von körperlicher Gewalt festgenommen wurden.

 

Einzelne Szenen verdeutlichen die Brutalität des Polizeieinsatzes: Ein Mensch wird an einem Hamburger Gitter unter Inkaufnahme schwerer Verletzungen gewürgt, während zugleich Umherstehende ohne Bestehen einer Bedrohungslage für die Polizei gepfeffert werden.[1] Bilder zeigen, wie Polizeibeamt:innen grundlos auf Festgenommenen knien.[2] Zahlreiche Menschen wurden bei den Polizeimaßnahmen verletzt. Der Senat und Innensenator Andreas Geisel im Besonderen tragen die volle Verantwortung für die Polizeieinsätze.

 

Der Tag der Räumung, der 7. August 2020, ist ein schwerer Schlag für das Projekt einer linken Regierung, das Berlin mit dem rot-rot-grünen Senat versucht. Nicht nur deshalb, weil die Exekutive für ein Firmenimperium, das nicht einmal Steuern zahlt, unter wohl größtmöglich denkbarem Aufwand und brutaler Durchführung dessen Interessen rücksichtslos durchsetzt, sondern auch, weil das Handeln der Polizei und damit des Senates ernsthaft unsere Zusammenarbeit mit den vielen linken zivilgesellschaftlichen Initiativen gefährdet. Wir brauchen die antifaschistischen, die mietenpolitischen und die vielen anderen linken Gruppen als Bündnispartner:innen für eine progressive Stadtpolitik und wir dürfen es nicht zulassen, dass der linke (!) Berliner Senat die Grundlagen für eine linke Bündnispolitik weiter beschädigt!

 

Wir müssen verhindern, dass so etwas wie das Polizeivorgehen am 7.8.2020 noch einmal passiert. Dazu ist es notwendig, dass wir den marktwirtschaftlich auf Profit ausgerichteten Immobilienmarkt zurückdrängen, genossenschaftliche Nutzung ermöglichen und für den langfristigen Erhalt von Kiezstrukturen eintreten. Immobilien müssen dafür so weit wie möglich in gemeinwohlorientierte Nutzungsformen überführt werden. Um Kiezstrukturen vor der Verdrängung zu schützen, fordern wir zusätzlich zu dem bestehenden Mietenspiegel und Mietendeckel für Wohnraumvermietung einen Gewerbemietenspiegel und einen Gewerbemietendeckel. Immobilien dürfen nicht zum Spekulationsobjekt werden, sondern müssen denen gehören, die sie nutzen, bewohnen und pflegen. Wir setzen uns für die Rekommunalisierung von Wohn- und Gewerbeflächen ein.

 

Was diejenigen Räumungen linker Projekte und von Gewerbe, das zur Kiezstruktur beiträgt betrifft, die aufgrund der Rechtslage unumgänglich sind, muss das Land Berlin oder der zuständige Bezirk sicherstellen, dass den Projekten geeignete und angemessene Alternativräumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Wir fordern von der SPD Neukölln, dass sie sich mehr mit Neuköllner Gewerbe solidarisieren und einsetzen! Es muss mehr Stellen geben. an denen eine Kommunikation stattfindet und Lösungen angeboten werden.

 

Was das Polizeihandeln angeht, ist es notwendig, dass SPD-Innensenator Andreas Geisel zukünftig seiner Aufsichtspflicht gegenüber der Berliner Polizei nachkommt sowie von seinem Weisungsrecht gegenüber der Polizei gebraucht macht, um unverhältnismäßige Einsätze wie den im Schillerkiez zu verhindern. Rote Zonen, also kiezgroße polizeilich abgeriegelte Gebiete, darf es in Berlin nicht mehr geben.

 

Antrag 158/I/2020 Demokratiebildung? Jugendbeirat!

29.09.2020

Die Wahlbeteiligung gerade bei Erst- bzw. Jungwähler*innen geht zurück bzw. stagniert. Ein Grund hierfür ist die mangelnde Partizipation von Kindern und Jugendlichen. Sowie einer mangelhaften Erziehung und Förderung von Jugendvereinen, die das Demokratieverständnis für Kinder und Jugendliche fördern und damit einen Beitrag leisten die jungen Menschen zu mündigen Demokrat*innen zu erziehen. Damit ein Teil dazu beigetragen wird, diesen Trend entgegengewirkt wird, fordern wir, dass Jugendbeiräte auf Bezirksebene etabliert werden.

 

Jugendbeirat – aber warum? 

Erst einmal was ist überhaupt ein Jugendbeirat und was sind seine Aufgaben?

Ein Jugendbeirat ist ähnlich wie ein Seniorenbeirat ein Beirat, der von Jugendlichen im Alter von 12-18 Jahre gewählt wird und sich aus Jugendlichen in diesem Alter zusammensetzt. Wahlberechtigt sind alle Jugendlichen im Bezirk bzw. Stadt.

Die Mitglieder des Beirats erhalten hier die Möglichkeit an den politischen Prozessen aktiv zu partizipieren und ihre Ideen einzubringen. Sie dürfen Anträge bzw. Anfragen stellen und erhalten Rederecht in Ausschüssen und BVV- Versammlungen.

Ein Jugendbeirat, das ist gelebte Demokratie und es ist überfällig eben jenen in Berlin einzuführen. Zudem sollte dort wo ein Seniorenbeirat existiert auch ein Jugendbeirat partizipieren dürfen.

Deshalb fordern wir, dass sich die SPD- Mitglieder der Bezirksfraktionen und des Abgeordnetenhauses dafür einsetzen, dass das Bezirksverwaltungsrecht um folgende Inhalte ergänzt wird:

  • Der Bezirk muss bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen.
  • Zur Wahrnehmung dieser Interessen soll ein Kinder- und Jugendbeirat gebildet werden. Der Beirat ist parteipolitisch und konfessionell neutral. Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig. Er ist bei Angelegenheiten, die Kinder und Jugendliche betreffen, anzuhören und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Der Kinder- und Jugendbeirat kann Anregungen machen und Behörden und Einrichtungen, Informationen und Beratungen anbieten.
  • Über das Wahlverfahren der ehrenamtlichen Mitglieder des Kinder- und Jugendbeirat entscheidet die Bezirksverordnetenversammlung.
  • Der Kinder- und Jugendbeirat gibt sich eine Satzung, die der Zustimmung der Bezirksverordnetenversammlung bedarf.
  • Neben der Beteiligung des Kinder- und Jugendbeirates sollen in besonderen Fällen oder periodisch auch andere geeignete Verfahren einer Beteiligung von Kindern und Jugendlichen durch den Bezirk angewendet werden.“