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Antrag 146/II/2019 Einführung einer Kindergrundsicherung

22.09.2019

Die SPD fordert ihre Mandatsträger_innen im Bundestag und ihre Vertreter_innen in der Bundesregierung auf, sich für die Einführung einer Kindergrundsicherung nach folgenden Maßgaben einzusetzen.

 

  • Die Kindergrundsicherung wird als selbständiger Anspruch in einem eigenen Gesetz geregelt.
  • Die Kindergrundsicherung muss der Höhe nach angemessen und geeignet sein, alle Kinder vor Armut zu schützen, und ihnen die soziokulturelle Teilhabe ermöglichen. Der Leistungskatalog soll daher in einem Kindergrundsicherungsgesetz (Arbeitstitel) gebündelt werden.
  • Die Kindergrundsicherung wird für alle Kinder auf Antrag ohne vorherige Bedürftigkeitsprüfung und ohne Anrechnung auf andere staatliche Leistungen gezahlt. Die Beantragung ist einfach zu gestalten. Bereits die gesetzlichen Regelungen sollen sicherstellen, dass die Verwaltung die Antragsteller_innen hierbei unterstützt.
  • Die derzeitigen Regelungen zum Kindergeld und zu den Kinderfreibeträgen im Einkommensteuergesetz werden gestrichen. Ebenso können alle gesetzlichen Regelungen über familienpolitische Leistungen, die nunmehr im Kindergrundsicherungsgesetz in einem Anspruch gebündelt sind, gestrichen werden.
  • Statt einer vorgelagerten Bedürftigkeitsprüfung erfolgt die Berücksichtigung der finanziellen Notwendigkeit bzw. Angemessenheit durch die Anrechnung der Kindergrundsicherung auf das elterliche Einkommen im Rahmen der Einkommensteuer.
  • Umfang, Höhe und Art der Anrechnung der Kindergrundsicherung auf das Einkommen der Eltern können unter Berücksichtigung von Faktoren wie teilweise oder vollständige Freistellung von der Anrechnung, Berücksichtigung im Rahmen der Progression, Einführung eines neuen Freibetrages je Kind oder ähnliche im Einkommensteuerrecht etablierte Instrumente sozial gerecht ausgestaltet werden.
  • Die Finanzierung der Kindergrundsicherung soll durch die Abschaffung des bisherigen Kindergelds, der bisherigen Kinderfreibeträge sowie der sozial gerechten Ausgestaltung der Anrechnung der Kindergrundsicherung auf das elterliche Einkommen erfolgen.

 

Antrag 215/II/2019 IT-Sicherheit stärken und digitale Freiheit schützen (IT-Sicherheitsgesetz 2.0)

22.09.2019

Unser Grundgesetz garantiert eine Reihe von Bürger*innen- und Freiheitsrechte, welche dem Eingriff des Staates in die freie und umfassende Entfaltung der eigenen Persönlichkeit Grenzen setzen. Dazu gehören neben dem Fernmeldegeheimnis auch die Unverletzlichkeit der Wohnung und das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (IT-Grundrecht). Leider wird die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche immer öfter zum Vorwand genommen, die Grundrechte mehr und mehr einzuschränken, oft mit dem Argument eines vermeintlichen Sicherheitsgewinns. Die Digitalisierung darf nicht zum Reflex führen, im digitalen Raum Freiheitsrechte stärker einzuschränken, als in der analogen Welt. Vielmehr müssen wir auch in der digitalen Welt unsere Freiheiten schützen.

 

Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und in die Vertraulichkeit digitaler Systeme dürfen auch im digitalen Netz nur nach strengen gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Das digitale Netz ist aber kein rechtsfreier Raum, auch im Netz müssen Straftaten aufgeklärt und verfolgt, Gefahren erkannt und beseitigt werden. Strafverfolgungsmaßahmen dürfen aber nur bei einem konkreten Anfangsverdacht, Gefahrenabwehrmaßnahmen nur bei einem konkreten Gefahrenverdacht und beides mit Richtervorbehalt zugelassen werden. Der nemo-tenetur-Grundsatz, die Grundrechte und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit müssen uneingeschränkt gelten

 

Mit Blick auf das kommende IT-Sicherheitsgesetz 2.0 fordern wir daher:

 

1. Recht auf Verschlüsselung und Anonymität

Niemand darf unter einen Generalverdacht gestellt werden, weil er vertrauliche und sichere Kommunikationswege nutzt oder sie anderen zur Nutzung bereitstellt. In Zeiten der weltweit steigenden staatlichen Einflussnahme auf die Funktionsweise und Inhalte zentraler Netzwerkdienste, darf die Nutzung verschlüsselter, dezentraler und/oder anonymer Kommunikationswege nicht kriminalisiert werden, sondern sollte gefördert werden. Für viele Menschen weltweit sind starke Verschlüsselungsmethoden, das TOR-Netzwerk („Darknet“) sowie andere dezentrale Kommunikationswege essenziell, um die Gefahr von Stigmatisierung oder staatlicher Repression zu umgehen.

Gesetzesverschärfungen, die das Zugänglichmachen entsprechender internetbasierter Leistungen oder das Erleichtern von Straftaten unter Strafe stellen, lehnen wir ab. Diese Dienste dienen insbesondere auch Journalist*innen und Whistleblowern, die unter teils hohen persönlichen Risiken für die Allgemeinheit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringen. Aber auch unabhängig von besonderen beruflichen Geheimhaltungspflichten und -interessen gilt, dass alle Bürger*innen ein Recht auf verschlüsselte Kommunikation haben und dieses weder im Einzelfall noch generell rechtfertigen oder begründen müssen. Messenger-Dienste wie Whatsapp/Telegram sollten ihre Daten zum Schutz der Nutzer*innen ohne Hintertüren verschlüsseln dürfen.

 

2. Kein Zwang zur Herausgabe von Passwörtern

Das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung und die Aussagefreiheit des Beschuldigten sind im Grundgesetz verankert. Sie sind Ausdruck einer auf der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung. Niemand muss sich selbst belasten. Dieser Grundsatz muss auch im digitalen Raum gelten. Einen Zwang zur Herausgabe von Passwörtern oder anderen Zugangsdaten unter Androhung von Beugehaft, lehnen wir als verfassungswidrig ab. Auch die Übernahme von Nutzerkonten durch staatliche Behörden gegen den Willen des Inhabers und die Kontaktaufnahme ggü. Dritten über dieses Konto lehnen wir als unverhältnismäßig ab. Ebenso lehnen wir die Pläne ab, den Strafverfolgungsbehörden anderer EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der derzeit auf EU-Ebene verhandelten E-Evidence-Verordnung zu erlauben, Zugangsdaten bei Providern in Deutschland und in anderen Mitgliedstaaten sowie Drittstaaten mittels einer Herausgabeanordnung zu erlangen.

 

3. Forschung zur IT-Sicherheit und -Schwachstellen nicht kriminalisieren, sondern fördern

Die Arbeit der IT-Sicherheits- und Schwachstellenforschung ist ein essenzieller Beitrag für eine starke IT-Sicherheit und sollte durch Anreizsysteme, wie Bug-Bounty-Programme, gefördert werden. Aktuelle Forderungen nach Einführung eines Tatbestands des „digitalen Hausfriedensbruchs“, der bereits die unbefugte Ingebrauchnahme informationstechnischer Systeme unter Freiheitsstrafe stellen möchte lehnen wir ab, da auch eine Vielzahl alltäglicher Vorgänge betroffen wäre. Es gilt, Rechtsunsicherheiten zu reduzieren, statt neue zu erschaffen. Auch Reverse Engineering, also die Analyse geschlossener Hard- oder Software, indem „rückwärts“ der enthaltene Quellcode extrahiert wird, sollte gefördert werden.

 

4. Weiterentwicklung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer unabhängigen, defensiven und neutralen Stelle für IT-Sicherheit

 

4a) Weiterentwicklung des BSI – endlich Unabhängigkeit

Aufgrund der vorgegebenen Interessenkonflikte zwischen Belangen der inneren Sicherheit und denen der Sicherheit und Integrität informationsverarbeitender Systeme, muss das BSI in Anbetracht seiner wachsenden Relevanz aus der fachlichen Weisungsgebundenheit des Bundesministers des Innern, für Heimat und Bau herausgelöst werden. Das könnte z. B. durch Anknüpfung an die Stelle des Bundesdatenschutzbeauftragten oder durch eine vergleichbare organisatorische Ausgestaltung erreicht werden.

 

4b) Das BSI sollte eine neutrale und defensive Stelle für IT-Sicherheit bleiben und darf nicht selbst zum Angreifer werden

Die Rolle des BSI als neutrale und defensive Stelle für IT-Sicherheit zu Gunsten von Bürger*innen und Unternehmen darf nicht vermischt werden mit staatlichen Verfolgungsinteressen. Dazu muss, z.B. im IT-Sicherheitsgesetz 2.0, eine Bindung der gewonnenen Erkenntnisse und Daten an defensive Zwecke vorgeschrieben werden. Eine Mischlösung, nach denen das BSI Informationen, die es im Vertrauen auf seine Neutralität erhalten hat, für sich oder andere Behörden zurückhält um damit staatliche Eingriffe zu ermöglichen, lehnen wir ab.

Antrag 52/II/2019 Kommunale Finanzen sichern. Keine Länderöffnungsklausel – Grundsteuerreform zügig auf den Weg bringen und Flickenteppich vermeiden!

22.09.2019

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und der Bundestagsfraktion auf, unverzüglich die verfassungsrechtlich notwendige Reform der Grundsteuer auf der Basis des vorliegenden Gesetzentwurfes des Bundesministeriums der Finanzen umzusetzen.

Dabei ist, wie bisher vorgesehen, den Ländern die Möglichkeit zur Erhebung einer Grundsteuer C einzuräumen.

Die vom Land Bayern geforderte Öffnungsklausel für die Länder lehnen wir ab.

 

Antrag 294/II/2019 Spenden statt Schreddern

22.09.2019

Die Bundesregierung erlässt eine Spendenpflicht für unverkäufliche, funktionstüchtige Neuware

 

Für Unternehmen ist es aufgrund der Regelung zum Vorsteuerabzug billiger, Waren zu vernichten, als sie zu spenden. Deswegen muss § 3 (1b) des Umsatzsteuergesetzes zugunsten von Sachspenden an gemeinnützige Einrichtungen verändert bzw. erweitert werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Sachspenden im Inland bleiben. Es kann nicht angehen, dass weiterhin jede unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstandes einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt wird, es muss eine Ausnahme geben. Daher sollte ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, das Firmen zum Spenden funktionstüchtiger Neuware an gemeinnützige Einrichtungen in Deutschland verpflichtet, unterfüttert von Steuerfreiheit dafür. Dass das geschredderte Plastik – wie es z.Z. praktiziert wird – als Rohstoff in der Produktion z.B. von Blumentöpfen einer Verwertung zugeführt wird, reicht nicht aus, diese Art der Ressourcenverschwendung zu stoppen.

 

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen muss das kostenfreie Zurückschicken von Waren gesetzlich stark eingeschränkt werden, da nicht nur die Herstellung der Waren, sondern auch ihr Transport Klimaschädlich ist und der sich stark ausweitende Online-Handel prekäre Arbeitsverhältnisse in der Logistik-Branche nach sich zieht.

 

Das Zurückschicken von Waren darf nur in einem begrenzten Zeitraumen und in begrenzten Mengen möglich sein. Langfristig bedarf es aber eines Umdenkens im Konsumverhalten. Ein öffentliches Verständnis für die Folgen von Konsum muss hergestellt werden.

 

Antrag 278/II/2019 Steuerliche Bevorzugung des Luftverkehrs beenden!

22.09.2019

Der innerdeutsche Luftverkehr wächst. Dies ist mit enormen CO2-Emissionen verbunden. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden, um die klimaschädlichen Treibhausemissionen einzudämmen. Nahezu absurd mutet es da an, dass der Flugverkehr noch immer steuerlich begünstigt wird, in dem die Kerosinsteuer für Flugbenzin ausgesetzt wird. Dies führt unter anderem dazu, dass innerdeutsche und innereuropäische Flugreisen für die Verbraucher günstiger sind als Bahnreisen. Dies ist nicht nur verkehrs- und umweltpolitischer Irrsinn, es ist auch ein Wettbewerbsvorteil der Flugindustrie gegenüber anderen Verkehrsunternehmen (insbes. der Bahn), der durch nichts mehr zu rechtfertigen ist.

 

Wir fordern daher:

  • Die Aufhebung der steuerlichen Privilegierung von Flugbenzin bei Inlandsflügen. Eventuelle Mehreinnahmen sollen dem Erhalt und Ausbau der Deutschen Bahn zugeführt werden.
  • Eine Initiative zu einer angemessenen steuerlichen Belastung von Flugbenzin in Europa.
  • Konzepte zu erarbeiten, wie internationalen Verträge (Chicagoer Abkommen) nachzuverhandeln sind, sodass in Zukunft auch auf außereuropäische Flüge eine Steuer erhoben werden kann.