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Antrag 18/II/2025 Arbeitszeit erfassen, Mehrarbeit entlasten

9.10.2025

Die sozialdemokratischen Mitglieder im Abgeordnetenhaus und Senat werden aufgefordert:

  1. Beginnend mit einem Pilotprojekt, das alle Schulformen, -stufen und sozialen Lagen erfasst, wird innerhalb der nächsten Wahlperiode eine flächendeckende Arbeitszeiterfassung im Berliner Schuldienst etabliert. Diese soll neben der Unterrichtszeit sämtliche Tätigkeiten aller Berliner Lehrkräfte umfassen, unabhängig von Ort und Zeit der Arbeit erfolgen und die Zeiterfassung auf das gesetzliche Mindestmaß (Beginn, Ende und Pausenzeiten) beschränken. Die Arbeitszeiterfassung wird mittels eines praktikablen und datenschutzkonformen digitalen Systems durch die Lehrkräfte durchgeführt. Sie darf gemäß der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nicht als Instrument der Leistungs- und Verhaltenskontrolle gebraucht werden. Die Arbeitszeiterfassung soll in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und Beschäftigtenvertretungen konzipiert werden.
  2. Die Arbeitszeiterfassung wird erwartungsgemäß eine höhere Summe an Zuvielarbeit, Mehrarbeit und Überstunden im Berliner Schuldienst offenlegen. Die Einführung einer Arbeitszeiterfassung muss deshalb mit einem Konzept zur Verringerung der Arbeitslast einhergehen. Es lässt sich feststellen, dass in den letzten Jahren insbesondere die sogenannten „sonstigen Dienstpflichten“ enorm zugenommen haben. Das sind (Verwaltungs-)Aufgaben, die außerhalb der pädagogischen Kerntätigkeit anfallen. Lehrkräfte sollen sich jedoch auf ihre pädagogischen und didaktischen Kernaufgaben konzentrieren können und von administrativen und organisatorischen Aufgaben entlastet werden. Zur Verwirklichung dieses Ideals („Teachers-teach“) soll nach dem „one-in-two-out“-Prinzip ein struktureller Abbau der sonstigen Dienstpflichten vorgenommen werden. Für jede neue Aufgabe sollen an anderer Stelle zwei sonstige Dienstpflichten gestrichen, digitalisiert oder auf andere Professionen übertragen werden.
  3. Die aktuellen Herausforderungen sind im Schulsystem ungleich verteilt und können durch das bisherige Deputatsmodell nicht aufgabengerecht abgebildet werden. Das pauschale Deputatsmodell soll deshalb durch funktions- und lagespezifische Deputate ersetzt werden.  In diesen sollen langfristig die Personalzumessung, Abminderungsstunden und Funktionsstellen zusammengeführt werden. Die besondere Verantwortung der SPD ist dabei, auf die Belastung der PädagogInnen an Schulen in herausfordernder Lage zu denken und für deren Entlastung zu kämpfen.
  4. Bis eine strukturelle Verringerung der Aufgabenlast vollzogen wurde, müssen die festgestellte Zuvielarbeit, Mehrarbeit und Überstunden durch kurz- und mittelfristige Maßnahmen ausgeglichen werden. Dazu zählt:
    1. eine Flexibilisierung der Stundentafel sowie eine Entlastung des Rahmenlehrplans;
    2. die Vereinbarung fester Regelungen für den Umgang mit Zuvielarbeit, Mehrarbeit und Überstunden mit den Gewerkschaften und Beschäftigtenvertretungen;
    3. Die Vereinbarung von angemessenen finanziellen oder zeitlichen Ausgleichsangeobten mit den Gewerkschaften und Beschäftigtenvertretungen
    4. Strukturelle, organisatorische und personelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und des Gesundheitsschutzes, insbesondere durch Digitalisierung und Multiprofessionalität.

Antrag 28/II/2025 Bezahlbares Wohnen braucht europäische Antworten!

9.10.2025

Die SPD-Bundestagsfraktion und die SPD-Mitglieder in der Bundesregierung sowie die S&D-Fraktion im Europäischen Parlament werden aufgefordert, sich für folgende Ziele einzusetzen:

 

Bezahlbares Wohnen braucht europäische Antworten!

Wohnen ist ein Grundrecht – kein Spekulationsobjekt. In ganz Europa steigen Mieten und Kaufpreise seit Jahren rasant. Immer mehr Menschen finden keine bezahlbare Wohnung, werden verdrängt oder leben in unsicheren Wohnverhältnissen. Unsere Wohnraumkrise ist eine europäische Krise. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass das Europäische Parlament einen Sonderausschuss zur Wohnraumkrise eingesetzt hat. Jetzt braucht es klare Lösungsansätze für die gesamte Europäische Union. Auch die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene mit Nachdruck für eine soziale Wohnungswende einsetzen. Sie soll sich im Rat der EU für die Stärkung kommunaler Handlungsspielräume und die Förderung bezahlbaren Wohnraums einsetzen.

 

Wir fordern:

1. Wohnen zu einem europäischen Schwerpunkt machen.

Die EU muss bezahlbaren Wohnraum als soziale Aufgabe begreifen – nicht als Nebensache. Das Menschenrecht auf Wohnen gehört deshalb ins Zentrum der europäischen Politik.

 

2. Städte und soziale Wohnungsakteure stärken.
Kommunen, Genossenschaften und soziale Träger brauchen mehr Spielraum – auch im EU-Beihilferecht. Wir brauchen eine einheitliche Definition von sozialem Wohnraum im EU-Recht. Öffentliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau dürfen nicht ausgebremst werden.

3. EU-Fördermittel gezielt für sozialen Wohnraum nutzen.
Programme wie InvestEU oder die Struktur- und Kohäsionsfonds müssen einfacher und sozial gerechter gestaltet werden. Wir fordern, die Förderprogramme bei den Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen zielgerichteter auf Wohnprogramme auszugestalten und den Zugang zu vereinfachen.

4. Energieeffizienz darf nicht zur Verdrängung führen.
Energetische Sanierungen dürfen nicht zur Verdrängung von Mieter*innen führen. Die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie braucht soziale Leitplanken – damit Klimaschutz und Mieterschutz zusammengehen. Sozial gestaffelte Förderprogramme z. B. der KfW sollen fortgeführt werden können.

Antrag 29/II/2025 Das neue SEZ – Vision eines Wohn- und Nachbarschaftszentrums für Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg und Pankow

9.10.2025

Einleitung / Ausgangslage

Das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) ist für viele Menschen in Ost-Berlin und den neuen Bundesländern ein Ort der Erinnerung. Auch wenn es ein Aushängeschild des autoritären Regimes der DDR war – für viele Menschen stellte das SEZ jedoch auch ein Ort der Erholung dar. Zugleich war das SEZ ein Anziehungspunkt für die Freizeitgestaltung in Berlin und über die Grenzen der Stadt hinaus. Im besten Sinne war es ein Zentrum und Ort der Begegnung.

 

Umso skandalöser ist die derzeitige Situation: Durch den Spardruck der 2000er Jahre („Sparen, bis es quietscht“) wurde das SEZ durch den damaligen Senat an einen Investor für einen Euro verschachert. Heute ist es eine Ruine, die die direkte Nachbarschaft und den Volkspark Friedrichshain abwertet. Gleichzeitig stiegen die Bevölkerungszahlen rund um das SEZ – vor allem in Friedrichshain; die soziale Infrastruktur ist jedoch nicht mitgewachsen. Es fehlt an Sportflächen, Räumen für Vereine, Initiativen, Kulturschaffende sowie an Betreuungsangeboten für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen.

 

Das SEZ steht sinnbildlich für eine verfehlte Spar- und Stadtentwicklungspolitik. Durch die gerichtliche angeordnete Rückübertragung des SEZ an die öffentliche Hand haben wir die jetzt Chance, dass SEZ wieder zu einem Ort der Begegnung, der Erinnerung und des urbanen Lebens zu machen – für die Bürger*innen in den umliegenden Kiezen und in ganz Berlin.

 

Sozialer Wohnungsbau anstatt Luxuswohnungen

Der Berliner Wohnungsmarkt ist außer Kontrolle geraten. Steigende Mieten, die weit über der Entwicklung der Reallöhne liegen, fehlender sozialer Wohnungsbau und steigende Baukosten kennzeichnen das Versagen des Berliner Wohnungsmarktes. Die Wohnbebauung am SEZ soll deshalb genutzt werden, um barrierefreie und altersgerechte Wohnungen, Wohnungen für Familien sowie Wohngruppen für marginalisierte Gruppen zu errichten. Eigentumswohnungen dürfen nicht entstehen.

 

Wir fordern daher sozial geförderte und genossenschaftliche Wohnprojekte sowie den Ausbau von vielfältigem und bezahlbarem Wohnraum ein, der den unterschiedlichen Lebensrealitäten gerecht wird. Wir setzen uns für den Ausbau altersgerechter und barrierefreier Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen ein. Älteren Menschen soll der Umzug in eine kleinere Wohnung erleichtert werden.

Zugleich braucht es geförderte Mehrzimmerwohnungen für Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern, die besonders innerhalb des S-Bahn-Rings kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden.

Darüber hinaus sollen neue Wohn- und Lebensformen im Alter, wie Alters- und Demenz-Wohngemeinschaften oder Mehrgenerationenprojekte entstehen und gefördert werden.

 

Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Wohnangebote für Menschen mit besonderen Bedarfen: Wohngruppen für Menschen mit Förderbedarf, für queere Gemeinschaften sowie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Not. Ziel der Wohnbebauung auf dem Areal des SEZ muss es sein, Wohnraum für Menschen zu schaffen, die auf dem Berliner Wohnungsmarkt ins Hintertreffen geraten sind.

 

Das SEZ als Nachbarschaftszentrum

In den letzten zwei Jahrzehnten sind Nord-Friedrichshain, Pankow und Lichtenberg stark nachverdichtet worden. Viele Menschen zogen in die Kieze, doch die soziale Infrastruktur ist nicht mitgewachsen. Es fehlen Räume für Begegnung, Beratung, Kultur und Sport.

 

Das ehemalige SEZ bietet die einmalige Chance, genau diese Lücken zu schließen. Das SEZ soll wieder ein lebendiger Ort des Miteinanders werden – ein Zentrum der Nachbarschaft und des Sports, offen für alle Generationen, Lebensrealitäten und sozialen Lagen. In einer Zeit, in der sich viele Menschen in ihrer Stadt verloren fühlen, braucht es Orte, die verbinden, stärken und auffangen. Das geplante Nachbarschaftszentrum am SEZ steht genau dafür: als öffentliches Tor zum Volkspark Friedrichshain, als Piazza für die umliegenden Kieze, als sozialer Anker in einem sich wandelnden urbanen Raum.

 

Das SEZ soll zu einem lebendigen Zentrum für alle Generationen und Lebenslagen werden. Vorgesehen sind Beratungsräume für ältere Menschen, Familien und Menschen in Not, ein Bürgeramt mit wohnortnahen Serviceleistungen sowie flexible Seminar-, Besprechungs- und Veranstaltungsräume für Vereine, Initiativen und Parteien – nach dem Vorbild des Nachbarschaftshauses Urbanstraße. Ergänzt wird das Angebot durch Probenräume für Theatergruppen und Bands, ein Zentrum der Begegnung mit Jugendzentrum, Indoor-Spielplatz und Repair-Café sowie durch Gewerbeflächen für Vollversorger, Drogerien und Einzelhandel. Gleichzeitig sollen Pop-up-Stores und Pop-up-Restaurants lokalen Produzent*innen, Designer*innen und Köch*innen neue Chancen eröffnen. Auch die Einrichtung eines Gesundheitszentrums in Kooperation mit dem Klinikum Friedrichshain wird geprüft.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Sport. Sport war immer ein Herzstück des SEZ – und soll es wieder werden. Geplant sind moderne Sportflächen für Schulen, Vereine und Freizeitsport: ein Therapiebad für Schulen, zur Prävention und Seniorensport, Hallen für Badminton, Tischtennis und Hallenfußball, Outdoor-Kletter- und Bouldermöglichkeiten im Park sowie Flächen für kommerzielle Fitnessangebote. Zusätzlich wird die Machbarkeit eines ganzjährig nutzbaren Freibads geprüft. Damit wird das SEZ erneut ein Zentrum für Bewegung, Gesundheit und Gemeinschaft – offen für organisierte Vereine ebenso wie für Freizeit- und Hobbysportler*innen.

 

Auch die Kultur bekommt im SEZ ihren festen Platz. In einer Stadt, in der die freie Szene immer stärker unter Druck gerät, entstehen neue Räume für Kreativität und Begegnung: ein Off-Theater u.a. für Schul- und Laientheater, mietbare Ateliers für junge Künstler*innen sowie Flächen für Ausstellungen und Pop-up-Galerien. So wird das SEZ nicht nur ein Ort für Sport und Gesundheit, sondern auch ein Motor für Kunst, Kultur und gesellschaftliches Miteinander.

Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung braucht es Räume wie das SEZ mehr denn je: als Schutzräume für Vielfalt und als Orte gelebter Demokratie. Das SEZ soll ein Platz sein, an dem Menschen nicht nur Unterstützung finden, sondern auch Mitbestimmung erleben, Haltung zeigen und Gemeinschaft gestalten können.

 

Mit einem Nachbarschaftszentrum, das soziale Infrastruktur, Kultur und Sport verbindet, entsteht ein Modellprojekt, das weit über Berlin hinaus strahlt. Das „neue SEZ“ soll mehr als nur ein Gebäude werden – es wird ein lebendiger Raum, der Menschen zusammenführt und neue Perspektiven eröffnet. So wird das SEZ zu einem Leuchtturmprojekt für Berlin – ein Symbol für Offenheit, Vielfalt und gemeinschaftliches Handeln – und kann zugleich Modell für andere Städte werden, die neue Wege suchen, das Miteinander in einer modernen, lebenswerten Stadt zu stärken. Tief im Kiez verwurzelt und gleichzeitig offen für die ganze Stadt soll aus dem SEZ ein neues Versprechen sozialdemokratischer Stadtpolitik werden: Teilhabe, Schutz und Zusammenhalt – für alle.

 

Realisierung des Projektes

Viele Menschen lehnen einen Komplettabriss des SEZ ab. Deshalb ist zu prüfen, inwiefern die bestehende Bausubstanz und die Grundstruktur des Gebäudes erhalten werden können. Was baulich gerettet werden kann, soll gerettet werden.

 

Zugleich fordern wir ein auf wenige Monate begrenztes partizipatives Verfahren unter Beteiligung von Anwohnerinnen, Initiativen zum SEZ, Vertreterinnen von Vereinen und Verbänden vor Ort sowie Expert*innen aus Stadtplanung, Sport, Wohnen und Kultur. Hierbei sollen Richtlinien für die Neugestaltung und Revitalisierung des SEZ-Areals erarbeitet werden.

 

Als SPD in Friedrichshain-Kreuzberg und Berlin ist uns hierbei wichtig, dass das SEZ im Rahmen des geltenden Bebauungsplans als urbanes Nachbarschaftszentrum mit sozialem Wohnungsbau, Flächen für den Schul-, Vereins- und Individualsport sowie Räumen für Kultur und Kulturschaffende konzipiert wird. Wir setzen uns dafür ein, dass die historische Bausubstanz und architektonische Elemente des SEZ so weit wie möglich erhalten bleiben und das gesamte Areal als einladendes Eingangstor zum Volkspark Friedrichshain gestaltet wird. Zugleich lehnen wir Blockrandbebauung und Eigentumswohnungen ab – stattdessen soll eine gemeinwohlorientierte Nutzung im Vordergrund stehen.

 

Das Land Berlin muss daher eine Konzeptvergabe nach Gemeinwohlkriterien sicherstellen und darf nicht auf ein reines Höchstpreisverfahren setzen. Darüber hinaus wollen wir, dass das Gebäudeensemble nach modernsten klimaorientierten Maßstäben umgesetzt wird – mit Maßnahmen wie Fassadenbegrünung, ökologischer Bauweise und energieeffizienten Lösungen. So verbinden wir den Anspruch einer sozialen, offenen Stadt mit einer klaren Orientierung an Nachhaltigkeit und Klimaschutz.

 

Antrag 30/II/2025 Nothilfefonds und Unterstützungsinfrastruktur für das queere Freizeit- und Nachtleben einführen

9.10.2025

Die SPD-Mitglieder des Berliner Senats und die SPD-Fraktion Berliner Abgeordnetenhaus werden aufgefordert in enger Abstimmung mit den relevanten Akteur*innen der Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen Nothilfefonds für queeres Nachtleben in Berlin einzuführen. Ziel des Fonds soll es sein, dass in wirtschaftliche Bedrängnis geratene oder durch Angriffe zu Schaden gekommen Einrichtungen des queeren Freizeit- und Nachtlebens vor der Schließung bewahrt werden können. Hierfür soll ein Kriterienkatalog erarbeitet werden, der regelmäßig evaluiert werden soll und bspw. Standortrelevanz, Kulturangebote, Beratungsangebote, gute Arbeitsbedingungen und Diskriminierungsfreiheit. Maßgeblich soll der Schutz von altgedienten Standorten und Sicherung von Angeboten und Arbeitsplätzen sein. Berechtigt sein sollen bspw. Clubs, Bars oder Kultureinrichtungen oder sonstige Standorte, die queere Freizeit- und Kulturangebote bereitstellen. Der Fonds soll solidarisch von den Einrichtungen und/oder, die es sich leisten können und dem Abgeordnetenhaus finanziert werden. Der Fonds soll Härten wie Mietexplosionen, Klageprozesse oder gewalttätige Zerstörungen abfedern und die Möglichkeit wirtschaftlicher Konsolidierung oder eines Umzugs beim größtmöglichen Erhalt von Angeboten zu erschwinglichen Preisen und Arbeitsplätzen ermöglichen.

 

Ebenfalls sollen bei der zuständigen Senatsverwaltung oder den Bezirken Beratungsangebote bei Mietrechtsfragen oder Wirtschaftlichkeitsproblemen eingerichtet werden, die sich explizit an queere Kultur- und Freizeiteinrichtungen richten.

 

Senat und Fraktion sollen sich weiterhin gegenüber der Bundesebene (SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Bundesregierung, im Bundesrat) für die zügige Einführung eines Gewerbemietendeckels einsetzen. Gemeinsam mit den Bezirken soll weiterhin an tragfähigen Lärmschutzkonzepten unter Einbeziehung der aktuellen Rechtsprechung gearbeitet werden und das Vorkaufsrecht, wo möglich, genutzt werden.

Antrag 35/II/2025 Für starke Mietendenrechte in Berlin: Erste Hilfe statt langem Weg

9.10.2025

Der angespannte Berliner Wohnungsmarkt führt zu einem strukturellen Ungleichgewicht zwischen Mietenden auf der einen und Vermietenden, insbesondere großen Immobilienkonzernen, auf der anderen Seite. Für viele Menschen ist der Zugang zur Rechtsberatung eine finanzielle Hürde. Der Jahresbeitrag für einen Mietendenverein oder die Kosten für eine anwaltliche Erstberatung sind Menschen mit geringem Einkommen oft nicht leistbar oder umständlich zugänglich.

 

Das Land Berlin finanziert bereits in allen Bezirken eine kostenlose Mietendenberatung. Dieses Angebot ist eine tragende Säule des Mietendenschutz, doch sein Potenzial wird nicht ausgeschöpft. Aktuell dürfen die Beratenden nur informieren, aber nicht aktiv werden. In vielen Fällen – sei es bei einer unklaren Betriebskostenabrechnung oder einer ungerechtfertigten Forderung – würde bereits ein einziges, professionell aufgesetztes Schreiben an den Vermietenden ausreichen, um den Konflikt schnell und unbürokratisch zu lösen. Diese entscheidende erste Handlungsmöglichkeit fehlt. Deshalb sollten die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass die kostenlosen bezirklichen Mietendenberatungen gestärkt und die Zusammenarbeit mit den zivilgesellschaftlichen Mietendenvereinen institutionalisiert wird. Nur durch diese Verknüpfung können die Expertise der Vereine und die staatlichen Angebote optimal genutzt werden, um Mieter*innen schnell und unbürokratisch zu helfen.“

 

Der Staat hat die Pflicht in grundlegenden Lebensbereichen zu schützen. Eine effektive, niederschwellige und kostenlose Rechtsberatung gehört zweifellos dazu. Sie ist ein zentraler Baustein der sozialen Daseinsvorsorge.

 

Gleichzeitig verfügen die etablierten Berliner Mietendenvereine über eine jahrzehntelange Expertise und eine unverzichtbare Infrastruktur. Eine intelligente Verknüpfung der staatlichen Angebote mit diesen zivilgesellschaftlichen Strukturen kann den Mietendenschutz in unserer Stadt auf eine neue Stufe heben.

 

Daher fordern wir:

 

  • Direkte Hilfe durch die Bezirke: Befugnis zur Erstinstanz Das Mandat der bezirklichen Mietendenberatung muss um die Befugnis zur erstinstanzlichen, außergerichtlichen Vertretung erweitert werden. Die beratenden Jurist*innen sollen ermächtigt werden, im Namen der Ratsuchenden ein erstes rechtliches Schreiben an die Vermietendenseite aufzusetzen. Hierfür sind die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen bereitzustellen.
  • Wissen bündeln, Synergien schaffen: Arbeitsgruppe für Kooperation und ein zentrales Online-Portal. Es wird eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Senats eingerichtet. Diese soll, unter Beteiligung der Bezirke und der Berliner Mietendenvereine, ein Konzept für eine vertiefte Zusammenarbeit erarbeiten. Ziel ist die Schaffung eines gemeinsamen, zentralen Online-Portals. Dieses Portal soll:
    1. Umfassend und verständlich über die Rechte und Pflichten von Mietenden aufklären.
    2. Die Expertise der Mietendenvereine für alle zugänglich machen, wofür die Vereine entsprechend finanziell ausgestattet werden.
    3. Alle kostenlosen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Beratungsangebote in Berlin übersichtlich bündeln und die Kontaktaufnahme erleichtern
    4. Öffentlichkeitswirksame Kampagne, die über die Tätigkeit der kostenlosen Mietendenberatung informiert, damit alle Personen darüber informiert werden. Möglichst auf verschiedenen Sprachen.
    5. Die Services des Online-Portals müssen mehrsprachig angeboten werden, da Mietende mit geringen Deutschkenntnissen auf dem Wohnungsmarkt besonders benachteiligt sind