Archive

Antrag 40/III/2016 Flexibles Ruhestandseintrittsalter für Berliner Polizisten

22.11.2016

Die SPD-Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses von Berlin werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass für Berliner Polizeibeamte eine flexible Ruhestandseingangsregelung geschaffen wird.

Antrag 37/III/2016 Das Extremismusdogma abschaffen – für die antifaschistische Alternative

22.11.2016

Die Zeit, in der wir gegen Extremismusdogmen kämpfen

Während die so bezeichnete „politisch motivierte Gewalt rechts” in Berlin 2015 mit rund 1.655 der polizeilich erfassten Straftaten weiterhin auf alarmierend hohem Niveau geblieben ist (Anstieg um 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr), wird häufig und gerne über die polizeilich erfassten Straftaten der „politisch motivierten Gewalt links”, in Berlin 2015 waren es 1.059 Fälle (Rückgang um 23 Prozent), diskutiert. Der ehemalige Innensenator Frank Henkel (CDU) diskutierte im Wahlkampf jedoch vor allem über „linksextreme Straftaten“. Er versuchte das Hausprojekt Rigaer94 und die Kadterschmiede räumen zu lassen und eskalierte den Friedrichshainer Nordkiez.

 

Die Politik des Landes Berlin hat, dank des Integrationssenats, eine einmalige Förderlandschaft bei Projekten gegen Sog. Rechtsextremismus, Berliner Register, Rassismus und Antisemitismus. Die Landesantiskriminierungsstelle fördert zahlreiche Projekte wie die Mobile Beratung gegen Sog. Rechtsextremismus, das antifaschistische pressearchiv und bildungszentrum oder die Opferberatung ReachOut. Als die Bundesjugendministerin Kristina Schröder (CDU) allen geförderten Projekten eine Erklärung abverlangte, nicht mit „linksextremen“ Partner*innen zu kooperieren („Extremismusklausel“), übernahm das Land Berlin kurzerhand die Förderung dieser Projekte. Im laufenden Doppelhaushalt 2016-2017 wurden das Landesförderprogramm aufgestockt. Die neue Bundesjugendministerin Manuela Schwesig knüpfte mit dem Bundesprogramm „Demokratie Leben!“ an die rotgrünen Bundesprogramme Civitas und Endimon der 2000er Jahre an. „Demokratie Leben“ enthält keine scharfe Extremismusklausel mehr und fördert Kommunen und zivilgesellschaftliche Programme im Kampf gegen Rechtsradikalismus. Zwar gibt es auch einen Fördertopf zur Arbeit mit sogenannten „linksaffinen Jugendlichen“, jedoch ist dieser gering und wird faktisch nicht abgerufen. Die Förderpolitik hat sich zum Guten gewendet. Jedoch ist das ihr häufig zu Grunde liegende Extremismusdogma nicht gebannt.

 

Dies erlebten wir häufig in Diskussionen um die Alternative für Deutschland. Die Alternative für Deutschland holte bei den Berlinwahlen etwa 12 Prozent der Stimmen. Mitnichten steht sie damit am „extremen Rand“ der Gesellschaft. Im Gegenteil, sie wurde in allen Gesellschaftsschichten und in allen Teilen der Stadt gewählt. Auch in acht andere Landesparlamente ist sie schon eingezogen. Die Beurteilung der Alternative für Deutschland folgt häufig entlang der Frage „wie extrem“ sie denn nun sei. Dies birgt in der politischen Auseinandersetzung enorme Risiken und wird zur subjektiven Betrachtung. Besser wäre eine Beurteilung der tatsächlichen Positionen in einzelnen Politikfeldern: Die Alternative für Deutschland ist eine zutiefst rassistische, sexistische, sozialchauvinistische, homophobe und nicht zuletzt antisemitische Partei.

 

Das Extremismusdogma

Der Kalte Krieg ist seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ vorbei – seine ideologischen Bausteine haben sich aber in die deutsche Politik eingebrannt. Bis heute pflegen konservative Kräfte ein Dogma. Es hat einen neuen Namen bekommen, aber beruht auf den gleichen Grundannahmen. Es geht um die Extremismustheorie, die konservative Vordenker*innen aus der Totalitarismustheorie geformt haben.

 

Die Extremismustheorie ist jedoch eigentlich keine Theorie, sondern ein Dogma. Wer es kritisiert, wird nämlich ganz schnell, selbst in dasselbige integriert – ähnlich wie bei Verschwörungs-“theorien“. Im Extremismusdogma gibt es nämlich eine ganz klare Trennung zwischen Gut und Böse. Gut sei die „Mitte der Gesellschaft“ – böse seien die „Extreme“, also vermeintliche Ränder. Sie sind zudem auf einer überholten Links-Rechts-Achse angeordnet. Ergänzt wird sie noch um einen angeblichen „Ausländerextremismus“.

 

Die Ränder haben für die Extremismusdogmatiker*innen einen riesigen Vorteil: Dort können sie alles hineinstecken, was in ihrer „Mitte“ nichts zu suchen haben soll. Folglich könne es in der „Mitte“ beispielsweise keinen Rassismus, Antisemitismus oder keine Homophobie in ihr geben, weil das den gesellschaftlichen „Rändern“ vorbehalten sei.

 

Der nächste große Vorteil für die Extremismusdogmatiker*innen ist es, dass sie sich die Mühe sparen zu differenzieren. Neonazis seien im Grunde wie Politiker*innen der Partei „Die Linke“ und Salafist*innen. So lassen sich linke Politikansätze zusätzlich diffamieren. Sie schrecken dabei auch nicht davor zurück, dass bis auf die Spitze zu treiben: Ein beschädigtes Wahlplakat samt Graffiti plus Sitzblockade werden schon einmal als „linke Gewalt“ mit rassistischen Morden in einen Topf geworfen. Solche obskuren Vergleiche werden leider nicht nur im Hinterzimmer der CSU, sondern ganz offiziell von der Bundesregierung angestellt. Jahr für Jahr wird „extremistische“ Gewalt Statistiken erfasst, die alles zusammenwerfen. Genauso wird die Idee einer herrschaftsfreien Gesellschaft mit dem Konzept des völkischen „Führerstaates“ zusammengeworfen.

 

Dieser Mix, der dann als „Extremismus“ erklärt wird, folgt einem Schema: Neonazistische Einstellungen und Gewalt wird verharmlost, indem sie mit linken Ideen und Gruppen gleichgesetzt werden. Diese werden im Gegenzug dämonisiert. Gerne benutzen die Agitator*innen des Extremismusdogmas des Hufeisens, bei dem sich bei Belieben die Ränder auch berühren könnten. Es erschreckt, dass selbst konservative Sozialdemokrat*innen diesen kalkulierten Unsinn in den Mund nehmen und beispielsweise von „rotlackierten Faschisten“ schwadronieren.

 

Die von der „Totalitarismustheorie“ schon eingeübte Praxis alle möglichen sich als links verstehenden Strömungen erst zusammen in einen Topf zu werfen und dann noch mit dem Nationalsozialismus gründlich zu vermengen. Das ist angesichts der Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Nationalsozialismus einfach nicht hinnehmbar.

 

Der Weg raus aus dem von extremismusdogmatischen Mainstream ist allerdings kein leichter. Ein Großteil der Menschen, die sich politisch verorten wollen, sieht sich in einer ominösen „Mitte“. Um diese „Mitte“ ist ein großes Illusionsgebäude aufgebaut worden: Sie sei gut, immer ausgeglichen, ehrlich und hart arbeitend. Schlussendlich ist dieses Konzept der „Mitte“ ein zutiefst konservatives, auf welches viele Sozialdemokrat*innen hereingefallen sind.

 

Das Extremismusdogma soll alle progressiven linken Ideen, die auf radikale Veränderungen angelegt sind, per se als gefährlich abstempeln. Wenn Gruppen Eigentum infrage stellen, wird dies vielfach schon als „extremistische“ Bestrebung ausgelegt. Die Forderung nach offenen Grenzen löst beim deutschen Gralshüter des Extremismusdogmas, dem sogenannten Verfassungsschutz, den „Extremismus“-Alarm aus. Selbst die sozialdemokratischen Positionen der Partei „Die Linke“ reichten ihr, um „Linken“-Politiker*innen zu beobachten.

 

Ein gefährliches Demokratieverständnis

Das Extremismusdogma ist außerdem ein Ausdruck eines autoritären Staatsverständnisses: Meinungen außerhalb der von staatlichen Akteur*innen definiert werden für nicht zulässig erklärt. Gesellschaftskritik wird deshalb unabhängig von ihrem inhaltlichen Kern direkt der Stempel des Bedrohlichen aufgedrückt. Das widerspricht jedoch eklatant einem demokratischen Grundverständnis: Das demokratische Ordnungssystem muss ständig weiterentwickelt werden. Es gibt keine vollendete Schablone, die nur noch umgesetzt werden muss. Vielmehr muss täglich eine kritische Reflexion stattfinden. Die Formen wie Parlamentarismus und ein Wirtschaftssystem erst recht nicht müssen dabei selbstverständlich immer wieder auf den Prüfstand. Nur so kann eine demokratische Gesellschaft verwirklicht werden – nicht nur eine Simulation dessen.

 

Vertreter*innen des Extremismusdogmas ignorieren im Gegenzug gesamtgesellschaftlich verbreitete Einstellungen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit konsequent. Dies tun sie, obwohl mehrere Studien Jahr für Jahr belegen, wie stark diese Einstellungen in der deutschen Gesellschaft verankert sind.

 

Die „Mitte“-Studien widerlegen das Esxtremismusdogma

Die Forschung zu rechten Einstellungen hat sich in den vergangenen Jahren häufig am Modell der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit orientiert. Bedeutend sind daneben die „Mitte-Studien“, die früher von der Friedrich-Ebert-Stiftung und jetzt von Universität Leipzig umgesetzt werden. Ihnen liegt das Verständnis zugrunde, dass der „Rechtsextremismus (…) ein Einstelungsmuster (ist), dessen verbindendes Kennzeichen Ungerechtigkeitsvorstellungen darstellen“. Insbesondere Rassismus, Chauvinismus (ein nationalistisches und die deutsche Weltmacht befürwortendes Einstellungsmuster) und Antisemitismus sind dabei besonders verbreitete Einstellungsmuster.

 

In der repräsentativen Studie „Die enthemmte Mitte“ des Jahres 2016 stimmen bundesweit 20 Prozent rassistischen Positionen zu. Sogar 34 Prozent befanden, dass Deutschland „in einem gefährlichem Maße überfremdet“ wäre. Besonders hoch ist die Abwertung von Muslim*as sowie Sinti*zze und Rom*nja. Jede fünfte Person war bereit, sich mit Gewalt gegen „Fremde“ durchzustezen. Chauvinistische Positionen vertreten 17 Prozent. 5 Prozent befürworten eine rechtsautoritäre Diktatur und ebenso viele vertreten antisemitische Positionen. 11 Prozent halten den Einfluss der Jüdinnen*Juden für zu hochen. 3 Prozent haben eine eindeutige sozialdarwinistische Einstellung und 2 Prozent verharmlosen den Nationalsozialismus völlig. 25 Prozent finden Homosexualität unmoralisch, 36 Prozent lehnen Ehen zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Personen ab.

 

Das Dogma des Extremismus funktioniert also nicht. Im Gegenteil: wenn die Gesellschaft in Mitte und Ränder einteilten, bliebe nur die Feststellung, dass die Mitte selbst extreme Einstellungen vertritt.

 

Die Alternative: Theorie zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit

Der Kernproblem, das ein solidarisches zusammenleben gefährdet, ist das Ungleichwertigkeitsdenken. Dabei werden ganze Personengruppen abgewertet. Der Grundsatz „Jeder Mensch ist gleich viel wert“ wird negiert. Das geschieht in ganz unterschiedlichen Formen. Als Sammelbegriff für alle hat Wilhelm Heitmeyer den Begriff „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF)“ vorgeschlagen. Er lassen sich damit Antisemitismus und Rassismus genauso fassen wie Sexismus, Obdachlosenfeindlichkeit, Abwertung von Menschen mit Behinderung, Etabliertenvorrechte. Die Liste der Formen ist veränderbar und ist nicht statisch. Allerdings sind Geschichtsrevisionismus, autoritäre Herrschaftsvorstellungen und Demokratiedistanz nicht einfach in diese Theorie zu integrieren. Die Leugung der Shoah beispielsweise gehört dazu. Jedoch sind sie mit dem Ungleichwertigekeitsdenken eng verbunden. Deshalb erfasst diese Theorie mehr als die „Extremismustheorie“ – außerdem interessiert sie sich für die gesamte Gesellschaft.

 

Der „Verfassungsschutz“ – Die Agentur des Extremismusdogma

Der fünfte Skandal nach der Anschlags- und Mordserie des NSU, der Unterstützung des NSU-Netzwerks durch den „Verfassungsschutz“, der Nicht-Aufklärung und des Schredderns von Akten besteht darin, dass der „Verfassungsschutz“ nun wieder Aufwind hat. Das geschieht, obwohl er sich von dem Extremismusdogma, das den institutionellen Rassismus in der Behörde Tor und Tür geöffnet hat, nicht gelöst hat. Vielmehr wirkt der „Verfassungsschutz“ mit ihren kruden Verfassungsschutzverständnis in die Öffentlichkeit und – was besonders gefährlich ist – in Schulen hinein.

 

Die AfD und das Extremismusdogma

Die „Alternative für Deutschland“ ist vielfältig in die „Neue Rechte“ und auch eine neonazistische Szene vernetzt. Sie ist jedoch keine neonazistische Partei. Aus Sicht der meisten Verfechter*innen des Extremismusdogmas ist sie damit keine „extremistische“ Partei. Schlussendlich macht sich der Rechtspopulismus in der deutschen Gesellschaft das Extremismusdogma geschickt zu nutze. Traditionell grenzten rechtspopulistische Parteigründungen wie ProDeutschland oder Die Freiheit sich symbolisch von „rechtsextremen“ Parteien ab. Es fand ein Art rechtspopulistischer Lernprozess statt, sodass es die AfD dies heute geschickter als ihre vorherigen Versuche tut. Durch die Dominanz des Extremismusdogmas in der deutschen Gesellschaft, herrscht bei vielen zivilgesellschaftlichen und politischen Akteur*innen Uneinigkeit darüber, wie mit der AfD umzugehen. Ihr systematisches Ungleichwertigkeitsdenken mit vielfältigen Formen des Rassismus, Antisemitismus und Sexismus trifft auf zu wenig Widerstand. Deshalb ist der Kampf gegen das Extremismusdogma zugleich ein Kampf gegen den Aufstieg des Rechtspopulismus.

 

Forderungen:

  • Keine Programm gegen „Extremismus“ mehr!
  • Die SPD muss sich klar vom „Extremismusdogma“ abgrenzen!
  • Keine „Extremismusklauseln“ mehr!
  • Polizeiliche Erfassung reformieren!
  • Verfassungsschutz abschaffen!

 

Stattdessen muss es eine breite Unterstützung antifaschistischer Initiativen geben, statt ihnen gegenüber den Generalverdacht auszusprechen. Darüber hinaus darf antifaschistisches Engagement nicht kriminalisiert werden. Wir als Landesverband unterstützen Aktionen des zivilen Ungehorsams im Kampf gegen Faschist*innen und Rassist*innen. Es ist eine Aufgabe der Politik, jedes Engagement, welches auf einen breiten Aktionskonsens trifft, zu fördern, um die leere Worthülse der wehrhaften Demokratie mit Leben zu füllen.

 

Die strategische Neuausrichtung der Bundesregierung, nun Ausländer-, Links- und Sog. Rechtsextremismus zu bekämpfen, könnte zudem von Rechtsradikalen als positives Signal wahrgenommen werden, zugleich aber Akteur*innen antifaschistischer Initiativen entmutigen.

 

Wir lehnen die Extremismusthese ab. Wir wenden uns gegen jede Form des Rassismus, Antisemitismus, Faschismus, Sexismus und Chauvinismus, egal von wem sie ausgeht! Wir fordern stattdessen:

  • die strukturelle Stärkung und finanzielle Förderung antifaschistischer Initiativen mit ihren zahlreichen, diversen Projekte in der außerschulischen Jugendarbeit und Bildung, Ausstiegshilfen, Beratung, in der Netzwerk- und Infrastrukturentwicklung und in der Opferhilfe!
  • mehr Programme der schulischen Bildung gegen Rassismus, Chauvinismus, Antisemitismus, Sexismus und andere nazistische Einstellungsmuster, auch durch Vernetzung mit zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Rechts. Politische Bildungsarbeit darf nicht von den ordnungspolitischen Vorstellungen des Verfassungsschutzes beeinflusst werden, sondern muss von der Zivilgesellschaft selbst getragen werden!
  • keine Kriminialisierung antifaschistischen Engagements wie in Dresden Anfang 2010. Antifaschistischer Widerstand ist keine Straftat, sondern unsere Pflicht!
  • die Unterstützung antifaschistischen Engagements!
  • die nachhaltige Verdrängung von Rechten aus den Parlamenten!

 

Antrag 31/III/2016 Demokratische Gesellschaft anstelle von Denkmälern des Vermögens

22.11.2016

Rechtsfähige Stiftungen sind schon aufgrund ihrer Konstruktion besitzstandswahrend und zutiefst konservativ. Sie sollen Vermögen auf ewig erhalten und die Kapitalerträge im Sinne des*der Stifter*in verwenden. Die Möglichkeit einer Stiftungsgründung steht nur denjenigen offen, die über ausreichend Vermögen verfügen.

 

Das Vermögen selbst steht dabei zwar nicht mehr direkt dem*der Stifter*in zur Verfügung, es verbleibt jedoch weitreichende Kontrolle über die Verwendung der Erträge und die Politik der Stiftung.

 

Dieser Antrag behandelt rechtsfähige Stiftungen, die aus den Kapitalerträgen des gestifteten Vermögens ihre Ausgaben bestreiten und für die Ewigkeit angelegt sind. Es geht nicht um andere Körperschaftstypen, die ebenfalls die Bezeichnung „Stiftung“ tragen, jedoch keine echten Stiftungen im obigen Sinne sind (u.a. viele parteinahe „Stiftungen“, Studienstiftung des dt. Volkes).

 

Das Vermögen ist offensichtlich in der Gesellschaft/der Volkswirtschaft vorhanden. Durch die Steuerbegünstigung finanziert die Gesellschaft Stiftungen und damit den Verlust an „demokratischer“ Kontrolle bei der Verteilung von Fördermitteln. Anstatt es steuerlich zu begünstigen, sollte es über eine gerechte Besteuerung der demokratischen Kontrolle der Parlamente unterstehen. Darüber hinaus ist es keinesfalls als gegeben zu betrachten, dass Stiftungen Gelder effizienter – geschweige denn gerechter – einsetzen als der Staat. Stiftungen sind eine sehr ineffiziente Art, der Gesellschaft Kapital zur Verfügung zu stellen.

Im Gegensatz zur Spende an gemeinnützige Organisationen, die zu 100 Prozent zeitnah ankommt und der Steuerverlust hinter den gesellschaftlichen Mehrwert zurücktritt, wird eine Zustiftung erst durch Verzinsung wieder der Gesellschaft zugeführt, was mehrere Jahrzente dauert. Der Steuerverlust bei einer Zustiftung übersteigt also den gesellschaftlichen Mehrwert.

 

  • Wir fordern folglich, dass Stiftungen keine originär sozialstaatlichen Aufgaben finanzieren. Die Voraussetzung dafür ist, dass öffentliche Mittel die Regelförderung sozialer Einrichtungen abdecken müssen. Dass Jugendfreizeitheime o.ä. sich für die Finanzierung ihres Regelbetriebs auf Projektmittel bewerben müssen, ist inakzeptabel.

 

Keine falsche Gemeinnützigkeit

Stiftungen können aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit steuerlich begünstigt werden. Gemeinnützige Arbeit zu unterstützen ist an sich selbstverständlich eine gute Sache. Wir lehnen es jedoch ab, dass die ungleiche Verteilung von Vermögen in unserer Gesellschaft sich auch in einer ungleichen Verteilung von Einfluss auf Kultur, soziale Arbeit, Wissenschaft etc. niederschlägt. Stiftungen verteilen ihre Mittel nicht nach demokratischen Prinzipien und verfolgen eigene, oft nicht der Gesellschaft dienenden, Ziele.

 

Darüber hinaus beinhaltet die Allgemeine Abgabenordnung eine Regelung, die eine nicht-gemeinnützige Verteilung von Geldern subventioniert. Die Stiftung besteht dann quasi zu 2/3 aus einer gemeinnützigen Stiftung und zu 1/3 aus einer Familienstiftung, die rein privaten Zwecken dient. Die Erbersatzsteuer, die bei Familienstiftungen einen regelmäßigen Erbfall simuliert, fällt bei einem solchen Modell jedoch weg.

 

Diese Erbersatzsteuer simuliert alle 30 Jahre einen Erbschaftsfall, weshalb diese Stiftungen nach 29 Jahren oftmals gemeinnützig werden – nachdem 29 Jahre lang Kapitalerträge des erbschaftssteuergeschonten Vermögens bezogen wurden. Weiterhin sind gemeinnützige Stiftungen von der Erbersatzsteuer und der Körperschaftssteuer befreit. Warum bis zu einem Drittel der Ausgaben für private Zwecke verwendet werden darf ist unverständlich und ungerecht.

 

Deshalb fordern wir:

Allgemeine Abgabenordnung §58 6 streichen: „Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Stiftung einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens dazu verwendet, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren“

 

Transparenz/Aufsicht

Stiftungen können über die von ihnen vergebenen Fördermittel erheblichen Einfluss auf Kultur, Wissenschaft, soziale Dienstleistungen etc. nehmen. Sie unterliegen dabei kaum einer Kontrolle und sind lediglich gegenüber dem Finanzamt und der Stiftungsaufsicht rechenschaftspflichtig, ihre Zahlen bleiben bei diesen Ämtern jedoch unter Verschluss. Angesichts dieser Intransparenz kann die Öffentlichkeit nur darauf hoffen, dass die Stiftungen von sich aus etwas veröffentlichen.

 

Wir fordern:

Finanzamt & Stiftungsaufsicht legen alle Berichte der Stiftungen offen, u.a. also Steuererklärungen, Jahresberichte und Tätigkeitsberichte

 

Mitbestimmung/Demokratie

Stiftungen müssen nicht demokratisch organisiert sein. Der*die Stifter*in kann sich umfassende Kontroll- und Vetorechte einräumen. Beispielhaft sei hierbei die Satzung der Bertelsmann-Stiftung erwähnt. Dem*der Stifter*in wird in dieser Satzung ein Vetorecht gegen alle Entscheidungen des Kuratoriums eingeräumt, welches diese*r auch an eine andere Person übertragen kann. Mitglieder des Vorstands und des Kuratoriums werden darüber hinaus von der stiftenden Person ernannt und können von ihr abgesetzt werden.

Stiftungen sind schon von der Idee ihrer Konstruktion ein konservatives Phänomen. Sie sind zumeist für die Ewigkeit angelegt und ihre Satzung kann, wenn überhaupt, nur durch den*die Stifter*in geändert werden. Der*die Stifter*in hat mit einer Stiftung die Möglichkeit, noch weit über seinen*ihren Tod hinaus Einfluss auf Kultur, Bildung, Kunst etc. zu nehmen.

Stiftungen unterliegen noch nicht einmal dem Mitbestimmungsgesetz oder einer vergleichbaren Regelung.

„Wie Strategien zur Aushebelung von Mitbestimmungsrechten funktionieren, zeigt sich am Beispiel Aldi. Die rechtlich unabhängigen Unternehmen Aldi Süd und Aldi Nord, die zusammen weltweit 170.000 und deutschlandweit 66.000 Menschen beschäftigen, werden durch zwei Familienstiftungen gesteuert. Den Stiftungen können die Arbeitnehmer nicht zugerechnet werden, weil diese vom Mitbestimmungsgesetz nicht erfasst werden. Daher kommen sie auch nicht als „herrschende Unternehmen“ in Betracht, die einen mitbestimmten Aufsichtsrat bilden müssen. Unterhalb der Stiftungsebene operieren verschiedene Regionalgesellschaften, die gerade so groß sind, dass sie die Schwelle von 2.000 Mitarbeitern für die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes nicht überschreiten. Die gewählte Form der GmbH & Co. KG stellt zugleich sicher, dass es auch keine Drittelbeteiligung gibt, weil diese Unternehmensart vom Gesetz ausgenommen ist. Auf diese Weise werde den Aldi-Beschäftigten komplett ihr Recht auf unternehmerische Mitbestimmung vorenthalten, erklärt der Unternehmensrechtler Sick.“ (http://www.boeckler.de/64443_64474.htm)

 

Wir fordern die Ausweitung des Geltungsbereichs des Mitbestimmungsgesetzes auf Stiftungen (insbesondere Unternehmensstiftungen).

Langfristig müssen Stiftungen durch demokratische Institutionen ersetzt werden. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass „gemeinnützige“ Institutionen in Zukunft nur noch Institutionen sein werden, die auch in ihrer internen Struktur demokratisch und solidarisch sind.

 

Erbschaftssteuer / Unternehmensstiftungen

Stiftungen sind ein gern verwendetes Mittel, um Vermögen über Generationen hinweg zu erhalten und die Erbschaftssteuer zu umgehen.

Unabhängig von einer allgemein dringend notwendigen Reform und Erhöhung der Erbschaftssteuer, möchten wir die Funktion von Stiftungen als Mittel zur Umgehung der Erbschaftssteuer unterbinden. Häufig überschreiben Firmeneigentümer*innen ihre Firma vor ihrem Tod an eine Stiftung, deren Vorstand und Satzung sie vollkommen frei besetzen und festlegen können.

Im Todesfall einer*s Firmengründer*in wollen wir die Vererbung, den Verkauf oder die Umwandlung in eine Stiftung eines Unternehmens durch eine bessere Alternative ersetzten: Einen kleinen Schritt in Richtung einer demokratisierten Wirtschaft ist die Demokratisierung einzelner Betriebe. Deshalb sehen wir die Umwandlung des Unternehmens in eine Genossenschaft als besseren Weg für den Betrieb und die Arbeitnehmer*innen. Dabei sollten die Genossenschaftsanteile zu gleichen Teilen unter den Arbeitnehmer*innen verteilt werden.

 

Deshalb fordern wir

Die Begrenzung der Anteile, die eine Stiftung an einem Unternehmen hält, auf maximal 20% – abzüglich der Anteile von Stifter*innen, Kuratoriumsmitgleidern etc. (Vorbild USA, Tax Reform Act 1969)

Wir lehnen sowohl die bisherige Erbschaftssteuergesetzgebung als auch den kürzlich ausgehandelten Kompromiss ab. Betriebsvermögen soll grundsätzlich nicht anders als Privatvermögen besteuert werden. Es verbleibt weiterhin die Möglichkeit, die Steuerschuld über mehrere Jahre hinweg zu stunden.

 

Langfristig / Vermögenssteuer

Wir fordern, dass die Vermögenssteuer wieder erhoben wird und zur Finanzierung staatlicher Aufgaben und zur Bekämpfung der Umverteilung von unten nach oben verwendet wird. In diesem Zusammenhang dürfen Stiftungen, als die Vermögensmasse schlechthin, nicht geschont werden. Das gilt auch für gemeinnützige Stiftungen. Wir sehen keinen legitimen Anspruch, Vermögen auf ewig zu erhalten. Der Reichtum einer Volkswirtschaft muss über demokratische Wege, z.B. öffentliche Haushalte, der gesamten Gesellschaft zugutekommen.

Antrag 28/III/2016 Ausweitung des „Welcome to Berlin Tickets“

22.11.2016

Das „Welcome to Berlin Ticket“ für Geflüchtete ist anstatt wie bisher für drei Monate für 15 Monate kostenlos auszustellen, um Mobilität für die Dauer des Verbleibs im Asylbewerberleistungsgesetz sicherzustellen.

Antrag 26/III/2016 Betriebserlaubnis für Geflüchtetenunterkünfte und Erstaufnahmestellen mit Kindern und Jugendlichen verpflichtend einführen

22.11.2016

Der §45 SGB VIII schreibt sämtlichen Einrichtungen der Kinder- und Jugendbetreuung vor, dass sie räumliche, fachliche, wirtschaftliche und personelle Voraussetzungen im Sinne der Förderung des Kindeswohls erfüllen sowie für eine gesundheitsfördernde Umgebung Sorge tragen müssen, um eine Betriebserlaubnis zu erhalten.

 

Derzeit ist der §45 SGB VIII für Geflüchtetenunterkünfte und Erstaufnahmestellen außer Kraft gesetzt. Das bedeutet, dass Kinder und Jugendliche in Geflüchtetenunterkünfte keinen besonderen Schutz genießen und damit strukturell gegen das Kinderrecht verstoßen wird.

 

Wir möchten, dass für das Wohl aller Kinder und Jugendlichen gesorgt wird.

 

Darum fordern wir:

  • die ausnahmslose Gültigkeit des §45 SGB VIII in allen Geflüchtetenunterkünfte und Erstaufnahmestellen,
  • die Einführung einer verpflichtenden Betriebserlaubnis für Geflüchtetenunterkünfte und Erstaufnahmestellen, in denen Kinder und Jugendliche leben oder einen Teil des Tages verbringen,
  • die regelmäßige Überprüfung der für eine Betriebserlaubnis erforderlichen Standards nach §45 SGB VIII.