Antrag 187/I/2022  Konsequente Gewässerpolitik in der Region Berlin-Brandenburg

Status:
Annahme

Berlin ist aufgrund seiner 650 Gewässer reich an wasserabhängigen Lebensräumen. Doch der Zustand dieser Gewässer ist kritisch. Zu hohe Wasserentnahmen schädigen den Zustand der grundwasserabhängigen Schutzgebiete. Mehr als 75% der verschiedenen Amphibien und Algen stehen auf der Roten- oder der Vorwarnliste. Und mehr als ein Drittel der Fische, Muscheln und Wasserkäfer stehen ebenso auf diesen Listen. Biodiversitätsschutz wird nur durch Gewässerschutz erreicht.

 

Aber auch die Menschen in der Stadt sind direkt abhängig von der Qualität der Gewässer, denn Berlin gewinnt sein Trinkwasser ausschließlich auf dem Stadtgebiet. Dabei stammt das Trinkwasser zu rd. 70 % aus Uferfiltraten, also direkt aus Flüssen und Seen, der Rest wird aus dem Grundwasser gefördert.

 

Es muss der nach der EU- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderte – Gute Gewässerzustand- bis 2027 erreicht werden. Berlin ist in der Verantwortung hier dringend und effektiv zu handeln. Die EU- WRRL muss umgesetzt werden, um die Wasser- und Biodiversitätskrise auszubremsen, denn kein Wasserlauf,- See oder das Grundwasser erreichen aktuell die Umweltziele der EU- WRRL.

 

Aber nicht nur die Gewässerqualität ist ein Problem, sondern inzwischen auch die Wasserquantität. Als eine mögliche Auswirkung des Klimawandels und der Bevölkerungszunahme müssen wir uns auf einen Wassermangel einstellen, denn die Region Berlin-Brandenburg wird jetzt schon mit einem Wassermangel konfrontiert, der in Zukunft noch deutlich zunehmen wird.

 

Es müssen Gewässerentwicklungskonzepte erarbeitet und umgesetzt werden, die die Zielsetzungen haben müssen, einerseits die Qualität der Gewässer mit ihren vielfältigen Funktionen für den Naturhaushalt zu sichern und zu erhöhen, wie es die Europäische Wasserrahmen-Richtlinie (WRRL) verbindlich verlangt und andererseits einem drohenden Wassermangel entgegenzuwirken. Dazu bedarf es eines integrativen Konzeptansatzes, der den gerade in Arbeit befindlichen Masterplan Wasser und die Ziele der  Nationalen Wasserstrategie , wo es vorrangig um die langfriste Sicherung der Trinkwasserversorgung geht, mit den Belangen der der Berliner Biodiversitätsstrategie zusammen mit der Charta für das Berliner Stadtgrün und dem Landschaftsprogramm einschließlich Artenschutzprogramm verbindet und damit  weiterentwickelt und mit den Maßnahmenplänen zur Umsetzung  der EU- WRRL verknüpft werden.

 

Grundwasserentnahmen in Berlin sind dahingehend zu prüfen, dass der Grundwasserkörper wieder in seinen Zielzustand angehoben wird. Hierfür müssen Mindestgrundwasserstände definiert und zeitnah erreicht werden (Grundwassersteuerungs-VO).

 

Wasserläufe werden durch verunreinigte Straßenabwässer, die mit Mikroplastik durch Reifenabrieb belastet sind stark verunreinigt. Auch hier muss ein effektiver Schutz für diese Gewässer entwickelt werden.

 

Das Konzept der wassersensiblen Stadt („Schwammstadt“) ist konsequent weiterzuentwickeln und umzusetzen

Strategien des Wassersparens und Mehrfach-/Brauchwassernutzung müssen entwickelt werden, um den Rohwasserverbrauch und die Zweckentfremdung des Trinkwassers zurück zu drängen. Zudem muss die Wasserqualität dadurch verbessert werden, dass die Ursachen der Verunreinigungen durch Schließung der Nährstoffkreise beseitigt werden. Dafür müssen weitere Kläranlagen mindestens mit der 4. Reinigungsstufe ausgerüstet werden. Zudem müssen weitere Stauräume gegen das Überlaufen der Mischwasserkanäle geschaffen werden.

 

All dies ist nur möglich, wenn die breite Öffentlichkeit gut informiert und in das Verfahren einbezogen wird sowie genügend Ressourcen für mehr Personal und investive Mittel sowohl bei der zuständigen Senatsverwaltung als auch bei den Berliner Wasserbetrieben bereitgestellt werden und die regelmäßige Unterhaltung aller Anlagen auskömmlich bemessen wird.

 

Daher wird gefordert:

  • Die unverzügliche Einsetzung einer Enquetekommission im Abgeordnetenhaus „Zukunft Wasser“, die mit der entsprechenden Ebene des Brandenburger Landtags zusammen arbeitet
  • die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bis spätestens 2027 (Strafzahlungen drohen, nachdem der Termin bereits verlängert wurde)
  • Gewässerentwicklungs- und Renaturierungskonzepte für alle Berliner Gewässer einschließlich der zeitlich und finanziell bestimmten Umsetzung
  • Aktualisierung des Berliner Wasserrechts mit Definierung der Grundwassermindeststände
  • Umbau Berlins zur wassersensiblen Stadt („Schwammstadt“) u.a. mit stadtweiten, verbindlichen Abkopplungszielen unter Einbezug aller Akteure und unterlegt mit Flächen, Zuständigkeiten und finanziellen Ressourcen.
  • Personelle Stärkung der Wasser- und Naturschutzbehörden
  • Zusammenarbeit mit der Wassernetzinitiative Berlin und der Blue Community Berlin

 

 

(Antrag an den Landesvorstand, an den Landesparteitag und die Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus Berlin)

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)
Stellungnahme(n):
Stellungnahme AH-Fraktion 2024:

Das Ziel einer nachhaltigen Wasserpolitik wird von der SPD-Fraktion intensiv verfolgt. Eine gemeinsame Wasserstrategie der Bundesländer Berlin und Brandenburg wurde im November 2023 auf exekutiver Ebene vereinbart und im April 2024 im Rahmen der parlamentarischen Konferenz Berlin-Brandenburg diskutiert. Zusätzlich fand im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz im Februar 2024 eine Anhörung zur Wasserversorgung in Berlin statt, bei der Zukunftsfragen einer nachhaltigen Wasser- und Gewässerpolitik diskutiert wurden.

Um die politischen Ziele des Antrags zu erreichen, hat die SPD-Fraktion mehrere Maßnahmen ergriffen. So wird mit dem Antrag „Wasser als Ressource verstehen! Erweiterung des Auftrags der Berliner Wasserbetriebe“ (Drucksache 19/1492) der Senat aufgefordert, die Rolle der Berliner Wasserbetriebe neu zu definieren und zu stärken. Im Rahmen der Haushaltsberatungen 2024/2025 wurde zudem ein Kleingewässerprogramm neu aufgelegt und durch die SPD-Fraktion mit zusätzlichen Mitteln versehen.
Überweisungs-PDF: