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Antrag 174/I/2019 Gegen Gewalt und Rassismus – Mahnmale für die Opfer rechter Gewalt

21.02.2019

Vor fünf Jahren begann der NSU Prozess vor dem Oberlandgericht München. Das Ergebnis ist frustrierend:

 

Mit Ausnahme der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, wurden die Angeklagten von den meisten Vorwürfen freigesprochen. Die Strafen, die lächerlich niedrig ausfielen, sind ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen. Die Annahme, Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten alleine gehandelt und der NSU hätte nur aus diesen drei Personen bestanden und eine weitere Untersuchung und Aufklärung sei nicht nötig, ist durch mehrere im Prozess aufgeführte Beweise und offenen Fragen stark zu bezweifeln. So ist die Beteiligung von V-Leuten des Verfassungsschutzes nach wie vor unklar und der Verschluss wichtiger Akten für eine Dauer von 120 Jahren stellt eine schwere Behinderung der öffentlichen Aufklärung der NSU Morde dar. Mit dem Ende des Prozesses in München sind die abscheulichen Verbrechen des NSU und weitere Verwicklungen nicht aufgeklärt und es wurden mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.

 

Dieser Gerichtsprozess kann nur der Anfang der Aufklärungsarbeit sein und nicht das Ende!

Gerade jetzt, in Zeiten, in der aufkommender Nationalismus und offener Fremdenhass mehr und mehr in der Mitte der Gesellschaft toleriert und sogar akzeptiert werden. In diesen Zeiten müssen wir, als Jungsozialist*innen geschlossen dafür eintreten, dass rechte Gewalt immer und überall konsequent und ausdauernd verfolgt und bestraft wird. Nicht nur „große“ Gewaltdelikte, wie der NSU-Terror, sondern auch „kleine“ alltägliche Gewalt von rechts muss endlich konsequenter verfolgt werden.

 

Denn laut einer aktuellen Anfrage im Bundestag wurden für das Jahr 2017 zum Stichtag des 31. Januars 2018 insgesamt 20520 politisch rechtsmotivierte Straftaten gemeldet, davon 1130 Gewaltdelikte. Davon konnten 8938 (801 Gewaltdelikte) aufgeklärt werden: 2017 wurden von 1504 antisemitisch motivierten Straftaten 1412 Delikte der politisch motivierten Rechten zugeordnet. Davon wurden 576 Straftaten geklärt, 836 Straftaten blieben unaufgeklärt. Diese schlechte Aufklärungsrate ist eine Farce! Zu oft wird rechte Gewalt verharmlost, zu oft als verwirrte Einzeltaten abgetan, doch sie gehört, wie es auch die Zahlen belegen, für zu viele Menschen in Deutschland immer noch zum Alltag.

 

Jeder Fall von rechter Gewalt ist einer zu viel!

Wir, als Jungsozialist*innen dürfen diese Aufklärungsraten und die mehr als unzufrieden stellenden Ergebnisse des NSU Prozesses nicht hinnehmen und uns immer und überall für rigorose und intensive Verfolgung aller Straftaten von rechts einsetzen. Außerdem sind die Zusammenhänge des Nationalsozialistischen Untergrundes und des Verfassungsschutzes komplett offenzulegen und aufzuklären. Denn nur so kann die Gesellschaft wieder Vertrauen in Justiz und Rechtsstaat entwickeln. Denn genau das brauchen wir jetzt. Vertrauen in eine starke Demokratie, in der jeder Mensch frei, friedlich und ohne Angst leben kann.

 

Wichtig ist es, dass aufgezeigt wird, dass das Problem mit fremdenfeindlicher und menschenverachtender Gewalt kein Randphänomen in unserer Gesellschaft ist. Sondern ein großes Problem in der Mitte der Gesellschaft ist. Auch hier ist es unsere Aufgabe das Bewusstsein dafür, in die Gesellschaft zu tragen. Mit dem Ziel die rechte Gewalt aus unserer Gesellschaft zu verdrängen und irgendwann ganz verschwinden zu lassen.

 

Deshalb fordern wir eine Öffnung der Akten des NSU Terrors und lückenlose Aufklärung über sämtliche Vorgänge des NSU.

 

Um uns das Bewusstsein über die Gefahr der rechten Gewalt zu vergegenwärtigen, müssen der NSU-Terror und rechte Gewaltdelikte in der Schule aufgearbeitet und eingeordnet werden. Wir brauchen mehr Kampagnen, die Jugendliche direkt erreichen und für dieses Thema sensibilisieren. Jugendliche wie auchz Erwachsene müssen einen direkten physischen Bezugspunkt haben, der an rechte Gewalttaten erinnert, darum fordern wir ein Mahnmal für die Opfer rechter Gewalt in allen Kreis- und kreisfreien Städten der Bundesrepublik Deutschland und überall dort, wo Menschen Opfer rechter Gewalt wurden. Die Konzipierung, Gestaltung und Errichtung dieser Mahnmale  sollen zugleich Auftakt einer ernsthaften Auseinandersetzung mit rechter Gewalt sein. Für die Konzipierung und Errichtung der Mahnmale sollen sowohl Betroffenenverbände und migrantische Organisationen, als auch explizit Anwohner*innen und Schulenaus dem jeweiligen Landkreis miteinbezogen und zur aktiven Mitgestaltung miteinbezogen werden. Für die Konzipierung unter Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein angemessener Zeitraum einzuplanen. Somit sollen lokale Debatten in Gang gesetzt und ein Bewusstsein für alle Folgen von Rassismus geschaffen werden.

 

Wir fordern die Errichtung eines Denkmals für die Opfer der NSU-Verbrechen vor dem Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat. Die Ausgestaltung des Denkmals soll daran erinnern, dass rechte Gewalt kein Problem der Vergangenheit ist, sondern auch in unserer heutigen Gesellschaft vehement bekämpft werden muss. Die Namen der Opfer sollen hierbei genannt werden. Erst das Personalisieren der Opfer zeigt das zerstörerische Ausmaß rassistisch motivierter Taten. Das Errichten dieses Denkmals gerade vor dem Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat ist ein Zeichen gegen Rassismus und zeigt eine klare Positionierung entgegen der rechten Ideologie der Täter*innen, welche eben diese Heimat ihren Opfern abzusprechen sucht. Gleichzeitig soll es als Mahnmal an die Verantwortung der Behörden und des Staates dienen, die Bürger*innen und alle in der Bundesrepublik lebende Menschen vor rechtem Terror zu schützen. Rechte Gewalt ist ein schwerwiegendes Problem der Inneren Sicherheit, die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung muss somit auch zentral hervorgehoben werden.

 

Außerdem fordern wir die Schaffung von Mahnmalen an den Orten, an denen der NSU-Terror stattfand, die zum Widerstand gegen Faschismus, Rassismus und Menschenverachtung aufrufen.

Antrag 212/I/2019 Entgeltfreier ÖPNV

21.02.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder des AGH und des Senats von Berlin werden aufgefordert, Initiativen zu starten, damit der ÖPNV schrittweise entgeltfrei wird.

Antrag 215/I/2019 VBB-Tarifsystem ändern

21.02.2019

Die sozialdemokratischen Mitglieder des AGH und des Senats von Berlin werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass Folgendes umgesetzt wird:

Der gelöste Einzelfahrschein gilt zwei Stunden im Bereich der gelösten Zone des VBB, egal in welcher Richtung.

Antrag 181/I/2019 Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerkskörpern an Laien prüfen

21.02.2019

(Prüfantrag)

Die Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus Berlin und die Sozialdemokratischen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, zu prüfen, welche gesetzlichen Regelungen auf Landesebene möglich sind, Menschen, Tiere und Gebäude vor Feuerwerksschäden zu schützen. Über den Antrag der der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 18/1526 vom 05.12.2018) hinaus ist neben möglichen lokalen bzw. bezirklichen Beschränkungen zu prüfen, ob und inwieweit ein generelles Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk an Laien  realisiert werden kann.

Antrag 183/I/2019 Politik und Verwaltung in Berlin: Steuerung in einer Millionenstadt mit zweistufiger Verwaltung

18.02.2019

Wir wollen, dass Berlin ein Vorbild für eine gute und effiziente Verwaltung wird.

Die Berliner Verwaltung ist Dienstleisterin für die Einwohner*innen. Diese erwarten von der Politik zu Recht, dass die Berliner Verwaltung funktioniert und sie die Dienstleistungen effektiv und effizient möglichst vor Ort in den Bezirken erhalten. Aus ihrer Sicht ist es egal, welche Verwaltung die Dienstleistung erbringt. Ihnen geht es darum, ihr Anliegen schnell und richtig klären zu können. Auch wenn es banal klingt: wenn es um gesamtstädtische Steuerung geht, steht an erster Stelle die Frage, ob die handelnden Akteur*innen in Politik und Verwaltung bereit sind, jeweils in ihren Bereichen Verantwortung zu übernehmen, die Dienstleistungen in den Bezirken zu erbringen und in den Senatsverwaltungen zu steuern. Das Verantwortungs-PingPong zwischen Bezirken und Hauptverwaltung muss ein Ende haben. Die Bürger*innen sind es zu Recht leid. Uns ist bewusst, dass ohne eine gute Verwaltung gute Politik nicht umgesetzt werden kann. Wir wollen in die Menschen, die für Berlin arbeiten, investieren.

2020 feiert die Einheitsgemeinde Berlin ihren 100. Jahrestag. Berlin ist Stadt und Land zugleich, staatliche und gemeindliche Tätigkeit werden in Berlin nicht getrennt. Nach Art. 67 der Verfassung von Berlin nimmt der Senat mit den Hauptverwaltungen nur die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung, die Bezirke alle anderen kommunalen Aufgaben wahr.

 

Einheit und Vielfalt bewahren

Die SPD Berlin bekennt sich zur Eigenständigkeit der bezirklichen Entscheidungsträger*innen und der Bezirksverwaltung. Sie bekennt sich jedoch genauso zu einer gesamtstädtischen Verantwortung des Senats. Diese beinhaltet eine Steuerung der bezirklichen Aufgabenerfüllung bei gleichzeitiger auskömmlicher Ressourcenzuweisung an die Bezirke durch das Abgeordnetenhaus von Berlin.

Wichtig ist dabei, nicht nur die Arbeit der Bezirke, sondern auch die Arbeit der Senatsverwaltungen kritisch zu begleiten. Eine der Kernaufgaben der Senatsverwaltungen ist die gesamtstädtische Steuerung. Hier besteht in etlichen Bereichen Nachholbedarf. Zwar setzt die Berliner Verfassung den Steuerungsmöglichkeiten des Senats gegenüber den Bezirken Grenzen. Allerdings werden die bestehenden fachlichen und politischen Steuerungsmöglichkeiten bislang nur wenig genutzt.

 

Die gesamtstädtische Steuerung ausbauen

Schon in dieser Legislaturperiode sollen Fortschritte bei der Verwaltungssteuerung erkennbar werden. Andererseits erfordern weitergehende Veränderungen eine Änderung der Berliner Verfassung. Die Verfassung zu ändern, setzt einen transparenten beteiligungsorientierten Diskussionsprozess voraus. Die SPD spricht sich deshalb für eine stufenweise Weiterentwicklung der gesamtstädtischen Steuerung von Politik und Verwaltung aus.

Die SPD Berlin fordert den Senat auf, in dieser Legislaturperiode für die Steuerung der Bezirksverwaltungen die bestehenden Steuerungsmöglichkeiten der Bezirke aktiv anzuwenden und die Wirksamkeit zu evaluieren. Hieraus sollen dann ganzheitliche Vorschläge für ggf. verfassungsändernde Veränderungen erfolgen.

Zu den bestehenden gesamtstädtischen Steuerungsmöglichkeiten gehören:

  • Steuerung durch Rechtssetzung (Erlass von Verordnungen; Einbringung von Gesetzen ins Parlament),
  • Verwaltungsinterne Instrumente (Erlass von Verwaltungsvorschriften und Rundschreiben) und – mit der Möglichkeit eines standardisierten Fach-Controllings,
  • Steuerung durch Kooperation (zum Beispiel Zielvereinbarungen und Projektarbeit),
  • Bezirksaufsicht (bei rechtswidrigem Handeln der Bezirke und bei Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften),
  • Eingriffsrecht nach § 13a Abs. 1 AZG (im Einzelfall bei „dringenden Gesamtinteressen“; zuständiges Senatsmitglied hat danach Informations- und Weisungsrecht bzw. kann die Aufgabe an sich ziehen (Eintrittsrecht),
  • Fachaufsicht (anstelle des Eingriffsrechts; kann einfachgesetzlich erreicht werden),
  • Zuweisung von Haushaltsmitteln.

 

Zielvereinbarungen gesetzlich verankern

Für die Verbesserung der Steuerungsmöglichkeiten in Bezug auf die politische Steuerung hält die Berliner SPD die Einführung von für beide Seiten verbindlichen Zielvereinbarungen zwischen Senat und Bezirken für sinnvoll.

Bereits in den vergangenen Jahren wurde bei verschiedenen fachlichen Fragen das Instrument der Zielvereinbarungen zwischen Senatsverwaltungen und Bezirken genutzt. In vielen Fällen hat es sich als eine Möglichkeit der Steuerung der Verwaltung bewährt.

Um dem Instrument Zielvereinbarungen die nötige Verbindlichkeit zu verleihen, schlägt die SPD Berlin eine gesetzliche Verankerung im Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) vor.

Damit die Einhaltung der Zielvereinbarungen überprüft werden kann, ist ein Controllingsystem mit geeigneten Anreiz- und Sanktionsinstrumenten zu etablieren. Sollte dies nicht fruchten – oder sich ein Bezirk bewusst weigern, die Zielvereinbarung umzusetzen – kann das bestehende Eingriffsrecht gem. § 13a AZG genutzt werden. Alternativ kann bei entsprechender gesetzlicher Verankerung fachaufsichtlich interveniert werden.

Ressortübergreifende Zielvereinbarungen sollen in Zukunft zu dem bestimmenden Steuerungsinstrument bei der Umsetzung der Schwerpunkte der Regierungspolitik entwickelt werden. Verhandlungsführer*in auf den Seiten des Bezirks ist der/die Bezirksbürgermeister*in, auf Seiten des Berliner Senats der/die Regierende Bürgermeister*in. Weil die zu realisierende Ziele und die Bereitstellung der dafür erforderlichen Ressourcen unmittelbar zusammenhängen, muss der Prozess der Erarbeitung der Zielvereinbarung mit der Erstellung des Landeshaushaltes synchronisiert werden.

Für die Umsetzung dieses Konzeptes muss die Position der Bezirksbürgermeister*in innerhalb des Bezirksamtes so verändert werden, dass er/sie diese Rolle erfolgreich wahrnehmen und zugleich eine anschließende Umsetzung der Zielvereinbarung kontrollieren und ggf. sanktionieren kann. Derzeit hätte der/die Bezirksbürgermeister*in nämlich nur sehr geringe Möglichkeiten, die Erfüllung der Zielvereinbarung im Bezirksamt durchzusetzen.

Zielvereinbarungen sind keine Einbahnstraße. Das bedeutet, dass auch der Senat seine Verpflichtungen erfüllen muss. Auch den Bezirken muss daher die Möglichkeit eröffnet werden, den Senat zur Einhaltung der Zielvereinbarung anzuhalten. Der/die Regierende Bürgermeister*in überwacht die Einhaltung der Richtlinien der Regierungspolitik und verfügt über eine Richtlinienkompetenz. Bei Nichteinhaltung der Zielvereinbarung aus Sicht eines oder mehrerer Bezirke ist der/die Regierende Bürgermeister*in daher die richtige Ansprechperson.

Bei Aufgabenbereichen, bei denen mehrere Behörden gleiche oder ähnliche Zuständigkeiten haben, werden wir prüfen, ob und wie eine Vereinheitlichung möglich und sinnvoll ist und diese durch die notwendigen gesetzlichen Änderungen umsetzen. Für einzelne, ausgewählte Aufgaben aus den Fachämtern „Stadtentwicklungsamt“, „Straßen- und Grünflächenamt“, „Jugendamt“, „Amt für Soziales“ und „Gesundheitsamt“ sollen Zielvereinbarungen zu Standardisierungen mit den zuständigen Senatsverwaltungen abgeschlossen werden. Diese sollen auf Grundlage des Produktkatalogs der Bezirke in einem ähnlichen Verfahren herausgearbeitet werden.

Darüber hinaus muss gutes Verwaltungshandeln auch belohnt werden. Denkbar ist die Einführung einer Auszeichnung für gutes Verwaltungshandeln.

 

Bestehende Aufsichtsrechte evaluieren und fortentwickeln

Es bedarf einer grundsätzlichen Diskussion über die Bezirksaufsicht und über das bestehende Eingriffsrecht. Die Wiedereinführung der Fachaufsicht zwingt die Senatsverwaltungen zur Steuerung, hat aber nach der Berliner Landesverfassung die Abschaffung des Eingriffsrechts zur Folge. Entscheidend ist die durchgreifende und umfassende Optimierung der gesamtstädtischen Steuerung. Gelingt dies mit dem bestehenden Instrumentarium, kann auf die Fachaufsicht weiter verzichtet werden.

 

Gesamtstädtische Aufgaben in einer Hand

Nach Art. 67 Abs. 1 der Verfassung von Berlin nimmt der Senat durch die Hauptverwaltung die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung wahr und kann daher auch einzelne Aufgabenbereiche, die zwingend einer Durchführung in unmittelbarer Regierungsverantwortung bedürfen, selbst wahrnehmen. Darüber hinaus können gemäß Art. 67 Abs. 3 der Verfassung von Berlin Aufgaben des Senats außerhalb von Leitungsaufgaben durch Gesetz bestimmt werden.

Für die gesamtstädtische Steuerung bedeutet dies, dass anstelle einer Steuerung auch eine Aufgabenwahrnehmung durch den Senat selbst erfolgen kann. Die bestehenden Möglichkeiten sollen verstärkt genutzt werden, soweit eine einheitliche Steuerung des Verwaltungshandelns und Erbringung der Dienstleistungen nicht gewährleistet wird.

 

Projektsteuerung und Taskforce ausbauen

Befristete, verwaltungsübergreifende Projekte werden auch in Zukunft in Abgrenzung von sogenannten Linienaufgaben durchgeführt. Für eine erfolgreiche Projektarbeit ist eine klare Aufteilung der Rollen und Verantwortlichkeiten unerlässlich. Deshalb soll das Projektmanagementhandbuch des Landes Berlin auf seine Aktualität hin überprüft und an ggf. veränderte Anforderungen angepasst werden.

Darüber hinaus soll die Taskforce als Instrument für außergewöhnliche Herausforderungen genutzt werden, wenn Situationen eintreten (wie z.B. 2015 bei der Unterbringung der Flüchtlinge), die normale Verwaltungsstrukturen überfordern, aber unterhalb des Katastrophenfalls liegen.

Die Möglichkeiten, befristete, verwaltungsübergreifende Projekte und kurzfristig eine Taskforce unter bestimmten Voraussetzungen einzurichten und damit bestimmte Verfahrensabläufe und Zuständigkeiten zeitlich befristet zu vereinfachen bzw. durch Beschluss des Senats anzupassen, sollen ebenfalls im AZG verankert werden.

 

Mehrfachzuständigkeiten systematisch abbauen

Wir wollen noch in dieser Wahlperiode die Verwaltungsprozesse vereinfachen und Doppelzuständigkeiten abschaffen.

Insgesamt wollen wir Verwaltungsprozesse auf Effizienzreserven prüfen, z.B. ob sie nicht in weniger Zwischenschritten und in kürzerer Zeit erbracht werden können. Doppel- bzw. Mehrfachzuständigkeiten müssen gezielt identifiziert und abgebaut werden. Dafür wollen wir den Aufgabenkatalog der Bezirke und des Landes entsprechend überarbeiten, damit wir zu einer klareren Aufgabenverteilung kommen.

 

Zuweisungen und Controlling von Haushaltsmitteln überprüfen

Die Steuerung der Dienstleistungen erfolgt auch durch gezielte Zuweisungen von Haushaltsmitteln. Das Budgetierungssystem der bezirklichen Haushaltszuweisung muss hinsichtlich finanzieller Fehlanreize überprüft und weiterentwickelt werden. Hierbei kann auch die Globalsummensystematik der Bezirke auf den Prüfstand gestellt werden. Die SPD erwartet noch in dieser Legislaturperiode Vorschläge des Senats und der Bezirke.

 

Rat der Bürgermeister stärken

Die Steuerungsrolle des Rats der Bürgermeister (RdB) soll mit einer größeren Verantwortung und Kompetenz gestärkt werden. Beschlüsse des RdB tragen zur Vereinheitlichung des Handelns der Bezirke bei. Daher ist zu prüfen, ob bzw. wie Beschlüsse des RdB auch alle Bezirke – im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit – im Sinne einer Gesamtverantwortung binden können. Dabei ist auf die Grundsätze der Selbstverwaltung zu achten. Damit kann die politische Rolle der Bezirksbürgermeister*innen im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schranken gestärkt werden.

 

Die Berliner Verwaltungsstruktur weiterentwickeln

Weitergehende Veränderungen an der Verwaltungsstruktur machen eine Änderung der Berliner Verfassung notwendig. Wir fordern die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus auf, einen fraktionsübergreifenden Verfassungskonvent zu initiieren, um über die Grundstrukturen der Berliner Verwaltung und mögliche Verfassungsänderungen zu diskutieren.

 

Bessere Zusammenarbeit zwischen den Senats- und den Bezirksverwaltungen

Der von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedliche Zuschnitt der Abteilungen stellt ein wesentliches Hindernis für die Steuerung des Verwaltungshandelns dar. Insbesondere die Doppelstruktur der Fachausschüsse des Rats der Bürgermeister und der Fachstadträtesitzungen führt zu erheblichen Verzögerungen in den Beratungsprozessen.

Um hier zu einer Beschleunigung zu kommen, wollen wir einen einheitlichen Zuschnitt der Abteilungen der Bezirksämter gesetzlich festlegen. Im Zuge dieses Gesetzesvorhabens wollen wir außerdem die Zahl der Abteilungen auf sechs erhöhen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass die erhöhten Anforderungen der wachsenden Stadt dies erforderlich machen.

Die Fachberatungen in den Ausschüssen des Rates der Bürgermeister wollen wir mit den monatlichen Fachstadträtesitzungen zusammenführen. Die Senatsverwaltungen bringen ihre Themen ebenfalls in diese Sitzungen ein.

Politische Mehrheiten begründen politische Verantwortung. Deshalb setzen wir uns im Rahmen des von uns vorgeschlagenen Verfassungskonvents dafür ein, das politische Bezirksamt einzuführen und damit auch in den Bezirksämtern das Mehrheitsprinzip anzuwenden.

 

Kontrollmöglichkeiten der Bezirksverordnetenversammlungen stärken

Die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV’en) und Bezirksämter spüren die wachsende Stadt in den unterschiedlichsten Bereichen und in den unterschiedlichsten Arten und Weisen. Die Aufgaben sind in den letzten Jahren vielfältiger und komplexer geworden. Die Arbeitsbelastung für die/den Einzelne*n – sei es haupt- oder ehrenamtlich – nimmt spürbar zu. Das berechtigte Interesse nach mehr Beteiligung der Bürger*innen, der Wunsch nach nah- und ansprechbaren Politiker*innen und die Digitalisierung von Politik und Verwaltung führen zu immer größeren Ansprüchen an die handelnden politisch Verantwortlichen.

Wer zurecht den Anspruch formuliert, dass es nicht nur verwaltende und reaktive Bezirksverordnetenversammlungen und Bezirksämter geben soll, sondern gestaltende und proaktive, der muss die Bedingungen hierfür verbessern.

Dazu müssen die BVV-Büros gestärkt und besser ausgestattet werden. Hierzu gehört eine bessere Personalausstattung, damit die Arbeit in den Ausschüssen und die der Vorsteher*in besser unterstützt werden kann. Wir werden die Aufwandsentschädigung der BVV-Mitglieder und des/der Vorsteher*in erhöhen, um die Arbeit in der BVV attraktiver zu machen und den Einsatz der ehrenamtlich tätigen BVV-Mitglieder zu honorieren.

Generell sollten alle BVV-Fraktionen auf den wissenschaftlichen Dienst des Abgeordnetenhauses zurückgreifen können, so dass es auch hier zu Entlastungen der einzelnen Verordneten kommen kann.

Die Bezirksverordnetenversammlungen sollen mit stärkeren Kontrollrechten ausgestattet werden. Das würde die Arbeit der Bezirksverordnetenversammlungen, aber auch der Bezirksämter, aufwerten und die Demokratisierung von verwaltungstechnischem Handeln befördern.

 

Digitalisierung – Chance für ein verändertes Rollenverständnis zwischen Verwaltung und Bürger*innen

Einstellungen zu und Erwartungen an die öffentliche Verwaltung und die Politik haben sich durch die Digitalisierung erheblich verändert. Servicequalität, Transparenz und Partizipation an Entscheidungen von Verwaltung und Politik werden heute selbstverständlich eingefordert. Verwaltung und Politik müssen deshalb ebenfalls ein neues Rollenverständnis entwickeln. Das verlangt von der Verwaltung, nicht nur zu erklären, sondern Kooperation zu ermöglichen, und von sich aus auf Bürger*innen aktiv zuzugehen. Eine Verwaltung, die sich als Partner*in auf Augenhöhe versteht, unterstützt die verschiedenen Akteur*innen im Bezirk bei der Vernetzung und Interessensvertretung, beim Aufbau geeigneter Plattformen oder Netzwerke für Kooperation und Innovationen. Sie versteht die aktive Beteiligung der Bürger*innen als Gewinn.

Dienstleistungen erbringt eine solche Verwaltung souverän, zuverlässig, schnell – und auf Wunsch -selbstverständlich digital und barrierefrei. Die Berliner Verwaltung muss hier nicht nur technologisch aufholen, die elektronische Akte einführen und Online-Angebote ausweiten, sondern Organisation und Prozesse so anzupassen, dass sie neuen und dem gewandelten Rollenverständnis gerecht werden. Insbesondere die Kommunikation zu Bürger*innen ist der Schlüssel für ein gutes Miteinander. Genau hier bieten sich aber auch durch den technologischen Fortschritt die meisten Chancen.

Die in Berlin vielfältig vorhandenen Innovationskompetenzen gilt es zu nutzen – wir setzen es uns zum Ziel, hier nicht nur aufzuholen, sondern in eine Vorreiterposition zu kommen. Das CityLab ist dabei ein Anfang, es gilt, Aufgaben und Arbeitsprozesse der Verwaltung auf Dauer systematisch zu modernisieren und gewonnene Erkenntnisse flächendeckend in der Verwaltung zu implementieren – und dabei Kund*innen der Verwaltung sowie Expertise der Wirtschaft und Wissenschaft einzubeziehen.

Ziel muss sein, dass die Berliner Verwaltung nicht nur den Anschluss an die Gegenwart erreicht, sondern auf Dauer in der Lage ist, sich auf künftige Änderungen einzustellen. Vorausschauende Politik muss aber auch frühzeitig Trends erkennen und unterstützen.

 

Lebenslagen in den Vordergrund rücken

Wir wollen die Lebenslagen der Bürger*innen in den Vordergrund rücken. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass das Krankenhaus die Geburt eines Kindes automatisch direkt an die Verwaltung meldet und dann in einem Schritt alle notwendigen Anträge ausgelöst werden – egal, welches Amt zuständig ist. Wir nutzen die Chance des im letzten Jahr beschlossenen Onlinezugangsgesetz des Bundes, gemeinsam mit dem Bund und den anderen Ländern die häufigen Lebenslagen so in Verwaltungshandeln umzusetzen, dass der damit verbundene Aufwand für die Betroffenen auf ein Minimum reduziert wird und online verfügbar ist.

 

Transparenz

Durch die Digitalisierung bieten sich auch vielfältige Möglichkeiten zum Ausbau der Mitbestimmungsmöglichkeiten und transparenteren Kommunikation mit den Bürger*innen. Das Informationsgefälle zwischen Verwaltung und Bürger*innen ist dabei nicht mehr zu halten: Ziel muss sein, allen Akteur*innen möglichst den gleichen Zugang zu Informationen zu ermöglichen und sich diesem Ziel in der Praxis schrittweise zu nähern.

Wir brauchen daher einen Mentalitätswandel in der Verwaltung, was Informationen und Daten anbetrifft, der aus der „Holschuld“ der Bürger*innen eine Bringschuld der Verwaltung macht.

Informationen zu bestimmten kommunalen Vorhaben oder aus dem Kiez sollen künftig ebenfalls online abgerufen werden können. Beispielsweise kann man so vorab online erfahren, an welchem Punkt der Umsetzung sich ein öffentliches Bauvorhaben befindet. Getroffene Entscheidungen können so frühzeitig wie möglich kommuniziert werden, auch, um offen darüber zu informieren, wo z.B. die Grenzen von Beteiligung liegen. Die Plattform dafür existiert bereits: www.meinberlin.de.

In vielen Bezirken sind darüber hinaus umfangreiche Informationen bereits online verfügbar. Was fehlt, sind eine einheitliche Struktur und eine komfortable Suchfunktion – und eine Verwaltung, die wie oben beschrieben, aktive Information und frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit als ihre normale Aufgabe ansieht.

 

Ein anderer Umgang mit Daten ermöglicht andere Entscheidungen

Wenn es um digitale Daten geht, dann wird dies oft unter dem Gesichtspunkt diskutiert, wie man auch unter den geänderten Bedingungen Datenschutz gewährleisten kann. Das ist richtig und wichtig. Aber gleichzeitig sind wir gefordert, Strategien zu entwickeln, die Chancen der Datenerhebung für das Gemeinwohl zu nutzen. Digitale Daten ermöglichen auch neue Möglichkeiten, auf Basis von datengetriebenen Analysen, Entscheidungen besser vorzubereiten und sie genauer und vorausschauender zu treffen. Wir wollen deshalb den flächendeckenden Ausbau eines Netzes von Sensoren in der öffentlichen Infrastruktur fördern, um zielgerichtet und systematisch Informationen z.B. zum Thema Mobilität generieren zu können. Voraussetzungen für dieses Open-Data-Prinzip sind die Verfügbarkeit und Aufbereitung von entscheidungsrelevanten Daten für Verwaltung, Politik, Bürger*innen und Wirtschaft. Das E-Government-Gesetz hat hierfür die gesetzliche Grundlage geschaffen.

 

Ressortübergreifendes, vernetztes Arbeiten

Digitalisierte Prozesse ermöglichen auch digitale Kollaboration: Wenn alle Behörden über alle Ebenen durch Schnittstellen vernetzt sind und übergreifend Daten auswerten können, verbessert sich auch die Zusammenarbeit. Mehr als in der Vergangenheit besteht die Notwendigkeit, dass Projekte und Dienstleistungen auch ressortübergreifend erbracht werden, gerade, wenn man sich stärker an Lebenslagen und nicht an formalen Zuständigkeiten orientieren will.

 

Dezentralisierung

Die Digitalisierung der Verwaltung erlaubt die Dezentralisierung von Dienstleistungen für Bürger*innen. In einzelnen Behörden zeigt die Berliner Verwaltung bereits heute, dass eine Vielfalt an Dienstleistungen durch digitale Prozesse aus einer Hand erbracht werden können. Wir wollen die hierin liegenden Chancen nutzen und künftig mit dezentralen ServiceZentren, die sich an Kiezstrukturen orientieren, die Dienstleistungen und damit die Berliner Verwaltung wieder näher zu den Bürger*innen bringen.

 

Digitalisierungskompetenzen für alle stärken

Mitarbeiter*innen des öffentlichen Dienstes müssen zu Partner*innen im Digitalisierungsprozess der Verwaltung werden und ihn aus ihren Erfahrungen heraus mitgestalten können. Es darf nicht der Eindruck entstehen, sie würden von einer Entwicklung „überrollt“. Digitalisierungskompetenz der Mitarbeiter*innen auf allen Ebenen ist die Grundvoraussetzung dafür, dass nicht nur technische Kompetenzen erworben werden, sondern dass die Beschäftigten auch in der Lage sind, sich auf die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen (gewandelte Rollen und Kommunikationsbedürfnisse der Bürger*innen) einzustellen. Die Inhalte und Formen der Aus- und Fortbildung des Landes Berlin sind konsequent darauf auszurichten.

Wir sehen es darüber hinaus als öffentliche Aufgabe, die Bürger*innen im digitalen Wandel zu begleiten. Gerade für viele ältere Menschen ist es oft nicht einfach, sich im Internet zurechtzufinden. Zum einen erwächst zwar aus der Digitalisierung eine große Chance, Anwendungen und Webauftritte so weiterzuentwickeln, dass sie auch für diejenigen einfacher nutzbar sind, für die das Internet nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln ist. Zum anderen wird es aber diejenigen geben, die auf Hilfsbereitschaft und auf einen direkten Austausch von Angesicht zu Angesicht angewiesen sind. Daher wollen wir den Ausbau einer öffentlichen Assistenzinfrastruktur fördern und dazu beitragen, dass allen der technische Fortschritt zugutekommt.

 

Bündelung der Kompetenzen

Alle beschriebenen Maßnahmen können nur funktionieren, wenn sie einer Strategie aus einem Guss folgen und technisch einheitlich umgesetzt werden. Mit dem E-Government-Gesetz haben wir die Voraussetzungen geschaffen, für die nötige Vereinheitlichung zu sorgen. Jetzt gilt es, dies konsequent und flächendeckend umzusetzen.

 

Ohne gutes Personal gibt es auch keine gute Verwaltung

Die Mitarbeiter*innen des öffentlichen Dienstes (ÖD) sind die wichtigste Ressource für die Erbringung von Dienstleistungen für die Bürger*innen. Die Bürger*innen erwarten als Steuerzahler*innen einen leistungsfähigen sowie einen effizient handelnden Staat mit einer Verwaltung, die für sie gute, rechtssichere und kundenorientierte Leistungen erbringt.

Die Berliner Verwaltung steht jedoch häufig wegen langer Wartezeiten in starker öffentlicher Kritik. Die Kritik betrifft nicht allein die Personalausstattung, sondern teilweise auch die räumliche und technische Ausstattung der Verwaltung. Zudem haben sich viele Organisationsstrukturen in der Berliner Verwaltung herausgebildet, die dazu beitragen, dass die Entscheidungsprozesse zu kompliziert sind und zu lange dauern.

Die notwendigen Sparmaßnahmen zur Sanierung des Berliner Landeshaushalts hatten erhebliche Auswirkungen auf die Berliner Verwaltung und ihre Beschäftigten, die sich in einer rasant wachsenden Stadt erheblichen Herausforderungen zu stellen haben.

In den Koalitionsverhandlungen haben wir einen unserer Schwerpunkte auf eine leistungsfähige und ausfinanzierte Verwaltung mit gut ausgebildetem und motiviertem Personal gelegt.

Der rot-rot-grüne Senat hat in den letzten zwei Jahren viele der in der Koalitionsvereinbarung verabredeten Maßnahmen bereits erfolgreich umgesetzt. Um einige Beispiele zu nennen:

  • Das Stellenbesetzungsverfahren wurden verkürzt,
  • in vielen Senats- und Bezirksverwaltungen wurde das E-Recruitingverfahren implementiert,
  • die Arbeitgeberinnenmarke „Hauptstadt machen“ wurde deutlich und sichtbar weiterentwickelt.
  • Fast alle Jobangebote des Landes Berlin sind auf dem Karriereportal zu finden,
  • die Anzahl der Ausbildungsplätze hat sich deutlich erhöht,
  • die Einstellungshöchstaltersgrenze wurde nach oben gesetzt,
  • die Dienstvereinbarung Personalmanagement wurden mit dem Hauptpersonalrat abgeschlossen und
  • das System Wissenstransfer ist nunmehr ein fest geregeltes und überall durchgeführtes Verfahren.

Wir müssen weiterhin dafür sorgen,

  • dass das entsprechend qualifizierte Personal für die Verwaltung gewonnen,
  • die wachsende Stadt gestaltet sowie
  • die Digitalisierung als Großprojekt angenommen und die sich daraus ergebenden die Chancen der Digitalisierung für bürgerorientierte Dienstleistungen genutzt werden.

Die Berliner Verwaltung steht – schon aufgrund der noch immer bestehenden dramatischen haushaltspolitischen Auswirkungen der Jahre 2002 bis 2014 – nach wie vor mit einer deutlich geschrumpften und eingesparten Verwaltung vor großen Herausforderungen. Parallel dazu ist die Bevölkerung Berlins allein in den letzten sechs Jahren um rund 300.000 Einwohner*innen angewachsen und wächst noch weiter. Die Leistungseffizienz ist noch gering und der Krankenstand des Personals ist noch zu hoch. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, brauchen wir gutes und motiviertes Personal als Garant einer funktionierenden Verwaltung.

Der öffentliche Dienst hat sich in den vergangenen zwei Jahren als sehr großer Arbeitgeber auf dem Berliner Arbeitsmarkt zurückgemeldet. Mit (in 2017) über 7.500 Neueinstellungen ist das Land Berlin bereits mitten in zwei sich gegenseitig verstärkenden Phasen angekommen: der des Ausscheidens stärker Jahrgänge und der des zahlenmäßigen Verwaltungsaufbaus für die wachsende Stadt. Auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung setzt die SPD auf eine konsequente Umsetzung und Weiterentwicklung bestehender Konzepte und Vorschläge zur Personalgewinnung und -entwicklung in der Berliner Verwaltung.

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Berliner Senats werden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die nächsten zwei Jahren alle Maßnahmen zur Personalgewinnung mit hoher Priorität umgesetzt werden, damit die Leistungsfähigkeit der Berliner Verwaltung weiter gestärkt wird.

Die Berliner Verwaltung steht als Arbeitgeberin in einer enormen Konkurrenz zu vielen anderen Arbeitgeber*innen innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes und muss daher deutlich attraktiver werden, um gutes Personal zu gewinnen und zu halten.

Daher müssen zügig

  • die Weiterentwicklung der transparenten überregionalen Ausschreibungen, wobei Sammelausschreibungen eine besondere Bedeutung zu kommt, realisiert werden,
  • die Einstellungsprozesse bis 2021 auf drei Monate ab Ausschreibung verkürzt werden,
  • die familien- und lebensgestaltungsfreundlichen Arbeitsbedingungen verbessert werden, wobei zukünftig mobiles Arbeiten und Telearbeit regelmäßig ermöglicht werden soll, ebenso kommen alle Teilzeitmodelle in Frage,
  • die Bezahlung der Beschäftigten verbessert werden,
  • die Aufstiegsmöglichkeiten einschließlich des Verwendungsaufstieg und der Laufbahnwechsel deutlich vereinfacht werden,
  • einheitliche Stellenbewertungen und transparente Verfahren zur Rekrutierung geschaffen werden,
  • die Ausbildungskapazitäten deutlich erhöht,
  • ein Anreizsystem entwickelt werden, das die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen und guter Ausbildung durch zusätzliche Sach- und Personalmittel honoriert, der Zugang für motivierte und kompetente Quereinsteiger*innen in Beamten- oder Tarifbeschäftigtenverhältnisse geöffnet und attraktiv gestaltet werden. Dazu müssen die Möglichkeiten des Tarif- und Laufbahnrechts konsequent genutzt bzw. entsprechend weiterentwickelt und bestehende laufbahnrechtliche Hindernisse für den Einstieg und den Laufbahnwechsel konsequent abgebaut werden. Wo nötig, sollten berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden, um etwaige Laufbahnbefähigungen zu erwerben.
  • auch die Anstellung von EU-Bürger*innen im Beamtenverhältnis (§ 7 Beamtenstatusgesetz) genutzt werden,
  • eine wertschätzende Mitarbeiter*innenkultur („Gut ankommen in der Verwaltung“) beim Übergang von der Schule in die Verwaltungswelt etabliert werden,
  • ein Service „Personalgewinnung“ aufgebaut werden, der die Geschäftsprozesse des Personalmarketings, der qualitativen Personalbedarfsplanung sowie des Ausschreibungsverfahrens bündelt. Dazu sollen die zentralen Bewerbungsbüros der Verwaltungen erweitert werden.
  • ein Service-Paket „Willkommen in Berlin“ (mit Umzugskostenhilfe, Ummelde-Service, Unterstützung bei der Wohnungssuche und ein Jobticket für das erste Jahr) geschaffen werden.

 

Personalentwicklung vorantreiben

Unter Wahrung der Personalhoheit der einzelnen Dienstbehörden müssen standardisierte Prozesse der Personalentwicklung in der Berliner Verwaltung entwickelt und umgesetzt werden. Ein Anknüpfungspunkt ist die kürzlich abgeschlossene Rahmenvereinbarung mit dem Hauptpersonalrat. Ziel dieser Personalentwicklung ist die Stärkung der persönlichen Kompetenz der Beschäftigten, die zielgerichtet eng an der jeweiligen Aufgabenerfüllung orientiert und perspektivisch mit der Organisationsentwicklung verbunden wird. Dazu werden in den jeweiligen Dienststellen Personalentwicklungspläne erstellt und mit den Beschäftigten abgestimmt.

Weitere Maßnahmen der systematischen Personalentwicklung sind:

  • Projektarbeit als Personalentwicklung und Instrument des know-how-Transfers weiterzuentwickeln;
  • Teamentwicklung – aber auch Einzelcoaching – als Prozess zur Stärkung der Teamfähigkeit zu fördern;
  • Mentoring zur Förderung individueller Fähigkeiten und Interessen auszubauen,
  • Gleichstellung von Frauen vor allem in Führungspositionen zu fördern;
  • Rotation bzw. Hospitation in der Verwaltung stärker zu fördern;
  • Stärkung der interkulturellen Kompetenz durch Förderung internationaler
  • Hospitationen;
  • Stärkere Öffnung der Verwaltung für Menschen mit Migrationshintergrund;
  • Stärkere Öffnung der Verwaltung für Menschen mit Beeinträchtigungen;
  • Etablierung eines einheitlichen und modernen Beurteilungswesens für Beamte und Tarifbeschäftigte;
  • Ausbau bestehender Weiterbildungsmöglichkeiten durch Stärkung der Zusammenarbeit der einzelnen Fort- und Weiterbildungsträger im Land sowie die Förderung der Zusammenarbeit mit überregionalen Fort- und Weiterbildungsträgern.

 

Führungskräfteentwicklung weiterentwickeln

Für die Berliner Verwaltung ist die Führungskräftegewinnung und die Entwicklung von Führungs- und Führungsnachwuchskräften ein wesentlicher Garant eines erfolgreichen und nachhaltigen Personalmanagements, um nach innen und außen besser zu werden. Unabdingbar für die Personalentwicklung in der Berliner Verwaltung ist die Wertschätzung der Beschäftigten und derer Leistung in einer vertrauensfördernden Verwaltungskultur verbunden mit einer klaren Kund*innenorientierung, zu der auch gehört, eine Fehlertoleranz zuzulassen. Dabei geht es um Fragen des Selbstverständnisses von Führung, der kommunikativen und persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, der eigenen Flexibilität und des Umgangs mit den eigenen Grenzen. Dazu braucht es systematische, verbindliche und verpflichtende Führungskräfteentwicklungsmaßnahmen.

Das Laufbahnrecht muss entsprechend verbindliche Standards zur Gewinnung und Weiterentwicklung von Führungskräften vorgeben. Vergleichbare Standards sollen auch für Angestellte verbindlich gemacht werden.

Dazu gehört die konsequente Entwicklung einer teamorientierten Führungskultur als Vorbild und die leistungsorientierte Bewertung von Führungskräften.

 

Weiterentwicklung des Gesundheitsmanagements

Der öffentliche Dienst Berlins weist nach wie vor eine überdurchschnittlich hohe Krankheitsquote auf. Neben den bestehenden und weiterzuentwickelnden Maßnahmen des Gesundheitsmanagements muss verdeutlicht werden, dass das Gesundheitsmanagement in den einzelnen Dienststellen zu den wesentlichen Führungsaufgaben gehört.

Der hohen Krankheitsquote in der Berliner Verwaltung kann durch frühzeitige Maßnahmen der Personalentwicklung, des Gesundheitsschutzes, der Wiedereingliederung (insb. BEM) entgegengewirkt werden. Dazu gehören präventive Maßnahmen zur aktiven Gesundheitsförderung durch das Land Berlin und Anpassungen der Arbeitsbelastungen durch Bereitstellung entsprechender Arbeitsplätze und zeitlicher Entlastungen. Der Grundsatz Rehabilitation vor Versorgung muss konsequent umgesetzt werden. Dazu sollte verwaltungsübergreifend die Vermittlung geeigneter Arbeitsplätze unterstützt werden. Die Versorgungslasten sollten haushaltsrechtlich auf die jeweiligen Haushaltsstellen angerechnet werden, um der Tendenz zur Ruhesetzung zu Lasten des allgemeinen Haushalts bzw. des Landesverwaltungsamtes entgegenzuwirken. Soweit eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, müssen rechtssichere Verfahren zur Ruhesetzung beschleunigt werden, um die Stellen schnell wieder besetzen zu können. Die Reaktivierung von Ruhestandsbeamt*innen wird rechtlich mittlerweile in erheblichem Umfang unterstützt.

 

Personalmanagement verbindlich umsetzen

Zur erfolgreichen Umsetzung der Maßnahmen müssen klare Verantwortlichkeiten auf allen Ebenen der Berliner Verwaltung definiert und durch handelnde Personen an der Spitze der jeweiligen Verwaltungen erlebbar werden. Hier sind insbesondere die Mitglieder des Senats, die Bezirksamts- und die Behördenleitungen in der Pflicht.

 

Eine moderne und effiziente Verwaltung für Berlin

Jede Zeit braucht ihre Antworten – die Berliner SPD unterstützt deshalb die Aktivitäten des rot-rot-grünen Senats, in den kommenden Monaten durch einen „Zukunftspakt Verwaltung“ die Verantwortung zu schärfen sowie Struktur und Steuerung auf Wirksamkeit und Effizienz zu überprüfen. Und wir unterstützen die Maßnahmen des Senats für eine leistungsfähige und ausfinanzierte Verwaltung mit gut ausgebildetem und motiviertem Personal.

 

Die SPD Berlin wird den weiteren Prozess mit einer ständigen Arbeitsgruppe gesamtstädtische Steuerung Senat – Bezirke beobachten und die SPD-Position weiterentwickeln.