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Antrag 198/II/2024 Detox des Jahrhunderts - PFAS abschaffen!

24.10.2024

Der Kongress der Party of European Socialists möge beschließen:

 

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, kurz PFAS, sind eine mehr als 10.000 Einzelsubstanzen umfassende Gruppe von Chemikalien. Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und werden daher in den verschiedensten Branchen eingesetzt, um Antihaft-, flecken- oder wasserfeste Produkte herzustellen. Neben der bekanntesten Verwendung in beschichteten Pfannen findet man PFAS unter anderem in Regenjacken, Kettenfett, Zahnseide, Lebensmittelbehältern, Feuerlöschschaum und Kosmetik. Allein in der EU werden mehr als 100.000 Tonnen PFAS pro Jahr produziert.

 

Die Stoffe kommen in der Natur nicht vor und können durch Wasser, Licht oder Bakterien in der Umwelt auch nicht zeitnah abgebaut werden. PFAS sind außerdem sehr mobil, sodass sie in Wasser, Luft, Regen, pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln nachgewiesen werden können. Sie stellen auch ein Risiko für Tier- und Pflanzengesundheit und mithin für Biodiversität dar. PFAS stören eine Reihe biochemischer Aktivitäten in Pflanzenzellen, wie Photosynthese, Genexpression, Proteinsynthese, Kohlenstoff- und Stickstoffstoffwechsel.

 

PFAS gelangen auch in den menschlichen Körper und belasten ihn. Einige bestimmte werden mit einer Reihe ernsthafter Probleme für die menschliche Gesundheit, unter anderem mit Krebs, Geburtsfehlern, Leber- und Schilddrüsenerkrankungen, Unfruchtbarkeit, Nierenerkrankungen sowie immunologischen Auswirkungen, in Verbindung gebracht. Schätzungen zufolge belasten die jährlichen Kosten für die Behandlung der gesundheitlichen Folgen von PFAS die europäischen Gesundheitssysteme zwischen 52 und 84 Milliarden Euro.

 

An mehr als 1.500 Orten in Deutschland lassen sich PFAS nachweisen, in ganz Europa an mehr als 17.000, wobei die Dunkelziffer aufgrund nicht vollständiger Schadenserkundung viel höher ist. Eine systematische Prüfung des Wassers und der Böden an Standorten mit hohem Risiko bleibt noch aus. Zu den häufigsten Hotspots zählen Flughäfen und Militärstandorte, Kläranlagen und Deponien sowie Standorte der Textil- und Metallindustrie und der Altpapierverarbeitung. Im Rahmen des Forever Pollution Project haben Reporter*innen rund 1.000 dieser Standorte angefragt, wovon der Großteil bisher keinerlei Messungen vorgenommen hat. In vielen Fällen einer bewiesenen PFAS-Belastung haben die Behörden offenbar nicht einmal die Bevölkerung vor Ort informiert. Für die Eintragsquellen der Schadstoffe besteht darüber hinaus häufig weiterer Erkundungsbedarf.

 

Laut Studien der NGO Pesticide Action Network Europe aus Mai 2024, liegt Kontamination von 94% ihrer Oberflächenwasser- und 63% ihrer Flaschenwasserproben durch TFA (Trifluoressigsäure), ein hoch persistentes Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden und fluorierten Gasen,  bereits weit über den in der überarbeiteten ab 2026 geltenden Trinkwasserrichtlinie festgelegten Grenzwerten.

 

Je mehr PFAS produziert werden und in die Umwelt gelingen, desto mehr reichern sie sich an und desto schwieriger und teurer wird die Sanierung der flächendeckenden Verseuchung. Bislang ist es selbst mit besonders teuren Verfahren nur schwer möglich, aus PFAS-haltigen Abwässern und Gegenständen die Giftstoffe herauszufiltern oder zu verbrennen. Laut Expert*innen der Kreislaufwirtschaft gelangt die Mehrheit der mit PFAS belasteten Plastik auch ins Recyclingsystem. Eine Studie des Nordischen Ministerrates schätzt die Sanierungskosten allein für Europa bereits auf 16 Milliarden Euro. In Deutschland haben Behörden bisher bei den allerwenigsten Schadensfällen überhaupt mit einer Sanierung begonnen. 2020 schrieb die Bundesregierung, dass bei weniger als einem Prozent aller PFAS-Verdachtsfällen die Sanierung abgeschlossen sei.

 

Februar 2023 hat die zuständige EU-Behörde ECHA (European Chemicals Agency) den Vorschlag von fünf Ländern inklusive Deutschlands vorgestellt, die gesamte Stoffgruppe der PFAS ganz überwiegend zu verbieten. Bislang sind nur zwei Stoffe der Gruppe verboten, PFOS und PFOA. Eine Entscheidung wird wohl erst im Jahr 2025 und fallen.

 

Industrieverbände und Großunternehmen arbeiten schon hart daran, die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zu beeinflussen, das bevorstehende Verbot abzuschwächen. Laut LobbyFacts, einem gemeinsamen Projekt von Corporate Europe Observatory und LobbyControl, tauchen sieben sog. Giftlobbys unter den 50 Organisationen auf, die am meisten für die Lobbyarbeit in der EU ausgeben. Darüber hinaus unterliegen die Lobbyausgaben von Big Tech und Big Energy die von diesen und weiteren Unternehmen und Industrieverbänden in der Chemie- und Plastikindustrie deutlich. Die Industrie hat tiefe Taschen und kann und muss für das giftige Erbe in unseren Körpern, Böden, Luft und Gewässern zur Rechenschaft gezogen werden.

 

Es gibt zurecht einen Schutzwall für das öffentliche Interesse gegen die Lobbyarbeit der Tabakindustrie in Bezug auf die öffentliche Gesundheit, und es gibt immer mehr Bestrebungen, dass dasselbe auch für die Industrie der fossilen Brennstoffe und die Chemieindustrie gilt. Es ist höchste Zeit, die Verursacher von Umweltverschmutzung auch aus der politischen Entscheidungsfindung zu verbannen.

 

Wir fordern daher:

  • Ein umfassendes EU-Verbot von der PFAS-Stoffgruppe sowie ein Einfuhrverbot von Agrarprodukten, die mit PFAS-haltigen Pestiziden hergestellt werden.
  • Öffentliche Förderung neuer Technologien an Kläranlagen und Deponien, um die weitere Verschmutzung von Wasser und Böden zu verhindern.
  • Eine Nachverschärfung der europäischen Trinkwasserrichtlinie auf der Grundlage der Leitlinien der EFSA, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit.
  • Eine Pflicht zur regelmäßigen und flächendeckenden Messung der Grund- und Oberflächenwasser sowie Böden an und in der Nähe von industriellen und militärischen Standorten, baulichen und technischen Anlagen sowie öffentlichen Parks, Wäldern und Badestellen.
  • Eine Informations- und Aufklärungspflicht gegenüber der Bevölkerung vor Ort, wenn PFAS in bedeutender Menge erfasst werden.
  • Die verpflichtende Kennzeichnung PFAS-haltiger Produkte und Behälter, die sich bis Einführung des Verbots noch im Warenumlauf befinden, samt Warnungen über mögliche gesundheitliche Folgen.
  • Eine verpflichtende Kostenbeteiligung nach Verursacherprinzip für Unternehmen und Konzerne, die PFAS-haltige Produkte herstellen, sowohl für die Sanierung betroffener Orte als auch für weitere Forschung zu den gesundheitlichen Folgen der PFAS.
  • Eine neue und umfassende Verpflichtung auf Bundes- und Europaebene, Entscheidungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit vor dem Einfluss der Chemieindustrie zu schützen.

 

Antrag 71/II/2024 Queerfeindliche und autoritäre Gesetzgebung in Georgien konsequent verurteilen!

23.10.2024

Triggerwarnung: Queerfeindlichkeit und Polizeigewalt

Im Mai 2024 verabschiedete das georgische Parlament trotz massiver Proteste endgültig das sogenannte “Agentengesetz”. Damit werden Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), die mehr als 20% ihrer finanziellen Mittel aus dem Ausland erhalten, dazu gezwungen, sich als Organisation eintragen zu lassen, die “die Interessen einer ausländischen Macht” verfolgt. Dieses Label soll insbesondere oppositionelle Organisationen und Organisationen, die sich für die Rechte marginalisierter Gruppen stark machen, öffentlich diskreditieren und ihre Arbeit so erschweren. Auch ist der Verwaltungsaufwand, den das Gesetz verursacht, enorm und die Strafen bei Verstößen astronomisch. Doch nicht nur das: den Behörden ist es durch das Gesetz auch erlaubt, Mitarbeiter*innen der NGOs zu zwingen, persönliche Informationen wie Religionszugehörigkeit oder sexuelle Identität offenzulegen. Zusätzlich wurde außerdem ein Gesetzespaket ins Parlament eingebracht, der vorsieht, so genannte “LGBT-Propaganda” zu verbieten. Dabei sind die neuen Gesetze lediglich die Spitze des Eisbergs. Schon seit längerem versucht die georgische Regierung durch autoritäre Mittel ihre Macht zu zementieren und die Opposition sowie marginalisierte Gruppen weiter zu schwächen.

 

Georgien – zwischen russischem Einfluss und EU-Beitritt

Dabei spaltet die in Georgien regierende Partei “Georgischer Traum” (welche bis 2023 Teil der PES war) mit diesen Gesetzen die georgische Gesellschaft weiter und untergräbt das mehrheitlich geforderte und in der Verfassung verankerte Ziel eines EU-Beitritts. Gleichzeitig erinnern diese Gesetze stark an russische Regelungen, die bereits vor Jahren dort in Kraft getreten ist, um kritische NGOs mundtot zu machen und queeres Leben aus dem öffentlichen Leben zu verbannen. So ist es wenig verwunderlich, dass die russische Regierung sich positiv hinsichtlich des “Agentengesetzes” geäußert hat und gegenüber Kritik verteidigt. Das Gesetz trifft nämlich insbesondere Organisationen, die durch die EU, deren Mitgliedsstaaten oder die USA unterstützt werden. Die georgische Regierung nähert sich also weiter an Russland an, obwohl Russland die georgischen Regionen Abchasien und Südossetien immer noch besetzt hält. Die Gesetze sind nur damit das neueste und offensichtlichste Beispiel, dass die georgische Regierung immer mehr die Nähe zu Russland sucht. Dies wird spätestens seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine offensichtlich. So unterstellen georgische Regierungspolitiker*innen seitdem der EU und NATO immer wieder, in Georgien bzw. der Kaukasus-Region eine “zweite Front gegen Russland” eröffnen zu wollen. Auch nahm der damalige georgische Ministerpräsident an einer Konferenz rechter, nationalistischer Politiker unter der Führung Viktor Orbans teil und begrüßte ausdrücklich die Wiederaufnahme von Direktflügen zwischen Russland und Georgien, die ebenso zu heftigen Protesten führte.  Gleichzeitig versucht die georgische Regierung jedoch weiterhin zumindest so zu tun, als sei ein EU-Beitritt weiterhin das Ziel ihrer Politik – schließlich wird ein solcher Schritt auch von einer großen Mehrheit der Georgier*innen unterstützt. So ist Georgien seit Dezember 2023 EU-Beitrittskandidat, wobei im Zuge des “Agentengesetzes” die Beitrittsverhandlungen von der EU seit Juni 2024 auf Eis gelegt wurden.

Georgien ist ein tiefreligiöses christliches Land. Seit dem Zerfall der UdSSR ist Georgiens wirtschaftliche Lage relativ instabil, so gab es auch schon viele Protestbewegungen und eine Revolution 2003. Seit Georgiens Unabhängigkeit spielt die orthodoxe georgische Kirche eine große Rolle für Georgiens Politik und Gesellschaft. Sie lobbyiert erfolgreich für einen konservativen, sehr russlandnahen Kurs. Dieser findet bei der konservativen Mehrheit in der Gesellschaft viel Zuspruch.

 

Die georgische Zivilgesellschaft

Gerade auch weil ein solcher Schritt durch die EU absehbar war und viele insbesondere junge Menschen in Georgien eine weitere Annäherung und Einflussnahme Russlands in Georgien fürchten, demonstrierten Zehntausende regelmäßig friedlich in Tiflis und anderen Städten gegen die Einführung des “Agentengesetzes”. Auch hier zeigte die Regierung ihren offen autoritären Stil, der die Opposition und kritische Stimmen in der Gesellschaft mit allen Mitteln zu bekämpfen versucht. So kam es während der Proteste zu massiver Polizeigewalt: Tränengas, Gummigeschosse, Wasserwerfer und rechtswidrige Verhaftungen waren die routinierte Antwort auf die Kritik an dem Gesetz. Nichtsdestotrotz ließen sich die Demonstrierenden nicht einschüchtern, denn diese Antwort der Regierung lässt erahnen, was mit dem Gesetz bezweckt wird: Das Ende einer kritischen, offenen, demokratisch orientierten Zivilgesellschaft. Das können wir nicht hinnehmen! Denn diese ist der letzte verbleibende Akteur, der nicht in Gänze durch die Regierungspartei und dessen Ehrenvorsitzenden und Milliardär Bidsina Iwanischwili kontrolliert wird.

 

Queerfeindlichkeit und die Unterdrückung von Minderheiten

Gerade marginalisierte Gruppen wie z.B. die LGBTQIA+-Community sind der Regierungspartei dabei ein Dorn im Auge. So werden sie schon seit längerem als Sündenbock für verschiedenste gesellschaftliche Probleme dargestellt und von konservativen Teilen der Bevölkerung, insbesondere der Kirche, verfolgt. So wurden Pride-Veranstaltungen immer wieder angegriffen und Teilnehmende zum Teil schwer verletzt. Die Polizei beteiligte sich bzw. begünstigte das. Dementsprechend wundert es nicht, dass das so genannte “Agentengesetz” nun besonders NGOs trifft, die sich für die Belange marginalisierter Gruppen wie die LGBTQIA+-Community einsetzt. Diese werden von der georgischen Regierung in der Regel nur wenig unterstützt und sind dem entsprechend dringend auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Gerade Angebote wie AIDS- (Auto-Immun-Diffiency-Syndrome) und HIV(Human Immunodeficiency Virus)-Prävention könnten noch schwieriger werden als zuvor. Verschärft wird die Situation durch das so genannte “Gesetz gegen LGBT-Propaganda”. Dieses soll das Zeigen nicht-cis-heterosexueller Lebens- und Beziehungsrealitäten in Medien und Bildungseinrichtungen verbieten. Außerdem sollen Kundgebungen wie der Christopher-Street-Day (CSD) sowie geschlechtsangleichende Operationen für trans*Personen verboten und die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare ausgeschlossen werden. Per Verfassungsänderung wurde die Ehe in Georgien als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert.

 

Die Rolle Deutschlands

Es gibt jedoch Möglichkeiten, die demokratischen Kräfte in Georgien zu unterstützen. Sie müssen nur genutzt werden. Möglichkeiten der Einflussnahme gibt es also, sie müssten aber auch genutzt werden! Dass sich die Bundesregierung inzwischen über die Lage in Georgien “besorgt zeigt”, reicht uns nicht. Auch scheint es in Anbetracht der weiter fortbestehenden russischen Kontrolle über die georgischen Gebiete Abchasien und Südossetien und der immer stärkeren Verfolgung oppositioneller und marginalisierter Gruppen absurd, dass Georgien von der Bundesregierung als sogenanntes “sicheres Herkunftsland” für Geflüchtete eingestuft wird. Die Einstufung eines Landes als sicheres Herkunftsland bedeutet, dass in dem betroffenen Land grundsätzlich genug staatliche Strukturen und Schutzmechanismen existieren, um Menschen vor Verfolgung zu schützen. Der Begriff „sicheres Herkunftsland“ soll dabei „abschreckend“ wirken und Menschen von einer Flucht nach Deutschland abhalten. Die Klassifikation bedeutet außerdem, dass Asylsuchende aus diesen Ländern kaum Rechtsschutzmöglichkeiten gegen einen abgelehnten Asylantrag haben. In Georgien sind viele Menschen, die gesellschaftlichen Minderheiten angehören, akut bedroht. Das Land also als „sicheres Herkunftsland“ einzustufen, ist schlicht falsch und gefährlich!

 

Wir fordern daher

  • jede Form queerfeindlicher und autoritärer Gesetzgebung sowie die Polizeigewalt gegenüber georgischen Demonstrierenden klar zu verurteilen, insbesondere durch sozialdemokratische Mandats- und Funktionsträger*innen. Insbesondere ist das sogenannte „Agentengesetz“ und der Gesetzesvorschlag gegen LGBT-Propaganda zu kritisieren und ihren Widerspruch zu einem möglichen EU-Beitritt hinzuweisen.
  • die verstärkte finanzielle Förderung von georgischen NGOs und zivilgesellschaftlichen Akteuren, insbesondere solchen, die sich für marginalisierte Gruppen einsetzen, insbesondere ist das sogenannte „Agentengesetz“ und der Gesetzesvorschlag gegen LGBT-Propaganda zu kritisieren und ihren Widerspruch zu einem möglichen EU-Beitritt hinzuweisen. Dabei soll darauf Wert gelegt werden, dass NGOs und andere Akteure nicht aufgrund dieser Finanzierung selbst in rechtliche Schwierigkeiten, beispielsweise aufgrund des „Agentengesetzes“ geraten. Im Einzelfall muss mit den Betroffenen eine angemessene, möglichst sichere Lösung gesucht werden. Die Sicherheit der Betroffenen und der Fortbestand der kritischen Zivilgesellschaft Georgiens muss immer im Mittelpunkt stehen.
  • Keine Kürzungen bei der Förderung politischen Bildungsarbeit durch deutsche Stiftungen und NGOs in Georgien.
  • Georgien von der so genannten “Liste der sicheren Herkunftsländer” zu streichen.
  • die SPD innerhalb der PES auf, sich gegen Georgiens Regierungskurs einzusetzen.
  • zu überprüfen, inwiefern Sanktionen gegen führenden georgischen Regierungspolitiker*innen möglich und zielführend sind, die eine solche autoritäre und queerfeindliche Gesetzgebung unterstützen
  • eine klare Verurteilung des sogenannten „Agentengesetz“, das auf die Einschränkung der Arbeit von NGOs und unabhängigen Medien abzielt.
  • die EU-Beitrittsverhandlungen mit Georgien wieder aufzunehmen, sofern das Agentengesetz zurückgenommen wird. Die georgische Zivilbevölkerung soll weiterhin in ihrer Annäherung an die Europäische Union gefördert werden.

Antrag 113/I/2024 Solidarische Migrationspolitik statt Populismus

21.04.2024

Zur Weiterleitung an die S&D Fraktion im Europäischen Parlament:

 

Wir stehen für eine solidarische Migrationspolitik. Eine Migrationspolitik, die Chancen eröffnet, statt Grenzen zu ziehen. Eine Migrationspolitik, die das Miteinander fördert, statt Hierarchien aufzubauen. Eine Migrationspolitik, die uns hilft, Herausforderungen zu meistern, die Weichen für eine gute Zukunft für uns alle zu stellen und gleichzeitig Menschenleben zu retten.

 

Populistisch motivierte Debatten, die wie aktuell über Abschiebungszahlen, Grenzkontrollen und Obergrenzen für die Aufnahme von Geflüchteten geführt werden, sind kein Ausdruck  einer sozialdemokratischen Migrationspolitik. Die Verwirklichung der in den Menschenrechtskonventionen, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in unserem Grundgesetz verankerten Rechte und Prinzipien müssen die unbedingte Handlungsgrundlage deutscher Migrationspolitik sein. Das Recht auf Asyl, die Rettung von Menschenleben sowie die erfolgreiche Integration durch Interaktion und Teilhabe der nach Deutschland und in die Europäischen Union kommenden Menschen in Gesellschaft und Arbeitsmarkt, stehen im Mittelpunkt unserer migrationspolitischen Bemühungen. Überdies setzen wir uns im Rahmen unserer internationalen Politik weiterhin dafür ein, soziale Gerechtigkeit weltweit zu verwirklichen, damit Menschen gar nicht erst aus ihrer Heimat fliehen müssen, auch um das weitere Sterben im Mittelmeer zu verhindern.

 

In diesem Sinne fordern wir die sozialdemokratischen Mitglieder des Europäischen  Parlaments, des Bundestages, des Berliner Abgeordnetenhauses, der Bundesregierung und des Berliner Senats auf, sich für folgende Maßnahmen einzusetzen:

 

In den Bundesländern

  • Grundgedanke jeder Integrationspolitik mit humanistischem Anspruch ist die Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe, also insbesondere der Zugang zu  Unterstützungsangeboten, Bildung, Qualifizierung und Arbeit. Dazu gehört auch der  gleichberechtigte Zugang zu Wohnraum. Gemeinschaftsunterkünfte oder Unterkünfte außerhalb von Wohngebieten kommen nur als kurzfristige Maßnahmen zur Sicherstellung der Unterbringung und Versorgung in Betracht. Sie dürfen nicht als Regeleinrichtung etabliert werden. Eine möglichst kurze Aufenthaltsdauer ist   Im Fall der Unterbringung in diesen Unterkünften müssen die Kommunen Angebote zur sozialen Teilhabe außerhalb dieser Unterkünfte schaffen. Isolation ist zu verhindern, um Wege zu echter Integration zu beschreiten. Eine „Verwahrung“ in solchen Unterkünften widerspricht allen fortschrittlichen sozial- und bildungswissenschaftlichen Erkenntnissen.
  • In jeder Kommune sollen Zusatzkontingente an Plätzen in Kindertagesstätten für geflüchtete Kinder vorgehalten werden. Überdies sollen inklusive Programme wie die der „Sprachkitas“ ausgebaut und dauerhaft finanziell abgesichert werden. Um den Übergang in die Grundschulen zu erleichtern, sollen in ausgewählten Grundschulen Vorklassen für geflüchtete Kinder ab fünf Jahren eingerichtet werden, in denen die Kinder nach dem Vorbild der Willkommensklassen vor dem Übergang in die erste Klasse besser Deutsch lernen können. Schulpflichtige geflüchtete Kinder und Jugendliche sollen ihr Recht auf den Besuch der nächstgelegenen Grund- oder weiterführenden Schulen durchsetzen können.
  • Wir unterstützen das Berliner Konzept für Willkommensklassen an Regelschulen, das neben inhaltlichen Ansprüchen an Bildungsstandards, klare Vorgaben für die Höchstdauer der Beschulung in Willkommensklassen und eine Anbindung an den regulären Schulbetrieb vorsieht. Schüler*innen sollen während der Beschulung in Willkommensklassen die Möglichkeit haben, den Schulbesuch an einem Standort abzuschließen (statt Wechsel nach z.B. Ende der Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung). Die Lehrkräfte der Willkommensklassen sollen nach Möglichkeit gut qualifizierte Lehrer*innen und Teil des Kollegiums sein und nach Möglichkeit eine Ausbildung für Deutsch als Zweitsprache/Fremdsprache besitzen.
  • Die kürzlich in Kraft getretene bundesgesetzliche Erleichterung für den Bau von sozialer Infrastruktur, wie Schulen, Kitas und Begegnungsstätten (sog. Sonderbaurecht soziale Infrastruktur) soll durch die zuständigen Ämter konsequent genutzt werden. So können schnell zusätzliche und an das Regelschulsystem angedockte Kapazitäten geschaffen werden, die sowohl für Willkommens- als auch für Regelklassen genutzt werden können. Eine Separierung der in Städten und Kommunen lebenden Kinder und Jugendlichen lehnen wir ab.
  • Im Bereich der allgemeinen und berufsbezogenen Sprachförderung sind die Angebote zu verstetigen und die Zugänge zu erweitern. Dazu sind ausreichende Angebote als Grundversorgung durch eine Sockelfinanzierung sicherzustellen, damit sich eine entsprechende Angebotsstruktur etablieren und kontinuierlich qualitätsgesichert weiterentwickeln kann. Die Zahl der angebotenen Plätze soll bedarfsgerecht erweitert werden. Der Zugang zu berufsvorbereitenden Sprachkursen ist für alle nach Deutschland Ankommenden zu öffnen. Zugangsbeschränkungen zu Integrations- und Berufssprachkursen, insbesondere im Hinblick auf die sogenannte Bleibeperspektive, sind aufzuheben.
  • Geflüchtete haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und fördernde Rahmenbedingungen. Zusätzliche Eingriffe in den ohnehin schon stark regulierte Alltag der Menschen und mehr bürokratische Vorgaben, wie durch eine Einführung von Bezahlkarten, lehnen wir ab.
  • Der Zugang zum Arbeitsleben ist in unserer Gesellschaft ein wesentlicher Ausdruck sozialer Teilhabe. Daher sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Schutzsuchende zügig in Erwerbsarbeit zu vermitteln. Soweit diese im Auftrag oder Zuständigkeitsbereich von Kommunen, der Bundesländer oder in den in ihrem Eigentum stehenden Unternehmen tätig werden, ist die Arbeit nach den für diese Tätigkeit geltenden tariflichen Bestimmungen zu entlohnen. Eine Heranziehung zu unbezahlter Beschäftigung lehnen wir entschieden ab.  Studien haben gezeigt, dass insbesondere die Integration von geflüchteten Frauen in den Arbeitsmarkt eine Herausforderung darstellt. Aus diesem Grund muss auf diese Aufgabe ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Wichtig ist u.a. der Ausbau von Kinderbetreuung und geschützten Räumen im gesamten Asylverfahrens- und Integrationsprozess.

 

Im Bund

  • Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine sind 1,1 Millionen Menschen vor diesem Krieg nach Deutschland geflohen. Die gesamte Gesellschaft hat es geschafft, diesen Menschen Sicherheit zu geben und sie vergleichsweise schnell mit dem Nötigsten zu versorgen. Aus diesen Erfahrungen wollen wir lernen und auch Schutzsuchende aus anderen Ländern, die nach Deutschland kommen, schnell und zielgerichtet unterstützen. Wir erkennen an, dass viele Kommunen derzeit mit der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten stark beansprucht sind. Um die Situation zu entspannen, sollten alle Geflüchteten – wie die Geflüchteten aus der Ukraine – ihren Wohnort frei wählen können. So können sie auch über private Kontakte eine Unterkunft finden und das kommunale Aufnahmesystem wird entlastet. Gleichzeitig sollen Best Practices aus Kommunen, die durch eine erfolgreiche Auszugsbegleitung dazu beigetragen haben, dass Schutzsuchende aus Gemeinschaftsunterkünften in Wohnungen umziehen konnten, bundesweit verbreitet und unterstützt werden. Die Pflicht zur Meldung des Wohnortes und Mitteilung von Ortswechseln gegenüber den zuständigen Behörden bleibt für die Asylsuchenden
  • Die dringend notwendige Reform der Leistungen an Geflüchtete und Asylbegehrende muss die Sicherung der Menschenwürde in den Mittelpunkt stellen. Migrationspolitisch motivierte Kürzungen im Asylbewerberleistungsgesetz, Kürzungen ohne sachliche Grundlage und eine bundesweit geregelte verpflichtende Einführung von Bezahlkarten oder Sachleistungen lehnen wir ab.
  • Der Zugang zum Gesundheitswesen ist für alle Antragsteller*innen auf Asyl, insbesondere für traumatisierte Geflüchtete, ebenso bedeutsam für die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit, wie auch für die Wahrung der Menschenwürde. Nach wie vor bietet Deutschland hier einen Flickenteppich unterschiedlicher, teils unwürdiger Verfahren. Wir fordern a. ein Ende der Übernahme von Arztkosten nach Vorstellung beim Sozialamt und stattdessen die bundeseinheitliche Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete, so wie bspw. Berlin dies 2016 bereits getan hat.
  • Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass es keine geflüchteten Menschen erster und zweiter Klasse gibt. Es darf keine Unterschiede geben, die zu einer Ungleichbehandlung und einem ungleichen Zugang zu Unterstützungssystemen und Integrationsangeboten führen.
  • Keine Obergrenzen und keine Quotenregelungen. Sie widersprechen dem grundgesetzlich garantierten Recht auf Asyl.
  • Dringend notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur müssen jetzt getätigt werden. Die sogenannte Schuldenbremse darf nicht zur Investitionsbremse werden und als Vorwand dienen, den Solidaritätsgedanken zu unterlaufen. Auch der Bund trägt Verantwortung für eine gute Entwicklung der Kommunen. Nach mehreren Krisenjahren, in denen unter Aussetzung der Schuldenbremse mit verschiedenen Mitteln den negativen Auswirkungen von Pandemie und Krieg auf unsere Wirtschaft entgegengewirkt werden konnte, ist jetzt die Zeit, um mit Investitionen in Schulen, Infrastruktur, Wohnraum und unser Gesundheitssystem unsere Gesellschaft für die nächsten Jahre und Jahrzehnte fit zu machen. Eine sichere soziale Infrastruktur und gute staatliche Angebote sind das beste Mittel gegen Populismus. Jeder Euro, der in eine angemessene Unterbringung, Bildung, Qualifizierung und Integration in die und den hiesigen Arbeitsmarkt investiert wird, ist zudem eine Investition in die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
  • Wir begrüßen das im Sommer verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Asylbegehrenden, die vor dem 29. März 2023 eingereist sind, eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft ermöglicht. Wir fordern, die Stichtagsregelung des Gesetzes zu streichen, um mehr Menschen den Spurwechsel zu ermöglichen. Gleichzeitig müssen die Kommunen und zuständigen Behörden umgehend mit ausreichenden Mitteln ausgestattet werden, um die Menschen schnell in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Einen Zwang zu unbezahlter Arbeit lehnen wir ab.
  • Wir fordern die Abschaffung von jeglichen Sperrfristen für Asylsuchende zur Aufnahme einer Tätigkeit – wie für Geflüchtete aus der Ukraine bereits umgesetzt – damit wir allen Menschen gleichermaßen den unmittelbaren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.
  • Legale Migrationswege müssen schneller ausgebaut werden. Dabei unterstützen wir die Idee von Migrationsabkommen mit anderen Staaten in dem Sinne, dass sie legale Migrationswege nach Deutschland eröffnen, das Wohlergehen der Geflüchteten beinhalten und die Aufnahmeländer die Menschenrechte der Geflüchteten nach ihrer Rückkehr garantieren. Um dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland für den Arbeitsmarkt zu gewinnen, muss auch die Erteilung von Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen in den Herkunftsländern durch deutsche Behörden beschleunigt werden. Dazu müssen die Verfahren und einzureichenden Unterlagen grundlegend überprüft und wo möglich entbürokratisiert werden.
  • Die Unterstützung privater Initiativen zur Seenotrettung soll, wie im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart, fortgesetzt werden. Dies gilt insbesondere, solange und soweit keine staatlich organisierte Seenotrettung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vereinbart ist und Geflüchtete im Mittelmeer der Willkür der angrenzenden Küstenwachen ausgesetzt sind. Eine Kriminalisierung privater Seenotrettung muss ausgeschlossen werden.
  • Der Schutz von Menschen vor Verfolgung hat sich an der tatsächlichen Sicherheits- und Menschenrechtslage in dem jeweiligen Staat zu orientieren. Im Rahmen der Prüfung einer möglichen Einstufung weiterer Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten ist zwingend die Rechtsprechung des Bundesverfassungs-gerichts zu beachten. Danach muss für die Bestimmung eines Staates zum sog. sicheren Herkunftsstaat dort Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit sowie für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen. Vor dem Hintergrund der Verfolgung von LSBTIQ* fordern wir daher, Senegal und Ghana von der Liste zu streichen und Algerien, Georgien, Marokko, Moldau und Tunesien nicht aufzunehmen.
  • Auch bei Rückführungen sind humanitäre Grundsätze zu achten. Unangekündigte Abschiebungen bei Nacht und Nebel können gerade für Kinder und Geflüchtete aus Kriegsgebieten traumatisierend wirken. Insbesondere geduldete Asylbewerber*innen, die bereits lange in Deutschland leben, dürfen nicht unangekündigten, spontanen Abschiebungen ausgesetzt sein, da in den meisten Fällen enge persönliche Beziehungen aufgebaut oder auch Ausbildungs-/Arbeitsverhältnisse begründet wurden und häufig kaum oder keine Verbindungen zum Herkunftsland mehr bestehen. Die Ausweitung des Abschiebegewahrsams auf 28 Tage sehen wir kritisch und fordern, diese nur in Ausnahmefällen auszureizen – Asylsuchende sind keine Verbrecher*innen. Wichtige Re-Integrationsmaßnahmen müssen aufrechterhalten und ausgebaut, gleichzeitig jedoch kritisch auf ihre Effektivität geprüft und entsprechend angepasst werden. Insbesondere die engmaschige Begleitung durch kleinere, lokal verankerte Organisationen sollte verstärkt ermöglicht werden.

 

In der Europäischen Union

  • Wir bekräftigen den Beschluss 60/II/2023 des Berliner Landesparteitages. Die Gemeinsame Europäische Asylpolitik muss jetzt in diesem Sinne so schnell wie möglich zu einer solidarischen Verteilung der ankommenden und schutzsuchenden Menschen auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union führen. Einen durch die tatsächliche Praxis der Grenzbehörden verursachten Zustand der Rechtlosigkeit an den Außengrenzen der Europäischen Union darf es künftig nicht mehr geben.
  • Deutschland setzt sich innerhalb der Union aktiv und mit aller Kraft für eine verbesserte Nachfolgeregelung des Dublin Übereinkommens ein. Im Sinne des Reformentwurfs des Europäischen Parlamentes aus dem Jahr 2017 soll insbesondere das Prinzip des sog. “Erstaufnahmelandes” überwunden sowie ein permanenter, automatischer und verpflichtender Verteilungsmechanismus eingeführt werden. Asylverfahren in Transit- oder Drittstaaten lehnen wir entschieden ab.
  • Deutschland setzt sich innerhalb der Europäischen Union für eine staatlich organisierte Seenotrettung ein. Menschen in Seenot zu retten, gehört grundsätzlich zu den staatlichen Aufgaben, eine Übernahme dieser durch private Organisation kann nicht dauerhaft erfolgen. Gleichzeitig lehnen wir die Kriminalisierung privater Seenotrettung durch Mitgliedstaaten der Europäischen Union entschieden ab.

 

Antrag 26/I/2024  Pre-Pack-Verfahren verhindern

21.04.2024

Die sozialdemokratischen Minister in der Bundesregierung und die sozialdemokratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament werden aufgefordert, die im Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Insolvenzrechts (Dokument COM(2022) 702 final) enthaltenen Vorschläge zu einem Pre-Pack-Verfahren ersatzlos entfallen zu lassen, jedenfalls aber auf den Übergang von Arbeitsverhältnissen allein die Betriebsübergangsrichtlinie für anwendbar zu erklären und damit den Mitgliedsstaaten ausdrücklich weiter die Möglichkeit zu geben, die Regelungen über den Übergang von Arbeitsverhältnissen im Betriebsübergang nach der Betriebsübergangsrichtlinie auch im Pre-Pack-Verfahren anzuwenden und die damit in Zusammenhang stehenden Streitigkeiten den für Arbeitsrechtsstreitigkeiten zuständigen Gerichten zu überlassen.

Antrag 251/I/2024 Verkehrspolitische Rahmenbedingungen für Nachtzüge für den Klimaschutz verbessern

21.04.2024

Die SPD-Bundestagsfraktion und die Europaabgeordneten der S&D Fraktion werden aufgefordert, sich gegenüber der Bundesregierung und der EU-Kommission dafür einzusetzen, dass Rahmenbedingungen für eine Entwicklung eines klimafreundlichen europäischen Nachtzugnetzes geschaffen werden:

 

  • Die in Deutschland überhöhten Trassenpreise sind zu senken und sollen sich maximal an den Grenzkosten orientieren. Solange die Wettbewerbsverzerrungen zum Flugverkehr fortbestehen (Befreiung von der Kerosin- und Mehrwertsteuer, Nichtberücksichtigung der externen Kosten des Flugverkehrs) sind die Betreiber*innen von Nachtzügen von den Trassenpreisen und internationale Bahnfahrkarten von der Mehrwertsteuer zu befreien.
  • Nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten (Schweden, Finnland, Polen und Italien) sind Nachtzüge aus Klimaschutzgründen zu subventionieren und ggf. im Wettbewerb auszuschreiben.
  • Die Produktion moderner neuer Schlaf- und Liegewagen und der Aufbau eines betreiberneutralen Pools für das Rollmaterial ist von der Europäischen Union und der Bundesregierung zu fördern.
  • Der Verkauf des Gesamtangebots von Bahnfahrkarten in Bahnhöfen einschließlich des digitalen Vertriebs aller europäischen Nachtzüge ist betreiberneutral durchzuführen. Nach dem Vorbild der Schweiz ist der Fahrkartenvertrieb nicht von Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern vom neutralen Infrastrukturbetreiber (derzeit DB Netz) zu übernehmen. Ziel ist weiterhin eine europaweite Buchungsplattform mit einem Ticket auf die Gesamtstrecke.
  • Die Hemmnisse an den Grenzbahnhöfen sind abzubauen. Um grenzüberschreitende Verkehre organisatorisch zu vereinfachen, werden die Fahrplanentwürfe und Bautätigkeiten zunächst in den Transeuropäischen Korridoren der Schiene europaweit koordiniert. Ein einheitlicher EU-Führerschein für Triebfahrzeuge und Englisch als einheitliche Sprache für den grenzüberschreitenden Betrieb der Eisenbahn wird in der Europäischen Union eingeführt, so dass z. B. Lokführer*innen nicht mehr alle Sprachen der durchfahrenen Länder beherrschen müssen.
  • Europaweit harmonisiert werden die Ausbildungsstandards zur Steigerung der Qualität und Mobilität des Schienenpersonals – sowohl in Nachtzügen als auch im Güterverkehr. (Zusatz-) Zertifikate (um z. B. verschiedene Loktypen zu fahren) für die grenzüberschreitende Arbeit des Personals werden gegenseitig anerkannt. Besonders Lokführer*innen sind davon betroffen.
  • Die Harmonisierung von Sicherheits- und Betriebsvorschriften im europäischen Bahnverkehr, um die Sicherheit des gesamten europäischen Eisenbahnnetzes zu verbessern und den grenzüberschreitenden Betrieb effizienter zu gestalten, wird angestrebt und zeitnah umgesetzt.
  • Die europäische Schiene wird europaweit digitalisiert. Dazu gehört besonders die Förderung von digital-automatischen Kupplungen im Güterverkehr und die Installation digitaler Sensoren zur Echtzeitdatenerfassung. Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Reisende in den Zügen bedarf es eines zuverlässigen Empfangs und kostenloses WLAN in allen europäischen Zügen.