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Antrag 08/I/2020 Angemessene Gedenkarbeit in der SPD

30.09.2020

Am 27. Januar 2020, dem (inter-)nationalen Gedenktag der Schoa und des 75. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, veranstaltete die SPD-Bundestagsfraktion einen Diskursabend zum Thema „Künstliche Intelligenz“. Der Landesverband Berlin lud zum Neumitgliederabend im Rathaus Charlottenburg mit Michael Müller. Diese Veranstaltungen widmeten sich der historischen Bedeutung des Tages in keiner angemessenen Art und Weise und fanden parallel zu Gedenkveranstaltungen statt.

 

Auch 75 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges hat Antifaschismus nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil, in Zeiten in denen „konservative Parteien“ in Thüringen mit Faschist*innen paktieren, um eine progressive Regierung zu stürzen; demokratische Politiker*innen angegriffen und sogar ermordet werden und rechtsradikale Angriffe auf jüdische Einrichtungen als „fingiert“ abgetan werden, dürfen wir uns als älteste demokratische und antifaschistische Partei nicht verstecken. Es ist unsere historische Verantwortung und unser aktuell politischer Anspruch, immer wieder auf die Gefahren eines erstarkenden Faschismus aufmerksam zu machen und seiner Opfer zu gedenken. Die Zeit des Nationalsozialismus muss zentraler Bestandteil unserer Erinnerungskultur bleiben.

 

Wir fordern deshalb:

Mindestens der 27. Januar, 8. Mai und 9. November, insbesondere aufgrund seiner Vielfältigkeit, sollen frei von Parteiveranstaltung gehalten werden, die den historischen Kontext dieser Tage nicht vorwiegend thematisieren. Auch an anderen Tagen, die in besonderer Weise mit dem nationalsozialistischen Unrecht in Verbindung stehen, sollen Veranstaltung von Parteigliederungen die Bedeutung dieser Tage angemessen thematisieren. Gedenkarbeit soll sowohl organisatorisch als auch finanziell durch den Parteivorstand unterstützt werden. Darüber hinaus appellieren wir an alle Amts- und Mandatsträger*innen sowie die SPD-Untergliederungen, sensibel mit der Wahl von Tagungs- und Veranstaltungsorten an allen Gedenktagen umzugehen

Antrag 35/I/2020 Staatliche Teilbeteiligung als Antwort auf Corona - um einen nachhaltigen Strukturwandel zu gestalten, für mehr soziale Gerechtigkeit und als Teil einer europäischen Strategie

30.09.2020

Die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion werden aufgefordert, angesichts der Situation der Unternehmen in Deutschland in der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise schnell zu handeln. An großen Unternehmen, für die eine weitere Kreditgewährung nicht ausreicht und die daher um staatliche Hilfe bitten, soll der Bund Teil-Beteiligungen erwerben. Hierbei sind allerdings zuvor vereinbarte Kriterien zu befolgen und damit eine dringend benötigte Wirtschaftstransformation zu beschleunigen.

 

Der Bund und seine Sondervermögen waren 2017 bereits unmittelbar an 109 Unternehmen und mittelbar an 444 Unternehmen mit einem Anteil von mehr als 25 % und je einem Nennkapital von über 50.000 € beteiligt. Das Portfolio der Beteiligungen des Bundes an Unternehmen umfasst neben börsennotierten Unternehmen wie der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG auch Flughafengesellschaften oder die Deutsche Bahn AG, bis hin zu kulturellen Einrichtungen und wissenschaftlichen Forschungsinstituten. Der Bund beansprucht schon jetzt eine „aktive Beteiligungsführung“, die Aspekte wie Geschlechtergerechtigkeit und die Qualität der Arbeitsverhältnisse, aber auch den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) beinhaltet.

 

Die Aufgaben des Bundes sollen jetzt zusätzlich umfassen:

  1. die Überlebensfähigkeit der unterstützten Unternehmen zu garantieren und Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden, dabei ist jedoch die Ausschüttung von Gewinnen oder Dividenden sowie die Auszahlung von Boni nicht gestattet
  2. den Erhalt von Arbeit und die Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit in Schwerpunktregionen (insbesondere von monostrukturierten Regionen)
  3. die Stärkung der Tarifbindung und den Ausbau von Flächentarifverträgen sowie die Einführung von betrieblicher Mitbestimmung, wo sie noch nicht besteht
  4. eine strukturelle Hilfe bei nachhaltiger Ausrichtung der Unternehmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im Sinne der Agenda 2030
  5. eine enge Verzahnung von Bund und Ländern bei Lösungsansätzen und damit die Stärkung föderaler Kompetenzen bei der regionalen Gestaltung der ökonomischen Rahmenbedingungen
  6. das Zurückdrängen von Shareholder-Value-Interessen zugunsten einer auf die Interessen der gesellschaftlichen Bedürfnisse ausgerichteten Unternehmens- und Produktstruktur, daher darf die Entscheidungsgewalt nicht allein bei der Unternehmensgeschäftsführung liegen
  7. die Unternehmen dabei zu unterstützen, Maßnahmen zu entwickeln, die jede Diskriminierung von Arbeitnehmenden aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Identität oder des sozialen Status wirksam verhindert (vergleiche AGG)

 

Antrag 111/I/2020 Neuregelung der Verzögerungsgebühr bei verspäteter Begutachtung zur Feststellung des Grads der Pflegebedürftigkeit

30.09.2020

Die SPD Bundestagsfraktion und die SPD-Bundesminister*innen werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Verschiebung eines Termins zur Begutachtung auf Wunsch des zu Begutachtenden (z.B. aufgrund extremer Kurzfristigkeit oder Erkrankung) nicht länger dazu führt, Fristen der Kasse zur zeitnahen Begutachtung aufzuheben. Es muss verhindert werden, dass solche Terminabsagen von Kassenseite zu einer längerfristigen Verzögerung „genutzt“ werden.

 

Inhaltlich könnte dies z.B. durch folgende Einfügung (vor dem letzten Satz des §18 3b SGB XI) gelöst werden: „Wird ein Begutachtungstermin auf Wunsch des/der zu Begutachtenden verschoben, beginnen die Fristen erneut.“

Antrag 108/I/2020 Abkehr vom Fallpauschalensystem einleiten

30.09.2020

Gesundheit gehört zur staatlichen Daseinsvorsorge. Aufgabe der Krankenhäuser ist die Sicherstellung dieses staatlichen Versorgungsauftrags.

 

Hierzu müssen Krankenhäuser

  • eine auskömmliche Finanzierung erhalten,
  • die eine sparsame Bewirtschaftung sicherstellt,
  • gleichzeitig aber gute Qualität sowie
  • gute Arbeitsbedingungen und Löhne für die Beschäftigten garantiert.

 

Dieses Spannungsfeld ist nicht einfach zu lösen.

 

Die Diskussion, wie eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung gelingen und Fehlanreize des Fallpauschalensystems verhindert werden können, muss durch die SPD vorangetrieben werden. Hierbei kann es nicht darum gehen, weitere Korrekturen am System vorzunehmen. Die Fehlanreize des Systems können nur durch eine Abkehr vom System erreicht werden.

 

Bei der Entwicklung eines Alternativsystems sollen für uns folgende Grundsätze gelten:

  • Es gilt die Wettbewerbsorientierung zurückzudrängen, ohne sämtliche Wirtschaftlichkeit aufzugeben. Die gesetzliche Krankenversicherung finanziert sich aus Zwangsbeiträgen ihrer Mitglieder. Schon deswegen ist mit diesen Mitteln wirtschaftlich umzugehen. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zu bedarfsgerechten Investitionen in unserem Gesundheitswesen.
  • Kein Krankenhaus ist wie das andere. Jedes Krankenhaus muss die Mittel erhalten, die zu dem spezifischen Versorgungsauftrag des Krankenhauses passen. Das Budget muss sicherstellen, dass der Versorgungsauftrag umgesetzt werden kann. Hierbei sind die Versorgungslage in der Region und besondere Patientengruppen zu berücksichtigen.
  • Gesundheit gibt es nicht zum Nulltarif. Ein Krankenhaussystem, dass die beste Versorgungsqualität bietet, das Personal anständig bezahlt und individuell auf die Patientinnen und Patienten eingeht, kostet Geld. Bei dieser zentralen staatlichen Aufgabe, müssen Steuermittel des Bundes eingesetzt werden.
  • Lehren aus der Pandemie: Für Krankenhäuser müssen Vorhaltekosten finanziert werden, damit im Ernstfall ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen.
  • Krankenhäuser sind kein Ort für Profite. Das einige Krankenhausketten riesige Summen an Aktionäre ausschütten, ist nicht akzeptabel. Krankenhäuser müssen sich grundsätzlich am Gemeinwohl und nicht ökonomischen Interessen ausrichten. Wir überprüfen daher Lösungen wie Profitdeckelung und Vorgaben hinsichtlich der Trägerschaften bzw. Betriebsformen von Krankenhäusern.
  • Kurzfristig ist das Fallpauschalensystem für Kinder und Jugendliche auszusetzen, um die systematische Unterfinanzierung dieser Gruppe und daraus folgenden Fehlanreizen abzustellen. Kinder und Jugendliche benötigen eine hoch individualisierte medizinische Behandlung und besondere persönliche Zuwendung durch Pflegekräfte und Ärzte. Tatsächlich decken die diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) bei geringen Fallzahlen in den Krankenhäusern, wie sie in der Fläche in der Kinder- und Jugendmedizin auftreten, die Vorhaltekosten bei weitem nicht ab.

 

Antrag 162/I/2020 Prostitutionsschutzgesetz reformieren

30.09.2020

Die SPD Mitglieder im Deutschen Bundestag werden aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass das Prostituiertenschutzgesetz in folgenden Punkten geändert wird:

  • Die Anmeldepflicht für SexarbeiterInnen zu einer Beratungspflicht umgewandelt wird
  • Bei der Anmeldung auch weiterhin andere Tätigkeiten angegeben werden können
  • Der sogenannte „Hurenpass“ abgeschafft wird
  • Die Beratungsangebote massiv ausgebaut werden
  • Ein Plan zur Bekämpfung des Menschenhandels im Zusammenhang mit der Prostitution vorgelegt wird
  • Dafür soll eine Art runder Tisch mit den verschiedenen Akteuren zum Thema Sexarbeit initiiert werden, der einen Aktionsplan entwickelt und finanziell ausreichend ausgestattet wird