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Antrag 128/II/2018 Berlins Verwaltung muss vielfältiger werden!

13.10.2018

Eine Gesellschaft ist so offen, wie ihre Institutionen es sind. Gerade öffentliche Einrichtungen in einer vielfältigen Gesellschaft haben die besondere Verantwortung, die Breite der Einwanderungsgesellschaft in Deutschland widerzuspiegeln. Die berufliche Zukunft beim Land Berlin ist immer weniger eine Frage der Herkunft. Dies zeigen die Ergebnisse der aktuellen Befragung: 27,2 %[1] aller neueingestellten Auszubildenden im Öffentlichen Dienst und in den Berliner Unternehmen mit Landesbeteiligung haben einen Migrationshintergrund. Das ist erneut ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr.

 

Ein genauer Blick auf die Zahlen macht jedoch deutlich, wie das Land als Arbeitgeber weiter hinter seinem eigenen Anspruch bleibt, eine diverse, vielfältige Stadt zu sein: mehr als ein Drittel der neuen Auszubildenden im Öffentlichen Dienst wurden bei der Polizei Berlin eingestellt. Ohne die Polizei läge der Anteil für Berlin insgesamt nur bei 16,5 %.

 

Noch alarmierender ist das Ergebnis einer Pilotstudie von Citizen of Europe[2], die den Anteil von Vielfalt in der Berliner Verwaltung analysiert hat: 92% der Führungspersonen in der Berliner Verwaltung sind weiß[3].

Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin nimmt sich der Herausforderungen, die weiterhin gerade für Jugendliche mit Migrationshintergrund und sozialer Benachteiligung im Zugang zu Arbeitspositionen in der Verwaltung besteht, an. Zurzeit entwickelt sie ein Landesantidiskriminierungsgesetz (kurz LADG). Es ist das erste seiner Art in Deutschland. Das geplante Gesetz soll das bereits auf Bundesebene bestehende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ergänzen und verbessern. Vor allem die Berliner Verwaltung soll dabei für Diskriminierungserfahrungen sensibilisiert werden. Oberste Priorität muss es sein, Chancengleichheit herzustellen und durchzusetzen.

 

In diesem Rahmen soll ein Landesprogramm „Diversity“ auf den Weg gebracht werden, was im Antidiskriminierungsgesetz verankert ist. Dort sollen Instrumente geschaffen werden, z.B. zu Personalgewinnung oder Personalentwicklung, die es ermöglichen, dass die Verwaltung in Zukunft eine breite Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegelt.

 

Doch um zu überprüfen, ob diese verschiedensten Instrumente greifen, brauchen wir Evidenz in Form von erhobenen Zahlen zu der Repräsentanz von Vielfalt auf allen Positionsebenen der Berliner Verwaltung. Die Studie „Diversität in öffentlichen Einrichtungen“ zeigt, es ist möglich, alle Dimensionen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu erheben. Die Studie zeigt zudem, dass es bei einer Erhebung nicht nur um die Erfassung von Menschen mit Migrationshintergrund gehen darf. Vielmehr muss der Anteil von Menschen, der sich rassistischer Diskriminierung ausgesetzt sieht und dabei nicht zwangsläufig einen Migrationsanteil haben muss, offen dargelegt werden. Es in diesem Zusammenhang wichtig, zur Erhebung von rassistischer Diskriminierung Personen nach Selbst- und Fremdzuschreibung, nach der Häufigkeit von Diskriminierungserfahrungen und den vermuteten Gründen bzw. Bezugspunkten der Diskriminierung zu fragen.

 

Daher fordern wir die sozialdemokratischen Senatsmitglieder und SPD Fraktion im Abgeordnetenhaus auf, sich dafür einzusetzen, dass

  1. regelmäßig eine repräsentative Erhebung erfolgen muss, die die Vielfalt in der Verwaltung misst. Dies muss gesetzlich verankert sein.
  2. Daten zu rassistischer Diskriminierung nicht nur in der Berliner Verwaltung, sondern z.B. auch im Hochschulbereich, in den Schulen, in den Kitas, dem Abgeordnetenhaus, etc. erfasst werden müssen.
  3. dieses Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdatenmonitoring sowohl innerhalb der Verwaltung als auch von externen Akteur*innen erfolgt. Dieses Monitoring muss in das Landesantidiskriminierungsgesetz oder Partizipations- und Integrationsgesetz mit aufgenommen werden.

 

[1] Seit 2006 erhebt BQN Berlin, das Berufliche Qualifizierungsnetzwerk für Migrantinnen und Migranten in Berlin, jährlich den Anteil der neu eingestellten Auszubildenden mit Migrationshintergrund im Öffentlichen Dienst, und seit 2010 auch bei den Betrieben mit Landesbeteiligung.
Die Statistik basiert auf einer Datenerhebung, die im Rahmen von Berlin braucht dich! durchgeführt wird.

[2] Aikins, Joshua Kwesi; Bartsch, Samera; Gyamerah, Daniel; Wagner, Lucienne (2018): „Diversität in öffentlichen Einrichtungen. Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten in der Praxis – Ergebnisse einer Piloterhebung unter Führungskräften der Berliner Verwaltung und landeseigenen Unternehmen” Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership, Citizens For Europe (Hrsg.), Berlin.

[3] Weiß ist bewusst kursiv geschrieben, um deutlich zu machen, dass es sich um eine politische Beschreibung und nicht um eine Farbbezeichnung handelt.

Antrag 174/II/2018 Für ein gerechtes und progressives Einwanderungsgesetz

13.10.2018

Forderungen:

Wir fordern die SPD auf, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Regierung, weiterhin für ein gerechtes und progressives Einwanderungsgesetz zu kämpfen. Dieses muss, um vollständig und seiner Wichtigkeit angemessen zu sein, Folgendes beinhalten:

  • Die Vorschläge, die im Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion schon enthalten sind, nämlich das Punktesystem nach kanadischen Vorbild mit einer Berücksichtigung auch für Nicht-Akademiker*innen, die Erlaubnis, die Kernfamilie mitzubringen und die Maßnahmen gegen Lohndumping, sind wichtig und sollen weiterhin erkämpft werden.
  • Außerdem muss sichergestellt werden, dass Aufenthaltstiteln nicht an bestimmten Arbeitsverträge geknüpft werden, denn das führt zu einer Situation, in der Arbeitnehmer*innen durch ihre prekäre Situation durch Arbeitgeber*innen erpressbar werden.
  • Erforderlich ist auch eine Verbesserung der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen und eine breitere Berücksichtigung von informell erworbenen Kenntnisse.
  • Ein Einwanderungsgesetz muss sich auch mit der globalen Ungerechtigkeit befassen, die, jenseits von Fluchtgründen, die größte Ursache für Migrationswünsche sind. Es ist die humanitäre Verantwortung von den reichsten Staaten wie Deutschland ihr entgegenzuwirken: durch mehr Entwicklungszusammenarbeit, internationale Friedenspolitik und einer gerechten Handelspolitik.
  • Migration hat auch gravierende Folgen für Entwicklungsländer, die dabei ihre schon nicht ausreichenden ausgebildeten Fachkräfte verlieren. Durch Partnerschaften mit Hauptherkunftsländern muss dafür gesorgt werden, dass die Konsequenzen dieses sogenannten Braindrains kompensiert werden. Die Möglichkeit der Rückwanderung muss auch immer bestehen, und einmal erworbene Aufenthaltstitel dürfen dafür nicht einfach verloren gehen, wenn Einwander*innen für eine Zeit lang in ihre Heimat zurückkehren. Wichtig ist auch, dass eine Portabilität der erworbenen Renten- und Sozialversicherungsansprüche möglich sein muss.
  • Von nicht weniger großer Bedeutung ist die global verbreitete Ungleichheit zwischen Männern und Frauen. Der ungleiche Zugang zu Bildung wird dazu führen, dass mehr Männer als Frauen die Kriterien des Punktesystems erfüllen werden. Maßnahmen gegen dieses Ungleichgewicht müssen auch unbedingt Teil eines Einwanderungsgesetzes sein.
  • Um ein diskriminierungsfreien, gerechten und seiner Zeit entsprechendem Einwanderungssystem zu gestalten, muss ein Einwanderungsgesetz auch Zuwanderungschancen für Menschen, die nicht die Kriterien des Punktesystems erfüllen, ermöglichen. Ein Weg dorthin ist, nicht nur die Arbeitszuwanderung, sondern auch die Bildungs- und Qualifizierungszuwanderung besser zu gestalten.
  • Dazu fordern wir ein einheitliches Online-Bewerbungssystem für das Auslandsstudium in Deutschland, eine Vereinfachung und Verbesserung der Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen und Hochschulzugangsberechtigungen, regulären Anspruch für Einwander*innen auf staatliche Leistungen wie BAföG oder Grundsicherung und einen Rechtsanspruch auf freiwillige Integrations- und Sprachkurse.
  • Für alle Einwander*innen ist es wichtig, dass Ihnen Informationskanäle und Beratungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, die in einfacher Form aus den Herkunftsländern zugänglich sein sollen.
  • Wichtiger Teil des kanadischen Modells ist die intensive Integrationsarbeit und auch hier in Deutschland müssen Programmen und Maßnahmen die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabe erweitern. Dazu gehört auch eine Revision des Wahl- und Staatsangehörigkeitsrechts.
  • Um die notwendigen Kosten der Implementierung aller Maßnahmen, die mit einem solchen Einwanderungsgesetz verbunden sind, mindestens teilweise zu decken, werden deutschen Unternehmen, die von der Zuwanderung profitieren werden, auch ihren Beitrag leisten müssen.
  • Wir fordern einen Spurwechsel gut integrierter Personen aus dem Asylverfahren in das Einwanderungsgesetz.
  • Und als Letztes: Ein Einwanderungsgesetz muss auch Einwanderungsgesetz heißen. Im heutigen Zustand unserer Demokratie muss die Politik auch zeigen, dass sie die Antworten auf die wichtigen Fragen der Zeit hat, und so ein umfangreiches Gesetz wäre ein wichtiges Zeichen dafür.

 

Antrag 106/II/2018 Mehrsprachige Info-Materialen für EU-Wahlkampagne 2019

13.10.2018

Die SPD Berlin wird aufgefordert, für die Vorbereitung der EU-Wahlkampagne 2019 Materialien in verschiedenen Sprachen als Flyer und online zur Verfügung zu stellen.

 

Die Sprachen, die für die EU-Wahlen strategisch am wichtigsten sind, insbesondere weil diese die größten Bevölkerungsgruppen in Berlin ansprechen, umfassen Polnisch, Italienisch, Bulgarisch, Französisch, Rumänisch, Spanisch, Griechisch, Kroatisch und Englisch, als allgemeine Sprache in der EU.

Antrag 195/II/2018 Frauengerechte Leitlinien für Wohnungslosenhilfe

13.10.2018

Der Berliner Senat und das Bezirksamt Mitte werden aufgefordert die Leitlinien von 1999 zur Wohnungslosenhilfe fortzuschreiben und dabei die Bedarfe von Frauen mit und ohne Kinder in der Wohnungslosenpolitik zu berücksichtigen.

Hierzu zählen u.a.:

  1. Wohnungslosenstatistik: Die Zahlen von wohnungslosen Menschen in Berlin sind zu erfassen. Basierend auf der Wohnungslosenstatistik müssen die besonderen Bedarfe von Frauen mit und ohne Kinder in Berlin bei der Wohungslosenhilfe ermittelt werden.
  2. Beratungsstellen für Frauen: Es muss ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen für Frauen in besonderen sozialen Schwierigkeiten entwickelt werden. Die Beratungsstellen müssen niedrigschwellig arbeiten, damit Frauen nicht erst ein Hilfsangebot wahrnehmen, wenn sie auf der Straße leben, sondern bereits dann, wenn es noch Möglichkeiten gibt, den Wohnungsverlust abzuwenden. Die Beratungsstellen müssen über qualifizierte Mitarbeiter*innen verfügen, die mit den spezifischen Gründen für die Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot von Frauen vertraut sind.
  3.  Frauen Wohnungsloseneinrichtungen: Die Vorhaltung von Wohnungsloseneinrichtungen ausschließlich für Frauen mit und ohne Kinder mit ausreichendem weiblichen Fachpersonal ist als Standard einzuführen und umzusetzen. Bei der Unterbringung ist darauf zu achten, dass Frauen mit ihren Kindern gemeinsam untergebracht werden können. Die Einrichtungen sollten zentral in der Nähe von Kitas und Schulen sowie Arbeitsstätten und Angeboten des ÖPNV liegen.
  4. Frauen- und kindergerechte gemischte ASOG Einrichtungen: Bei gemischten (Männer und Frauen) – ASOG Unterkünften müssen ausreichend frauen- und familiengemäße Gemeinschaftsflächen vorhanden sein. Es müssen Sozialarbeiter * innen mit vereinbartem Betreuungsschlüssel und frauen- und familiengemäßer Beratung vorhanden sein. Die ASOG-Standards müssen überprüft werden, ob sie kindergerecht und auch für Frauen passend sind.
  5. Barrierefreiheit in ASOG Einrichtungen: Frauen mit Beeinträchtigungen haben ebenso ein Recht auf Schutz und Hilfe, d.h. auch die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe haben barrierefrei gestaltet zu sein.

Antrag 126/II/2018 Berliner Unterstützungsmodell für Betroffene von Häuslicher Gewalt

13.10.2018

Der Senat und die Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden aufgefordert, eine Strategie für ein Berliner Unterstützungsmodell für Betroffene von Häuslicher Gewalt aufzusetzen, das folgendes berücksichtigt:

  • Mehr Beratungsstellen für Betroffene von Häuslicher Gewalt: Die Betroffenen sollten durch die Vermittlung einer Beratungsstelle psychische und psychologische Beratung, Sozialberatung auf dem Weg in die Trennung vom Partner, Hilfe bei der Bearbeitung von Anträgen für Sozialamt oder Jugendhilfe erhalten. Die Beratungsstellen sollen für die Betroffenen von Häuslicher Gewalt den Schutz des eigenen Lebensraums gewährleisten. Sie sollen unterstützen beim Finden einer sicheren Unterkunft, Rechtsbeistand leisten, Informationen und soziale Unterstützungsangebote zur Verfügung stellen.
  • Qualität der Beratungsstellen erhöhen: Ferner ist zu überprüfen, ob die Qualifikation der Beratenden und die finanzielle Ausstattung der Hilfeeinrichtungen ausreichen, um allen Hilfe suchenden zu unterstützen. So müssen in den Beratungsstellen auch Informationen und Beratungsangebote für Migrantinnen* in den unterschiedlichen Landessprachen angeboten werden, so dass Sprachbarrieren nicht dazu führen, dass die Frauen keine umfassende Aufklärung über ihre Rechte und Möglichkeiten der Unterstützung erhalten.
  • Mehr Frauenhäuser anbieten: Betroffenen von häuslicher Gewalt gemäß GewSchG Par. 2 (2), denen auf Antrag beim Familiengericht ein befristetes Recht zur alleinigen Nutzung der Wohnung eingeräumt wurde, die zuvor gemeinsam mit der gewalttätigen Person genutzt wurde, muss auch nach Ablauf der Nutzungsbefristung der Wohnung ein adäquater Ersatzraum (in Frauenhäusern, Zufluchtswohnungen für Frauen) zur Verfügung gestellt werden, das ihnen einen Schutz nach dem GewSchG gewährleistet. Die Anzahl der Frauenhäuser in Berlin sollte erhöht werden, um dem Bedarf gerecht zu werden.