Antrag 48/I/2020 Verknappung von Wohnraum durch Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum wirksam verhindern!

Status:
Annahme

Wir fordern, die Aufteilung und Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen bis auf wenige unabwendbare Einzelfälle zu reduzieren. 

 

Zu diesem Zweck soll die häufig genutzte Ausnahmeregelung des § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB, die es Eigentümer*innen in sozialen Erhaltungsgebieten erlaubt, auch in Milieuschutzgebieten Mietwohnungen in Eigentumswohnungen aufzuteilen, sofern das Wohneigentum danach für sieben Jahre nur den Mieter*innen angeboten wird, endlich ersatzlos gestrichen werden. 

 

Für alle anderen Ausnahmeregelungen des § 172 soll, um eine Aufteilung in Einzeleigentum zu verhindern, ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand eingeführt werden. Das gilt auch für Bauten, die bisher nicht als Wohnraum vorgesehen waren.

 

Die zeitliche Befristung für Rechtsverordnungen zum Genehmigungsvorbehalt bei Umwandlungen (§ 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB) von fünf Jahren soll durch eine deutlich längere Geltungsdauer ersetzt werden. 

 

Da Kapitalverwerter bei bestehenden Milieuschutzgebieten in nicht geschützte Nachbarregionen ausweichen, soll der Milieuschutz auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden.

 

Für sämtliche Einzelfälle, in denen rechtlich eine Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum unabwendbar bleibt, ist die Kündigungssperrfristverordnung dahingehend zu ändern, dass eine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder Hinderung an wirtschaftlicher Verwertung für mindestens 20 Jahre ausgeschlossen bleibt.

 

Ebenfalls ist darauf hinzuwirken, im Mietrecht die Kündigungsfristen bei Eigenbedarfskündigungen in allen Fällen deutlich zu verlängern und zwar auf mindestens 24 Monate. Die Regelung soll für alle Mietverhältnisse gelten, unabhängig davon, wie lange das Mietverhältnis bereits besteht und unabhängig davon, ob die Wohnung vor oder nach der Umwandlung in Eigentum vermietet worden ist.  Sofern an anderer Stelle unter bestimmten Bedingungen weitergehende Regelungen existieren, sollen diese weiter zur Anwendung kommen.

 

Außerdem fordern wir die sozialdemokratischen Abgeordneten des Abgeordnetenhauses, des Berliner Senats und des Bundestages auf, sich für gesetzliche Regelungen einzusetzen, die Verbote der Aufteilung und Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen auch außerhalb von Milieuschutzgebieten ermöglichen.  Dabei soll auf Ausnahmeregelungen, die hinter die Regeln zurückfallen, die wir oben für die sozialen Erhaltungsgebiete vorgeschlagen haben, verzichtet werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)
Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

Wir fordern, die Aufteilung und Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen bis auf wenige unabwendbare Einzelfälle zu reduzieren. 

 

Zu diesem Zweck soll die häufig genutzte Ausnahmeregelung des § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB, die es Eigentümer*innen in sozialen Erhaltungsgebieten erlaubt, auch in Milieuschutzgebieten Mietwohnungen in Eigentumswohnungen aufzuteilen, sofern das Wohneigentum danach für sieben Jahre nur den Mieter*innen angeboten wird, endlich ersatzlos gestrichen werden. 

 

Für alle anderen Ausnahmeregelungen des § 172 soll, um eine Aufteilung in Einzeleigentum zu verhindern, ein Vorkaufsrecht der öffentlichen Hand eingeführt werden. Das gilt auch für Bauten, die bisher nicht als Wohnraum vorgesehen waren.

 

Die zeitliche Befristung für Rechtsverordnungen zum Genehmigungsvorbehalt bei Umwandlungen (§ 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB) von fünf Jahren soll durch eine deutlich längere Geltungsdauer ersetzt werden. 

 

Da Kapitalverwerter bei bestehenden Milieuschutzgebieten in nicht geschützte Nachbarregionen ausweichen, soll der Milieuschutz auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt werden.

 

Für sämtliche Einzelfälle, in denen rechtlich eine Umwandlung von Mietwohnungen in Wohneigentum unabwendbar bleibt, ist die Kündigungssperrfristverordnung dahingehend zu ändern, dass eine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder Hinderung an wirtschaftlicher Verwertung für mindestens 20 Jahre ausgeschlossen bleibt.

 

Ebenfalls ist darauf hinzuwirken, im Mietrecht die Kündigungsfristen bei Eigenbedarfskündigungen in allen Fällen deutlich zu verlängern und zwar auf mindestens 24 Monate. Die Regelung soll für alle Mietverhältnisse gelten, unabhängig davon, wie lange das Mietverhältnis bereits besteht und unabhängig davon, ob die Wohnung vor oder nach der Umwandlung in Eigentum vermietet worden ist.  Sofern an anderer Stelle unter bestimmten Bedingungen weitergehende Regelungen existieren, sollen diese weiter zur Anwendung kommen.

 

Außerdem fordern wir die sozialdemokratischen Abgeordneten des Abgeordnetenhauses, des Berliner Senats und des Bundestages auf, sich für gesetzliche Regelungen einzusetzen, die Verbote der Aufteilung und Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen auch außerhalb von Milieuschutzgebieten ermöglichen.  Dabei soll auf Ausnahmeregelungen, die hinter die Regeln zurückfallen, die wir oben für die sozialen Erhaltungsgebiete vorgeschlagen haben, verzichtet werden.

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):

Stellungnahme der AH-Fraktion 2022: Durch den Beschluss des Baulandmobilisierungsgesetzes im Bund auf Drängen der SPD-Bundestagsfraktion, ist es den Bundesländern seit Mai 2021 möglich, Umwandlungen in angespannten Wohnungsmärkten entscheidend zu erschweren. Von dieser Rechtsmöglichkeit hat der Berliner Senat umgehend Gebrauch gemacht und im August 2021 beschlossen, die Rechtsverordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gemäß § 250 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB) zu erlassen. Die SPD-Fraktion begrüßt diesen Schritt und wird das Vorgehen weiterhin konstruktiv begleiten. Das Anliegen des Antrags, Umwandlungen auch außerhalb von Milieuschutzgebieten zu erschweren, ist durch das Baulandmobilisierungsgesetz und die Berliner Rechtsverordnung erfüllt worden.

Stellungnahme des Senats 2022: Am 13.03.2020 trat die Umwandlungsverordnung 2020 in Kraft. Sie löste die erste Umwandlungsverordnung ab, die im Zeitraum 14.03.2015 bis 13.03.2020 galt. Die Umwandlungsverordnung 2020 gilt wiederum fünf Jahre und wird mit Ablauf des 12.03.2025 außer Kraft treten. Die Umwandlungsverordnung auf Grundlage des § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB stellt in allen sozialen Erhaltungsgebieten Berlins die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum unter Genehmigungsvorbehalt. Zugleich ist mit der Umwandlungsverordnung kein umfassendes Umwandlungsverbot in den sozialen Erhaltungsgebieten eingeführt, da im § 172 Abs. 4 BauGB sechs Tatbestände bestimmt sind, für die ein Genehmigungsanspruch besteht. So ist eine Genehmigung zu erteilen, wenn:
  • eine Versagung für den Eigentümer wirtschaftlich unzumutbar ist,
  • ein Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum zugunsten von Miterben begründet werden soll,
  • Wohnungseigentum zur Eigennutzung an Familienangehörige veräußert werden soll,
  • vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung zur Übertragung von Wohnungseigentum im Grundbuch erfolgte,
  • das Gebäude zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu Wohnzwecken genutzt wird oder
  • der Eigentümer sich verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren nur an Mieter zu veräußern.

    Seit dem Jahr 2015 wird die Anwendung der Umwandlungsverordnung über ein Monitoring der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen begleitet. Zum Monitoring gehört ein Berichtswesen, indem umfassende Analysen zur Genehmigungspraxis und zur Entwicklung der Rahmenbedingungen dargestellt und Rückschlüsse zur Wirksamkeit des Instruments gezogen werden. Die Jahresberichte sind hier für Politik, Fachwelt und die interessierte Öffentlichkeit zugänglich.

    Zentrales Ergebnis der bisherigen Untersuchungen ist, dass die Umwandlungsverordnung eine dämpfende Wirkung auf das Umwandlungsgeschehen in den sozialen Erhaltungsgebieten entfaltet. Zugleich ermöglicht die bundesgesetzliche Regelung im § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB, dass eine Umwandlungsgenehmigung zu erteilen ist, wenn sich der Eigentümer verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren nur an Mieter zu veräußern, weiterhin Umwandlungen in erheblichen Größenordnungen. Für den gesamten Zeitraum seit Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung am 14.03.2015 bis zum 31.12.2021 musste die Umwandlung von rund 42.400 Wohnungen nur aufgrund der Regelung "Nr. 6" genehmigt werden. In nur 98 Fällen (= 98 Wohnungen) wurde bisher ein beantragter Weiterverkauf an Mieter genehmigt, was 0,23% der genehmigten Umwandlungen nach "Nr. 6" entspricht. Das Land Berlin hat seit dem Jahr 2017 kontinuierlich Vorschläge zur ersatzlosen Streichung des Tatbestands "Nr. 6" an Bund und Länder gerichtet, was aufgrund der politischen Mehrheitsverhältnisse erfolglos blieb.

    Für die Umwandlungsverordnung 2020 ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen verantwortlich. Der Genehmigungsvollzug liegt in der Zuständigkeit der Bezirke (FB Stadtplanung oder Stadterneuerung).

    Eine grundlegende Änderung der Genehmigungspraxis konnte erst im Jahr 2021 auf Grundlage des § 250 - Bildung von Wohnungseigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten - als neue Regelung im Baugesetzbuch erzielt werden (siehe unten).

    Der durch das Baulandmobilisierungsgesetz neu eingeführte § 250 BauGB eröffnet den Ländern die Möglichkeit, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen durch Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen.

    Berlin hat als erstes Bundesland davon Gebrauch gemacht und mit Erlass der Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB, in Kraft getreten am 06.08.2021 ist das gesamte Gebiet des Landes davon erfasst.

    Seit dem 06.08.2021 bedarf daher in Berlin die Begründung von Sondereigentum an Wohnungen („Umwandlung“) wie auch die weitere Unterteilung von bestehendem Wohnungseigentumseinheiten in Bestandswohngebäuden mit mehr als fünf Wohnungen der Genehmigung.

    250 BauGB geht dabei dem § 172 BauGB vor, welcher in den derzeit 72 sozialen Erhaltungsgebieten in Berlin ebenfalls die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt stellt, jedoch deutlich geringere Anforderungen an die Erteilung der Genehmigung stellt.

    In Bestandgebäuden welche weniger als sechs Wohnungen aufweisen und in Gebieten liegen, für die eine Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB besteht, gelten die Bestimmungen des § 172 BauGB fort.

    Auf Landesebene ist für die Umsetzung des § 250 BauGB die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen verantwortlich. Der Genehmigungsvollzug liegt in der Zuständigkeit der Bezirke (FB Stadtplanung oder Stadterneuerung).

  • Überweisungs-PDF: