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Antrag 19/II/2024 Arbeit und Soziales: Fundament für eine sozialdemokratische Zukunft

23.10.2024

Zur Weiterleitung an den SPD-Parteivorstand und SPD Programmkommission:

 

Arbeit und Soziales: Fundament für eine sozialdemokratische Zukunft

Wir Sozialdemokrat*innen haben unsere Wurzeln in der Arbeiter*innenbewegung und stehen jederzeit für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ein. Demokratische Mitbestimmung in allen Lebensbereichen, Umverteilung von Vermögen und Chancen für alle sowie eine solidarische und soziale Absicherung für schwierige Lebenslagen sind zentrale Forderungen von uns Sozialdemokrat*innen. Die Wechselwirkung zwischen Diskriminierung, Rassismus und Arbeitsmarktchancen und Armutsgefährdung nehmen wir dabei in den Blick. Unsere Gesellschaft entwickelt sich weiter, sowohl die Produktionsbedingungen und der technologische Fortschritt als auch unsere Antworten auf diese Entwicklungen. In den letzten Jahrzehnten haben wir durch die Digitalisierung und neue Arbeitsorganisationsformen enorme Produktivitätsgewinne erlebt, die jedoch nicht allen Beschäftigten zugutekamen. Die fortschreitende Globalisierung stellt uns weiter vor Herausforderungen und fordert unsere globale Solidarität mit den Beschäftigten und Arbeiter*innen weltweit. Wir sind überzeugt: Gute Arbeit, ein solidarischer Sozialstaat und echte Chancengerechtigkeit sind keine Selbstverständlichkeit und müssen immer wieder politisch erkämpft werden.

 

Für eine starke Tarifbindung

 Ein starkes Tarifsystem hilft gegen Niedriglohn und prekäre Beschäftigung. Eine starke Tarifbindung ist zentral für mehr Einkommensgleichheit, soziale Gerechtigkeit und gute Arbeitsbedingungen. Wir machen uns zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und den Einzelgewerkschaften für eine hohe Tarifbindung stark. Wir kämpfen gegen die Tarifflucht auf der Arbeitgeberseite, für starke Gewerkschaften und für eine Stärkung des Instrumentes der Allgemeinverbindlicherklärungen. Wir fordern gesetzliche Anpassungen an diesem Instrument, die es ermöglichen, häufiger und einfacher als bisher von der Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung Gebrauch zu machen. Wir setzen uns für ein Verbot von Tarifflucht durch Betriebsspaltungen ein, um so die Umgehung von Tarifverträgen zu verhindern. Wir fordern die Tarifvertragsparteien auf, die Veränderungen in der Arbeitswelt durch den digitalen und demografischen Wandel durch entsprechende tarifvertragliche Regelungen zu flankieren. Dort wo dies nicht der Fall ist, fordern wir, dass Bundes- und Landesvergabegesetze den Mindestlohn auf ein Niveau anzuheben, das ein Einkommen mit deutlichem Abstand zum Bürgergeld ermöglicht. Wir setzen uns zusammen mit den Gewerkschaften dafür ein, der Be- und Verhinderung von Betriebs- und Personalratsarbeit Einhalt zu gebieten. Wir wollen dafür sorgen, dass die Präsenz von Betriebs- und Personalräten zunimmt und ihre Mitbestimmungsrechte ausgebaut werden. Dazu müssen Betriebsratswahlen besser abgesichert werden. Jede Form von Be- und Verhinderung von Betriebsratsarbeit ist ein Verbrechen und sollte aktiv verfolgt werden. Daher setzen wir uns dafür ein, rasch und endlich §119 Betriebsverfassungsgesetz von einem Antragsdelikt zu einem Offizialdelikt hochzustufen. Wir halten es auch für wichtig, dass das Wahlverfahren weiter vereinfacht und mit mehr Rechtssicherheit ausgebaut wird. Gerade vor dem Hintergrund neuer Arbeitsformen und der Digitalisierung setzen wir uns dafür ein, dass kollektive Vertretungsrechte für alle Erwerbsformen gesichert und ggf. neue Wege gefunden werden. Insbesondere treten wir ein für ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften, welches ein Klagerechte gegen tarifliche Missachtungen etmöglichen würde. Um gute Löhne und Arbeitsbedingungen für viele Menschen zu sichern, muss der Staat mit gutem Beispiel vorangehen. Daher sollen öffentliche Verträge und staatliche Förderungen nur an tarifgebundene Unternehmen mit Betriebsrat vergeben werden dürfen. Denn wir sind uns einig: Keine staatlichen Aufträge an Unternehmen ohne Tarifbindung und ohne Betriebsrat. Wir fordern steuerliche Vorteile für Gewerkschaftsbeiträge. Diese sind z. B. durch eine Verbesserung der Absetzbarkeit von Mitgliedsbeiträgen, in dem diese aus der Werbungskostenpauschale herausgenommen werden sollen, möglich. Wir setzen uns für die Einführung einer Demokratiezeit für Arbeitnehmer*innen ein. Bezahlte Arbeitszeit für Gewerkschaftsarbeit, denn Mitbestimmung am Arbeitsplatz und gute Arbeitsbedingungen stärken die Demokratie insgesamt.

 

„Arbeit muss sich lohnen – für eine sozialdemokratische Umverteilung

Für die meisten Menschen ist Erwerbsarbeit die zumeist einzige Einnahmequelle zur Existenzsicherung in der Arbeitsphase, aber auch in der Rente. Daher muss mit dem Lohn auch auf Dauer der Lebensunterhalt abgesichert werden können. Für die Durchschnittsverdienenden oder auch Normalverdienenden wird dies aber immer schwieriger.

 

Wenn von den Löhnen ein nicht unerheblicher Anteil für die Sozialversicherungsleistungen bereits nicht mehr zur Verfügung steht und hinzu kommen noch Steuern, wird diese Absicherung auch in Frage gestellt. Neben der Frage: wozu gehe ich dann noch arbeiten? Führt dies zu erheblichen Zweifeln am Funktionieren eines gerechten Staates und stellt diesen dann auch in Frage. Verdruss, Rückzug, Distanzierung und ggf. eine Abkehr vom gesellschaftlichen System können die Folgen sein. Dies können und wollen wir nicht einfach hinnehmen. Wer arbeitet und dabei auch normal oder gut verdient, soll auch davon leben können. Und sich in der Gesellschaft engagieren und einbringen können.

 

Es gilt auch heute noch die Forderung, der Otto Normalverdiener soll am Ende des Monats mehr Netto vom Brutto in der Tasche haben. Daher galt Jahrzehntelang die Grenze von 40 % Sozialversicherungsabgaben als magische Grenze, die nicht überschritten werde sollte damit den Menschen am Ende genug zum Leben bleibt. Diese Grenze hat die Ampel bereits in 2023 überschritten. Und sie wird bei den in Rede stehenden Entwicklungen u. a. in der Gesundheits- und Pflegebereich auch noch weiter steigen.

 

Um die Sozialabgaben und steuerlichen Belastungen wieder auf unter 40% zurück zu führen, benötigen wir eine Reihe von Reformen in den einzelnen Bereichen der Sozialversicherungen und bei der Steuer. Gesundheit-, Pflege und Rentenreformen müssen zum einen auch andere Berufsstände beinhalten im Sinne einer Bürgerversicherung und sehr gut Verdienende müssen entsprechend höhere Beiträge leisten. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit geringerem Einkommen sollten dagegen durch eine Senkung der Lohnnebenkosten entlastet werden.

 

Aber wir müssen auch im steuerlichen Bereich Änderungen endlich nicht nur fordern, sondern auch umsetzen: z. B. Arbeit darf nicht höher besteuert werden als Nichtarbeit! Keine pauschale Besteuerung von Kapitalerträgen mit 25 Prozent, sondern mit dem persönlichen Steuersatz.

 

Und wir müssen Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen steuerlich entlasten. Im Gegenzug werden Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener mehr bezahlen müssen. Ebenso ist eine Vermögens- und Erbschaftssteuerreform endlich umzusetzen. Erben, die nach Wegen suchen, ihr Erbe selbst sozial gerecht zu verteilen, haben dazu derzeit kaum öffentliche Möglichkeiten. Wer Vermögen der Allgemeinheit zukommen lassen und damit durch eigene Entscheidungen mit eigenem Vermögen bewusst eine Umverteilung erreichen möchte, kann das derzeit nicht. Vermögen kann nur z. B. durch Stiftungen oder ähnliches privatisiert werden. Hier müssen wir umsteuern und unbürokratische Wege finden, wie Vermögen an die Allgemeinheit überlassen werden dürfen.“

 

Prekäre Arbeitsverhältnisse erkennen und beenden

Der Mindestlohn ist eines der erfolgreichsten Instrumente zur Bekämpfung von Niedriglöhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland. Seit seiner Einführung hat er die Lohnsituation für Millionen von Arbeitnehmer*innen verbessert und so einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Einkommensungleichheiten geleistet. Um diesem Erfolg weiter gerecht zu werden, muss der Mindestlohn konsequent durchgesetzt und bis 2026 auf 15 € pro Stunde erhöht werden. Darüber hinaus ist er regelmäßig an die Inflation und an die allgemeine Lohnentwicklung anzupassen, um die Kaufkraft zu sichern. Strenge Maßnahmen zur Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns müssen ausgeweitet werden. Gleichzeitig nimmt die Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse im Dienstleistungssektor, insbesondere durch plattformbasierte Geschäftsmodelle wie Uber und Lieferando, stark zu. Diese Geschäftsmodelle bieten oft keine ausreichenden sozialen Absicherungen und zwingen die Beschäftigten in abhängige, aber formal selbstständige Tätigkeiten. Dadurch werden grundlegende Rechte, wie der Anspruch auf Mindestlohn, soziale Sicherung und Arbeitsschutz, umgangen. Es muss sichergestellt werden, dass alle Arbeitnehmer*innen, die für Plattformunternehmen tätig sind, unter den Schutz des Mindestlohns und der Sozialversicherungen fallen. Darüber hinaus müssen die Unternehmen verpflichtet werden, faire Arbeitsbedingungen zu garantieren, einschließlich einer Absicherung gegen Arbeitsunfälle, Krankheit und Altersarmut. Eine klare gesetzliche Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer*innen und Selbstständigen ist an dieser Stelle notwendig, um Missbrauch durch Scheinselbstständigkeit zu verhindern.

 

Leiharbeit bleibt ein weiteres Instrument, das Unternehmen oftmals zulasten der Leiharbeiter*innen Flexibilität bietet. Wir fordern weiterhin gleichen Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag der Beschäftigung. Um dauerhafte Leiharbeit zu verhindern, muss ihre Einsatzdauer auf maximal zwölf Monate pro Einsatz begrenzt werden. Zudem müssen die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte bei der Einsatzplanung gestärkt werden. Unbefristete sozialversicherungspflichtige  Arbeitsverhältnisse  sind für alle Beschäftigen das Ziel sozialdemokratischer Arbeitsmarktpolitik. Besonders junge Menschen und Berufseinsteiger*innen sind hiervon betroffen, was zu Unsicherheit und Planungsunfähigkeit führt. Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen und damit einhergehende Kettenverträge muss abgeschafft werden. Nach zwei Jahren befristeter Beschäftigung muss ein unbefristetes Arbeitsverhältnis obligatorisch sein.

 

Praktika sind ein zentraler Baustein im Übergang von der Ausbildung in das Berufsleben. Sie bieten die Chance, praktische Erfahrungen zu sammeln und sich beruflich zu orientieren. Allerdings dürfen sie nicht dazu genutzt werden, junge Menschen als günstige Arbeitskräfte auszubeuten. Es ist unerlässlich, dass Praktika fair vergütet werden, insbesondere wenn sie länger als drei Monate dauern. Neben einer angemessenen Bezahlung muss der Schutz von Praktikant*innen durch eine verstärkte Kontrolle von Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen und dem Einhalten rechtlicher Vorgaben gewährleistet sein.

 

  • Trotz hoher Arbeitsbelastung verdienen viele Beschäftigte weiterhin viel zu wenig. Oft müssen prekär Beschäftigte mit Bürgergeld aufstocken, da sie sonst nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dies betrifft Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor. Prekär beschäftigt sind strukturell besonders Frauen, Alleinerziehende, Menschen ohne Ausbildung, junge Menschen und Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie hängen besonders oft in der Armutsfalle Minijob fest. Minijobber*innen sind im erheblichen Maße von Altersarmut gefährdet, da sie keine Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosen-, Kranken- oder Pflegeversicherung haben. Zudem sind Minijobs nicht sozialversicherungspflichtig, sondern prekär und ungesichert. Deshalb setzen wir uns für eine Abschaffung von Minijobs ein.

 

Künstliche Intelligenz und Automatisierung

Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung bieten enormes Potenzial, unser Arbeitsleben zu bereichern, indem sie Prozesse effizienter gestalten und neue Möglichkeiten schaffen. Gleichzeitig müssen wir diesen technologischen Wandel mit Vorsicht angehen, um sicherzustellen, dass die Interessen und Rechte der Arbeitnehmer*innen geschützt werden. Die fortschreitende Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und Automatisierungstechnologien hat das Potenzial, zahlreiche Arbeitsplätze zu gefährden. Besonders betroffen sind Berufe im Dienstleistungssektor, in der Produktion sowie in administrativen Tätigkeiten, die von Routineaufgaben geprägt sind. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, müssen wir die betroffenen Arbeitnehmer*innen schützen und ihnen durch Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme eine Perspektive bieten. Mit dem in 2024 verabschiedeten Gesetz zur Stärkung von Aus- und Weiterbildung und dem seit 2020 geltendem Arbeit-von-morgen-Gesetz sind gute Instrumente vorhanden, damit Arbeitnehmer*innen für den Wandel in der Arbeitswelt fit gemacht werden. Durch die Einführung eines Rechtsanspruches auf Weiterbildung und Qualifizierung sichern wir die Teilhabemöglichkeit von Arbeitnehmer*innen, damit diese von den geschaffenen und finanzierten Weiterbildungsmöglichkeiten profitieren können.Die Arbeitsagenturen müssen enger mit Unternehmen, Bildungseinrichtungen und den Betroffenen zusammenarbeiten, um funktionierende Qualifizierungsprogramme zu entwickeln. Zusätzlich müssen Anreize für Unternehmen geschaffen werden, ihre Beschäftigten aktiv in diesen Weiterbildungsprozess einzubinden und dadurch langfristige Arbeitsplatzsicherheit zu gewährleisten. Weiter müssen neue Ausbildungsberufe und Studiengänge im Bereich Digitalisierung, KI und Automatisierung intensiviert werden. Diese neuen Bildungsangebote müssen frühzeitig auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorbereiten. Dazu gehört auch die Förderung von dualen Studiengängen und praxisorientierten Weiterbildungen, die in enger Zusammenarbeit mit der Industrie entwickelt werden. Für ältere Arbeitnehmer*innen und geringqualifizierte Beschäftigte müssen spezielle Förderprogramme implementiert werden, damit niemand abgehängt wird!

 

Darüber hinaus unterstützen wir Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften in ihrem Bestreben, die Arbeitszeit zu reduzieren. Das Ziel muss sein, mehr Menschen zu ermöglichen, weniger Stunden bei vollem Lohnausgleich zu arbeiten, um so eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu gewährleisten und gleichzeitig die Produktivität durch innovative Arbeitsmodelle zu steigern. Diese Entwicklung ist gerade in Zeiten der Automatisierung ein zentraler Baustein für die Zukunft der Arbeit. Künstliche Intelligenz und Automatisierung bieten auch Chancen für gute digitalisierte Arbeit, mehr Selbstbestimmung und Mitbestimmung aller Beschäftigten. Dies gelingt nur, wenn Beschäftigte entlastet und Überwachung entgegengewirkt wird. Daher fordern wir ein Recht auf Unerreichbarkeit während der Ruhezeiten, eine stärkere Flexible Arbeitszeiten müssen Beschäftigten die Möglichkeit geben, frei darüber zu entscheiden, wann sie arbeiten wollen. Zusätzlich bietet die Automatisierung eine Chance, dass Branchen, die unter einem hohen Fachkräftemangel leiden, entlastet werden. Neben der Weiterbildung und Jobsicherheit der Arbeitnehmer, ist es auch Aufgabe der Politik, automatisierte Umsetzungsmaßnahmen zu evaluieren, um die Arbeitsbelastung der Arbeitnehmer*innen zu reduzieren. Dies ist insbesondere im öffentlichen Nahverkehr, der Logistik und in der Verwaltung zu überprüfen.

 

Qualifizierung ermöglichen

Bildung, Nachqualifizierung, Weiterbildung und Qualifizierung sind integrale Bestandteile einer aktiven Sozial- und Arbeitsmarktpolitik und wirken präventiv, im Sinne der Eröffnung von Möglichkeiten der sozialen Teilhaben und bei Zugängen zu Ausbildung und Arbeit. Dies gilt für alle Menschen und verfolgt das Prinzip einer integrativen und inklusiven Bildung.

 

Lebenslanges Lernen ermöglicht es Menschen länger in Arbeit zu bleiben und auch bei Umbrücken eine Qualifikationsadäquate neue Beschäftigung zu finden. Dadurch werden die Systeme staatlicher Transferleistungen nachhaltig entlastet und auchdem Fachkräftemangel wird entgegengewirkt. Die Sozialdemokratie hat sich zum Ziel gesetzt, das Grundrecht auf Bildung kostenfrei zu gestalten, um einer Stigmatisierung von Betroffenen, verbunden mit einer Entbürokratisierung und Schwellensetzungen entgegenzuwirken. Unterschiedliche Leistungsssysteme sind so zu verzahnen, dass ein verlässliches, kohärentes, an den Notwendigkeiten orientiertes System entsteht. Eine Sockelfinanzierung muss Leistungen und Angebote sichern, um Kontinuität und Qualität zu sichern. Eine Unterscheidung zwischen freiwilligen und gesetzlichen Leistungen muss zukünftig entfallen. Im Zusammenhang mit Bildung muss das Kooperationsverbot in allen Zusammenhängen durch ein Kooperationsgebot ersetzt werden, um notwendige Finanzierungen und Strukturierungen unter Nutzung der Möglichkeiten von Kommunen, Ländern und den Bund miteinander und nicht in der Abgrenzung wirken zu lassen.

 

Gute Ausbildung

Im Jahr 2023 haben rund 489.200 junge Menschen eine Ausbildung begonnen, was einem Anstieg von drei Prozent im Vergleich zu 2022 entspricht. Obwohl die Zahlen weiterhin unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie liegen (minus 6,9 Prozent oder 35.900 Ausbildungsverträge im Vergleich zu 2019), zeigt sich insgesamt eine positive Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt. Sowohl das Interesse junger Menschen an Ausbildungsplätzen als auch das Angebot an freien Stellen haben zugenommen. Allerdings bestehen weiterhin erhebliche Schwierigkeiten, Angebot und Nachfrage effektiv zusammenzuführen. Dies spiegelt sich in den wachsenden Anteilen unbesetzter Ausbildungsstellen und erfolglos Suchender wider. Laut dem Berufsbildungsbericht 2024, den das Bundeskabinett verabschiedet hat, blieben 2023 bundesweit rund 73.400 Ausbildungsstellen unbesetzt, was 13,4 Prozent des gesamten Angebots entspricht – ein neuer Höchstwert. Gleichzeitig hatten etwa 63.700 junge Menschen am 30. September noch keinen Ausbildungsplatz gefunden, was einem Anteil von 11,5 Prozent entspricht. Um diesen Missstand zu beheben, haben junge Menschen, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden, seit April 2024 ein Recht auf eine garantierte Ausbildung, insbesondere in Regionen mit einem geringen Ausbildungsplatzangebot. Dies ist ein Erfolg, für den die SPD lange gekämpft hat. Dennoch bleibt das Ziel, ein noch engmaschigeres Auffangnetz zu schaffen, damit keine*r ohne Ausbildungsplatz bleibt. Unternehmen müssen verstärkt ausbilden, um allen die Möglichkeit zu geben, ihren Wunschberuf zu erlernen. Es ist nicht hinnehmbar, jedes Jahr tausende Jugendliche im Stich zu lassen, während gleichzeitig über Fachkräftemangel geklagt wird. Es zeigt sich, dass in bestimmten Branchen, in denen die Ausbildungsvergütung niedrig und die Arbeitsbedingungen schlecht sind, besonders viele Stellen unbesetzt bleiben. Hier bedarf es einer umlagefinanzierten Ausbildungsgarantie sowie eines individuellen Rechtsanspruchs auf einen Ausbildungsplatz. Dies würde die Kosten der Ausbildung fair auf alle Unternehmen verteilen, die Ausbildungsqualität verbessern und gezielte Unterstützung für Jugendliche beim Übergang von der Schule in den Beruf bieten. Wir fordern außerdem die Sicherstellung, dass eine erneute Probezeit nach der Übernahme aus der Ausbildung in ein festes Arbeitsverhältnis im ausbildenden Betrieb nicht zulässig ist. Bei der Anstellung eines Azubis, durchläuft diese*r bereits eine vertraglich festgelegte Probezeit. Darüber hinaus hat sich ein Azubi über die Dauer seiner*ihrer Ausbildung insofern bewiesen, als dass sie*er für eine Übernahme in Frage gekommen ist, eine anschließende Probezeit ist daher aus offensichtlichen Gründen unnötig.

 

Forderungen:

  • Einführung einer umlagefinanzierten Ausbildungsgarantie.
  • Faire Verteilung der Ausbildungskosten auf alle Unternehmen, um die Qualität der Ausbildung zu steigern.
  • Keine erneute Probezeit nach der Übernahme im ausbildenden Betrieb
  • Deutliche Anhebung der Mindestausbildungsvergütung
  • Mit Bafög Armut entgegentreten

 

Rente  – ein Alter in Würde

Wir wollen die gesetzliche Rente weiterhin stärken und stehen für eine dauerhaft stabile Rentenleistung, die Lebensstandard sichernd sein soll. Wir setzen uns vorerst für ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent ein, arbeiten aber daran, dass sich das Rentenniveau weiter erhöht. Gute Löhne, die aus einer starken Tarifbindung und unserer Arbeitsmarktpolitik resultieren, sind der Garant für die Stabilität der gesetzlichen Rente. Sie ist der Schlüssel, damit alle, die hart und lange arbeiten, auch gut im Alter davon leben können. Für rund zwei Drittel der über 65-Jährigen ist die gesetzliche Rente die wichtigste Einkommensquelle im Alter. Die gesetzliche Rente ist und bleibt also das Herzstück der Alterssicherung in Deutschland. Vor allem die demografische Entwicklung hinterlässt langsam Spuren. In naher Zukunft gehen die sogenannten „Babyboomer“, in den Ruhestand. Gleichzeitig hat die steigende Lebenserwartung dazu geführt, dass sich der Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung deutlich erhöht hat – während nachfolgende Generationen weniger Kinder bekommen haben. Das Rentenniveau würde ohne Sicherung zwangsläufig sinken. Mit dem Rentenpaket II werden wir dafür sorgen, dass das Rentenniveau bei mindestens 48 Prozent stabilisiert wird. Die Sicherung des Mindestniveaus wirkt in einem ersten Schritt bis Mitte 2040. Dann müssen laut Gesetz für die Zeit nach 2040 weitere Vorschläge zur Sicherung dieses Rentenniveaus unterbreitet werden. So haben auch junge Menschen die Garantie, dass sie nach dem Arbeitsleben eine ordentliche Rente bekommen. Aktuelle Vorausberechnungen lassen aber den Schluss zu, dass diese Belastungen weniger stark ausfallen werden als angenommen und auch die Beiträge sind schon jetzt weniger stark gestiegen als befürchtet. Das liegt an einem starken Arbeitsmarkt, auf dem heute mehr ältere Beschäftigte, Frauen und ausländische Fachkräfte arbeiten als früher. Und je mehr Menschen in sozialversicherungspflichtige Arbeit gebracht werden, umso mehr Beiträge stärken die Rente. Es ist also möglich, mit den richtigen Weichen die Rente fit für die Zukunft zu machen. Wir haben erfolgreich die Grundrente eingeführt. Sie ist ein Fortschritt und schützt viele Menschen, die Jahrzehnte für geringe Löhne gearbeitet haben, vor dem Risiko im Alter arm zu sein. Wir lehnen eine weitere Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ab. Sie bedeutet für viele, die nicht länger arbeiten können, eine Rentenkürzung. Den gesetzlichen Anspruch, dass besonders langjährig Versicherte vor Erreichen der Regelaltersgrenze abschlagsfrei in Rente gehen können, wollen wir beibehalten. Um die langfristige Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten und Altersarmut zu verringern, müssen alle Berufsgruppen verpflichtend in das System einbezogen werden. Durch Rentenversicherungsbeiträge von Selbstständige, Beamt*innen und freie Berufe wird die finanzielle Basis gestärkt und Ungleichheiten im Alter abgebaut. Dadurch wird ein einheitliches Rentensystem geschaffen, das für alle Erwerbstätigen faire und sichere Rahmenbedingungen bietet.

 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf 

Frauen müssen in unserer Gesellschaft noch immer einen Großteil der unbezahlten Sorgearbeit leisten. Oft stemmen sie neben ihrem Job noch Haushalt und Kindererziehung, haben mit unsicherer Kinderbetreuung, schlechterer Bezahlung und geringeren Karrierechancen zu kämpfen. Das steuerliche Ehegattensplitting macht es für Frauen häufig noch unattraktiver, ihre Arbeitsstunden aufzustocken, weshalb viele in Mini-Jobverhältnissen arbeiten, welche ihnen keine soziale Absicherung bieten.

 

Daher fordern wir:

  • Die Abschaffung des steuerlichen Ehegatten-Splittings
  • Minijobs abzuschaffen mit einer vollen Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro
  • Die Subventionierung von unterstützenden haushaltsnahen Dienstleistungen (z.B. Reinigungskräfte, private Kinderbetreuung, Au-Pairs, Gartenhilfe etc.) für Familien, durch die Bundesagentur für Arbeit, wenn dadurch der Arbeitsumfang erhöht oder eine Reduzierung vermieden werden kann (Belgisches Modell)
  • Eine grundsätzliche Reduzierung der Arbeitszeit auf eine 30 Stunden Woche als neue (kleine) Vollzeit bei vollem Lohnausgleich, um eine bessere Vereinbarkeit von Leben und Arbeit zu ermöglichen. Zur Unterstützung der Gewerkschaften in ihrem Kampf für eine Reduzierung der Arbeitszeit soll eine groß angelegte Machbarkeitsstudie durch das BMAS in Auftrag gegeben werden. Darüber hinaus sollen Anreize für Unternehmen geschaffen werden, die eine allgemeine reduzierte Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich ermöglichen.
  • Wir fordern in § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) die Streichung von Absatz 7 Satz 1 durch Gesetzesänderung, damit endlich alle Arbeitnehmer*innen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit im Rahmen von Elternzeit haben. Bislang fehlt dieser Rechtsanspruch für Millionen Arbeitnehmer*innen, da diese in Unternehmen mit bis zu 14 regelmäßig Beschäftigten tätig sind. Alleine in der Handwerksbranche arbeiten rund 5,2 Millionen Beschäftigte in 553.600 Betrieben. Im Durchschnitt arbeiteten 9 Personen in einem Unternehmen im zulassungspflichtigen Handwerk. Auch diesen Arbeitnehmer*innen muss eine Möglichkeit auf Teilzeitarbeit in Elternzeit geschaffen werden.

 

Neue Chancen: das Bürgergeld

Die Einführung des Bürgergeldes und die damit eingeleitete Abkehr von Hartz IV war richtig und wir verteidigen diesen wichtigen Schritt. Die konstanten Angriffe auf die Reform durch das gesamte rechte gesellschaftliche Spektrum von AfD über CDU bis FDP diffamieren das Bürgergeld und die Menschen, die auf die Unterstützung angewiesen sind, in populistischer und teils hetzerischer Weise. Anders als häufig behauptet ist das Bürgergeld kein “Bedingungsloses Grundeinkommen”, sondern es wird nur auf Antrag an Personen gezahlt, die bedürftig sind. Zudem gibt es Mitwirkungspflichten – das bedeutet, dass Bürgergeldbeziehende daran mitwirken müssen, die eigene Hilfsbedürftigkeit zu überwinden. Doch anders als im Hartz IV System setzt das Bürgergeld auf einen Wandel in der Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Bürger:innen: die nächsten Schritte sollen gemeinsam und möglichst im Konsens festgestellt werden, eine Weiterbildung wird unterstützt und es sollen vor allem jene Jobs und Maßnahmen vermittelt werden, die zu den Menschen passen. Wir wissen auch, dass ein Großteil der Langzeitarbeitslosen gesundheitliche Probleme haben, zwei Drittel haben keinen Schulabschluss und für viele ist der Weg in Erwerbsarbeit weit. Daher ist viel Unterstützung nötig – und nicht eine immer weitere Verschärfung von Sanktionen. Daher fordern wir:

  • Eine bessere Ausfinanzierung der Jobcenter, damit sie genug Personal für die Beratung anstellen können und für jede arbeitslose Person ein passendes Angebot machen können (Job, Maßnahme oder Qualifizierung)
  • Eine Ausweitung des sozialen Arbeitsmarktes (Maßnahmen nach §16i) für weitere Gruppen sowie eine Option auf Verlängerung, wenn nach 5 Jahren eine Übernahme durch den Träger nicht möglich ist.
  • Eine Ausweitung der sozialraum-orientierten Ansätzen, aufsuchender Beratung und Coaching-Angeboten, um auch Menschen mit größeren Vermittlungshemnissen oder Distanz zu behördlichen Strukturen zu unterstützen
  • Eine Überarbeitung von Briefen und Bescheiden, sodass diese leicht verständlich sind
  • Die Karenzzeit wieder auf mindestens 12 Monate, besser jedoch 24 Monate auszuweiten, damit sich Menschen, die neu im Bürgergeld sind, zunächst orientieren können und evtl. eine Qualifizierung machen können, statt sich über einen möglichen Umzug Gedanken machen zu müssen.

 

Arbeitsmarktintegration von Migrant: innen und Geflüchteten

Deutschland ist ein Einwanderungsland und durch Zuwanderung geprägt. Die Gründe für Migration sind ebenso vielfältig, Menschen sind auf der Suche nach einer Ausbildung, einem Studienplatz oder einer Arbeit. Unser Ziel ist der frühzeitige Arbeitsmarktzugang und die damit verbundene Selbstwirksamkeit mit Einkommen und sozialen Kontakten. Denn Arbeitsmarktintegration ist ein zentraler Baustein für Integration und Partizipation. Wir fordern, dass der „Turbo zur Arbeitsmarkintegration von Geflüchteten“ extern wissenschaftlich evaluiert werden muss und die Ergebnisse implementiert werden. Schon jetzt ist deutlich, dass es zu wenig Finanzmittel und widersprüchliche Anreize gibt. Gute Beratung ist für schnelle Arbeitsmarktintegration zwingend notwendig. Es muss mehr Personal in Jobcenter eingestellt werden und Unternehmen stärker verpflichtend einbezogen werden. Schon durch den rechtswechselkreis Geflüchteter Ukrainer*innen haben die Jobcenter erhöhten Finanzbedarf, der bereitgestellt werden muss. Die vom Bund getragenen Eingliederungs- und Verwaltungsbudgets der Jobcenter sind nicht ausreichend und müssen erhöht werden.  Der Weg in Arbeit, vor allem in qualifikationsnahe Beschäftigung ist ein langer Weg. Qualität und Quantität der Arbeitsmarkintegration sollen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Schnelle Arbeitsaufnahme darf nicht zu sogenannten „log in“ Effekten führen. Vermittlungsangebote in niedrigqualifizierte Tätigkeiten und nicht nach Qualifikation lehnen wir ab.  Der Spracherwerb ist ein zentraler Faktor für die Arbeitsmarktintegration. Dafür braucht es niedrigschwellige Einstiegs –und Orientierungsangebote (EOK) des Bundes als Regelstruktur. Migrationsberatung ist im Kontext von Arbeit und Ausbildung eine wichtige Anlaufstelle und muss gestärkt werden. Teilnehmende an einem Job-Berufssprachkurs (Job-BSK), die nicht im Leistungsbezug (AsylbLG, SGB II, SGB XII oder Anspruch auf Arbeitslosengeld) stehen, müssen die anfallenden Kosten i.H.v. 50 Prozent des Kostenerstattungssatzes selbst tragen, was eine erhebliche Hürde für die Inanspruchnahme dieser Kurse von Beschäftigten darstellen. Hier braucht es bedarfsgerechte Lösungen.

 

Beratungsstrukturen und Anlaufstellen zusammenführen

Unser Sozialstaat ist gut ausgebaut, jedoch häufig zu komplex, zu bürokratisch und schwerfällig. Viel zu oft kommt die Hilfe nicht dort an, wo sie am dringendsten benötigt wird, da die Menschen im Antrags- und Behördendschungel verloren gehen. Um die Effizienz und Zugänglichkeit sozialer Unterstützungsangebote zu verbessern, sollen regelmäßige und verpflichtende Austauschformate zwischen Institutionen wie den Sozialämtern, dem Jobcenter, dem LAF und anderen relevanten Akteuren geschaffen werden. Das soll den Aufbau von persönlichen Kontakten fördern und die notwendige Koordination von Hilfsleistungen verbessern. Es ist notwendig, soziale Leistungen und die zuständigen Behörden stärker zusammenzuführen. So werden klare Verantwortlichkeiten geschaffen und der Zugang zu Transferleistungen vereinfacht. Um den bürokratischen Aufwand zu minimieren und notwendige Hilfen schneller zu gewährleisten, soll eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden. Weiterhin müssen die Antragsprozesse für soziale Transferleistungen vereinfacht und digitalisiert werden. Durch ein modernes, digitales System sollen Menschen unkompliziert und effizient auf die ihnen zustehenden Unterstützungen zugreifen können. Um die Zusammenarbeit und das Verständnis zwischen Behörden und sozialen Trägern zu stärken, fordern wir die Einrichtung regelmäßiger Schulungen und Austauschprogramme. Diese sollen sicherstellen, dass die Fachkräfte effizient zusammenarbeiten und die Unterstützung dort ankommt, wo sie gebraucht wird.

 

Kinderarmut bekämpfen

Die Kinderarmut hat im Jahr 2023 mit 21,3 Prozent aller Kinder ein trauriges Rekordhoch erreicht. Gelder, die für arme Kinder bereitgestellt werden, erreichen diese viel zu selten. Oft fehlt das Wissen über die Leistungen oder die Beantragung ist zu kompliziert und überfordert gerade die Familien, die es sowieso schon nicht leicht haben. Mit der Kindergrundsicherung sollten daher die Kind-bezogenen Unterstützungsleistungen gebündelt und über eine einheitliche Anlaufstelle administriert werden. Komplizierte Anträge und die Rennerei zwischen verschiedenen Behörden sollten der Vergangenheit angehören. Einfach, digital und bedarfsdeckend sollte die Leistung sein. Leider war es nicht möglich, dieses Ziel in die Wirklichkeit umzusetzen. Die schleppende Digitalisierung und unterschiedlichste Datensysteme in den Ämtern stellen den Datenaustausch vor erhebliche Herausforderungen. Und nicht zuletzt wurde für eine deutlich höhere Leistung für alle Kinder auch nicht ausreichend Geld zur Verfügung gestellt. Dennoch brauchen wir dringend eine Umkehr in unserem Unterstützungssystem für Kinder und Jugendliche. Unser Ziel bleibt weiterhin: kein Kind und kein junger Mensch soll in Armut aufwachsen!

Wir fordern daher entschieden:

  • Das Kindergeld für alle Kinder mindestens auf die Höhe der Bürgergeld-Regelbedarfsstufe Vier (14-17-jährige Kinder, derzeit 471 Euro pro Monat) anzuheben. Der steuerliche Kinderfreibetrag sollte diesem Wert angeglichen werden.
  • Eine Neuberechnung des kindlichen Existenzminimums (für Bürgergeld, Wohngeld etc.)  unter Einbeziehung von Kindern- und Jugendlichen
  • Den Kindergeldübertrag im Bürgergeld abzuschaffen und somit Alleinerziehende zu entlasten.
  • Die Einführung einer Kinder-Karte für alle Kinder in Deutschland, über die diskriminierungsfrei und unbürokratisch Leistungen in Anspruch genommen werden können. Schöne Orte für Kindererlebnisse überall in Deutschland, indem wir massiv in die Sanierung von öffentlichen Spielplätzen, Sportanlagen, Parks und Schwimmbäder investieren. Bibliotheken sind als moderne Lern- und Begegnungsorte auszugestalten und mit Ihren Angeboten für Kinder und Jugendliche kostenfrei. Der Zugang zu öffentlichen Museen soll für Kinder bis 18 Jahre mindestens zeitweise kostenfrei sein.
  • Den Ausbau von kostenloser Infrastruktur für alle Kinder, insbesondere kostenloses Frühstück und Mittagessen in Kitas und Schulen, Lernmittel, ÖPNV, Mitnahmemöglichkeit Kind beim Deutschlandticket, Hausaufgabenbetreuung.

 

Armut im Studium entgegentreten

Ob im Kindergarten, in der Schule oder im Studium, noch immer hängt die Chance auf Bildung vom Geldbeutel der Eltern ab. Statistiken zeigen, dass in Deutschland viele Studierende von Armut betroffen sind. Wir wollen dieser Abwärtsspirale entgegentreten und fordern den aktuellen BAföG-Höchstsatz zu erhöhen. Dabei sollen ferner die BAföG-Fördersätze regelmäßig und dynamisch an die Inflationsrate angepasst werden. Darüber hinaus muss die Entbürokratisierung des BAföGs weiter vorangetrieben werden, in dem beispielsweise die Bearbeitung der BAföG-Anträge innerhalb von drei Monaten erfolgen soll. Es darf nicht sein, dass Studierende und Auszubildende mehr als ein halbes Jahr auf ihren Bescheid warten müssen. Damit niemand durch das Sozialsystem fällt, müssen finanzielle Aufstockungen durch Wohngeld, Bürger*innengeld und weitere Sozialleistungen für BAföG-Beziehende ermöglicht werden.

 

Wirksamer Klimaschutz durch Klimageld

Für uns Sozialdemokrat:innen ist klar: Der Klimaschutz muss immer sozial gedacht werden. Bei der Bekämpfung der Klimakrise setzen wir uns gegen Konsumshaming Einzelner ein und nehmen große Unternehmen und den Staat stärker in Pflicht. Während reichere Menschen die Auswirkungen von Teuerungen kaum spüren und kompensieren können, ist  das besonders armutsbetroffene Menschen unmöglich. Daher ist es für uns unabdingbar, sozial-gerechte Maßnahmen einzuführen, die den Teuerungen entgegenwirken.

 

Das Klimageld in der kommenden Bundestagswahl zu beschließen, die Finanzierung im nächsten Bundeshaushalt sicherzustellen und die Auszahlung umzusetzen. Dazu muss eine digitale Auszahlungsinfrastruktur noch vor Ende der Legilaturperiode geschaffen werden.

 

Mietenarmut bekämpfen durch Förderung des sozialer Wohnungsbaus und wirksamen Mieter*innenschutz

Deutschland steht sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten vor ernsten Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt. Besonders in den Ballungszentren explodieren die Mieten. Viele Menschen können sich den Wohnraum, der ihnen zur Verfügung steht, nicht mehr leisten. Die steigenden Mietkosten verschärfen die Armut in der Bevölkerung und bedrohen besonders einkommensschwache Haushalte.

 

Um den Entwicklungen entgegenzuwirken, müssen gezielte steuerliche Anreize geschaffen werden, die sowohl Neubau als auch Sanierung von Wohnraum fördern. Insbesondere der Bau von Sozialwohnungen und genossenschaftlichen Wohnprojekten muss vom Bund unterstützt werden. So kann langfristig bezahlbarer Wohnraum geschaffen und soziale Durchmischung in Städten und ländlichen Regionen gewährleistet werden. Sondervermögen Bauen für bezahlbaren Wohnraum mit mindestens 100 Mrd. Euro in 5 Jahren ist notwendig, das sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten die Schaffung von neuem Wohnraum forciert und bestehende Sozialwohnungen  dauerhaft erhält.  Nur so stehen geförderte Wohnung zur Verfügung  und werden nicht nach Ablauf der Fristen dem freien Markt zu überteuerten Preisen überlassen.

 

Weiter muss der Bund rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, die Mieter*innen vor übermäßigen Mieterhöhungen und Verdrängung schützen. Hierbei fordern wir einen bundesweiten Mietendeckel. Er ist notwendig, um die exorbitanten Mietsteigerungen vor allen in besonders belasteten Städten zu begrenzen und Mieter*innen in angespannten Wohnungsmärkten zu schützen. Gleichzeitig ist es wichtig, Mieter*innen besser vor Eigenbedarfskündigungen zu schützen, indem Vermieter*Innen verpflichtet werden, gleichwertigen Ersatzwohnraum zur Verfügung zu stellen, um Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu präventiv zu begegnen. Auch im ländlichen Raum muss der Bund gezielte Maßnahmen ergreifen, um dem demografischen Wandel progressiv entgegenzutreten. Hierzu gehört der Ausbau der Infrastruktur, wie schnelles Internet und öffentlicher Nahverkehr, ebenso wie die gezielte Förderung von nachhaltigem Wohnungsbau. Es ist entscheidend, dass der Bund den barrierefreien Ausbau von Wohnraum fördert, um der wachsenden Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen gerecht zu werden. Das betrifft sowohl den Neubau als auch die Sanierung bestehender Wohnungen, um sicherzustellen, dass auch ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen angemessenen Wohnraum finden.

 

Wichtig ist auch, Obdachlosigkeit wirksam entgegenzutreten. Dabei ist es unerlässlich, dass der Bund seiner zentralen Rolle bei der Bereitstellung von Ressourcen und der Koordinierung von Hilfsmaßnahmen nachkommt. Das erfordert in erster Linie eine ausreichende und nachhaltige Finanzierung der Obdachlosenhilfe.

 

Eine Sockelfinanzierung muss sicherstellen, dass die Versorgung von Obdachlosen und die Bereitstellung sicherer und barrierefreier Unterkünfte das ganze Jahr über gewährleistet sind. Hierzu müssen Bund und Länder gemeinsam ein dauerhaftes Finanzierungsmodell entwickeln, das die Abhängigkeit von zeitlich befristeten Projektmitteln reduziert und langfristige Stabilität bietet.

 

Darüber hinaus muss der Bund eine bundesweit einheitliche Statistik zu Todesfällen durch Kältetod und anderen mit Obdachlosigkeit verbundenen Ursachen etablieren. Diese Daten sind notwendig, um zielgerichtete Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und die Situation obdachloser Menschen systematisch zu verbessern. Der Bund muss hier eine übergeordnete Rolle einnehmen, um eine einheitliche Datenerhebung und -auswertung sicherzustellen. Zudem ist die Stärkung der Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Obdachlosigkeit auf nationaler Ebene von zentraler Bedeutung.

 

Das beinhaltet unter anderem den Ausbau von sozialen Sicherungssystemen, um insbesondere ältere Menschen, Arbeitslose, Geringverdienende und Migrant*innen vor dem Verlust ihres Zuhauses zu schützen. Der Bund muss Rahmenbedingungen schaffen, die die frühzeitige Unterstützung gefährdeter Personen sicherstellen, bevor es zu einer existenziellen Krise kommt.

Antrag 159/II/2014 Durchstarten in der Wohnungspolitik - die Mieterstadt schützen und stärken.

4.11.2014

Schwerpunkte der Wohnungs- und Mietenpolitik für die 2. Hälfte der Legislatur
Die Mieterpartei SPD kann und muss Vertrauen wiedergewinnen.

 

Berlin wächst, seit 2011 erfreulich stark. Wir wollen dieses Wachstum stabilisieren, fördern und sozialverträglich ausrichten. Ein für alle Einkommensgruppen in der Stadt leistbares und für die Zuzügler ausreichendes Wohnungsangebot ist ein wichtiger Standortfaktor und entscheidende Voraussetzung dafür, dass das wirtschaftliche Wachstum und die Einwohnerzunahme nicht abgewürgt werden.

 

Der Wohnungsmarkt verändert sich rasant, für manche auch bedrohlich, und ist seit Jahren angespannt – vor allem preiswerte, für untere und mittlere Einkommensgruppen bezahlbare Wohnungen sind knapp. Seit 2010 nahm die Zahl der Einwohner um fast 200.000 Einwohner zu. Auch in den kommenden Jahren ist mit Bevölkerungszuwachs zu rechnen. In Berlin müssten jährlich mindestens 15.000 Wohnungen (lt. BBSR) neu gebaut werden.

Doch trotz großer Erfolge beim Wohnungsbau – der Bedarf wächst schneller als das Wohnungsangebot. Zudem entstehen fast nur freifinanzierte, meist teure bis sehr teure Wohnungen.

 

Segregation und soziale Polarisierung in Berlin nehmen zu. Für die SPD ist die dadurch gefährdete, einst typische sozialstrukturelle Mischung in Berlin ein hohes Gut, wichtige Voraussetzung für erfolgreiche Integrationspolitik und eine Basis für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft.

 

Mietshäuser werden aufgekauft, um sie in Eigentumswohnungen umzuwandeln, nach einer Pinselsanierung schnell mit Gewinn zu verkaufen oder teuer zu modernisieren. Die Mieten in umgewandelten oder neu gebauten Eigentumswohnungen liegen ein Drittel höher als in normalen Mietwohnungen. So wurden 2013 fast 10.000 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und rund 30.000 Wohnungen verkauft. Für tausende Mieterhaushalte bedeutet dies Jahr für Jahr Angst vor Verdrängung und Sorge um ihre Wohnung.

 

Der SPD-geführte Senat hat in dieser Legislaturperiode viel getan. Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen wurde gesenkt und der Eigenbedarfs-Kündigungsschutz auf 10 Jahre verlängert. Durch ein „Bündnis“ mit den städtischen Wohnungsunternehmen wurde deren Mieterhöhungsspielraum reduziert, sie werden bis 2016 über 20.000 Bestandswohnungen aufgekauft und in den geschützten Wohnungsmarkt überführt haben. Ein Bündnis mit freien Wohnungsunternehmen sorgt bei größeren Projekten für den Bau auch preiswerterer Wohnungen. Es gibt wieder ein Wohnungsbauförderprogramm. Doch bauen selbst die städtischen Gesellschaften wenig preiswerte und viele teure Wohnungen, denn Wohnungsbau ist mit hohen Kosten verbunden.

 

Das Zweckentfremdungsverbot wurde endlich wieder eingeführt. Tausende derzeit von Feriengästen oder gewerblich genutzte Wohnungen können – leider überwiegend erst ab 2016 – wieder dem Mietwohnungsmarkt zugeführt werden. Doch dringend benötigte weitere Maßnahmen wie eine Umwandlungsverordnung oder die Einführung einer Richtsatzmiete für Berlins Sozialwohnungen blockiert die CDU. Das neue Förderprogramm ist mit 1.000 Wohnungen im Jahr unzureichend. Die städtischen Wohnungsgesellschaften bleiben bisher weit hinter unseren Erwartungen an deren Neubau-Aktivität zurück. Die Baulandmobilisierung wird in Berlin privaten Immobilienunternehmen überlassen.

 

Die personellen Ressourcen der Bauverwaltung auf Bezirks- und Landesebene reichen nicht aus, um entscheidende Aufgaben wie die Baulandmobilisierung, Bebauungspläne, öffentlich-rechtliche Verträge, Baugenehmigungen oder die Bekämpfung von Zweckentfremdung zu bewältigen. Den Bezirken fehlen zudem Ressourcen für eine dringend erforderliche und ausgedehnte Anwendung des Erhaltungsrechts nach § 172 Baugesetzbuch, vor allem gegen mietervertreibende Luxusmodernisierungen und Wohnungsumwandlung. So bleibt dieses in München und Hamburg erfolgreich genutzte Instrument in Berlin ein stumpfes Schwert.

 

Daher zählen zu den dringendsten Aufgaben des neuen Regierenden Bürgermeisters und der Regierungspolitik der SPD in der 2. Hälfte der Legislaturperiode folgende:

 

Wohnungspolitische Ziele der Mieterpartei SPD

Durch eine enge und engagierte Zusammenarbeit von Senat und Bezirken muss der Mieterschutz verbessert und der Bau von für „kleine Leute“, also Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen bezahlbaren Wohnungen voran gebracht werden. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften müssen eine viel stärkere Säule des Wohnungsbau und der Wohnungsversorgung werden, insbesondere für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen.

Mit dem Einwohnerwachstum und dem Wohnungsbau steigt der Bedarf für soziale Infrastruktur, Kitas und Schulen. Die Bezirke werden dafür benötigte finanzielle Ressourcen nicht allein durch städtebauliche Verträge sichern können. Berlin braucht im Rahmen seiner Zukunftsinvestitionen ein Investitions-Programm für die Errichtung von Kitas und Schulkapazitäten parallel zum Wohnungsbau. Um in neuen Quartieren für urbane Nutzungsmischung zu sorgen, muss bei Wohnungsbau- und Siedlungsbau-Projekten ein Anteil von gewerblich nutzbaren Flächen für Handel, Dienstleistung und Gewerbe durchgesetzt werden.

 

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung muss unverzüglich ein „Sonderfonds Mieterschutz und Bauplanung“ aufgelegt werden, der den Bezirken im Zuge auftragsweiser Bewirtschaftung ermöglicht,

 

  • wieder selbst Bebauungspläne aufzustellen und Wohnbauland auszuweisen,
  • die Festlegung von Erhaltungssatzungsgebieten voran zu bringen und
  • in diesen Gebieten das Vorkaufsrecht auszuüben, um Umwandlungen und Luxusmodernisierungen zu verhindern.

 

Die Bezirke müssen „leistungsbezogen“ weitere Personalstellen erhalten, um den Herausforderungen von „Mieterschutz und Wohnungsneubau“ gerecht werden zu können. Bewilligte Beschäftigungspositionen für die bezirklichen Bau- und Wohnungsämter und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung werden umgehend entfristet, zudem Bezirke und Senatsverwaltung um 100 Stellen aufgestockt, um die erreichte Verdreifachung beim Wohnungsbau bewältigen und ausdehnen zu können.

 

Das Berliner Ausführungsgesetz zum BauGB (AGBauGB) muss geändert werden, so dass bei Bauprojekten ein Eingriffsrecht der Stadtentwicklungsverwaltung auf Bauvorhaben ab 200 WE ermöglicht wird. Die überbezirkliche Steuerung des Wohnungsbaus bei der Stadtentwicklungsverwaltung wird intensiviert.

 

Die Wohnungsbauförderung muss auf 5.000 WE p.a. ausgeweitet werden, verbunden mit der Schaffung weiterer Förderstränge, die eine nachfragegerechte und einkommensabhängige Förderung ermöglichen. Dabei ist durch effiziente Finanzierungsmodelle eine Überlastung des Landeshaushalts zu vermeiden.

 

Zur Steigerung der Effizienz der städtischen Wohnungsgesellschaften ist die Übertragung der Verantwortung und Zuständigkeit über die Aufsichtsorgane der kommunalen Wohnungswirtschaft auf die Stadtentwicklungsbehörde unverzüglich zu prüfen. Die Bewahrung der wohnungswirtschaftlichen Kompetenz dieser Gesellschaften bleibt selbstverständlich.

 

Die Rendite-Vorgaben für Investitionsvorhaben der landeseigenen Wohnungsunternehmen werden (im langjährigen Finanzierungsbetrachtungszeitraum) auf 3% reduziert, um preiswerten Mietwohnungsneubau bei den städtischen Gesellschaften zu erleichtern.

 

Wesentliche Teile der Berliner Mietwohnungsbestände (gesamt: 14.000 Wohnungen) der landeseigenen Berlinovo werden unverzüglich in den Wirkungsbereich des Berliner Mietenbündnisses überführt. Es wird geprüft, diesen Bestand an die sechs städtischen Gesellschaften zu übertragen.

 

Mit Berlins Wohnungsgenossenschaften muss ebenfalls dringend ein Wohnungsbau-Bünd­nis geschlossen werden, in Verbindung mit einem Angebots-Paket von Grundstücken aus dem Portfolio des Liegenschaftsfonds.

 

Berlin muss die Rechtsinstrumente der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme wieder nutzen und braucht eine Landesentwicklungsgesellschaft. Dieser sind als Grundstock in ihr Treuhandvermögen die für Wohnungsbau verwertbaren Grundstücke des Liegenschaftsfonds zu übertragen. Für städtebauliche Großprojekte wie etwa Elisabeth-Aue oder Bahnhof Grunewald sind gemeinsame Entwicklungsmodelle mit privaten Investoren zu organisieren. Das Instrument der Erbbaurechts-Vergabe muss verstärkt genutzt werden.

 

Wir werden mit unserem Koalitionspartner unverzüglich über den Erlass einer Umwandlungsverbotsverordnung sprechen, hat dies doch sogar Bayern zuletzt eingeführt.

 

Ein weiteres Ziel ist die unverzügliche Ausweisung neuer Gebiete der Sozialen Stadt in den Rand- und Problembereichen mit sozial benachteiligter Bewohner­struk­tur. Dies soll verbunden werden mit einer Weiterentwicklung des Berliner QM (Quartiersmanagement) in ein Integrations-Management durch die Senatsverwaltungen Integration, Stadtentwicklung und Bildung in Kooperation mit den Bezirken – und einer klaren Verankerung der Beteiligungsansätze und Stärkung der Ratsstrukturen in den Gebieten.

 

Die finanzielle Lage Berlins hat sich in den letzten Jahren bis hin zu hohen Einnahmeüberschüssen in 2012 und 2013 stark verbessert. Neben der konsequenten Spar- und Konsolidierungspolitik ist dies steigenden Steuereinnahmen, insbesondere wegen des neuen Wachstums der Stadt zu verdanken. Dieses nun  sozialverträglich auszurichten, ist nötig und möglich, ohne die Konsolidierungspolitik aufzugeben. Ohne Investitionen in die Infrastruktur und einen sozial orientierten Wohnungsbau wird das Wachstum geschwächt und aufs Spiel gesetzt. Zukunftsinvestitionen stabilisieren das Wachstum, verbessern die Standortfaktoren des Wirtschaftstandorts und führen zu vermehrten Steuereinnahmen.

 

Für Wohnungsbau und Stadtentwicklung können die außerplanmäßigen Rückflüsse von Wohnungsbauförderdarlehen (100 bis 200 Mio. EUR p.a.) und die in den letzten Jahren um jährlich 300 Mio. EUR angestiegenen Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer genutzt werden. Zudem hat der Bund die Fördermittel für Städtebau und „Soziale Stadt“ mehr als verdreifacht.

 

Sozialorientierter Wohnungsbau sowie Mieterschutz und Stadtentwicklung in öffentlicher Regie müssen endlich Priorität im Regierungshandeln haben. Sie sind zentrale Elemente eines neuen Zukunftsinvestitionsprogramms für Berlin. Damit schaffen wir neues Vertrauen in die soziale und Zukunfts-Kompetenz der SPD.