Antrag 46/I/2024 Kein Minimalkompromiss bei der Mietenpolitik!

Status:
Annahme mit Änderungen

    Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestags auf, sich für eine ambitionierte Mietrechtsreform einzusetzen. Eine Mietrechtsreform ist angesichts inflationär steigender Mieten in vielen Kommunen überfällig. Angesichts der sich seit 2021 weiter verschärfenden Situation auf den Mietmärkten darf ein Kompromiss zum Mietrecht kein Minimalkompromiss sein.

     

    Wir begrüßen, dass es innerhalb der Bundesregierung einen Konsens gibt, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern. Diese Regelung allein ist jedoch nicht ausreichend, um eine sozial verträgliche Mietenentwicklung sicherzustellen. Wir fordern deshalb, die folgenden, bereits auf vergangenen SPD Parteitagen diskutierten Forderungen voranzutreiben, als sozialdemokratisches Kernthema zu priorisieren und sich dafür einzusetzen, sie noch in dieser Legislaturperiode gesetzlich zu regeln:

     

    1. Wir fordern die Ermöglichung eines gesetzlichen Mietenstopps von mindestens 5 Jahren für Länder und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten. Der Bundesgesetzgeber muss den Ländern ermöglichen, einen Mietenstopp einzuführen.

     

    2. Wir fordern eine Reform der Kappungsgrenze. In angespannten Wohnungsmärken soll die Kappungsgrenze von 15 Prozent Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren auf maximal 11 Prozent gesenkt werden.

     

    3. Wir fordern eine Verlängerung des Bindungszeitraums des Mietspiegels sowie eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf 10 Jahre. Alle Mieten, nicht nur preisfreie, sollen zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei der Mietspiegelerstellung einbezogen werden.

     

    4. Wir fordern die Ausweitung des sozialen Mietrechts auf Gewerbetreibende in Ländern und Kommunen mit angespannten Mietmärkten. Dazu gehören ein effektiver Kündigungsschutz und eine Begrenzung zulässiger Mieterhöhungen sowie die Einführung eines Gewerbemietspiegels.

     

    5. Wir fordern eine deutliche gesetzliche Verbesserung für Mieterinnen und Mieter und den Schutz vor Mietwucher und Verdrängung über weitere gesetzliche Regelungen wie

      a) ein Verbot von Index- und Staffelmietverträgen,

      b) eine verlängerte gesetzliche Kündigungsfrist von Vermieterseite für Länder mit angespannten Wohnungsmärkten. Die kürzeste Kündigungsfrist soll hier statt drei Monaten mindestens sechs Monate betragen.

      c) eine Reform der Modernisierungsumlage: der umlagefähige Prozentsatz auf die Jahresmiete ist deutlich zu reduzieren. Auch der Höchstsatz von 3 Euro/m² Erhöhung innerhalb von sechs Jahren nach einer Vollsanierung ist zu reduzieren. Gleiches gilt analog für Teilsanierungen.

      d) eine Reform der Regelung zur Eigenbedarfskündigung: Eigenbedarfskündigungen sollen künftig nur für Eigentümerinnen und Eigentümer und Angehörige ersten Grades möglich sein. Die Kosten der Wohnungssuche und des Umzugs sollen zulasten des/der nutznießenden Eigentümers/Eigentümerin gehen. Eigenbedarfskündigung darf nur zu Wohnzwecken erfolgen. Bei missbräuchlicher Nutzung der Eigenbedarfskündigung soll dem/der Mieter/in ein Schadensersatz zustehen.

      e) eine gesetzliche Regelung, um die Vermietung von möblierten Wohnungen zu Wucherpreisen zu verhindern, beispielsweise über einen geringeren Möblierungszuschlag, sowie ein besserer Mieterschutz bei Kurzzeitvermietung.

      f) eine Reform des Mietwucherparagraphen, die dem Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drucksache 20/1239) folgt und Beweisprobleme entschärft.

      g) eine Ausweitung der Heilungswirkung von Schonfristzahlungen auch auf ordentliche Kündigungen.

       

       

       

      Empfehlung der Antragskommission:
      vertagt auf LPT I/2025 + Überweisung FA VIII (Konsens)
      Beschluss: Beschluss des Landesvorstandes 09.09.2024 (B-24-2024)
      Text des Beschlusses:

      Sozialdemokratische Wohnungspolitik – Mieten stabilisieren – Planungssicherheit geben – Wohnraum erhalten

       

       

      I. Sozialdemokratische Wohnungspolitik: Bezahlbaren Mietwohnraum auf Dauer

       

      1. Ziel der SPD ist es, bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum auf Dauer zu schaffen und zu erhalten. Deswegen unterstützen wir die Einführung einer neuen Gemeinnützigkeit auf Bundesebene, fordern aber, dass mit der Einführung auch ein gezieltes und wirksames Förderprogramm verbunden wird, wie eine reduzierte Umsatzsteuer auf Bauvorhaben und Sanierungen sowie Investitionszulagen in Neubau und Bestand, verbunden mit der Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit.
      2. Wir werden die die städtischen Wohnungsbaugesellschaften und die Genossenschaften durch spezielle Förderprogramme sowie die Bereitstellung von Bauland weiter stärken, da sie soziales Wohnen auf Dauer und nicht nur während des Zeitraums von Belegungsbindungen anbieten.
      3. Auf Bundesebene fordern wir die Wiedereinführung eines wirksamen und auf einen sozialen Ertragswert limitierten Vorkaufsrechtes, auch um Verdrängung in der Zukunft zu verhindern. Der Umwandlungsschutz nach § 250 BauGB muss dauerhaft entfristet werden und für alle Bundesländer gelten. Grundsätzlich ist der Verkehrswert in § 194 BauGB durch einen sozialen Ertragswert zu ersetzen. Dies ist bei der derzeitigen Reform des BauGB zwingend zu beachten.
      4. Parallel fordern wir die Bundesebene auf, über die KfW ein mit Länderprogrammen ergänzbares Förderkreditprogramm für Wohnungsankäufe durch kommunale Gesellschaften und Genossenschaften aufzulegen. Der derzeitige angeschlagene Wohnungsmarkt bietet eine Chance, weiteren Wohnraum auf Dauer im gemeinwohlorientierten Bestand zu sichern.
      5.  Wir fordern eine Reform der Modernisierungsumlage: Der umlagefähige Prozentsatz auf die Jahresmiete ist dabei deutlich zu reduzieren. Auch der Höchstsatz von 3 Euro/m Erhöhung innerhalb von sechs Jahren nach einer Vollsanierung ist zu reduzieren. Gleiches soll analog für Teilsanierungen gelten. Die Modernisierungsumlage muss künftig enden, wenn die Kosten Modernisierung abgezahlt sind.

       

      II. Mietwucher bekämpfen, Mietspiegel und Mietpreisbremse stärken, Gemeinnütziges Wohneigentum ermöglichen

       

      1. Die Mietpreisbremse soll bis Ende des Jahres 2029 verlängert werden.
        Zugleich fordern wir im Bundesrecht die Eröffnung der Möglichkeit für die Länder und die Kommunen, einen regional geltenden Mietenstopp von mindestens 5 Jahren in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten einzuführen.
      2. Wir fordern eine Verlängerung des Bindungszeitraums des Mietspiegels sowie eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums auf bis zu 10 Jahre. Alle Mieten, nicht nur preisfreie, sollen zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete bei der Mietspiegelerstellung einbezogen werden.
      3. Wir fordern eine Reform der Kappungsgrenze. In angespannten Wohnungsmärkten soll die Kappungsgrenze von 15 Prozent Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren auf maximal 11 Prozent gesenkt werden.
      4. Wir fordern eine umfassende Gesetzesänderung für Zeit-Mietverträge, die sicherstellt, dass Wohnungen auf Zeit nicht von der Mietpreisbremse ausgenommen sind. Dies würde eine gerechte Mietpreisregulierung gewährleisten und verhindern, dass Vermieter*innen von Wohnungen auf Zeit unangemessen hohe Mieten verlangen können.
      5. Wir fordern klare und faire Richtlinien für die Berechnung von Zuschlägen für möblierte Wohnungen, um Mieter*innen vor überhöhten Mietpreisen zu schützen. Darin ist zugleich eine Deckelung des Möblierungszuschlags vorzusehen.
      6. Wir unterstützen den Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion, den zahnlosen Mietwucherparagrafen zu reformieren und Beweisprobleme zu entschärfen. Insbesondere soll das Kriterium des „Ausnutzens“, durch ein objektives Angemessenheitskriterium ersetzt werden und der Bußgeldrahmen auf 100.000 Euro erhöht werden. Dabei ist zu prüfen, ob auch die Wohnungsämter und Jobcenter bei der Verfolgung von Mietwucher stärker in die Pflicht genommen werden können.
      7. Wir fordern eine Reform der Eigenbedarfskündigung: Diese solle künftig nur für Eigentümerinnen und Eigentümer und Angehörige ersten Grades möglich sein. Die Kosten der Wohnungssuche und des Umzugs sollen zulasten der Vermieter:innenseitegehen. Eigenbedarfskündigung darf nur zu Wohnzwecken erfolgen. Bei missbräuchlicher Eigenbedarfskündigung steht Mieter:innen Schadensersatz zu.
      8. Wir fordern eine Reform des Kündigungsschutzes bei Mietverträgen für Wohnraum über eine Ausdehnung der gesetzlichen Kündigungsfrist von Vermieterseite in angespannten Wohnungsmärkten von mindestens drei auf mindestens sechs Monate sowie eine Ausweitung der Heilungswirkung von Schonfristzahlungen auch auf ordentliche Kündigungen.
      9. Wir fordern ein Verbot für den Abschluss von neuen Index- und Staffelmietverträgen über Wohnraum.
      10. Wir fordern die Ausweitung des sozialen Mietrechts auf Gewerbetreibende in Ländern und Kommunen mit angespannten Mietmärkten. Dazu gehören ein effektiver Kündigungsschutz und eine Begrenzung zulässiger Mieterhöhungen sowie die Einführung eines Gewerbemietspiegels.

       

      III. Sozialdemokratische Wohnungspolitik in Berlin: Mietwucher bekämpfen Spielräume des Landes nutzen

       

      1. Wir begrüßen den Vorstoß der SenSBW, eine Prüfstelle einzurichten, die mögliche Verstöße gegen die Mietpreisbremse untersucht. Diese Prüfstelle ist schnellstmöglich zu realisieren und mit den notwendigen personellen und sachlichen Kapazitäten zu untersetzen.
      2. Die für Mietwucher zuständigen Bezirke sollen gestärkt werden, koordinierte Musterverfahren gegen Mietwucher durchzuführen. Mit einer Kampagne „Gemeinsam gegen Mietwucher – Gemeinsam gegen steigende Mieten“ soll die Bevölkerung über Mietwucher aufgeklärt werden. Die Kampagne soll sich insbesondere an umziehende Menschen richten.
      3. Wir begrüßen die Ausweitung des Wohngeldanspruches durch die Ampelregierung. Wir fordern die Durchführung einer Informationskampagne, um die Zahl derjenigen, die Wohngeld tatsächlich beanspruchen, an die Zahl der Anspruchsberechtigten weitgehend anzunähern. Dabei sind auch andere Mietzuschüsse in den Blick zu nehmen. Insbesondere ist bei Wegfall des Bürgergelds, der Übergang zum Wohngeld sicherzustellen.
      4. Wir fordern eine Abkehr vom Grundsatz, dass Belegungsbindungen allein auf freiwilliger Basis und im Rahmen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus begründet werden. Vielmehr braucht es eine gesetzlich verankerte Sozialwohnungsquote, die größere Wohnungsunternehmen verpflichtet, einen Anteil ihres Wohnungsbestandes in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt dauerhaft als Sozialwohnungen zu festgelegten Mietpreisen an Menschen mit WBS zu vermieten. Wohnungsunternehmen mit einem Bestand von 1000 oder mehr Wohnungen sollen verpflichtet werden, einen nach ihrer Unternehmensgröße gestaffelten und frei zu wählenden Anteil von 15 bis 30 Prozent ihres Wohnungsbestandes in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt dauerhaft Haushalten mit WBS zu überlassen. Für die Berechnung der Quote ist der Wohnungsbestand maßgeblich, der sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt befindet. Die Feststellung eines angespannten Wohnungsmarktes ist auf die Rechtsverordnung zur Mietpreisbremse zu stützen. An dieser ist die Mitgestaltung zu orientieren. Bspw. könnte die ortsübliche Vergleichsmiete mit einem Abschlag von 20 Prozent zugrunde gelegt werden. Zusätzlich kann die Stadt diese reduzierte Miete je nach Einkommen und Förderweg mit einem festen Betrag pro Quadratmeter bezuschussen. So würde sich die Miete für Vermieter an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren und keine unangemessene Belastung der Eigentumsfreiheit darstellen.
      5. Wir werden, soweit möglich, eine landesgesetzliche Regelung zur Regulierung des möblierten Wohnens und des Wohnens auf Zeit in Berlin umsetzen. Hierin soll u.a. für Vermieter*innen im Land Berlin eine Obergrenze für die Anzahl von Mietverträgen für Wohnen auf Zeit und über möbliertes Wohnen festgelegt werden.
      6. Im Rahmen der Verwaltungsreform soll die Zuständigkeit für die Bauaufsicht und den Vollzug der wohnungs- und wohnraumschutzrechtlichen Regelungen zukünftig bei demselben Amt bzw. im selben Ressort zusammengelegt werden.

       

      Beschluss-PDF:
      Überweisungs-PDF: