Die „Klimakrise“ ist eine reale Bedrohung für unsere Erde, ihre Bewältigung eine der Hauptaufgaben des 21. Jahrhunderts. Der Klimawandel bedroht die Stabilität der Ökosysteme unseres Planeten und stellt für Millionen von Menschen eine existenzielle Bedrohung dar. Laut IPCC hat sich die Erde seit Beginn der Industrialisierung um ca. ein Grad Celsius erwärmt, das klingt wenig, hat jedoch katastrophale Auswirkungen auf unsere Umwelt.
Seit Monaten gehen junge Menschen und Wissenschaftler*innen auf die Straße, streiken, um ein Umdenken zu bewirken und angemessene politische Maßnahmen zu befördern. Über 27.000 Wissenschaftler*innen allein im deutschsprachigen Raum warnen vor den wissenschaftlich messbaren Folgen des Klimawandels und unterstützen darum Bewegungen, wie „Fridays For Future“.
Der Klimawandel wird wesentlich von Treibhausgasen und dem Ausstoß von Kohlendioxid vorangetrieben. Gerade Flugreisen belasten die Umwelt ungemein, dennoch sind sie nach wie vor billiger als Zugreisen und werden von vielen öffentlichen Einrichtungen bevorzugt finanziert. Ein zweistündiger Flug (ca. 268kg CO²) stößt dabei ca. 53,6mal mehr CO² aus, als eine fünfstündige Zugfahrt (ca. 3kg CO²). In einem ersten Schritt sollten öffentliche Einrichtungen ihre Dienstreisepraxis überdenken und Züge vor Flügen finanzieren. Dies ist noch nicht gängige Praxis!
In Fällen, in welchen sich Flugreisen nicht vermeiden lassen, können Kompensationszahlungen ein Weg sein, der Umwelt etwas zurückzugeben, auch wenn gar nicht fliegen der zu bevorzugende Weg sein sollte. Das Beispiel der Universität Hamburg belegt, dass Kompensationszahlungen rechtlich möglich und mit sehr geringem bürokratischem Aufwand umsetzbar sind. Das Kompensieren soll hierbei keineswegs als Entschuldigung oder Rechtfertigung für vermehrtes Fliegen betrachtet werden, auch wenn es den Eindruck einer Art „Ablasshandel“ erwecken kann. Es müssen weiterhin umweltfreundliche Alternativen zur aktuellen Reisepraxis gesucht und gefunden werden. Eine Kompensationszahlung ist aber dennoch ein guter Weg, vermeintlich nicht zu vermeidende Flugreisen in geringem Grad auszugleichen.
Entsprechende Initiativen sind bereits an einigen Berliner Universitäten im Gange, auf welche sich dieser Antrag gründet.
Wir fordern, dass die Berliner Hochschulen Maßnahmen ergreifen, die zu einer entscheidenden Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid beitragen. Insgesamt sollten die Berliner Hochschulen bis zum Jahr 2022 klimaneutral werden. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Entwicklung von Maßnahmen zur Veränderung des Reiseverhaltens.
Diese Maßnahmen sind durch den Senat in den Berliner Hochschulverträgen sowie im BerlHG zu verankern.
Die formulierten Maßnahmen sollen dabei die Besonderheiten der einzelnen Hochschulen, Fächer und der einzelnen Statusgruppen berücksichtigen.
Dienstreisen, die eine Reisezeit von fünf Stunden mit dem Zug unterschreiten, dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen mit dem Flugzeug zurückgelegt werden dürfen; dies gilt auch dann, wenn das Flugzeug das kostengünstigste Verkehrsmittel ist.
Für die mit dem Flugzeug durchgeführten Dienstreisen muss eine Kompensation der durch das Fliegen entstandenen Emissionen entrichtet werden. Das Präsidium bzw. die jeweilige Hochschulleitung wird sich dabei in angemessener Weise an den Kompensationskosten beteiligen. Die Zahlungen sollen Klimaschutzprojekten zugutekommen, deren Klimaschutzwirkung bereits vorab in angemessener Weise zu überprüfen ist. Die Höhe der Kompensationszahlungen richtet sich nach der Entfernung der Reise und wird bei der Reisekostenabrechnung festgelegt.
Anfahrtswege zu Langstreckenflügen, die abseits der Berliner Flughäfen starten (z.B. Frankfurt am Main, München etc.), sollen nach Möglichkeit mit der Bahn als sog. „Zubringer“ zurückgelegt werden.
Es soll in allen Hochschulgebäuden ermöglicht werden, eine Hard- und Softwareausstattung für Videokonferenzen zu implementieren. Die Finanzierung der Ausstattung sollte zur Hälfte aus Mitteln des jeweiligen Präsidiums/ der jeweiligen Hochschulleitung kommen. Die Bereiche gewährleisten eine Schulung in der Nutzung der neuen Anlage. Ziel einer solchen Ausstattung ist es, vom jeweiligen Bereich aus die standortübergreifende Kommunikation reiseunabhängiger zu machen (z. B. Konferenz- und Gastvorträge, Arbeitstreffen, Gremienkommunikation etc.)
Eine umweltverträgliche Verkehrspolitik bedarf einer genauen empirischen Kenntnis des dienstlichen Reiseverhaltens der Mitglieder der Hochschule. Das Präsidium/ die Hochschulleitung erstellt eine jährliche Dokumentation über die Dienstreisen der Mitglieder der Hochschule, welche allen Angehörigen zur Verfügung zu stellen ist. Die Dokumentation soll u.a. folgende Dimensionen und Gliederungspunkte berücksichtigen:
- Art des benutzten Verkehrsmittels (Bahn, Bus, Auto, Flugzeug etc.)
- Ziel der Reise (konkreter Ort, Einteilung in Inland, innereuropäisches und außereuropäisches Ausland)
- Durchschnittliche Fahrt- und Aufenthaltsdauer
- Durchschnittliche Kosten
- Bei Flugreisen eine Angabe darüber, ob „business“ oder „economy“ geflogen wurde
- Differenzierung nach Fachbereichen und anderen Einheiten der Hochschule
- Zuordnung der reisenden Person nach Statusgruppen (Professor*innen, Mittelbau, Studierende, technische /administrative Beschäftigte)
Anmerkung: Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte geht es bei der Erfassung der Daten nicht um eine Auflistung der Flüge von einzelnen Personen, sondern um Aggregatsdaten.
Das Präsidium/ die Hochschulleitung verankert das Ziel der Klimaneutralität in den mit den Fachbereichen abzuschließenden Zielvereinbarungen
Das Präsidium/ die Hochschulleitung setzt sich bei den Drittmittelgeldgeber*innen (DFG, Volkswagen Stiftung, Thyssen Stiftung, BMBF etc.) für eine Reform der über die Förderinstitutionen abrechenbaren Dienstreisen ein. Dies betrifft zum einen die bewilligten Forschungsprojekte, zum anderen die im Auftrag der jeweiligen Förderinstitution getätigten Dienstreisen (von Gutachter*innen, Beschäftigten der Fördereinrichtung etc.). Für solche Dienstreisen sollten die Punkte 1. und 2. Anwendung finden.
Bei allen Maßnahmen müssen individuelle Bedürfnisse unterschiedlicher Personengruppen, bspw. Menschen mit körperlichen Einschränkungen, berücksichtigt werden.
Darüber hinaus sollen Konzepte entwickelt werden, die Maßnahmen zur Reduktion des Stromverbrauchs, energetische Sanierungen der Gebäude, den Bezug von regenerativen Energieträgern, ein umweltfreundliches Ernährungsangebot in den öffentlichen Mensen, und Begrünungsmaßnahmen prüfen. Die umweltfreundliche Fahrzeugnutzung muss sichergestellt werden durch genügend sichere Fahrradstellplätze und den Ausbau der Radverkehrinfrastruktur auf den Campus. Dabei sollen hochschulverbundene Akteur*innen bspw. das Studierendenwerk und studentische Gremien miteinbezogen werden. Wir Jusos stehen an der Seite der Studierenden, die sich für die Umweltfreundlichkeit ihrer Hochschulen einsetzen und ihre Forderung nach nachhaltigen Hochschulen in den studentischen Vollversammlungen artikuliert haben.