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Antrag 269/I/2024 Übernutzung der Berliner Gewässer beenden und Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt endlich umsetzen

21.04.2024

Der Kreisvorstand Mitte, der Landesvorstand sowie die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses Berlin setzen sich für die Umsetzung des 2012 unter der rot-schwarzen Koalition beschlossenen „Strategie zur Biologischen Vielfalt“ insbesondere für die Erreichung der Ziele 8 (Berlin strebt an, dass mindestens ein Drittel der Uferlinien von Spree-, Dahme- und Havelseen wieder mit Röhricht in gutem Zustand bestanden sein werden) und 9 (Berlin sichert eine nachhaltige Bewirtschaftung des Grundwassers, um insbesondere auch grundwasserabhängige Lebensräume zu erhalten und in ihrem Zustand zu verbessern) ein.

Antrag 49/I/2024 Abriss von Gebäuden einschränken: Von der Bauordnung zur Umbauordnung!

21.04.2024

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin werden aufgefordert, sich für eine Einschränkung des Abrisses von Wohn- und Gewerberäumen in Berlin einzusetzen. Gebäude sollen künftig nur dann abgerissen werden dürfen, wenn Abriss und Neubau auch unter Beachtung der Klima- und Ressourcenschutzes tatsächlich wirtschaftlicher sind als das Sanieren, Umbauen, Umnutzen oder Erweitern.

 

Zur Verankerung insbesondere der ökologischen Dimension des Abrisses sowie zur Erleichterung des Um- und Ausbaus Bestandsgebäuden ist die Berliner Bauordnung umgehend wie folgt zu ändern:

  • Einführung eines umfassenden Genehmigungsvorbehalts für den Abriss von Gebäuden, bei dem insbesondere eine ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung (Bau, Betrieb und Rückbau) eines Gebäudes mit den bisherigen Investitionen des Eigentümers verankert ist und ein Rückbau nur zugelassen werden kann, sofern und soweit der Neubau ökologisch insgesamt weniger belastend ist als der Erhalt des Bestandsbauwerks,
  • Erleichterung von Abweichungen sowohl für den Bestand als auch für den Neubau, um zum einen den vollständigen oder teilweisen Abriss von Bestandsgebäuden aufgrund nicht leistbarer Anforderungen zu vermeiden und um zum anderen innovative ressourcensparende Bauweisen im Neubau zu erleichtern,
  • Erhöhung der Anforderungen an die Flexibilität beim Neubau von Gewerbeimmobilien (Aufzeigen integrierter Um- oder Rückbaumöglichkeiten),
  • Beibehalten der Anforderungen der ursprünglichen Gebäudeklasse im Falle von Aufstockungen und Nutzungsänderungen, soweit wie möglich, und
  • Beibehaltung von bauzeitlichen Anforderungen bei Bestandsgebäuden, sofern und soweit dies nicht den Schutzzielen der Bauordnung entgegensteht.

 

Zudem sollen die unteren Bauaufsichtsämter im Land Berlin besser personell und digital ausgestattet werden, um die tatsächliche Leistungsfähigkeit, z.B. bei der Beurteilung von Lebenszyklusbilanzen und Rückbaukonzepten, zu erhöhen.

Antrag 236/I/2024 25 Jahre Investitionsprogramm für Klimaneutralität Berlins

21.04.2024

Die SPD-Mitglieder im Senat und die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus werden aufgefordert, sich bei den anstehenden Verhandlungen zur Finanzierung der nötigen Klimaschutzinvestitionen in Berlin für folgende Überlegungen bei einem eigenen zu entwickelnden Finanzierungskonzept einzusetzen:

 

  1. Die Klimaneutralität zu erreichen, ist die vielleicht wichtigste Herausforderung für die nächsten 25 Jahre. Die – zumindest relativ – wohlhabenden Staaten wie Deutschland und damit auch die deutschen Bundesländer müssen im Interesse globaler Gerechtigkeit auf jeden Fall dieses Ziel erreichen.
  2. Verschiedene Studien zeigen den Investitionsbedarf für ein klimaneutrales Deutschland auf. Wir beziehen uns hier auf eine der KfW von 2021, die die erforderlichen Investitionen auf insgesamt etwa 6000 Milliarden Euro (zu heutigen Preisen) schätzt, wobei im Rahmen der bisherigen privaten und öffentlichen Investitionspfade etwa 4100 Milliarden Euro zustande kommen und umgesetzt werden, aber etwa 1900 Milliarden zusätzlich umgesetzt werden müssen. Für die öffentlichen Investitionen im Bundesland Berlin geht es dabei jährlich um etwa 590 Millionen Euro, etwa 1,7% des aktuellen jährlichen Haushaltsvolumens.
  3. Für die SPD kommt es nicht in Frage, sozialstaatliche Leistungen oder die hohen Mittelbereitstellungen für ein kostenfreies Bildungssystem oder die Förderung des sozialen Wohnungsbaus in der wachsenden Stadt Berlin zu kappen, um diese zusätzlichen Investitionen zu erbringen. Natürlich ist es richtig, notwendig und wichtig, daran zu arbeiten, wie diese Leistungen produktiver und effizienter erbracht werden können. Es wäre aber eine Illusion, dass ohne massive Einschnitte dort die Klimaneutralität möglich wäre ohne alternative Finanzierungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.
  4. Also bedarf es zusätzlicher Finanzierungsmöglichkeiten für etwa 25 Jahre. Weder die Bundesregierung noch der Berliner Senat haben dazu eine Struktur entwickelt, sondern sich in Umgehungsmanövern in Sachen Schuldenbremse verlaufen, einerseits bei der Umbuchung von Corona Netto-Neuverschuldung, andererseits bei einem Klimafonds mit jährlicher Notlagenerklärung bis mindestens 2045. Diese Umgehungsmanöver hat das Bundesverfassungsgericht mittlerweile untersagt.
  5. Eine Möglichkeit kann nun darin bestehen, die Schuldenbremse zu ändern und für Klimainvestitionen zu lockern. Das wird vielfach gefordert und ist auch unterstützenswert. Es macht aber politisch keinen Sinn darauf zu warten. Gegenwärtig ist diese Möglichkeit auf Bundesebene blockiert und diese Blockade kann viele Jahre anhalten.
  6. Also kommt es auf eine schuldenbremsenverträgliche Lösung an, die über mehrere – oder notfalls alle – Jahre durchhaltbar ist. Drei sich ergänzende Ansätze liegen auf der Hand.
  7. Ein erster Ansatz zielt auf eine Änderung der Konjunkturkomponente, die auch für Klimainvestitionen eingesetzt werden kann, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist. Die Konjunkturkomponente kann stärker auf die Zulassung von Investitionen in konjunkturellen Schwächeperioden und deren positiver Beschäftigungswirkungen ausgerichtet werden – insbesondere indem die Tilgungsphase über den Konjunkturzyklus später einsetzt. Der Bundesfinanzminister signalisierte eine Offenheit für diesen Ansatz.
  8. Ein zweiter Ansatz, der im Rahmen der Schuldenbremse grundsätzlich möglich ist, zielt auf einen wirtschaftlich profitabel ausgerichteten Deutschlandfonds. Das ging in der bisherigen Diskussion weitgehend unter. Warum ist das im Rahmen der jetzt gültigen Schuldenbremse möglich? Durch Eigenkapital- Einschüsse in wirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen mit einer Ausrichtung auf Klima-Innovation steht der Kreditaufnahme im Rahmen der Netto-Neuverschuldung eine Steigerung des Vermögenswerts gegenüber. Unter der Voraussetzung, dass der Fonds wirtschaftlich betrieben wird und deshalb Dividenden erhält und positive Veräußerungserlöse erzielen kann und wird, wird die Kreditfinanzierung eines solchen Fonds nach der Schuldenbremse nicht angerechnet.
  9. Ein dritter Ansatz zielt auf einen großen Förder-Darlehens-Fonds zur Klimatransformation. Ein solcher Fonds macht besonders Sinn in Zeiten sich normalisierender Zinssätze. Förderdarlehen mit niedrigen Zinsen oder im Fall der höchsten Förderwirkung auch null Prozent. Zinsen schaffen Investitionsanreize. Manchmal ist es auch möglich, so Investitionen überhaupt wirtschaftlich werden zu lassen. (West-)Deutschland hat die Erfahrung gemacht, dass größere gesellschaftliche Herausforderungen gut mit Darlehen gelöst werden können. Der wirtschaftliche Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg erfolgte zu wesentlichen Teilen mit den Darlehen des Marshall-Plans. Der soziale Wiederaufbau in den zerstörten Städten bestand in der Bauleistung des sozialen Wohnungsbaus ebenfalls aus Darlehen.
  10. Der schuldenbremsenverträgliche Typ Darlehen ist zudem besonders gut geeignet, die Klima-Transformation zu finanzieren, weil es dort um den einen ‚Typus der Investition’ geht, der ‚Investitionen vorzieht’. Langlaufende Darlehen können in Zeiten sich normalisierender Zinsen Fördervorteile erzeugen. Wenn statt 30% Zuschuss zu einer Wärmepumpen 60% an 15-jährigem zinslosem Darlehen gegeben werden, entsprechen die Finanzvorteile bei einem ratierlichen Darlehen mit 4% in etwa dem Zuschusswert.
  11. Klimaschutz-Investitionen im Wohnungsbau können und werden auch seit vielen Jahren als Darlehen vergeben. Zusätzliche Programme können die Transformation zur Klimaneutralität gerade beim Wohnen beschleunigen. Investitionen zur Transformation der Industrie mit günstigen Krediten – bei besonders innovativen Ansätzen bis hin zur Freistellung von Zinszahlungen – zu unterstützen, zu beschleunigen und die Produktion der entsprechenden Güter industriell skalieren zu helfen, sollte ein weiterer Schwerpunkt eines solchen Darlehensfonds sein.
  12. Ein neues Themenfeld können Energie-Contracting-Maßnahmen sein, die bei der Beleuchtung sowie der energetischen Optimierung dann gut funktionieren, wenn Amortisation erfolgen kann.
  13. Bei dieser Konstruktion eines Darlehensfonds, der als Treuhandvermögen z.B. der IBB zur Bewirtschaftung anvertraut werden kann, entsteht kein der Schuldenbremse unterliegender Fall von Neuverschuldung, da die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ja nicht in der Zu- kunft die Kredite zurückzahlen müssen, sondern die Investoren, die im Übrigen auch von den Investitionen in Zukunft profitieren. Ein solcher Fonds muss und kann vermutlich größer sein als ein auf Netto-Neuverschuldung ausgerichteter Klimafonds – in Berlin geht es dabei eher um 15 als um 10 Milliarden Euro. Ein solcher Darlehensfonds kann ansprechen (i) private Investitionen sowie (ii) Investitionen von städtischen oder anderen öffentlichen Unternehmen, vo sie eine Transformationsaufgabe zu bewältigen haben. Er ist nicht geeignet für die Maßnahmen, die Teil des öffentlichen Kernhaushaltes sind und bleiben – wie die energetische Ertüchtigung von Polizeiwachen und Schulen.
  14. Große Investitionen über längere Zeiträume gelingen dann, wenn im politischen Raum längerfristige finanzpolitische Orientierungen verabredet werden können. Das ist gegenwärtig noch nicht der Fall. Wie schnell es möglich sein wird, Deutschland klimaneutral werden zu lassen, hängt auch und vielleicht entscheidend davon ab, dass es zu über längere Zeiträume durchhaltbaren Investitionsprogrammen kommt, die gleichzeitig schuldenbremsenverträglich sind und von der Größenordnung her der Herausforderung zur Vermeidung einer Klimakatastrophe entsprechen.

 

Antrag 204/I/2024 Weil wir dich lieben: Entkriminalisierung des Fahrens ohne gültigen Fahrschein bei der BVG

21.04.2024

Die sozialdemokratischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses und im Senat, hierbei vor allem die Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, werden dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die BVG angewiesen wird, keine Strafanzeigen mehr wegen (wiederholten) Fahrens ohne gültigen Fahrschein auszustellen.

 

Mit der S-Bahn Berlin sollen ebenfalls Gespräche dieser Art geführt werden.

 

Weiter werden die sozialdemokratischen Berliner Mitglieder des Bundestags dazu aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, § 265a StGB jetzt abzuschaffen, so dass das Fahren ohne gültigen Fahrschein juristisch nicht mehr als Straftat eingestuft wird (Antrag 176/I/2018 & Positionspapier der SPD Bundestagsfraktion „Für die Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein und Streichung des § 265a StGB“).

 

Antrag 271/I/2024 Es klappert die Mühle am rauschenden Bach – doch wem gehört der Bach?

21.04.2024

Shocking Fact: Wasser ist wichtig und wird knapper

Der 3. Juli 2023 war der weltweit heißeste Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880. Dass solche Negativrekorde immer häufiger auftreten, zeigte sich in diesem Sommer kurz darauf: Einen Tag später, am 4. Juli, wurde dieser Rekord wieder gebrochen. Unwahrscheinlich, dass die Durchschnittstemperatur von 17.18°C der letzte Negativrekord bleiben wird.

 

In Zeiten steigender Temperaturen sind Hitzeperioden kein seltenes Phänomen. Die Folgen der Klimakrise wirken sich unlängst auf sämtliche Lebensbereiche aus. So wurden in den letzten Jahren die Herausforderung auf die Wasserwirtschaft immer größer. Wasserknappheit wird dadurch immer öfter saisonal und regional zu einem Problem und einer großen Gefahr für viele Gruppen der Gesellschaft. Immer mehr Nutzer*innen werden zukünftig über die knapp werdende Ressource Wasser konkurrieren. Diese Konflikte können auf das internationale Parkett kommen, wie bei dem Beispiel von Äthiopiens Staudamms für den Oberlauf des Nils, wodurch Ägypten die Wasserversorgung bedroht sieht oder beim Staudamm der Türkei vom Euphrat und Tigris, wodurch ähnlicher Ärger in Syrien und Irak aufgekommen ist. Die Sorge vor den viel zitierten Kriegen um Wasser wächst durch die Klimakrise.

 

Doch auch ohne die Androhung von Gewalt steigt der Konflikt, wenn der Grundwasserspiegel weiter sinkt und sich große Unternehmen den Zugriff auf das immer knapp werdende Wasser werden wollen. Unlängst sind die Beispiele wie das von Nestlé bekannt, in denen der Konzern die Wasserrechte von staatlichen Wasserbehörden kauft. Das erlaubt dem Unternehmen, Wasser direkt aus dem Grundwasser (unterhalb der Erdoberfläche) abzupumpen. Die lokale Bevölkerung geht oft leer aus oder muss horrende Preise fürs abgepackte Wasser zahlen.

Die Vereinten Nationen haben das das Recht auf „einwandfreies und sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung“ als ein Menschenrecht eingestuft- zwar erst seit 2010. Doch dieser UN-Beschluss ist nicht bindend für die Mitgliedsstaaten. So haben laut UN-Weltwasserbericht immer noch rund 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu einer sicheren Trinkwasserversorgung.

 

Bei starker Hitze ist nicht nur genügend Trinkwasser besonders entscheidend. Auch der Zugang zum Wasser in Form von Seen und Flüssen ist wichtig, um dort die Möglichkeit einer Abkühlung und Erholung zu ermöglichen. Gerade in Zeiten steigender Preise und finanzieller Unsicherheiten ist für viele Menschen die örtlichen Naherholungsgebiete die einzige Möglichkeit zur Abkühlung.

 

Doch auch hier zeigt der Kapitalismus sich wieder von seiner hässlichsten Seite: Viel zu oft ist der Zugang zu Seen oder Flüssen stark eingeschränkt oder komplett unmöglich, weil angrenzende Grundstücke privatisiert oder verpachtet wurden. Es scheint, dass der öffentliche See nur für diejenigen zugänglich wird, die viel Geld haben. Während die Reichen ihre Privilegien genießen, wird die Klimakrise für arme Menschen immer mehr zu einer Bedrohung.

 

Rechtsprechung: It’s complicated

Der Druck, die Wasserversorgung innerhalb der EU zu privatisieren, nimmt zu. Lobbygruppen und Konzerne setzen sich seit Jahren dafür ein. Doch warum das eine schlechte Idee ist, haben unfreiwillige Reallabore längst gezeigt:

Die Euphorie der Privatisierungen in den 1990er Jahren hat auch Berlin erfasst, als unter Senatsführung der CDU die Berliner Wasserbetriebe teilprivatisiert wurden. Statt wie versprochen neue Arbeitsplätze zu schaffen, wurden viele Arbeitsplätze eingestampft. Gleichzeitig zogen die Wasserpreise an. In Berlin hat sich die Bevölkerung gewehrt – das Wasser ist jetzt wieder in öffentlicher Hand und die Preise für das Trinkwasser sind wieder zurückgegangen.

 

Auch in der portugiesischen Stadt Pacos de Ferreira steig der Trinkwasserpreis nach der Privatisierung in sechs Jahren um 400 % an.

Wie drastisch die Lage auf nationaler Ebene werden kann, zeigt Chile, wo die Wasserversorgung seit 1981 nahezu vollständig privatisiert wurde. Mittlerweile konzentrieren sich die Besitzverhältnisse auf wenige mächtige Großunternehmen, die Preise diktieren können und den Spekulationsmarkt boomen lassen. Die extremen Dürren, unter denen Chile oft leiden muss, werden dadurch immer schwieriger zu bewältigen – insbesondere für die ärmeren Gruppen der Bevölkerung auf dem Land, die sich das Wasser nicht mehr leisten können.

 

2014 ist die EU-Kommission mit einem Versuch gescheitert, die Privatisierung der Wasserversorgung über die so genannte Konzessionsrichtlinie voranzutreiben. Für Wasserversorgung und -entsorgung sollte jede Verfügungsbewilligung EU-weit ausgeschrieben werden. Schon damals wurde deutlich, dass dadurch Gemeinden unter Preisdruck von global agierenden Konzernen geraten würden, wodurch auf massiven öffentlichen Druck Wasser aus der Richtlinie ausgenommen wurde – vorerst. Eine EU-weite Regelung über die Verhinderung der Privatisierung von Wasser gibt es dementsprechend nach wie vor nicht.

 

Für die Bürger*innen der Bundesrepublik folgt aus dem Grundrecht auf Leben und Gesundheit und dem Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz ein Anspruch auf qualitativ angemessene Versorgung mit Trinkwasser als Bestandteil des zu sichernden Existenzminimums. Die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung ist Aufgabe der Bundesländer und Gemeinden. Dabei können die Kommunen sich von privaten Unternehmen unterstützen lassen, solange sie die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Was bleibt, ist eine Hintertür für zukünftige Privatisierungen. Auch können schon jetzt einzelne Wasserquellen wie Brunnen in Privatbesitz gelangen. Schon jetzt kommt es zu ersten örtlichen Verteilungskonflikte zwischen Mineralwasserunternehmen und der lokalen Wasserwirtschaft über die Frage, wer bei der Nutzung lokaler Wasserressourcen den Vorrang hat.

 

Verteilungskämpfe zwischen den Bundesländern und Kommunen um die Ressource Wasser zeichnen sich bereits ab: Die Tagebaugruben der Lausitz werden aktuell mit Pumpen von Grundwasser trocken gehalten. Das Wasser aus den Tagebauen speist momentan die Spree. Wenn diese Tagebaue nun stillgelegt werden, wird die Senkung des Flusspegels zusätzlich zum allgemein sinkenden Grundwasserspiegel verstärkt.

 

Um den Flusspegel der Spree und damit den Trinkwasserhaushalt Berlins zu sichern, ist ein „Überlaufkanal“ zwischen Elbe und Spree geplant, der bei Wasserknappheit der Spree überschüssiges Wasser aus der Elbe in die Spree einleiten soll. Diese Vorschläge stoßen nicht bei allen Menschen in Sachsen und Südbrandenburg auf große Begeisterung. Ein Konflikt um die wenigen Wasserressourcen zeichnet sich bereits jetzt ab.

 

Auch die Verwendung des Wassers in den dann gefluteten Tagebaugruben der Lausitz ist nicht abschließend geklärt. Im schlimmsten Fall beanspruchen die Betreiber*innen der ehemaligen Tagebaue das Wasser und Kommunen müssen zur Verwendung des Wassers zahlen.

 

Auch der Zugang zum fließenden Wasser ist nur eingeschränkt möglich. Während des Gewässerbett nicht eigentumsfähig sein können, dürfen die angrenzenden Landflächen das sehr wohl sein. Der Zugang zum öffentlichen Wasser kann dadurch erheblich eingeschränkt werden, auch wenn rechtlich die Nutzung von oberirdischen Gewässern klar erlaubt ist.

 

Do it like Slovenia – Grundrecht auf Trinkwasser

Slowenien hat 2016 als erstes Land in der Europäischen Union das Recht auf Trinkwasser zur Verfassung hinzugefügt. Damit wird der Zugang zum „flüssigen Gold des 21. Jahrhunderts“ rechtlich gesichert. Insbesondere von Armut betroffene Gruppen der Gesellschaft haben damit einen Rechtsanspruch. Ebenso wird auch für die Zukunft verhindert, dass Wasser zur Ware wird und Wasserquellen privatisiert werden.

 

Eine Festschreibung des Grundrechts auf Zugang zum Trinkwasser auch in das Grundgesetz ist nur der logische Schritt.

 

Weg mit den Villen und rein ins Wasser

Den See sehend, aber nicht erreichend, ist bei hochsommerlichen Temperaturen ein bekanntes Ärgernis. Oft verhindern private Badebereiche und Privatgrundstücke Zugang zum Wasser, wobei der See öffentliches Gut ist. Hier muss sichergestellt werden, dass für die Mehrheit der Gesellschaft der Zugang nicht abgeschnitten werden kann. Ähnliches fordern unsere Genoss*innen der SPÖ mit einem „Recht auf Natur“ auf Verfassungsebene, damit sich in Zukunft nicht immer mehr Menschen auf wenige Quadratmeter quetschen müssen, während Reiche ihre eigenen Privatkilometer Zugang haben.

 

Water we waiting for?

Daher fordern wir:

  • Die Aufnahme des Grundrechts auf Trinkwasser ins Grundgesetzt nach slowenischem Vorbild, um die Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung in Konkurrenz zu anderen Wassernutzungen ist klarzustellen sowie um eine Privatisierung von Trinkwasser zu verhindern.
  • Die Aufnahme des Rechts auf freie Natur im Grundgesetz, damit öffentliches Wasser nicht nur den Reichen zugänglich sein darf
  • Ein Vorkaufsrecht für Länder und Kommunen, um neue Flächen an Seezugängen zu erwerben und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dafür sollen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Öffentliche Seegrundstücke gelten ab dann als unverkäuflich und dürfen nur im Rahmen der öffentlichen Zugänglichkeit verpachtet werden.
  • Bei Wasserflächen, wo aktuell kein bis kaum ein öffentlicher Zugang existiert, müssen Lösungen zugunsten der öffentlichen Zugänglichkeit gefunden werden. Auch vor Vergesellschaftungen darf nicht zurückgeschreckt werden.
  • Eine stärkere lokale, nationale und internationale Koordinierung zu faireren Wasserverteilung, um Engpässe zu vermeiden
  • Mehr Investitionen in die Infrastrukturen der Wasserwirtschaft und in den Naturschutz, um die Resilienz der Wasserwirtschaft zu stärken und damit der Grundwasserpegel nicht weiter sinkt.
  • Uns ist bewusst, dass es auf klimapolitische Herausforderungen nur globale Antworten geben kann. Daher bedarf es verbindliche Regelungen zur Privatisierung der Wasserversorgung. Als einen ersten Schritt fordern wir gesamteuropäische Lösungen für die Sicherstellung vom Grundrecht Wasser und den Zugang zum öffentlichen Gut.