Antrag 231/I/2015 Militärische Drohnen einschränken - Bewaffnete Drohnen ächten!

Status:
Erledigt

„Fliegende Maschinen, die zu Land, zu Wasser, in der Luft autonom agieren und Entscheidungen treffen können…“ An Sätzen wie diesem wird der Übergang von einer zukunftsorientierten technologischen Idee hin zu der realen (alltäglichen) Verwendungsmöglichkeit deutlich. Lange Zeit in der öffentlichen Debatte als visionär abgetan, werden bereits seit ca. 30 Jahren Drohnen zu militärischen und zivilen Zwecken eingesetzt. Gerade die zivilen Einsatzmöglichkeiten von Drohnen sind doch gerade wegen ihrer Vielfältigkeit so spannend. Durch günstigere und leichter steuerbare Drohnen werden diese zunehmend durch Endverbraucher*innen und andere Zivilist*innen genutzt. Warum befinden wir uns also gerade jetzt in einer derart kontroversen Diskussion über Zukunft von Drohnen?

 

Bewaffnete Drohnen: eine neue Dimension der Außen- und Sicherheitspolitik!

Die Kontroversität liegt hier weniger an den Möglichkeiten der Drohne als zivil nutzbare Technologie, denn als staatliches Überwachungsinstrument und als Waffentechnologie. Vermehrt finden Drohnen insbesondere bei Polizeieinsätzen oder auch in der Grenzsicherung ihre Verwendung. Die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX plant in großem Umfang den Einsatz von Drohnen zur Überwachung der EU-Außengrenzen.

 

Drohnen wurden für den militärischen Einsatz in den vergangenen Jahren zunehmend bewaffnet. Heute entwickeln oder produzieren etwa 50 Staaten Drohnen, davon mehrere Staaten zielgerichtet bewaffnete Drohnen. Auch die Bundesregierung hat sich im April dieses Jahres gemeinsam mit Frankreich und Italien dazu entschlossen, eine bewaffnete europäische Kampfdrohne entwickeln zu wollen. Während ihre Bedeutung also weltweit wächst, besteht das Kernproblem sowohl in der fehlenden Regulierung als auch vor allem in der fehlenden Diskussion darüber, ob die anfangs zitierten fliegenden Maschinen zu Land, zu Wasser, in der Luft nicht nur autonom agieren können sollen. Es geht um eins, es geht um die autonome Kriegführung. Der Einsatz bewaffneter Drohnen stellt dabei einen weiteren Schritt weg von einer repressiven bzw. verteidigungsorientierten hin zu einer präventiven bzw. interventionistischen Sicherheitspolitik dar.

 

Entgrenzung des Krieges und Eingriff in den zivilen Raum

Die autonome Kriegsführung unterliegt großen ethischen Problemen. Da Drohnen als besonders präzise gelten, auch wenn unabhängige Studien zum gegenteiligen Ergebnis kommen, werden sie auch in zivilen Gebieten eingesetzt. Sie sollen dort Personen ausfindig machen und deren Tötung vorbereiten oder auch selbst durchführen. Dies führt zu einer weiteren Entgrenzung des Krieges und einer massiven Störung des zivilen Lebens, da Menschenansammlungen und Öffentliche Einrichtungen gemieden werden, da man entweder direkt durch Angriffe der Indirekt durch möglichen Kontakt mit Zielpersonen in Gefahr gerät. Die Praxis ist mittlerweile so weit, dass auch der Kontakt zu einer Zielperson ausreicht, um nicht mehr als ziviles Opfer zu gelten.

 

Verletzung staatlicher Souveränität und der Menschenrechte

Ein weiterer Aspekt dieser Entgrenzung des Krieges ist die Verletzung der Souveränität von Staaten durch Drohnenangriffe. Hierfür ist entscheidend, ob der Drohneneinsatz in einem bewaffneten Konflikt erfolgt oder nicht. Für den bewaffneten Konflikt gelten die Vorschriften des humanitären Völkerrechts.  Das Völkerrecht sieht bestimmte Regelungen zum Schutz der Zivilbevölkerung vor und erlaubt ausdrücklich nur den Angriff militärischer Ziele.

 

Außerhalb von bewaffneten Konflikten, wie er derzeit in beispielsweise in Pakistan oder Afghanistan praktiziert wird, ist der Angriff mit Drohnen rechtlich immer äußerst problematisch. Insbesondere werden durch die derzeitig zu beobachtende Praxis der zielgerichteten Tötung von Einzelpersonen durch den Einsatz von Kampfdrohnen die Artikel 2 und 51 sowie Kapitel VII der UN-Charta in Frage gestellt. Artikel 2 der UN-Charta enthält das sog. Gewaltverbot. Dies untersagt die Drohung mit sowie die Anwendung von Gewalt, die gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtet oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbar ist. Ein Einsatz, und somit auch das gezielte Töten von Menschen, innerhalb der Grenzen eines anderen Staates – ohne dessen explizite Zustimmung – verstößt somit grundsätzlich gegen das Völkerrecht. Die Anwendung von Gewalt in einem zwischenstaatlichen Konflikt ist nach Artikel 51 bzw. Kapitel VII lediglich in den Fällen von Selbstverteidigung oder im Rahmen einer durch ein UN-Mandat aufgetragenen friedenserzwingenden Maßnahme gestattet. Liegt eine dieser Situationen nicht vor ist demzufolge auch der Einsatz einer Drohne völkerrechtswidrig. Außerdem gilt in den von der UN-Charta zugestandenen Fällen von militärischer Gewaltanwendung für alle Konfliktparteien das Humanitäre Völkerrecht. Ob darüber hinaus im Rahmen von Einsätzen die Menschenrechte gewahrt werden, ist auch bei Einhaltung der UN-Charta per se der Fall. Menschenrechte bestehen unabhängig von den Hoheitsrechten eines Staates, in dem sich ein Mensch aufhält.

 

Weiterentwicklung autonomer Waffensysteme verhindern!

Drohnen sind bereits heute dazu in der Lage, ihrer Gegner*innen autonom auswählen und auch autonom töten zu können.  Der Öffentlichkeit wird jedoch versprochen, dass am Ende immer ein Mensch über Leben und Tod entscheidet. Doch die Halbwertszeit dieses Versprechen ist bereits durch die innere Rüstungslogik begrenzt. Bei gleichwertiger Technik mit annähernd gleichen Fähigkeiten ist die Latenz der entscheidende Faktor. Latenz bezeichnet die Zeit zwischen einem Ereignis (zum Beispiel Abschuss einer Flugabwehrrakete) und der Reaktion auf dieses Ereignis. Ein solches Versprechen kann daher nur solange haltbar sein, wie die gegnerische Partei hoffnungslos unterlegen ist. Je weiter entwickelter die Waffensysteme der Gegner*innen sind, desto wichtiger wird eine schnellere Reaktion. Die Folge wird sein, dass immer mehr Entscheidungen durch die Drohnen selbst getroffen werden.

 

Eine rhetorische Unterscheidung zwischen Verteidigungs- und Angriffsdrohnen ist absehbar. Allerdings wird diese – ebenso wie die Unterscheidung zwischen bewaffneten und bewaffnungsfähigen Drohne – eben nur eine sprachliche bleiben, denn im Gegensatz zu vielen Raketensystemen, denen ein aggressiver oder defensiver Zweck zugeordnet werden kann, wird dies bei Drohnen kaum unterscheidbar sein. Diese Tatsache erhält besondere Brisanz, wenn es um den inländischen Einsatz von vermeintlichen Verteidigungs- oder auch Überwachungsdrohnen geht.

 

Die militärische Logik hatte über weite Teile des letzten Jahrhunderts einen großen Einfluss auf die internationale Politik. Die technischen Möglichkeiten von ABC-Waffen spielten innerhalb dieser Logik eine entscheidende Rolle. Es bedurfte und bedarf weiterhin großer Kraftanstrengungen, den Krieg mit ABC-Waffen zu verhindern, die Weiterverbreitung zu stoppen und eine weltweite Abrüstung dieser Waffen zu erreichen. Drohnen gehören zu einer neuen Generation von D-Waffen, Digitaler Waffen, die nicht unbedingt aufgrund ihrer Vernichtungskraft, jedoch sehr wohl potenziell in ihrer revolutionären Wirkung auf die Kriegsführung in diese Reihe gehören. Der Einsatz und die weitere Entwicklung autonom agierender Waffen erhöht schleichend, aber ab einem bestimmten Punkt unaufhaltsam die Gefahr einer vollautomatisierten Kriegsführung. Zwar sind die Einsatzmöglichkeiten dieser Waffengattung mit anderen nicht vollständig vergleichbar, allerdings birgt die schleichende Einführung automatisierter Waffentechnologien – vergleichbar mit den bereits geächteten Technologien z.B. der Atom- oder Streubomben, Landminen – dazu, dass diese bei ihrer Nutzung nur noch schwer beherrsch- bzw. kontrollierbar sind. Die Aufgabe einer vorausschauenden Friedenspolitik muss es deshalb sein, auch den Drohnenkrieg zu verhindern, die Weiterverbreitung von Drohnen zu stoppen und eine Abrüstung herbeizuführen.

 

Wir fordern deshalb:

  • Die völkerrechtliche Ächtung des Einsatzes von bewaffneten Drohnen. Einrichtung einer UN-Institution, die Abrüstung und Kontrolle koordiniert und Erkenntnisse zum technologischen und wehrfähigen Bestand sammelt.
  • Den Einsatz, inklusive Fernsteuerung und direkter Logistik, in Deutschland auch für stationierte Truppen anderer Staaten verbieten. Insbesondere ist die Erteilung von Start- und Überflugrechten für bewaffnete Drohnen zu verweigern.
  • Keine Weitergabe von Daten, die der (gezielten) Tötung mittels Kampfdrohen dienen.
  • Die öffentliche und private Forschung an bewaffneten Drohnen zu verbieten.
  • Forschung an Technologien kritisch zu prüfen, die zivile und militärische Nutzung erlauben. Dafür braucht es zudem Transparenz in der Drittmittelforschung, Geldgeber*innen für Forschungsprojekte sollen dazu in einer Datenbank erfasst werden.
  • Die SPD-Bundestagsfraktion dazu auf, ab sofort keine Mittel für bewaffnete Drohnen zu bewilligen.
Empfehlung der Antragskommission:
(Konsens)