Antrag 185/II/2019 Nichts für Ungut! – Sonderstellung der Homöopathie beenden

Status:
Annahme mit Änderungen

Die Homöopathie entstand vor rund 200 Jahren als Reaktion des deutschen Arztes Samuel Hahnemann auf damals verbreitete höchst invasive medizinische Behandlungsmethoden wie den Aderlass, denen er eine verträglichere Alternative entgegensetzen wollte. Seiner These nach ließen sich Symptome mit Mitteln behandeln, die ebenfalls ähnliche Symptome hervorrufen (Simile-Prinzip). Des Weiteren ging er davon aus, dass Wirkstoffe erst durch mehrfache Verdünnung ihre Wirkung entfalten könnten (Potenzierung). Dies sei allerdings nur dann der Fall – so Hahnemanns Beobachtung – wenn die Lösung bei der Herstellung nach jedem Verdünnungsprozess 10 Mal auf einen weichen Untergrund geschlagen werde.

 

Was damals einen Versuch wert war, kann mit heutigem Wissenstand nur noch eine Frage des Glaubens sein. Mit zunehmender Verdünnung sinkt die Wahrscheinlichkeit auch nur ein einziges Molekül des Ausgangsstoffes im Homöopathikum wiederzufinden. Eine pharmakologische Wirkung homöopathischer Präparate konnte daher auch in zahlreichen wissenschaftlichen Studien nicht nachgewiesen werden. Auch die behauptete Speicherung der „Information“ im Lösungsmittel, die durch das Aufschlagen übertragen wird, bleibt bis heute reine Behauptung.

 

Wissenschaftsjournalist*innen und -aktivistinnen, die öffentlich auf diese Umstände hinweisen, werden derzeit mit Unterlassungsklagen des Homöopathie-Herstellers Hevert überhäuft. Dieser sieht sein Geschäftsmodell bedroht und versucht durch aggressives juristisches Vorgehen Kritiker*innen mundtot zu machen. Da weder der Herstellungsprozess noch die Substanzen kostenintensiv sind, ist die Gewinnspanne für die Produktionsfirmen hier besonders groß. Der Umsatz mit homöopathischen Mitteln in Deutschland betrug im Jahr 2018 670 Millionen Euro.

 

Auch wenn die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Homöopathika nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtausgaben für Medikamente ausmachen, stehen sie dennoch nicht im Verhältnis zu ihrem Nutzen. Die Berliner Charité konnte anhand von Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse aufzeigen, dass für Patient*innen, die sich in homöopathischer Behandlung befanden, Mehrkosten von im Schnitt 2000 Euro aufgewendet wurden. Eine unterlassene wirkungsvolle, medizinischen Behandlung, kann dabei nicht nur kostspielig werden, sondern stellt in erster Linie ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Erkrankten dar.

 

Immer wieder berichten Patient*innen, dass ihnen die Homöopathie geholfen habe und sie sich nach der Einnahme besser fühlten. Homöopathie kann zwar helfen, wirken tut sie aber dennoch nicht. Die subjektiv wahrgenommenen Verbesserungen sind vielmehr auf den Placebo-Effekt zurückzuführen, der unbestritten auch hier auftritt – so wie bei jedem anderen Mittel auch.

 

Das Negieren von Naturgesetzen und Erklärungsversuche, die sich mystischer „stofflicher“ Eigenschaften bedienen, schüren Misstrauen gegenüber einer evidenz-basierten Medizin und schaden im Zweifelsfall nicht nur der*dem Einzelnen, sondern auch der Allgemeinheit, indem ein Klima der Wissenschaftsfeindlichkeit geschaffen wird. Nicht umsonst zeigen Homöopathie- Nutzer*innen eine große Schnittmenge mit Impfgegner*innen auf.

Homöopathika sind dem Arzneimittelgesetz unterstellt und unterliegen somit der Apothekenpflicht.
Im Gegensatz zu Medikamenten müssen sie allerdings nicht zugelassen, sondern lediglich registriert werden, wobei ein Nachweis der Wirksamkeit und Unschädlichkeit ausbleibt.

 

Durch die Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenkassen und die Apothekenpflicht für Homöopathie wird suggeriert es handle sich um ein medizinisches Präparat mit Heilungspotenzial. Dies ist irreführend und eine Täuschung von Verbraucher*innen an der die Gesetzgebung mitwirkt. Darüber hinaus entsteht den Mitgliedern gesetzlicher Krankenkassen als beitragszahlende Solidargemeinschaft durch Homoöopathie ein nicht zu rechtfertigender finanzieller Schaden. Dieser wiegt umso schwerer, als dass er dazu beitragen kann, dass medizinische Therapien und Verfahren, deren Wirksamkeit erwiesen wurde, nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden.

 

In Großbritannien wurde die Homöopathie 2017 aus dem Leistungskatalog des National Health Service gestrichen. Auch Frankreich hat im Juni 2019 beschlossen, Homöopathie aus dem öffentlichen Gesundheitssystem herauszunehmen. Zudem ist auf homöopathischen Mitteln deutlich zu kennzeichnen, dass eine Wirkung wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist. Als Vorbild kann die Verpflichtung auf Kennzeichnung der nicht erwiesenen Wirksamkeit in den USA dienen.

 

Wir fordern die Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung auf, bei den Verwaltungsräten der Krankenkassen darauf hinzuwirken, die Kostenerstattung von homöopathischen Behandlungen sowie von sog. homöopathischen Arzneimitteln durch die gesetzlichen Krankenkassen abzuschaffen. Die gesetzliche Sonderstellung der Homöopathie ist nicht hinnehmbar! Wir fordern, Homöopathika nicht länger als Arzneimittel zu führen und somit auch die Apothekenpflicht für homöopathische Präparate aufzuheben.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)
Beschluss: Annahme in der Fassung der Antragskommission
Text des Beschlusses:

Die Homöopathie entstand vor rund 200 Jahren als Reaktion des deutschen Arztes Samuel Hahnemann auf damals verbreitete höchst invasive medizinische Behandlungsmethoden wie den Aderlass, denen er eine verträglichere Alternative entgegensetzen wollte. Seiner These nach ließen sich Symptome mit Mitteln behandeln, die ebenfalls ähnliche Symptome hervorrufen (Simile-Prinzip). Des Weiteren ging er davon aus, dass Wirkstoffe erst durch mehrfache Verdünnung ihre Wirkung entfalten könnten (Potenzierung). Dies sei allerdings nur dann der Fall – so Hahnemanns Beobachtung – wenn die Lösung bei der Herstellung nach jedem Verdünnungsprozess 10 Mal auf einen weichen Untergrund geschlagen werde.

 

Was damals einen Versuch wert war, kann mit heutigem Wissenstand nur noch eine Frage des Glaubens sein. Mit zunehmender Verdünnung sinkt die Wahrscheinlichkeit auch nur ein einziges Molekül des Ausgangsstoffes im Homöopathikum wiederzufinden. Eine pharmakologische Wirkung homöopathischer Präparate konnte daher auch in zahlreichen wissenschaftlichen Studien nicht nachgewiesen werden. Auch die behauptete Speicherung der „Information“ im Lösungsmittel, die durch das Aufschlagen übertragen wird, bleibt bis heute reine Behauptung.

 

Wissenschaftsjournalist*innen und -aktivistinnen, die öffentlich auf diese Umstände hinweisen, werden derzeit mit Unterlassungsklagen des Homöopathie-Herstellers Hevert überhäuft. Dieser sieht sein Geschäftsmodell bedroht und versucht durch aggressives juristisches Vorgehen Kritiker*innen mundtot zu machen. Da weder der Herstellungsprozess noch die Substanzen kostenintensiv sind, ist die Gewinnspanne für die Produktionsfirmen hier besonders groß. Der Umsatz mit homöopathischen Mitteln in Deutschland betrug im Jahr 2018 670 Millionen Euro.

 

Auch wenn die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Homöopathika nur einen kleinen Bruchteil der Gesamtausgaben für Medikamente ausmachen, stehen sie dennoch nicht im Verhältnis zu ihrem Nutzen. Die Berliner Charité konnte anhand von Abrechnungsdaten der Techniker Krankenkasse aufzeigen, dass für Patient*innen, die sich in homöopathischer Behandlung befanden, Mehrkosten von im Schnitt 2000 Euro aufgewendet wurden. Eine unterlassene wirkungsvolle, medizinischen Behandlung, kann dabei nicht nur kostspielig werden, sondern stellt in erster Linie ein erhebliches Gesundheitsrisiko für die Erkrankten dar.

 

Immer wieder berichten Patient*innen, dass ihnen die Homöopathie geholfen habe und sie sich nach der Einnahme besser fühlten. Homöopathie kann zwar helfen, wirken tut sie aber dennoch nicht. Die subjektiv wahrgenommenen Verbesserungen sind vielmehr auf den Placebo-Effekt zurückzuführen, der unbestritten auch hier auftritt – so wie bei jedem anderen Mittel auch.

 

Das Negieren von Naturgesetzen und Erklärungsversuche, die sich mystischer „stofflicher“ Eigenschaften bedienen, schüren Misstrauen gegenüber einer evidenz-basierten Medizin und schaden im Zweifelsfall nicht nur der*dem Einzelnen, sondern auch der Allgemeinheit, indem ein Klima der Wissenschaftsfeindlichkeit geschaffen wird. Nicht umsonst zeigen Homöopathie- Nutzer*innen eine große Schnittmenge mit Impfgegner*innen auf.
Homöopathika sind dem Arzneimittelgesetz unterstellt und unterliegen somit der Apothekenpflicht.
Im Gegensatz zu Medikamenten müssen sie allerdings nicht zugelassen, sondern lediglich registriert werden, wobei ein Nachweis der Wirksamkeit und Unschädlichkeit ausbleibt.

 

Durch die Kostenerstattung der gesetzlichen Krankenkassen und die Apothekenpflicht für Homöopathie wird suggeriert es handle sich um ein medizinisches Präparat mit Heilungspotenzial. Dies ist irreführend und eine Täuschung von Verbraucher*innen an der die Gesetzgebung mitwirkt. Darüber hinaus entsteht den Mitgliedern gesetzlicher Krankenkassen als beitragszahlende Solidargemeinschaft durch Homoöopathie ein nicht zu rechtfertigender finanzieller Schaden. Dieser wiegt umso schwerer, als dass er dazu beitragen kann, dass medizinische Therapien und Verfahren, deren Wirksamkeit erwiesen wurde, nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden.

 

In Großbritannien wurde die Homöopathie 2017 aus dem Leistungskatalog des National Health Service gestrichen. Auch Frankreich hat im Juni 2019 beschlossen, Homöopathie aus dem öffentlichen Gesundheitssystem herauszunehmen. Zudem ist auf homöopathischen Mitteln deutlich zu kennzeichnen, dass eine Wirkung wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist. Als Vorbild kann die Verpflichtung auf Kennzeichnung der nicht erwiesenen Wirksamkeit in den USA dienen.

 

Wir fordern die Mitglieder des Bundestages und der Bundesregierung auf, bei den Verwaltungsräten der Krankenkassen darauf hinzuwirken, die Kostenerstattung von homöopathischen Behandlungen sowie von sog. homöopathischen Arzneimitteln durch die gesetzlichen Krankenkassen abzuschaffen. Die gesetzliche Sonderstellung der Homöopathie ist nicht hinnehmbar! Wir fordern, Homöopathika nicht länger als Arzneimittel zu führen und somit auch die Apothekenpflicht für homöopathische Präparate aufzuheben.

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
Beschluss des BPT 2021: überwiesen an die SPD-Bundestagsfraktion
Überweisungs-PDF: