Fußball ist eine der beliebtesten Sportarten weltweit und mittlerweile ein Milliardengeschäft. In Deutschland wird der Spielbetrieb durch den deutschen Fußball-Bund (DFB) organisiert, der wiederum auf europäischer Ebene in der Union of European Football Associations (UEFA) Mitglied ist. Weltweit werden Wettbewerbe von der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) organisiert. Der größte dieser Wettbewerbe und damit auch der, der das meiste Geld einbringt, ist die Weltmeisterschaft (WM) der Männer, die üblicherweise alle vier Jahre ausgetragen wird.
2010 wurde die WM 2022 seitens des FIFA-Exekutivkomitees, des damaligen höchsten Entscheidungsgremium der FIFA, an den Katar gegeben. Schon unmittelbar bei der Vergabe gab es kritische Stimmen, was die Lage im Land sowie die klimatischen Bedingungen in Katar angingen. 2020 wurde bekannt, dass drei Mitglieder des Exekutivkomitees bestochen wurden, damit sie für Katar stimmen. Ohne diese Bestechung wäre die WM wahrscheinlich an die USA vergeben wurden. Trotz dieser Korruption wird seitens der FIFA die WM-Vergabe nicht in Frage gestellt.
Die Stadien wurden für die WM neu gebaut. Schon 2013 wiesen Amnesty International und die Vereinten Nationen auf die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen auf diesen Baustellen und die hohe Zahl von Todesfällen unter den Arbeiter*innen hin. Den Arbeiter*innen, die zumeist aus anderen Ländern, wie Indien, Bangladesch oder Sri Lanka kamen, wurden oftmals die Pässe abgenommen, Löhne wurden nicht oder zu gering bezahlt, Arbeitspausen wurden nicht eingehalten, Zugang zu Trinkwasser nicht gesichert. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) sprach in diesem Zusammenhang von moderner Sklaverei. Nach Recherchen der britischen Zeitung The Guardian sind im Zeitraum von 2011 bis Herbst 2020 mindestens 6751 dieser Arbeiter*innen verstorben. Offiziell wird die Todesursache der meisten Menschen als natürliche Ursache angegeben, allerdings wird bei ausländischen Arbeiter*innen bei unklarer Todesursache in Katar keine Obduktion durchgeführt. Als weitere Todesursachen werden allerdings auch Arbeits- und Verkehrsunfälle, sowie Suizide angeführt. Die Regierung von Katar hält die Anzahl von mind. 6571 Menschen sogar noch für ‘verhältnismäßig’. Dies zeigt pure Menschenverachtung. Journalist*innen, die über diese unhaltbaren Zustände berichteten, wurde zeitweise festgenommen und ihr Material beschlagnahmt. Trotz dieser Todeszahlen hält die FIFA an ihren Plänen für die WM fest und sieht Katar in der Verantwortung, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Auch deutsche Fußballfunktionäre stellten und stellen die WM und ihren Austragungsort nicht in Frage.
Auch abseits der Baustellen der WM-Stadien ist die Menschenrechtslage in Katar verheerend. Das Rechtssystem basiert in großen Teilen auf der Scharia, es gibt keine Meinungsfreiheit, queere Menschen werden strafrechtlich verfolgt, bei Vergewaltigungen droht Frauen wegen außerehelichen Geschlechtsverkehr ebenfalls Haft. Die absolutistische Monarchie Katar wird außerdem wegen ihrer Unterstützung von Terrororganisationen immer wieder kritisiert. Als die Taliban die Macht in Afghanistan an sich rissen, wurden Anführer der Taliban mit der katarischen Luftwaffe nach Afghanistan geflogen. In der Hauptstadt Katars, Doha, unterhielten die Taliban bereits seit Jahren ein politisches Büro. Noch im Sommer 2021 zeigte sich die Öffentlichkeit und die Politik in Deutschland betroffen, bestürzt und empört darüber, dass die Bevölkerung in Afghanistan unter Führung der Taliban wieder unter einer fundamentalistischen, islamistischen Diktatur zu leiden haben wird. Es ist zutiefst widersprüchlich, dass der Kampf gegen diese Verhältnisse in Afghanistan jahrelang einen Krieg gerechtfertigt hat, diese Verhältnisse in Quatar jedoch mit der Austragung des prestigeträchtigsten Sportevents der Welt belohnt werden.
Auch ein erheblicher Anteil der Sponsor*innen des Turniers, deren Werbegelder wiederum mit in die Preisgelder und Teilnahmeprämien der nationalen Fußballverbände fließen, nutzen die WM um sich ihr Image reinzuwaschen. Diese Entwicklung war bereits bei der Europameisterschaft 2020 deutlich zu erkennen. Mit Qatar Airways und Hisense finden sich zwei Staatsunternehmen autoritärer Diktaturen unter den Sponsoren. Mit Vivo und Wanda zwei weitere private Firmen mit Verbindungen zur Kommunistischen Partei Chinas. Auch auf Vereinsebene außerhalb der internationalen Wettbewerbe zeigt sich diese Einflussnahme. Zwar gibt es bislang in Deutschland Stauten, die den Vereinsfußball der Deutschen Fußball Liga (DFL) gegen eine allzu große Einflussnahme der Investor*innen schützen. Die Vereine stehen jedoch regelmäßig unter großem Druck diese Regelungen abzuschaffen. Dabei ist zu beachten, dass Länder wie Katar nicht wie herkömmliche Investor*innen ein rein finanzielles Interesse an Investitionen in den Sport haben. Vielmehr geht es darum das internationale Image aufzupolieren. Entsprechend fließen Gelder häufig auch verdeckt und an bestehenden Regeln vorbei. Der Fußball kann kein globaler Friedensbotschafter sein, wenn er von Diktaturen finanziert wird. Damit geht auch einher, dass sich die nationalen Fußballverbände und Ligen in der Planung ihrer Spielpläne nicht von Weltmeisterschaften treiben lassen, die die Menschenrechte nicht achten.
Die WM in Katar kostet Menschenleben, unterstützt ein System, das Menschenrechte systematisch missachtet und Terrororganisationen fördert. Aufgrund des hohen Stellenwerts, den eine Fußball-WM der Männer genießt, ist klar, dass das Land von der WM massiv – insbesondere finanziell – profitieren wird. Die deutsche Nationalmannschaft der Männer, die seitens des DFBs an dem Turnier teilnimmt, repräsentiert dabei mehr als nur den Dachverband des organisierten Fußballs. Immer wieder wurde diese Nationalmannschaft in der Vergangenheit von Kanzler*innen oder Mandatsträger*innen empfangen oder diese besuchten Spiele im Stadion. Ebenso erhält der DFB im Rahmen verschiedener Projekte immer wieder öffentliche Gelder. Ein Sport und insbesondere das finanzielle Geschäft damit darf nie höhergestellt werden als Menschenrechte.
Wir fordern daher:
- Deshalb fordern wir den DFB auf, die WM in Katar zu boykottiert. Zu diesem Aufruf fordern wir ebenfalls die SPD-Bundestagsabgeordneten auf. Sollte der DFB dies nicht tun, fordern wir, dass alle öffentlichen Gelder gestrichen werden. Davon sind Gelder für Jugendförderung ausgenommen.
- Die Spieler und Trainer der Nationalmannschaft werden aufgefordert, die WM zu boykottieren.
- Wir fordern alle Mandatsträger*innen auf, keine Reisen nach Katar zur WM zu unternehmen und dieser keine öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
- Staatliche Stellen haben auf die Menschenrechtsverletzungen in Katar – besonders im Kontext der WM – hinzuweisen
- Das für Sport zuständige Bundesinnenministerium soll gemeinsam mit dem DFB eine Öffentlichkeitskampagne entwickeln, die die Gründe für die nicht-Teilnahme der Nationalmannschaft verdeutlicht
- Der DFB und sportpolitische Mandatsträger*innen sollen konkrete Kriterien entwerfen, die bei der zukünftigen Vergabe Turnieren in die Entscheidung einfließen und zum Ausschluss führen können. Zu diesen Kriterien sollen die Lage der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Umweltschutz stärker berücksichtigen.
- Sofern Katar auch Austragungsort anderer sportlicher Großveranstaltungen (wie z.B. Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen) wird, sollen diese ebenfalls boykottiert werden.
- Wir fordern, dass nachgewiesene Bestechung von DFB-Funktionär*innen nicht ungeahndet bleibt