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Antrag 30/II/2024 Problem Nr. 1 in Steglitz-Zehlendorf und ganz Berlin: Mehr neuen und bezahlbaren Wohnraum schaffen!

23.10.2024

Der Bundesparteitag der SPD möge beschließen (Teil I & II):

 

1. Ausgangslage

Mit das schwierigste und hartnäckigste soziale Problem in unserer Stadt ist das Wohnungsproblem. Es gibt zu wenig bezahlbare Wohnungsangebote. Für die inzwischen 3,6 Mio. mit Erstwohnsitz in Berlin gemeldeten Einwohnerinnen und Einwohner und ca. weitere 400.000 Menschen mit Zweitwohnsitz gibt es 2,03 Mio. Wohnungen. Das sind 147.000 Wohnungen mehr als 10 Jahre zuvor, aber der Anstieg ist zu gering für die wachsende Stadtbevölkerung.

 

44.030 Haushalte in Berlin beziehen Wohngeld. 242.970 Bedarfsgemeinschaften der Berliner JobCenter und 87.392 Haushalte in der Grundsicherung der Berliner Sozialämter erhalten die sogenannten „Kosten der Unterkunft“. Es gibt über 360.000 Wohnungen landeseigener Gesellschaften und 190.000 Genossenschaftswohnungen. Gleichzeitig beläuft sich die Zahl der WBS-Berechtigten auf etwa 1,7 Mio. Personen (entsprechend etwa 900.000 Wohnungen), aber bis heute fällt die Zahl der Wohnungen mit Sozialbindung. Die Zahl der Sozialmietwohnungen geht von 95.000 im Jahr 2019 voraussichtlich auf bloß 59.000 im Jahr 2028 zurück, da viele ältere geförderte Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Auch wenn durch gezielte Zukäufe von Wohnungen durch die landeseigenen Gesellschaften das Problem gelindert wurde: Die Situation ist absolut dramatisch.

 

Die Angebotsmieten bei Neuvermietungen und die Bestandsmieten entfernen sich immer weiter voneinander. Während die Hälfte der Mieterinnen und Mieter Berlins immerhin noch für unter 7,67€ netto kalt wohnt, werden bei einer Wohnungssuche häufig Mieten zwischen dem doppelten und dreifachen dieser Bestandsmieten aufgerufen. Die Fluktuation hat deutlich abgenommen – jeder hält die Wohnung fest, die er oder sie hat. Vor allem aber gibt es einen grundsätzlichen Mangel bei der Zahl der Wohnungsangebote – selbst wer bereit und finanziell dazu in der Lage ist, höhere Mieten zu bezahlen, bekommt selten Angebote. Es muss daher deutlich mehr Wohnraum geschaffen werden, denn die Bevölkerung Berlins wächst weiter um durchschnittlich 40.000 Personen pro Jahr.

 

Der Wohnungsneubau war in den vergangenen Jahren stark gebremst durch die enormen Steigerungen der Baupreise und der Zinsen. Obwohl auch die öffentlichen Haushalte unter den immer noch unverändert bestehenden Bedingungen der Schuldenbremse stark unter Druck stehen, muss die Förderung bezahlbarer Wohnungen noch deutlich entschlossener werden. Die steigenden Bodenpreise haben eine Reihe von Ursachen, die nicht zuletzt auch das Ergebnis von Bodenspekulationen sind. Diese sind in der Vergangenheit nicht konsequent genug verhindert worden. Ziel muss es sein, unterschiedliche Instrumente der Bodenpolitik aktiv einzusetzen, um den weiteren Anstieg der Bodenpreise zu verhindern.

 

Als Reaktion auf die angespannte Situation am Wohnungsmarkt hat sich eine engagierte Mieter*innenbewegung gebildet, die gegen Zwangsräumungen, gegen Verdrängung ärmerer Bevölkerungsgruppen und für die Vergesellschaftung größerer Wohnraumbestände eintritt. Die SPD steht an der Seite dieser Bewegung.

 

Die Initiative Deutsche Wohnen und Co. war 2021 mit ihrem Volksbegehren zur Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen, die über mehr als 3.000 Wohnungen verfügen, erfolgreich. Eine  Mehrheit der Berliner*innen hat für das Volksbegehren votiert. Seither hat sich in der Umsetzung wenig getan. Eine Kommission unter dem Vorsitz von Herta Daeubler-Gmelin kam in ihrem Bericht zu dem Ergebnis, dass die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne in Berlin so ausgestaltet werden kann, dass sie mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Gleichzeitig ist absehbar, dass die Umsetzung von langwierigen, mehrjährigen Rechtsstreitigkeiten begleitet sein wird, die sowohl die grundsätzliche Zulässigkeit als auch die Höhe der zu zahlenden Entschädigungen betreffen.

 

Wir wollen mehr Tempo beim vorgesehenen Vergesellschaftungsrahmengesetz, das die SPD in der aktuellen Senatskoalition durchgesetzt hat, und den weiteren Schritten zur Umsetzung des Volksentscheides.

 

Für die SPD ist klar: Eine unserer Hauptaufgaben in Berlin und für die Menschen in dieser Stadt war und ist, dieses schwierige und hartnäckige Problem anzugehen und weiterhin auch mehr neue und bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Wir wollen dabei bei allen Maßnahmen die zur Stadt- und Wohnraumentwicklung vorgesehen sind, die Belange und Notwendigkeiten der Klimaanpassung und des Klimaschutzes von Anfang an mitdenken.

 

2. Mehr neue und bezahlbare Wohnungen durch politische Maßnahmen des Bundes

 

Auf der Bundesebene strebt die SPD die Verbesserung der Lage der Mieterinnen und Mieter an und will den Bau möglichst vieler neuer Wohnungen vorantreiben.

 

Wir fordern aktuell von der Bundespolitik:

  • Die Landesverordnungen zum Umwandlungsverbot treten spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft. Das Land Berlin hat mit der Umwandlungsverordnung das gesamte Stadtgebiet als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt, sodass Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen für Bestandsimmobilien untersagt werden können und damit die Verdrängung der Mietenden aus ihren Wohnungen durch Verkauf an Dritte, Entmietung, Luxusmodernisierung oder Eigenbedarfskündigung verhindert wird. Bisher war dies nur in Milieuschutzgebieten möglich. Eine Verlängerung der Regelung des § 250 BauGB über den 31.12.2025 hinaus durch den Bundesgesetzgeber ist daher unerlässlich, da sonst außerhalb von Milieuschutzgebieten die Beantragung der Eigentumsumwandlung wieder genehmigungsfrei möglich ist.
  • Um günstigen Wohnraum in Berlin zu sichern, wollen wir, dass die Bezirke verstärkt von ihrem Vorkaufsrecht gem. § 24 BauGB I Nr. 4 BauGB in Milieuschutzgebieten weiterhin Gebrauch machen und machen können. Allerdings ist nach dem Urteil des BVerwG vom 9.11.2021 die Anwendung des Vorkaufsrechts in den meisten Fällen vorerst ausgeschlossen. Daher bedarf es einer bundesrechtlichen Novellierung des BauGB, damit das Vorkaufsrecht in „Milieuschutzgebieten“ wieder verbreitet Anwendung finden kann. Ein dahingehender Prüfauftrag zur Realisierung ist im Koalitionsvertrag der Bundesregierung enthalten, und muss kurzfristig umgesetzt werden.
  • Bundesweites Förderprogramm zur Wohnraumverkleinerung:
  • Ziel eines solchen Programms soll es sein, dass selbstnutzende Eigentümer*innen von Einfamilienhäusern oder Wohnungen, finanziell bei Maßnahmen zur Schaffung separater neuer Wohneinheiten zu entlasten.
  • Um Untervermietungen mit weniger Risiko für den Hauptmieter oder die Hauptmieterin zu ermöglichen und auch damit großen Wohnraum für mehr Menschen nutzbar zu machen, wollen wir die Genehmigungspflicht im § 540 BGB in eine Anzeigepflicht umwandeln. Auch Modelle von Wohnpartnerschaften (Wohnen gegen Unterstützung) sollten hierdurch erleichtert werden.
  • Da die Mietkosten von Wohn- und Gewerbeimmobilien üblicherweise im gleichen Maß steigen und damit Wechselwirkungen in der Kostenentwicklung bestehen, müssen bei wohnungspolitischen Maßnahmen auch Kostenbremsen für Gewerbeimmobilien mitgedacht werden.
  • Derzeit werden viele Gewerbeimmobilien nicht vermietet, da die Vermieter ihre überhöhten Preisvorstellungen nicht realisieren können. Dies lohnt sich für die Vermieter aber trotzdem, da sie über eine lange Zeit die Kosten für ihre nicht vermietete Gewerbeimmobilie absetzen können. Das soll künftig verhindert werden, indem Abschreibungsmöglichkeiten in den Finanzgesetzen bei Leerstand auf zwei Jahre begrenzt werden.
  • Im Gegenzug sollen Anreize und Fördermöglichkeiten für die Umwandlung von Gewerbe- in Wohnimmobilien in geeigneten Fällen geschaffen werden.
  • Die Wohnungsgemeinnützigkeit soll vollumfänglich wieder eingeführt werden. Die derzeitigen Neuregelungen reichen nicht aus und sind in Anbetracht der Zinsen und Baukosten nur ein Anfang. Die Maßnahmen sollen so ausgeweitet werden, dass insbesondere Genossenschaften Anreize für den Bau von neuen Wohnungen erhalten, indem sie steuerlich weit umfänglicher entlastet werden als bisher. Bis zu ihrer Abschaffung vor 34 Jahren war die Wohngemeinnützigkeit ein wesentlicher Faktor mit zusammen 4 Millionen Wohnungen.
  • Wir bekräftigen unsere Forderung, eine gesetzliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie in der Betriebskostenverordnung aufzunehmen, die die Wirkung der energetischen Sanierung auf die Mieter*innen insoweit begrenzt, als dass die Kosten den geplanten Nutzen für die Mietparteien zum Investitionszeitpunkt nur um einen kleinen Prozentsatz übersteigen dürfen.
  • Um überteuerte möblierte Wohnungsangebote zu verhindern, fordern wir eine bundesgesetzliche Initiative, die den Möblierungszuschlag transparent macht und ihn orientiert an den Abschreibungen für die Möblierung begrenzt. Im qualifizierten Mietenspiegel sind entsprechende gesonderte Erfassungen möblierter Vermietungen zu regeln.
  • Wir fordern weiterhin, die Regelungen für den Mietendeckel im Bürgerlichen Gesetzbuch so auszubauen, wie dies im Koalitionsvertrag vorgesehen ist, so dass u.a. die Umlage der Kosten energetischer Sanierungen auf die Mieter*innen insofern begrenzt wird, als dass die Kosten den geplanten wirtschaftlichen Nutzen für die Mietparteien zum Investitionszeitpunkt nur um einen kleinen Prozentsatz übersteigen dürfen und die Umlage zeitlich entsprechend befristet wird.
  • Der Bundesgesetzgeber wird aufgefordert Indexmieten für Wohnraum zu verbieten, um die Aushebelung des §556d ff BGB rechtssicher zu unterbinden. Die missbräuchlich als Umgehung u.a. der Berliner Mietpreisbremse (MietenWoG Bln) angewandte Variante und Strukturierung von Mietverträgen seit 2020 führt für Mieter*innen in diesem Zeitraum teilweise zu Steigerungen der Mieten um 20-25%.
  • Wir fordern weiterhin die Geltendmachung von Betriebskosten bei Vergabe von Aufträgen an Unternehmen, an denen die Hausverwaltungen / -eigentümer wirtschaftlich beteiligt sind, zu untersagen. Die Verwaltungen sollten künftig gesetzlich verpflichtet werden, entsprechende Dienstleistungen transparent auszuschreiben. Zudem müssen Rückforderungsansprüche bei überhöhten Nebenkosten klarer geregelt werden.

 

3. Mehr neue und bezahlbare Wohnungen durch politische Maßnahmen des Landes Berlin

 

Mit dem „Schneller-Bauen-Gesetz“, das der Senat dem Abgeordnetenhaus zur Beratung vorgelegt hat, verfolgt die SPD das Ziel, die Schaffung von Wohnraum in Berlin deutlich zu erleichtern und zu beschleunigen. Auch frühere Initiativen haben bereits positive Auswirkungen gehabt, so etwa die deutliche Verschärfung des Zweckentfremdungsverbotsrechts.

 

Wir fordern von Senat und Abgeordnetenhaus:

  • Trotz der angespannten Finanzlage Berlins kommt es darauf an, das endlich gut in Anspruch genommene Programm des Sozialen Wohnungsneubaus zu erhalten und auszubauen.[1]
  • Neben dem Neubau und der Steuerung von Miethöhen hat die Politik auch eine Mitverantwortung bei der „zweiten Miete“, der Höhe von Betriebskosten und Nebenkosten. Wir wollen, dass privatisierte Versorger wie die GASAG zumindest mehrheitlich re-kommunalisiert werden, um kostendeckende, aber faire Preise dauerhaft zu sichern. Durch eine in der Verfassung verankerte Privatisierungsbremse wollen wir erreichen, dass wichtige, vielfach rekommunalisierte Versorger wie Berlin Wärme, Berliner Wasserbetriebe oder die Stadtwerke Berlin nicht einfach verkauft werden können und damit in Gefahr sind, zum Preistreiber werden. Auch die Liegenschaften des Landes Berlin sind in eine Privatisierungsbremse einzubeziehen.
  • die Einführung der „Grundsteuer C“ für unbebaute, baureife Grundstücke im Land Berlin[2]
  • Das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung muss verbindlicher ausgestaltet werden, Wir wollen den Anteil der Sozialwohnungen verbindlich auf 50% erhöhen
  • Die Liegenschaftspolitik des Landes Berlin und die Errichtung der landeseigenen Berliner Bodenfonds GmbH muss darauf gerichtet bleiben wohnungsrelevante Grundstücke zu erwerben und für den Wohnungsbau nutzbar zu machen. Auch Genossenschaften sollten über Erbbaurechte an Bauplätze gelangen.
  • Konsequente Weiterführung der Strategie der sechs landeseigenen Wohnungsgesellschaften zum Ankauf von Bestandswohnungen. Dennoch hat der Neubau von sozial gebundenen Wohnungen oberste Priorität.
  • Das Eigenkapital der landeseigenen Wohnungsgesellschaften ist für den Wohnungsneubau gezielt zu erhöhen, was schuldenbremsenkonform erfolgen kann.
  • Das Land Berlin muss in der jetzigen Situation deutlich mehr die Vorteile von qualitativ hochwertigem modularen und seriellen Bauen nutzen.
  • Beim Neubau muss konsequenter die gesamte soziale und gesellschaftliche Infrastrukturerweiterung mitgedacht werden.
  • Umwandlungen von gewerblich genutzten Immobilien durch Umbau in Wohnbauten sollen erleichtert werden. Der Landesgesetzgeber kann hierfür die Genehmigungspflicht für eine Umwandlung in Wohnungen umgestalten, um Eigentümer*innen diese Umwandlung zu erleichtern. Die Ausweitung der Möglichkeiten Umwandlungen lediglich mit einer Anzeigepflicht zu belegen, die einen Verbotsvorbehalt befristet enthält, ist zu prüfen.
  • Auflagen zur Einhaltung von Mietobergrenzen zur Gewährung von Fördermitteln und für milieuschutzrechtliche Genehmigungen sind wieder zu ermöglichen. Mit der Rechtsprechung des OVG Berlin (2 B 18.02) und des BVerwG (4 C 9.04) wurden dieser Praxis enge Grenzen gesetzt. Dieses Instrument ist wieder zur Anwendung zu bringen.
  • Die Bezirke sind bei zu erteilenden Abrissgenehmigungen von Wohnbauten mit niedrigem Mietniveau zu ermächtigen rechtssichere Vorgaben für soziale Ersatzneubauten zu bestimmen.
  • Wenn die Genehmigungspflicht für den Leerstand von Wohnimmobilien und sonstige Zweckentfremdung durch Eigentümer oder Wohnungsverwaltungen umgangen oder unterlassen wird, soll dies mit einem hohen Bußgeld belegt werden.
  • Zu prüfen, wie Reformen im Landesdenkmalschutzgesetz des Landes Berlin zur Mobilisierung von weiterem Wohnraum beitragen können.

 

Das gelingt insbesondere durch die haushalterische Trennung der Darlehensanteile der Förderung von den Zuschussanteilen, weil die Darlehensanteile nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Ein Mix von Zuschuss und Darlehen von aktuell 1/3 zu 2/3 bei dem Förderprogramm von 1,5 Mrd. € pro Jahr für mindestens 5000 neue Wohnungen jährlich ist möglich. Falls je nach Zinsentwicklung eine Erhöhung des Darlehensanteils möglich ist, soll diese erfolgen.

 

Beschlusslage der SPD-Fraktion im AgH/LPT

Antrag 109/I/2024 Für mehr Diversität in Post-Conflict Settings - Verpflichtende Beteiligung von FINTA in Friedensprozessen

21.04.2024

Die Notwendigkeit einer feministischen Außenpolitik, die die menschliche Sicherheit in den Fokus stellt, hat angesichts der zahlreichen Krisen kein Stück ihrer Bedeutung verloren. Um menschliche Sicherheit nachhaltig zu gewährleisten, braucht es die Beteiligung aller marginalisierten und systematisch benachteiligten Gruppen an Friedensprozessen.

 

Es wurde bereits bewiesen, dass die Beteiligung von Frauen in Friedensprozessen zu besserem Regierungshandeln (“Governance”) und nachhaltigerem Frieden führt. Auch forderten die Vereinten Nationen mit der Sicherheitsratsresolution 1325 bereits im Jahr 2000 die Einbeziehung von Frauen in die Prävention, das Management und die Konfliktlösung. Diese Resolution verpflichtet Staaten dazu, Frauen und ihre Perspektiven in alle Bereiche des Friedensprozesses einzubeziehen und dabei ihre besonderen Erfahrungen in Konflikten anzuerkennen. Über 20 Jahre nach dieser bedeutenden Resolution sind Frauen immer noch wenig und unterproportional an Friedensprozessen beteiligt. FINTA, also Frauen, Inter-, Nichtbinäre*, Trans- und Agender-Personen, sowie andere marginalisierte Gruppen erhalten bisher wenig bis gar keine besondere Aufmerksamkeit in politischen Entscheidungsgremien. Dies führt dazu, dass deren wichtige Sichtweisen und besondere Herausforderungen meist nicht am Verhandlungstisch diskutiert werden. Durch diese fehlenden Perspektiven kann umfassende menschliche Sicherheit nicht erreicht werden.

 

Häufig sind es insbesondere weiblich sozialisierte Menschen, die in Gemeinschaften eine proaktive soziale Rolle einnehmen: Auch wenn wir eine solche traditionelle Rollenaufteilung bekämpfen und eine gleichberechtigte Aufteilung, unabhängig von Geschlechtern anstreben, kümmern sich besonders in patriarchalen Gesellschaften kümmern noch zumeist Frauen um Kinder und andere Familien- und Gesellschaftsmitglieder. Durch häufig vorkommende Interaktionen mit anderen marginalisierten Gruppen sowie aufgrund ihrer eigenen Betroffenheit von systematischer Diskriminierung sind FINTA häufig die Herausforderungen und Schwierigkeiten marginalisierter Gruppen und Individuen bekannt. Dadurch, dass die Gruppe FINTA für Diskriminierungen eher sensibilisiert ist, sollten FINTA auch als Mediator*innen eingesetzt werden.

 

Durch die Beteiligung von FINTA Personen an Entscheidungsgremien wie Friedensverhandlungen kann also besser gewährleistet werden, dass die Perspektiven und Situationen marginalisierter Gruppen mitgedacht werden. Hierbei muss beachtet werden, dass es nicht ausreicht, eine Gruppe Frauen als Repräsentantinnen von FINTA einzuladen. Vielmehr braucht es die Beteiligung von FINTA möglichst in ALLEN am Friedensprozess beteiligten Gruppen und Parteien. Denn FINTA sind keine homogene Gruppe, die durch eine einzige Delegation an Frauen ausreichend repräsentiert ist. Die kann vielleicht durch folgendes Bild verdeutlicht werden: Cis-Männer sind in der Regel in allen an Verhandlungen beteiligten Parteien zu finden. Frauen werden oftmals scheinbar nur pro forma als eine zusätzliche Gruppe oder Partei eingeladen und nicht gleichwertig in die Prozesse eingebunden. Kaum jemand würde auf die Idee kommen, von Cis-Männern zu verlangen, nur in einer Gruppe vertreten zu sein, da damit ja “deren Perspektive bereits abgedeckt” sei.

 

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Beteiligung der Zivilgesellschaft und damit auch mehr FINTA-Personen in Friedensprozessen zu länger anhaltendem Frieden führt. Die Beteiligung von unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Gruppen ist wichtig, da diese als Repräsentant*innen und Vermittler*innen von marginalisierten Gruppen in der Bevölkerung dienen kann. Werden nämlich FINTA nur als Teil politischer Delegationen in Friedensverhandlungen einbezogen, besteht die Gefahr, dass wichtige Perspektiven fehlen. Denn FINTA in politischen Delegationen sind meist hochrangige Politiker*innen oder international bekannte und häufig gut ausgebildete Personen, die nicht immer mit FINTA aus der lokalen Bevölkerung gleichgesetzt werden können. Auch hier besteht also die Gefahr, nicht ausreichend die Diversität und Vielseitigkeit der FINTA abzubilden, was zu einer Reduktion an menschlicher Sicherheit aufgrund fehlender Perspektiven führen kann.

 

Wir fordern daher die Bundesregierung dazu auf, in allen Projekten, an denen sie beteiligt ist durch Friedens- oder Militärmissionen oder durch Entwicklungszusammenarbeit, alles in ihrer Möglichkeit zu tun, um folgendes sicherzustellen:

  • die Beteiligung von FINTA an Friedensprozessen (langfristig auch von allen anderen marginalisierten Gruppen) mit einer Quote von mind. 50%, möglichst in allen beteiligten Parteien.
  • die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, insbesondere von Organisationen, die sich für die Rechte marginalisierter Gruppen einsetzen.
  • dass die Gruppe an Mediator*innen in jedem Friedensprozess mindestens eine FINTA umfasst. Sollte es nur eine/n Mediator*in geben und aus Sicht der Organisator*innen keine FINTA infrage kommen, muss dies schlüssig und öffentlich begründet werden. Zudem sollte mit der Gesamtanzahl an Mediator*innen auch die Anzahl an FINTA als Mediator*innen steigen.
  • Dieerpflichtenden Beratungsterminen mit unterschiedlichen lokalen Organisationen, die FINTA und marginalisierte Gruppen repräsentieren, um möglicher Homogenität, die durch die Quote entstehen könnte, vorzubeugen

 

Antrag 47/I/2024 Preissteigerung der Heizkosten begrenzen!

21.04.2024

Die sozialdemokratischen Mitglieder des deutschen Bundestags werden aufgefordert, einen wirksamen Schutz der Mieterinnen und Mieter vor unverhältnismäßigen Preissteigerungen und Nachzahlungen in der Wärmeversorgung über die bestehenden Regeln hinaus gesetzlich zu verankern.

 

Antrag 43/II/2021 50 Jahre BAföG: Umfassende Reformen jetzt!

9.11.2021

Als 1971 das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Deutschland eingeführt wurde, war dies mit dem Ziel geschehen, Chancengleichheit im deutschen Bildungswesen herzustellen und insbesondere jungen Menschen aus einkommensschwachen Familien ein Studium oder eine weiterführende Schulausbildung zu ermöglichen. Zieht man 50 Jahre später eine Bilanz, fällt diese jedoch ernüchternd aus.

 

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland besonders schlecht ab. Verglichen mit anderen Industrienationen sind Bildungsbiografien in Deutschland stark von der sozialen Herkunft abhängig. Haben die Eltern keine Berufsausbildung abgeschlossen, ist zum Beispiel auch die Wahrscheinlichkeit geringer, dass ihre Kinder einen solchen Abschluss erreichen. Darüber hinaus sinkt der Anteil der BAföG-Empfänger*innen seit Jahren kontinuierlich. Während kurz nach der Einführung noch fast 45 Prozent anspruchsberechtigt waren, erhielten im Jahr 2020 lediglich 11 Prozent aller Studierenden die Finanzierungshilfe. Aufgrund steigender Mietpreise und Inflation reicht der BAföG-Satz außerdem immer weniger zum Leben, insbesondere für Studierende in Großstädten.

 

Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit sind zentral für eine gerechtere Gesellschaft. Dass diese gar nicht bestehen, hat die Coronakrise, im Zuge welcher viele Jobmöglichkeiten für Studierende wegfielen und das BAföG bei weitem nicht ausreichte, deutlich gezeigt. Aus diesem Grund müssen wir unseren Forderungen nach einer auskömmlichen Studienfinanzierung weiterhin Nachdruck verleihen. Wir sind der Überzeugung, dass es weitreichende Reformen braucht, um den Hochschulzugang für alle junge Menschen zu eröffnen. Wir brauchen endlich eine bedarfsdeckende Studienförderung, die mehr jungen Menschen zugutekommt.

 

Wir fordern daher:

 

Das BAföG muss zum Leben reichen. Ein wichtiger Schritt ist die regelmäßige automatische Erhöhung der Bedarfssätze sowie die Zahlung eines Inflationsausgleichs. Eine solche automatische Erhöhung braucht zuerst einen Ausgangspunkt, die den tatsächlichen Kosten eines würdigen Lebens als Studierende entspricht. Davon sind die derzeitigen Bedarfssätze weit entfernt, wie die Sozialerhebung der Studierendenwerke und der Alternative BAföG-Bericht der Gewerkschaftsjugend immer wieder zeigen. Darum fordern wir, anhand eines studentischen Warenkorbs die tatsächlichen Kosten des Studiums ermitteln zu lassen und diesen Wert als Ausgangspunkt der künftigen automatischen Erhöhung zu veranschlagen. Dabei müssen unbedingt auch besondere Belastungen bedacht werden. Auch Mieten sind nicht überall gleich. Eine Wohnpauschale muss daher dem örtlichen Bedarf entsprechen. Zusätzlich zur Förderung braucht es eine bedarfsgerechte Pauschale für Lernmittel wie z. B. elektronische Geräte und Literatur.

 

Das BAföG muss mehr Studierende erreichen. In einem ersten Schritt müssen die Freibeträge weit überproportional angehoben werden, damit das BAföG wieder weiter in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht. Bis das System familienunabhängig aufgestellt ist, müssen die Elternfreibeträge massiv und relational zu Mittelstandseinkommen erhöht werden, um die Förderquote wieder deutlich anzuheben. Hierzu ist es notwendig, dass die Freibeträge der aktuellen Einkommensentwicklung regelmäßig automatisch angepasst werden, neben dem Einkommen auch Kredite, Hypotheken und Schulden der Eltern berücksichtigt werden, und die Berechnung von Unterstützung für Kinder von selbstständigen Eltern reformiert wird, sodass mehr junge Menschen eine Förderung erhalten. Wer in der Bundesrepublik Deutschland lernt, muss auch gefördert werden können. BAföG muss deshalb für alle zugänglich sein. Egal, was auf ihrem Pass steht. Auch für Schüler*innen ab der 10 Klasse fordern wir Zugang zu BAföG und zwar unabhängig davon, ob sie bei ihren Eltern wohnen oder nicht.

 

Das BAföG muss langfristig alle erreichen. Wir sind der Überzeugung, dass Bildung ein Grundrecht ist und Bildung für alle kostenfrei zugänglich sein soll. Wir lehnen außerdem die Vorstellung ab, dass junge Menschen auch nach dem Erreichen der Volljährigkeit noch von ihren Eltern finanziell abhängig sein müssen. Zumal die Realität zeigt, dass Eltern nicht immer zahlen, auch wenn sie müssten oder aufgrund eines Kontaktabbruchs nicht bereit sind, die Anträge ihrer Kinder auszufüllen. Für Studierende ist dies besonders prekär, da sie nur dann eine BAföG-Förderung erhalten würden, wenn sie den Rechtsweg wählen und ihre Eltern verklagen. Wir werden uns daher weiterhin für eine Öffnung hin zu einer elternunabhängigen Förderung einsetzen. Die Einführung des elternunabhängigen Bafög wird erheblich zur Entbürokratisierung beitragen und Verwaltungskosten reduzieren.

 

Das BAföG muss attraktiver und unbürokratisch werden. Viele Studierende, die anspruchsberechtigt wären, scheuen die komplizierten Anträge und die Bürokratie. Wir fordern daher, dass BAföG-Anträge vereinfacht werden. Wir fordern daher die Rückkehr zum Vollzuschuss, damit die Leistungen nicht mehr zurückgezahlt werden müssen.

 

Das BAföG muss flexibler werden. Die Förderungshöchstdauer ist derzeit auf die Regelstudienzeit begrenzt. Allerdings schafft es nur weniger als die Hälfte der Studierenden, ihr Studium rechtzeitig abzuschließen. Das liegt auch an den veränderten Anforderungen an Absolvent*innen. Ein Hochschulabschluss reicht in vielen Branchen nicht mehr für einen erfolgreichen Berufseinstieg. Häufig müssen auch Praktika, Auslandsaufenthalte und ehrenamtliches Engagement nachgewiesen werden. Hinzu kommt, dass viele Studierende Care-Arbeit leisten oder gesundheitlich eingeschränkt sind. Damit alle Studierende nach ihren eigenen Vorstellungen studieren können und sich während ihres Studiums frei entfalten können, fordern wir die Abschaffung der Höchstförderungsdauer. Außerdem fordern wir, dass BAföG auch nach einem Studienfachwechsel, der nach dem dritten Semester erfolgt ist, weiterhin gezahlt wird.

 

Das BAföG muss gerechter werden. Das heißt für uns auch, dass wir grundsätzlich einen Ausbau der staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten für jungen Menschen in Ausbildungsberufen fordern. Dies gilt beispielsweise auch für das Meister*innen-Bafög. Insbesondere junge Menschen aus nicht-akademischen Familien studieren häufiger auf dem zweiten Bildungsweg und werden durch Altersgrenzen diskriminiert. Daher fordern wir, dass alle Altersgrenzen aufgehoben werden.

 

Die BAföG-Reform muss dabei eingebettet sein in einen größeren Strauß von Umverteilungsmaßnahmen wie etwa gerechteren Vermögens-, Einkommens- und Erbschaftssteuern.

 

Die SPD hat die Bundestagswahl 2021 als stärkste Kraft gewonnen. Eine Umfassende BAföG Reform, die u.A. die Rückkehr zum Vollzuschuss und eine elternunabhängige Zahlung beinhaltet, war auch Dank dem Druck der Jusos Teil des SPD-Wahlprogramms. Im Falle einer SPD-geführten Bundesregierung muss es die Pflicht der Partei und eines Bundeskanzler:innenamtes in sozialdemokratisch geführter Hand sein diese Reform umzusetzen. Um Millionen von jungen Menschen in Deutschland das historische Versprechen von Aufstieg durch Bildung zu garantieren, und um einer neuen Generation junger Menschen zu beweisen, dass eine sozialdemokratische Regierung für ihre Interessen einsteht

Antrag 45/II/2021 Für eine corona-bedingte Verlängerung des Kindergeldes!

9.11.2021

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Bundestag und der Bundesregierung sind aufgefordert sich für eine Corona-bedingte Verlängerung des Kindergeldes einzusetzen. Im Zuge der Corona-Pandemie wurden sämtliche Regelungen wie die Regelstudienzeit (Freisemester) sowie das BAföG angepasst. Nur das Kindergeld wurde bisher nicht verlängert. Daher soll eine coronabedingte Sonderregelung geschaffen werden, die auf Antrag eine Auszahlung des Kindergeldes bis zum 26. oder 27. Lebensjahr ermöglicht. Eine solche Regelung ist deshalb erforderlich, weil ansonsten vielen Betroffenen Einkommenseinbußen auf den letzten Metern zu ihrem Abschluss drohen.